Brechmittel Binnenmarkt

Quelle:  Artikel von André Eisenstein in Direkte Aktion November/Dezember 2012 externer Link

Liberalisierungsbedarf findet die EU-Kommission auch nach 20 Jahren Binnenmarkt noch, während sich die Gewerkschaften noch immer schwertun mit der Europäisierung.
Am handgreiflichsten wird der europäische Binnenmarkt mit seinen Vorzügen und Nachteilen wohl im Supermarktregal: Auch im Winter, um nur ein Beispiel zu nennen, Tomaten und Paprika – gereift auf spanischen Feldern, die unter einem Meer von Plastikplanen verschwinden, angebaut von eingewanderten und überausgebeuteten Arbeiterinnen und Arbeitern. Weniger sichtbar ist – ein Aspekt, den zu betonen insbesondere die EU selbst nicht müde wird –, dass im Zuge dessen auch 150.000 nationalstaatliche Normen eingeschmolzen wurden auf 13.000 EU-Normen. Kurz: Heute kann sich wohl kaum mehr wer vorstellen, wie das Leben vor der europaweiten Verwirklichung der „vier Grundfreiheiten“ war, als die Regulierung noch vorwiegend im nationalen Rahmen vonstattenging
…“

  • Aus dem Text: „… Es ist nur ein Teil der Wahrheit, wenn etwa die „Initiative europäische Tarifautonomie“ (IneT) den Binnenmarkt wesentlich als „internationalen Wettbewerb um Kapitalinvestitionen“ begreift. Der findet zwar statt, dennoch sind Standortverlagerungen immer noch mittel- bis langfristiger Natur. Bedeutender erscheint daher der Wettbewerb auf dem Warenmarkt, also der Charakter des Binnenmarktes als „vertiefte Freihandelszone“, der einerseits den Rationalisierungsdruck erhöht und andererseits die Verbraucherpreise drückt. So wurde das Projekt Europa zu einem Instrument, das die Bewegungsfreiheit im Betrieb einschränkt und die nationalstaatlich verfassten Gewerkschaften schwächt.
    Vor diesem Hintergrund ist es umso haarsträubender, dass sich der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) augenscheinlich auf Lobbyarbeit beschränkt. Sicher, es gibt in den letzten Jahren zunehmend, wenn auch nur punktuelle transnationale Zusammenarbeit. Erfolgreich etwa waren 2006 die international koordinierten Arbeitsniederlegungen von Hafenarbeitern gegen das EU-Liberalisierungsprogramm „Port Package II“, von dem 400 Häfen in 22 Mitgliedstaaten betroffen gewesen wären (2013 ist „PP III“ geplant). Für mehr fehlt den nationalstaatlich verfassten Gewerkschaften offenbar oft der entscheidende Wille. Vielleicht aber kommt hier der nötige Anstoß von unerwarteter Seite: von EU und EuGH
    …“
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