DGB-Eckpunkte für eine Bundesregelung zur Tariftreue bei öffentlichen Aufträgen – warten immer noch auf Umsetzung
Dossier
„Jedes Jahr geben Bund, Länder und Kommunen 400 bis 450 Milliarden Euro für die Anschaffung von Waren und Dienstleistungen aus – und oft bekommen Firmen den Zuschlag, die keinen Tarifvertrag haben. Das muss sich ändern (…) Der (niedrigste) Preis darf kein alleiniges Zuschlagskriterium sein. Berücksichtigt werden müssen ebenso – soziale Aspekte, wie z.B. Ausbildungsquoten, Systeme zur betrieblichen Gleichstellung von Männern und Frauen sowie die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung – ein Vergabemindestlohn, der dynamisch an die Höhe der untersten Entgeltgruppen im öffentlichen Dienst gekoppelt wird – eine gesetzliche Begrenzung der Subunternehmerschaft auf maximal drei – bei einem Personalübergang (Betreiberwechsel, bzw. Wechsel des Unternehmens, das eine Dienstleistung in öffentlichem Auftrag erbringt) müssen für alle betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die bisherigen Ansprüche auch beim neuen Betreiber als Mindestbedingungen dauerhaft garantiert werden…“ DGB-Pressemitteilung vom 10. Juli 2020
zum Eckpunktepapier – siehe dieses und die weitere Entwicklung:
- Der überfällige Entwurf des Bundestariftreuegesetzes und vielfältige Bewertungen
- Tariftreuegesetz. Entwurf eines Gesetzes
zur Stärkung der Tarifautonomie durch die Sicherung von Tariftreue bei der Vergabe öffentlicher Aufträge des Bundes beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)
- DGB: Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie durch die Sicherung von Tariftreue bei der Vergabe öffentlicher Aufträge des Bundes (Tariftreuegesetz) – Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes vom 25. Juli 2025
zu dem Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie
- Bundestariftreuegesetz: „Wichtiger Schritt zur Stärkung der Tarifbindung“ – GEW kritisiert hohen Schwellenwert
„Die GEW begrüßt den Vorstoß von Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD), ein Bundestariftreuegesetz auf den Weg zu bringen. GEW-Tarifchefin Annett Lindner sieht das Vorhaben als gutes Signal, übt aber auch Kritik. (…) Einzelne Aspekte des Gesetzesentwurfs bewertet die GEW hingegen kritisch. So liegt der Schwellenwert für die Vergabe laut Gesetzesentwurf bei 50.000 Euro, bei Start-ups sogar bei 100.000 Euro. Demnach würden rund 27 Prozent der jährlich vom Bund vergebenen Aufträge doch nicht unter das Tariftreuegesetz fallen. Hinzu kommt, dass die in früheren Gesetzentwürfen vorgesehen stichprobenartigen Kontrollen in dem nun vorgelegten Entwurf nicht mehr vorgesehen sind. Kontrollen sind aus Sicht der GEW aber wichtig, damit sich die Auftragnehmer auch an die Tariftreue halten und der Kostenwettbewerb zwischen den Anbietern künftig nicht mehr zulasten der Beschäftigten geht…“ GEW-Pressemitteilung vom 23.07.2025 - Entwurf des Bundestariftreuegesetzes: Neue Regeln für faire Löhne?
„Wer für den Bund Aufträge bearbeiten will, muss künftig tarifliche Arbeitsbedingungen einhalten. Die Reaktionen auf den Entwurf des Bundestariftreuegesetzes reichen von richtig bis verfassungswidrig, weiß Roland Gastell.
Ein Bundestariftreuegesetz (BTTG) soll künftig die Einhaltung tariflicher Arbeitsbedingungen bei Aufträgen des Bundes vorschreiben. Dieses Gesetz hat schon vor seinem Inkrafttreten eine bewegte Vergangenheit: Unter der Ampelregierung wehrte sich die FDP erfolgreich gegen das Vorhaben. Erst nach deren Ausscheiden aus der Koalition konnte ein Entwurf von der rot-grünen Minderheitsregierung im Kabinett verabschiedet und dem Bundesrat zugeleitet werden. Doch die Neuwahl war schneller, das Gesetzgebungsverfahren kam nicht mehr zum Ende. Jetzt startet die schwarz-rote Regierung einen neuen Anlauf (…) Vor wenigen Tagen legte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) unter Ministerin Bärbel Bas (SPD) den Entwurf des Gesetzes vor, mit dem auch Art. 9 der Richtlinie über angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union (RL [EU] 2022/2041) umgesetzt werden soll. An den Reaktionen aber hat sich nichts geändert. Wie schon zu den Plänen der Ampel ist das Gesetz hochumstritten. Während die Gewerkschaften das Gesetz im Grundsatz begrüßen, üben die Arbeitgeber scharfe Kritik. Von wachsender Bürokratie ist die Rede und von Verfassungswidrigkeit wegen Verstoßes gegen die negative Koalitionsfreiheit. (…) Das Gesetz gilt ab einem geschätzten Auftragswert von 50.000 Euro netto für öffentliche Liefer-, Dienstleistungs- und Bauaufträge sowie Konzessionen, die durch den Bund, durch bundesnahe Auftraggeber oder durch Sektorenauftraggeber mit Bundesbeteiligung vergeben werden – letzteres erst bei einem beherrschenden Einfluss des Bundes. Dieser Einfluss liegt wiederum vor, wenn der Bund unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Auftraggebers besitzt, über die Mehrheit der Stimmrechte verfügt oder mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Auftraggebers bestellen kann. Wegen der Einzelheiten verweist das Gesetz auf die Vorgaben des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), insbesondere dessen Legaldefinitionen zu adressierten Auftraggebern in §§ 99, 100 und 102 GWB. Nicht zuletzt aufgrund der von der Bundesregierung geplanten massiven Investitionen in die deutsche Infrastruktur, etwa durch die Deutsche Bahn, aber auch durch die Erstreckung des Gesetzes auf Nachunternehmer wird das Gesetz in der Praxis eine ganz erhebliche Rolle spielen: Nach Einschätzung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) würden nur 27,5 Prozent der jährlich gut 22.000 vom Bund vergebenen Aufträge nicht unter die neuen Regelungen fallen. Mit dem Gesetz werden die Unternehmen – als Auftragnehmer des Bundes – verpflichtet, den von ihnen eingesetzten Arbeitskräften die Arbeitsbedingungen zu gewähren, die vom BMAS in einer Rechtsverordnung „für die Ausführung öffentlicher Aufträge und Konzessionen“ einer Branchefestgelegt werden, heißt es im BTTG-E. Diese Pflicht erstreckt sich auf alle Arbeitskräfte, also auch die von Nachunternehmern und jegliche eingesetzten Leiharbeitskräfte. (…) Kontrolliert wird die Einhaltung des Gesetzes durch eine „Prüfstelle Bundestariftreue“, die zu diesem Zweck bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See eingerichtet wird. Stellt die Prüfstelle Verstöße fest, ist ein Ausschluss von zukünftigen Vergabeverfahren möglich, § 11 BTTG-E. Zudem sieht der Entwurf die Vereinbarung einer Vertragsstrafe und eines außerordentlichen Kündigungsrechts zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer für den Fall der Verletzung des Tariftreueversprechens vor. (…) Eine Ausnahme betrifft Aufträge der Bundeswehr: Das BTTG soll bis zum 31. Dezember 2032 nicht für Aufträge zur Deckung von Bedarfen der Bundeswehr gelten. (…) Nach dem Koalitionsvertrag sollten auch für Start-ups mit innovativen Leistungen Ausnahmen gelten. (…) Keine Ausnahmen finden sich im Gesetz schließlich für kleine Unternehmen oder Freiberufler mit wenigen Beschäftigten…“ Gastbeitrag von Roland Gastell vom 1. August 2025 bei LTO
- Tariftreuegesetz. Entwurf eines Gesetzes
- Kein Vorteil aus unfairen Arbeitsbedingungen: Arbeitsministerin Bas will Bundesaufträge an Tariftreue koppeln – will…
„… Ob beim Bau neuer Bundesbehörden, der Reinigung von Ministerialbauten oder der Lieferung von Kanzler-Kugelschreibern: Künftig soll es kein Lohn-Dumping mehr mit Steuergeldern geben. Einem neuen Gesetzesentwurf von Arbeitsministerin und SPD-Parteichefin Bärbel Bas zufolge sollen Firmen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei Bundesaufträgen künftig „tarifvertragliche Arbeitsbedingungen“ gewähren müssen. Die Maßnahme wurde im Koalitionsvertrag vereinbart, der Entwurf ging am Dienstag in die Ressortabstimmung. Er liegt dem Tagesspiegel vor. Wer sich um Aufträge oder Konzessionen des Bundes bewirbt, muss bisher nicht nach Tarif bezahlen und kann daher Angebote zu günstigeren Konditionen abgeben. Damit soll jetzt Schluss sein. „Die Nachteile tarifgebundener Unternehmen im Wettbewerb um öffentliche Aufträge und Konzessionen des Bundes werden beseitigt“, heißt es in Bas’ Entwurf: „Der Verdrängungswettbewerb über die Lohn- und Personalkosten wird eingeschränkt.“ Das Tariftreuegesetz soll demnach für Aufträge ab einem Wert von 50.000 Euro zur Anwendung kommen. Das Arbeitsministerium will in einer Rechtsverordnung definieren, welche Bedingungen eingehalten werden müssen. Grundlage dafür soll der branchenspezifische Tarifvertrag sein. Dabei geht es nicht nur um das Entgelt. Mindestanforderungen soll es auch bei Ruhe- und Höchstarbeitszeiten sowie dem Jahresurlaub geben. Auftragnehmer sollen dafür sorgen, dass die Bedingungen auch bei etwaigen Subunternehmern gelten. Die Einhaltung soll dokumentiert und auf Anforderung nachgewiesen werden. Für Kontrollen soll eine „Prüfstelle Bundestariftreue“ eingesetzt werden. Arbeitgeber können sich die Einhaltung von Tarifstandards allerdings auch vorab zertifizieren lassen, in dem Fall entfällt die Nachweispflicht. Unterlaufen Auftragnehmer die Mindestanforderungen, drohen Kündigung oder Ausschluss von weiteren Vergaben. (…) Schon die im November zerbrochene Ampel-Regierung hatte sich ein Tariftreuegesetz vorgenommen. Es wurde allerdings vor allem aufgrund von Vorbehalten der FDP nicht verwirklicht. In den Ländern, mit Ausnahme von Bayern und Sachsen, gibt es entsprechende Regelungen schon länger.“ Artikel von Felix Kiefer und Karin Christmann vom 22. Juli 2025 beim Tagesspiegel online - Der Gesetzesentwurf zur Tariftreue ändert nichts an Niedriglohn-Tarifverträgen und doch legt die FDP ihr Veto ein
- Erst woanders Bürokratie abbauen: FDP legt Veto gegen Tariftreuegesetz ein
„Arbeitsminister Heil ärgert sich derzeit über die FDP. Finanzminister Lindner blockiert das bereits ans Kabinett verschickte Tariftreuegesetz mit dem Hinweis: Bevor Firmen neue bürokratische Lasten auferlegt werden, müssten anderswo welche wegfallen. Bei Verdi ist man empört. Die Ampel-Koalition kommt einem Bericht zufolge mit den Arbeiten am geplanten Tariftreuegesetz nicht weiter. Das Bundesfinanzministerium blockiere die Anhörung von Verbänden zu dem Gesetzesvorhaben, berichteten die Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Das Finanzministerium hat sein Veto eingelegt“, hieß es dem Bericht zufolge in Regierungskreisen. (…) Der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Werneke, kritisierte die Verzögerung beim Tariftreuegesetz. „Die Verhinderung von Lohndumping durch eine nachhaltige Verbesserung der Tarifbindung ist das zentrale politische Projekt der Ampel-Koalition zugunsten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern“, sagte er den Funke-Zeitungen. „Wenn die FDP nach einem längst verkündeten Kompromiss nun das Tariftreuegesetz wieder infrage stellt, droht der Ampel-Koalition weiterer schwerer Schaden an ihrer politischen Glaubwürdigkeit.““ Agenturmeldung vom 18.09.2024 in n-tv.de - [DGB] „Bei der Tariftreue geht es um Fairness“
„Zum geplanten Bundestariftreuegesetz sagt Stefan Körzell, DGB-Vorstandmitglied: „Das Tariftreuegesetz jetzt zu torpedieren ist ein unwürdiges Schauspiel: Christian Lindner als zuständiger Minister für die Finanzkontrolle Schwarzarbeit muss ein großes Interesse daran haben, dass zukünftig nur noch Unternehmen öffentliche Aufträge erhalten, die anständig nach Tarif bezahlen. Die Regierungskoalition hat sich erst kürzlich bei der Haushaltseinigung erneut darauf verständigt, das Bundestariftreuegesetz auf den Weg zu bringen. Wer jetzt wie die BDA fordert, das Gesetzesvorhaben zu stoppen, hat das wohl nicht mitbekommen. Die Bundesregierung steht im Wort. Der jetzt vorliegende Entwurf ist bürokratiearm. Zudem sind in der ausstehenden Reform des Vergabegesetzes weitere Entlastungen für die Wirtschaft enthalten. Bei der Tariftreue geht es um Fairness: Den Beschäftigten gegenüber und den Firmen, die nach Tarif zahlen und ohne Tariftreuegesetz weiter Wettbewerbsnachteile erleiden. Und den Steuerzahlern gegenüber – sie sind es leid, dass der Staat mit ihrem Geld Lohndumping bezahlt. Christian Lindner scheint zu vergessen, dass er bloß der Kassenwart ist.„“ DGB-Pressemitteilung vom 19.09.2024 - FAQ: Warum das Tariftreuegesetz nicht vorankommt
„Die SPD will das geplante Tariftreuegesetz so schnell wie möglich einführen, die FDP hat das Gesetzgebungsverfahren aber erst einmal angehalten. Worum geht es? Ein Überblick…“ FAQ von Lothar Lenz, ARD-Hauptstadtstudio, vom 19.09.2024 in tagesschau.de - Zum Tariftreuegesetz: Luftnummer
„Der DGB reagierte äußerst positiv auf den Gesetzesentwurf zur Tariftreue. In einer Pressemitteilung vom 9. September übernahm der Gewerkschaftsbund einfach die Phrase des SPD-Arbeitsministers, damit werde der Wettbewerb auf dem Rücken der Beschäftigten eingedämmt. Das ist gelogen. Der Gesetzentwurf ist im Wesentlichen eine Luftnummer. Neben dem äußerst traurigen Fakt, dass der DGB diese Regierung der Kriegstreiber und des Sozialabbaus als seine Regierung sieht, steht dahinter die richtige Erkenntnis im DGB, dass die bundesdeutsche Gewerkschaftsbewegung in der Krise, in der Defensive steckt (…) Aber wie reagiert die Arbeiterbewegung auf diesen massiven Angriff der Kapitalseite, der vom Staat so massiv unterstützt wurde – sei es durch Hartz-Gesetze, fehlende Kontrolle an den Arbeitsplätzen, Duldung von Betriebsrats- und Union-Busting? Die Antwort des DGB heißt, sich auf den Staat zu verlassen und mittels Lobbypolitik die rechtlichen Bedingungen zu verbessern. Beispiel gesetzlicher Mindestlohn: Für die Erhöhung wird nicht gestreikt und gekämpft, sondern es wird darüber verhandelt. Dabei entsteht weder Tarifbindung noch Organisation und auch kein Klassenbewusstsein…“ Kommentar von Tim Laumann vom 20. September 2024 in der UZ - Siehe das DGB-Dossier: Guter Lohn mit Tarifbindung
- Erst woanders Bürokratie abbauen: FDP legt Veto gegen Tariftreuegesetz ein
- Gesetz zur Tariftreue bei öffentlichen Aufträgen ab 25 000 Euro auf Bundesebene soll auch für Nachunternehmer und Verleihunternehmen gelten
- Neuer Gesetzentwurf : Nur wer Tariflohn zahlt, bekommt Aufträge vom Bund
„Öffentliche Aufträge auf Bundesebene sollen künftig nur noch an Betriebe gehen, die sich an die Tarifverträge ihrer Branche halten. So will Arbeitsminister Heil Nachteile ausgleichen.
Um die sinkende Tarifbindung zu stoppen, legt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) einen Referentenentwurf zum lange angekündigten Tariftreuegesetz vor. Zugleich will er den Gewerkschaften ein digitales Zugangsrecht zu den Betrieben gewähren und die Möglichkeiten zur Tarifflucht einschränken. An diesem Montag hat Heil den entsprechenden Entwurf eines »Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie durch die Sicherung von Tariftreue bei der Vergabe öffentlicher Aufträge des Bundes und weitere Maßnahmen« in die Ressortabstimmung zwischen den Ministerien gegeben. Der Entwurf liegt dem SPIEGEL vor. Künftig sollen demnach nur noch Unternehmen Aufträge und Konzessionen vom Bund erhalten, die sich verbindlich an die Bedingungen des in der Branche gültigen Tarifvertrags halten. Diese Pflicht soll auch für Nachunternehmer und Verleihunternehmen gelten, die der Auftragnehmer gegebenenfalls bei der Ausführung einschaltet. Die Tariftreue beinhaltet nicht nur den gültigen Tariflohn, sondern auch bezahlten Mindestjahresurlaub, Höchstarbeitszeiten, Ruhezeiten und Pausenzeiten. Die Bundesauftraggeber sollen die Einhaltung der Tarifvertragsbedingungen kontrollieren, künftig sollen sie dabei durch eine »neu einzurichtende Prüfstelle Bundestariftreue unterstützt« werden. (…) Festgestellte Verstöße sollen vom Bundesauftraggeber »zivilrechtlich durch Vertragsstrafen sowie die außerordentliche Kündigung der Auftragsbeziehung sanktioniert werden« können, wie es im Entwurf heißt. Zugleich sollen Verstöße gegen die Tariftreueregelung zum Ausschluss von künftigen Vergabeverfahren führen…“ Artikel von Markus Dettmer vom 09.09.2024 im Spiegel online - Tariftreuegesetz: Lebenszeichen aus der Ampel
„… Unter dem Stichwort Tariftreue kündigt Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) gleich ein ganzes Paket zur Stärkung der Gewerkschaften an, die damit viele Punkte von ihrer Wunschliste streichen könnten, wenn es denn so umgesetzt wird: Lohndumping bei Auftragsvergaben durch die Bundesregierung soll bekämpft werden; zudem will Heil den Gewerkschaften ein digitales Zugangsrecht zu Betrieben verschaffen. Damit würde der Kontakt zu Beschäftigten deutlich erleichtert, vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen, die schwer zu erschließen sind. Aber auch die anvisierte Stärkung des Tarifvertragsrechts ist positiv hervorzuheben. Doch in einigen Punkten zeigt sich, dass Heil einen vorauseilenden Kompromiss mit der FDP eingegangen ist: So sollen Aufträge von weniger als 25 000 Euro nicht unter die neue Regelung fallen. Auch verpasst der Entwurf die Chance, Strafen für die Behinderung der Wahlen von Betriebsräten und ihrer späteren Arbeit zu verschärfen. Ob diese Zugeständnisse ausreichen, um eine weitere Verwässerung im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zu verhindern, darf jedoch bezweifelt werden…“ Kommentar von Felix Sassmannshausen vom 09.09.2024 in ND online - DGB-Chefin Fahimi: Arbeitsminister setzt klare Signale für faire Löhne
„Der Bundesarbeitsminister hat heute die Ressortabstimmung für das lange angekündigte Bundestariftreuegesetz eingeleitet. Damit bekennt der Staat sich klar zu seiner Verantwortung, für faire Löhne und bessere Arbeitsbedingungen in Deutschland zu sorgen. Außerdem ruft Minister Heil die Mindestlohnkommission auf, einen armutsfesten Mindestlohn zu beschließen. (…) Tarifflucht ist nicht weniger als die Abkehr von den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft. Wer die Tarifautonomie will, muss auch an den Verhandlungstisch, und hat ein Interesse an einem sauberen Wettbewerb. Mit einem Tariftreuegesetz greift der Staat nicht in diese – auch von uns geforderte – Tarifautonomie ein, sondern bekennt sich umgekehrt eben zu seiner Verantwortung, die Aufgaben der Tarifvertragspartner zu respektieren, einzufordern und zu stärken. Unabhängig davon brauchen wir einen armutsfesten Mindestlohn, wie ihn die europäische Mindestlohnrichtlinie vorsieht…“ DGB-Pressemitteilung vom 09.09.2024 - Bundesaufträge dürfen nicht länger an Billigheimer gehen
„Christiane Benner, Erste Vorsitzende der IG Metall, zum Tariftreuegesetz: Zum Start des Gesetzgebungsprozesses zu einem Bundestariftreuegesetz durch Arbeitsminister Hubertus Heil sagt Christiane Benner, Erste Vorsitzende der IG Metall: „Arbeit mit Tarifvertrag bedeutet bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen. Eine hohe Tarifbindung ist ein entscheidendes Instrument, um der zunehmenden Ungleichheit der Einkommens- und in der Folge auch der Vermögensverteilung entgegenzuwirken. Tariftreue bedeutet ein Stück mehr Gerechtigkeit und Perspektiven. Bundesaufträge dürfen nicht länger an Billigheimer gehen. Gerade jetzt in der aufgewühlten Zeit darf der Staat bei seiner Auftragsvergabe kein weiteres Lohndumping fördern. Die Politik steht in der Verantwortung, mit Steuergeldern verantwortungsvoll umzugehen. Tarifverträge sind das Qualitätssiegel für gute Arbeitsbedingungen. Der Arbeitsminister hat beim Bundestariftreuegesetz unsere volle Unterstützung.““ Pressemitteilung der IG Metall vom 9. September 2024
- Neuer Gesetzentwurf : Nur wer Tariflohn zahlt, bekommt Aufträge vom Bund
- DGB: Gute Arbeit gibt es nur mit guten Tarifverträgen! Arbeitgeber: Tariftreuegesetz ist verfassungswidrig! Wir: „Gute Arbeit“ gibt es nur ohne Kapitalisten!
- [DGB] Tarifbindung stärken! Gute Arbeit gibt es nur mit guten Tarifverträgen
„844 Euro brutto mehr, jeden Monat: Das bekommen Beschäftigte im Schnitt, wenn sie in einem Betrieb mit Tarifvertrag arbeiten. Doch davon gibt es immer weniger. Das muss sich ändern: Der DGB kämpft für eine stärkere Tarifbindung – damit wieder deutlich mehr Arbeitnehmer*innen unter den Schutz von Tarifverträgen fallen und mehr Geld auf dem Konto haben. (…) Die DGB-Forderungen zur Tarifbindung auf einen Blick:
– die für Tarifverträge und die Anwendung regional allgemeinverbindlicher Tarife auf Entsendefirmen erleichtern
– sogenannte „Ohne-Tarif“-Mitgliedschaften (OT-Mitgliedschaften) in Arbeitgeberverbänden abschaffen
– flankierende gesetzliche Maßnahmen ergreifen, um die Attraktivität von Tarifverträgen zu steigern, zum Beispiel durch Steuerbefreiungen für tarifvertraglich vereinbarte Zusatzleistungen und Aufstockungen oder Anreize für Unternehmen und Beschäftigte für einen Verbands- bzw. Gewerkschaftsbeitritt
– Tarifverträge auch in ausgegliederten Unternehmenseinheiten verbindlich anwenden (…) Aufträge von staatlichen Stellen nur noch an Unternehmen vergeben, die Tarifverträge anwenden: Das fordert der DGB schon lange. Jetzt steht es auch im Koalitionsvertrag, und das Ministerium für Arbeit und Soziales arbeitet zusammen mit dem Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz an einem Gesetz, das die Tariftreue bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen auf Bundesebene verbindlich regeln soll. Im Rahmen der öffentlichen Konsultation hat der DGB im Dezember 2022 eine Stellungnahme dazu abgegeben. Es wird damit gerechnet, dass das Gestetz spätestens zum zweiten Halbjahr 2023 umgesetzt wird, ein erster Entwurf liegt bereits vor…“ Am 03.08.2023 aktualisierte Sonderseite des DGB - Arbeitgeber halten Tariftreuegesetz für verfassungswidrig
„Aufträge des Bundes sollen künftig nur Unternehmen bekommen, die in Tarifverträgen festgelegte Arbeitsbedingungen akzeptieren. Doch die Arbeitgeber melden nun rechtliche Zweifel an. Das von der Ampelkoalition geplante Bundestariftreuegesetz verstößt aus Sicht des Arbeitgeberverbands (BDA) gegen die Verfassung und gegen EU-Recht. Dabei beruft sich der Verband auf ein Gutachten des Rechtswissenschaftlers Felix Hartmann von der FU Berlin. „Tarifzwangsregelungen greifen in die vom Grundgesetz geschützte Tarifautonomie ein“, sagte BDA-Präsident Rainer Dulger. Betriebe würden gezwungen, bei der Ausführung von öffentlichen Aufträgen Regelungen aus Tarifverträgen anzuwenden, die nicht ihre seien…“ Artikel von Frank Specht vom 02.08.2023 im Handelsblatt online– Rest hinter paywall, aber es reicht
- Siehe auch unsere Rubrik Gute Arbeit – Decent Work – im Kapitalismus?
- [DGB] Tarifbindung stärken! Gute Arbeit gibt es nur mit guten Tarifverträgen
- Tariftreuegesetz geplant: Aufträge des Bundes ab 10.000 Euro nur an Unternehmen, die nach Tarif zahlen
„Der Bund soll künftig Aufträge nur noch an Unternehmen vergeben, die nach Tarif bezahlen. Laut einem Entwurf, der dem RND vorliegt, soll dies bei Aufträgen ab 10.000 Euro gelten. Zudem sollen die Arbeitgeber verpflichtet werden, die Arbeitsbedingungen zu dokumentieren. (…) Das geht aus einem Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie bei der Vergabe öffentlicher Bundesaufträge hervor. (…) Laut Entwurf will das Bundesarbeitsministerium auf Antrag der Gewerkschaften oder Arbeitgebervereinigungen Rechtsverordnungen aufsetzen, die die „verbindlichen Arbeitsbedingungen“ regeln. In dem Papier werden Entlohnung, bezahlter Mindestjahresurlaub sowie Höchstarbeitszeiten, Mindestruhezeiten und Ruhepausenzeiten genannt. (…)Die Regelungen sollen ebenfalls für Nachunternehmer und beauftragte Verleiher von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gelten…“ Artikel von Alisha Mendgen vom 08.05.2023 in RND, siehe dazu weitere erste Informationen:
- Wem das neue Tariftreuegesetz helfen könnte
„Jedes Jahr gibt der Bund viele Milliarden für öffentliche Aufträge aus. Künftig sollen nur noch Unternehmen zum Zuge kommen, die sich an Tarifverträge halten. Allerdings soll es keinen Automatismus geben.
Wer staatliche Aufträge vom Bund bekommen will, der soll sich künftig an Tarifverträge halten müssen. Das sieht ein neuer Gesetzentwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zur „Tariftreue“ vor. Der Bund will damit seine Macht als milliardenschwerer Kunde dafür einsetzen, um Einfluss zu nehmen auf die Arbeitsbedingungen. Dies dürfte sich für viele Beschäftigte bemerkbar machen. Die wichtigsten Aspekte im Überblick. (…)
Nutznießer einer solchen Regelung wären vor allem Beschäftigte in Unternehmen, die sich nicht an einen Tarifvertrag halten und damit meist geringere Löhne zahlen oder ungünstigere Urlaubsregelungen haben als Konkurrenten, die den Tarifvereinbarungen verpflichtet sind. Bisher kann der Bund Waren oder Dienstleistungen auch bei diesen, oft günstigeren Betrieben bestellen. Mit dem neuen Gesetz wäre das nur noch möglich, wenn sich das Unternehmen und mögliche Subunternehmen an Tarifregeln halten, also etwa an Vorgaben zum Lohn, zum bezahlten Jahresurlaub oder zur maximalen Arbeitszeit. (…)
Dem Gesetz zufolge dürfen Hubertus Heil und sein Ministerium nicht einfach vorschreiben, welcher Betrieb sich nun an welchen Tarifvertrag halten muss. Hierzu muss erst eine Gewerkschaft oder ein Arbeitgeberverband einen Antrag stellen. Dieser muss geprüft werden, unter anderem, ob der im Antrag genannte Tarifvertrag „repräsentativ“ ist, also der maßgebliche für eine Branche. Erst dann darf das Arbeitsministerium den Plänen zufolge Arbeitsbedingungen verbindlich vorschreiben. (…)
Es soll stichprobenartige Kontrollen geben, ob ein Unternehmen tatsächlich sein „Tariftreueversprechen“, wie es im Juristendeutsch heißt, hält. Ihre Gesetzestreue müssen die beauftragten Unternehmen und mögliche Subunternehmen dokumentieren können. Wer bei Verstößen erwischt wird, soll eine Vertragsstrafe zahlen müssen. Zudem sieht der Gesetzentwurf ein Recht zur „außerordentlichen fristlosen Kündigung“ des Auftrags vor…“ Artikel von Roland Preuß vom 9. Mai 2023 in der Süddeutschen Zeitung online - Bundesaufträge nur noch an tariftreue Unternehmen: DGB fordert breite Anwendung
„Der Bund will Aufträge künftig nur noch an Unternehmen mit Tariftreue vergeben. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßt das, fordert aber eine umfassende Anwendung – etwa auch auf die Vergabe von Geldern an Kulturbetriebe.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat eine breite Anwendung des neuen Bundestariftreuegesetzes unter anderem auf Unternehmen mit Bundesmehrheitsbeteiligungen sowie auf Kulturförderprogramme verlangt. „Zum Anwendungsbereich müssen ausdrücklich auch Unternehmen gehören, an denen der Bund eine Mehrheitsbeteiligung hält beziehungsweise diese finanziell fördert“, heißt es unter anderem in einem Positionspapier, das diese Woche vom DGB beschlossen wurde und dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt. „Die Regelungen müssen branchenübergreifend, also auch für Bau-, Liefer- und Dienstleistungen sowie für die Konzessionsvergabe, gelten“, betonte die Gewerkschaft. „Ebenso müssen sie Anwendung finden auf die Vergabe von Wirtschafts- und Kulturförderung sowie die Vergabe von Forschungs- und Weiterbildungsgeldern.“…“ Artikel von Alisha Mendgen vom 10.05.2023 in RND
- Wem das neue Tariftreuegesetz helfen könnte
- Das Eckpunktepapier – Bundesregelung zur Tariftreue in der öffentlichen Auftragsvergabe