Gecancelte Polizeikritik. Mit der Sommerdebatte über angebliche Cancel Culture verstummt jene über echte Polizeigewalt

Auch die Bochumer Polizei fühlt sich von ihren KritikerInnen bedroht...„… Vor wenigen Wochen noch bestand kurzzeitig die Chance auf eine breite öffentliche Thematisierung von und Diskussion um rassistische Polizeigewalt. Ausgelöst durch die Massenproteste in den USA nach dem Tod des Schwarzen Amerikaners George Floyd, schwappten Forderungen dieser Bewegung wie jene nach Definanzierung und sogar Abschaffung der Polizei auch nach Deutschland über. Von vielen Seiten, insbesondere von Aktivist*innen und Initiativen, die sich seit Jahren damit befassen, wurde darauf hingewiesen, dass rassistische Polizeigewalt keineswegs nur ein »amerikanisches« Thema ist, sondern auch in der Bundesrepublik ein massives Problem existiert, dass Racial Profiling, Gewalt und Tod in Polizeigewahrsam verbreitet sind. Etwa zeitgleich begann die Polizei samt ihrer Gewerkschaften, in Berlin gegen das Landesantidiskrimierungsgesetz zu lobbyieren, das Opfern von Polizeirassismus eine rechtliche Handhabe gibt, um gegen solche Praxen vorgehen zu können. Der Furor, mit dem jeder noch so zahmen oder verhaltenen Kritik an polizeilichem Handeln begegnet wurde, war beeindruckend und vielsagend: Die Polizei, das konnte deutlich erkennen, wer wollte, gilt hierzulande als heilig und unantastbar. Ehe man es sich versah, gewannen jene Stimmen die Überhand, die statt über Gewalt durch die Polizei über Gewalt gegen sie sprechen wollten. (…) Der Witz dabei ist: Ja, es gibt ein Problem mit Cancel Culture in Deutschland. Denn, das ist die Lehre dieser Geschichte, wer Polizeikritik übt, soll mit Geschrei, Drohungen und allen möglichen anderen Spielarten der Delegitimierung mundtot gemacht werden…“ Artikel von Nelli Tügel vom 17. August 2020 aus ak662 externer Link

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