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Sie sind wieder da: Die Gelbwesten oder „Macrons Alptraum“. Generalprobe zum Streiktag am 17. September?

Mobilisierungsplakat zur Rückkehr der Gelbwesten am 12.9.2020Ohne die nicht nur in Frankreich üblichen Zählspiele mitzumachen, ist das Fazit der landesweiten Aktionen am 12. September 2020 genau dieses: Die Gelbwesten sind wieder da. Hunderte hier, Tausende dort – sie bleiben ein politischer Faktor, auch nach dem „lockdown“ (oder vor seiner Erneuerung), dem „confinement“. Auch viele jener, die eher erwartet oder befürchtet hatten, dass sich nur noch „harte Kerne“ mobilisieren ließen, sahen sich angenehmen enttäuscht – dem war nicht so, an vielen Orten wurde eine breite Beteiligung deutlich sichtbar. Was sich im französischen makronitischen Polizeistaat nach wie vor in Quarantäne befindet – sind die demokratischen Rechte, wie etwa Demonstrationsfreiheit. Es ist „normal“ in Paris (nicht von Minsk ist hier die Rede), dass die uniformierten Banden selbst über Rollstuhlfahrer herfallen – und dass verfolgt wird, wer Videos dreht, die das dokumentieren. Siehe zu den Protesten in Frankreich am 12. September acht aktuelle Beiträge – und der Hinweis auf unseren Ankündigungsbeitrag vom 11. September, in dem eine nunmehr weitgehend beantwortete Frage gestellt worden war:

„Das nächste Comeback der Gelbwesten“ von Rudolf Balmer am 12. September 2020 in der taz online externer Link berichtet vom Tage: „… Weder die polizeiliche Repression noch Corona und entsprechende Einschränkungen können die „Gilets jaunes“ daran hindern, auf der Straße für ihre zum Teil sehr unterschiedlichen Forderungen zu protestieren und lautstark ihre Wut über die Arroganz der Staatsmacht zum Ausdruck zu bringen. Das bewiesen die Kundgebungen, die trotz örtlicher Versammlungsverbote und anderer sowohl ordnungspolitisch wie auch zur Epidemiebekämpfung begründeter Restriktionen stattfanden. In der Presse und im Fernsehen wurde dies ein wenig großspurig als „Comeback“ der Gelbwesten angekündigt. Entsprechend massiv war das Polizeiaufgebot vor allem in der Hauptstadt, wo namentlich die Avenue des Champs Elysées, aber auch die Umgebung von Regierungsgebäuden und der Präsidentenpalast Elysée für Demonstrierende zur „No-go“-Zone erklärt worden waren. Mit Kontrollen und Festnahmen von anreisenden Gelbwesten zeigten zudem die Sicherheitskräfte, dass sich an der repressiven Haltung des Innenministeriums nichts geändert hat. Von Beginn an gingen die Beamten gegen Leute vor, die von der offiziell bewilligten Strecke abweichen wollten. In der Nähe des Triumphbogen kam es am Nachmittag rasch zu Zusammenstößen. (…) Umgekehrt könnte man vermuten, dass es Teil einer Kommunikationsstrategie ist, die Revolte und die Forderungen der Gelbwesten in denselben Topf mit „Komplottisten“ zu stecken, um sie so zu diskreditieren. Hingegen machten die Demonstranten in Paris und in den Provinzstädten deutlich, dass in der Covid-Krise die finanziellen Probleme der Menschen mit geringem Einkommen größer sind denn je und der Zugang zu den sozialen Dienstleistungen noch wichtiger und zugleich schwieriger geworden ist. Auf Transparenten waren Forderungen nach erschwinglichen Mieten oder die Ablehnung einer Rentenreform mit einem vor allem für Frauen ungerechten Punktesystem zu lesen…“

„Malgré la police de Darmanin, les Gilets jaunes donnent le coup d’envoi de la rentrée sociale“ von Wadil Adi am 12. September 2020 bei Révolution Permanente externer Link ist einer der linken Versuche diese „rentrée“ zu bewerten – wie bei den allermeisten fällt sie positiv aus und wie sehr oft wird darauf verwiesen, dass dies der Auftakt war zur Rückkehr der sozialen Proteste gegen Macrons Kurs, stehen doch etwa der Streiktag 17. September und die landesweiten Aktionstage der Papierlosen ab dem 19. September an. Es wird ebenfalls deutlich unterstrichen, dass der repressive Aufmarsch des Polizeiministers nicht wirklich eine breite Teilnahme an den Protesten verhindern konnte…

„À Nantes le temple de la bourgeoisie capitaliste prise d’assault“ am 12. September 2020 im Twitter-Kanal von L’Affreux Jojo externer Link ist ein Video von den Protesten aus Nantes (das hier auch stellvertretend stehen soll für viele solcher Berichte aus verschiedenen Orten quer durch Frankreich) – wo, auch eine „Tradition“ der Gelbwesten der örtliche Konsumtempel Passage Pommeraeye ausführlich besucht wurde…

„Manifestation des Gilets jaunes à Paris: 256 interpellations, revivez notre direct“ am 12. September 2020 bei Actu.fr externer Link ist die Dokumentation einer Tageschronologie aus Paris (inklusive Live-Videoberichte) samt der Entwicklung der Zahlen von Kontrollen, Festnahmen und weiterer üblicher Polizeistaats-Übungen…

„PARIS 12 SEPTEMBRE GILETS JAUNES : L’ENSAUVAGEMENT DE LA POLICE“ am 12. September 2020 bei Luttes Invisibles externer Link (Facebook) ist ein Videobericht vom Vorgehen des uniformierten Mobs gegen einen Rollstuhlfahrer (hat allerdings niemand damit zu rechtfertigen versucht, dass die extrem bedauernswerten Polizisten halt gedacht hätten, das sei ein Panzer, und sich deswegen bedroht fühlten – das ist dann halt der Unterschied zur BRD und auch zu den USA…).

„Retour des gilets jaunes : le droit de manifester est resté confiné“ am 12. September 2020 im Dijon Center externer Link berichtet eben aus Dijon, dass der Demonstrationszug – ohne weiteren Anlass – nach rund 300 Metern bereits von der Polizei mit Tränengas überfallen wurde… die Proteste gingen trotzdem weiter…

„Liste des manifestations du 12septembre en France métropolitaine“ am 11. September 2020 im Twitter-Kanal von Peuple Revolté externer Link war am Vorabend eine (nicht vollständige, aber umfassende) Liste der an den verschiedenen Orten Frankreichs geplanten Proteste (in einer ganzen Reihe von Fällen mit Links zu anderen Kanälen, auf denen die jeweiligen Orte und Berichte darüber zu finden sein werden – für all jene, die einen kompletteren Überblick wollen).

„Darmanin qualifie de «délinquants» ceux «qui diffusent les vidéos» de violences policières“ von Brune Fabre bereits am 11. September 2020 bei Révolution Permanente externer Link berichtete von der Drohung des Innenministers im Vorfeld: Wer Videos von Polizeigewalt macht, ist ein „Delinquent“ (zum Wort gerade in Frankreich siehe unter anderem Foucault). Nicht nur die Demonstrationsfreiheit ist im „confinement“, die Medienfreiheit auch. Und die Drohungen sind offen und direkt. Und wer ruft jetzt die EU zu Sanktionen auf?

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=177970
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