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Die Geschichte der Polizei in den USA ist bis heute ohne jeden Bruch: Gegründet als Einheiten zur Jagd auf „entlaufene Sklaven“ – aufgerüstet zu Paramilitärs

SWAT-Team der US-PolizeiEs geht ja – nicht zufällig vor allem in Europa – das Gerücht um, die Sklaverei wäre „abgeschafft“ worden, weil die guten Menschen (ersatzweise: wirtschaftliche Rationalität) die Oberhand gewonnen hätten. Was in etwa genauso ein fabriziertes Märchen („die herrschende Geschichte ist die Geschichte der Herrschenden“) ist, wie dass ein Frankenfürst auf irgendeine Weise ein angebliches erstes deutsches Reich gegründet habe (da können Nazis einmal bis drei zählen – und dann ist es falsch). Wenige Systeme gab es mit dermaßen kontinuierlichen Rebellionen, Aufständen, Boykotten und Fluchten wie die unmenschliche Diktatur der Sklavenhalter („Grand  Old South“ in den USA) zwischen New York und Buenos Aires. In den USA jedenfalls erforderte der ganze Widerstand die Bildung von Einheiten zur Jagd auf entlaufene Sklaven, die unter keinen Umständen zu Vorbildern werden durften – das Recht und die Ordnung der Sklavenhalter musste um jeden Preis gewahrt bleiben. Aus diesen Mordbanden ist die Polizei in zahlreichen Bundesstaaten der USA (naheliegend vor allem im Süden, aber nicht nur) entstanden – und so ist sie geblieben. Zur Geschichte und Entwicklung der Polizei und auch ihren Reaktionen auf Proteste in den USA drei aktuelle und drei Hintergrund-Beiträge:

„Slave Patrols: An Early Form of American Policing“ von Chelsea Hansen am 10. Juli 2019 bei Law Enforcement Museum externer Link zeichnet die Geschichte der Sklavenpatrouillen nach (beginnend mit einem Amtseid aus dem Jahr 1828, der vor allem beinhaltet, Waffen bei den Sklaven zu beschlagnahmen) und ihre Verbindung zum heutigen Polizeiwesen in den USA, das meistens noch nicht einmal auf der Ebene des jeweiligen Bundesstaats einheitlich ist.

„Knock, knock – you’re dead! The militarisation of the police force in the Land of the Free“ von Andy Warren bereits am 03. September 2014 bei Redline externer Link wiederum ist ein knapper Abriss der Militarisierung der US-Polizei im wesentlichen seit den „Rassenunruhen“ der 60er Jahre. Dabei spielen auch die (hierzulande meist aus Lobeshymnen in Film und Fernsehen bekannten) SWAT-Teams eine zentrale Rolle. Die ihre Funktion bereits im Namen tragen: Special weapons and tactics teams.

„2020 Uprisings, Unprecedented in Scope, Join a Long River of Struggle in America“ von Matthew Countryman am 07. Juni 2020 bei Portside externer Link dokumentiert (ursprünglich in The Conversation), zeichnet die lange Reihe der Kämpfe gegen rassistische Polizeigewalt in den USA nach und vergleicht dabei die gegenwärtigen Riots mit den Ereignissen des Jahres 1968 nach dem Mord an Martin Luther King.

„USA: Trumps Aufstachelung der Polizei führt zu Toten und Verletzten“ von Jacob Crosse am 08. Juni 2020 bei wsws externer Link zu präsidial ermunterten polizeilichen Reaktionen auf Proteste unter anderem: „… Kaum zwei Wochen nach Beginn der Proteste gegen den Polizeimord an George Floyd sind schon mehr als 10.000 Menschen verhaftet worden. Die meisten von ihnen wurden von der Polizei misshandelt und festgenommen, weil sie sich weigerten, „auseinanderzugehen“ oder weil sie gegen Ausgangssperren verstoßen hatten. Dies geschah sowohl in Städten mit Bürgermeistern der Demokraten, als auch der Republikaner. Tausende von friedlichen Demonstranten wurden mit Tränengas und Pfefferspray angegriffen, mit Gummi- und Beanbag-Munition beschossen, mit Knüppeln geschlagen oder zu Boden geworfen. Ernsthafte Verletzungen und einige Todesfälle waren die Folge. Während die Mainstreammedien die Entwicklung weitgehend ignorieren, taucht in den sozialen Netzwerken ein Video nach dem anderen auf und befeuert die Empörung der Bevölkerung. Sarah Grossmann, die vor kurzem ihren Abschluss an der Universität von Ohio gemacht hatte, starb letztes Wochenende nach einer Demonstration in Columbus (Ohio) am 30. Mai, bei der sie mit Tränengas besprüht wurde. Der Leichenbeschauer von Montgomery County bestätigte, dass er an Grossman eine Autopsie durchführt – sie erlitt allem Anschein nach eine Asthmaanfall, nachdem sie mit der Chemikalie traktiert worden war. Bislang wurde niemand wegen Grossmans Tod verhaftet oder angeklagt. In Buffalo liegt ein 75-jähriger Mann nach wie vor im Erie County Medical Center, nachdem er am Donnerstag bei einer Demonstration von Polizeibeamten attackiert worden war und das Bewusstsein verloren hatte. Sein Zustand ist stabil, aber bedrohlich. Obwohl der Angriff auf Video festgehalten wurde, ist bis zum Samstag noch kein Beamter dafür zur Verantwortung gezogen worden. Das Video wurde bereits mehr als 80 Millionen Mal auf Twitter angesehen und auf anderen Social-Media-Plattformen ebenfalls weit verbreitet. Der Verwundete, ein Friedensaktivist aus Amherst namens Martin Gugino, wurde von einem Beamten der Polizei von Buffalo namens Aaron Torgalski brutal zu Boden gestoßen. Guginos Kopf schlug auf das Pflaster auf. Er begann sofort aus einem Ohr zu bluten. Das Bildmaterial, welches den Angriff dokumentiert, ist zutiefst verstörend. Torgalski und seine Kollegen ließen Guginos offenbar leblosen Körper im Blut liegen und vertrieben die besorgten Zeugen und Reporter vom Tatort…“

„HISTORICAL TIMELINE ON POLICING & RESISTANCE IN THE UNITED STATES“ seit April 2015 beim Project South externer Link ist eine chronologische Tabelle in drei Sparten, seit 1492: Über die niemals bestraften oder auch nur verhandelten Verbrechen des rassistischen Systems der USA, über die Aufrüstung von Repressionsorganen und über die Proteste dagegen.

„Meet Officer Mader: Fired For Trying To Do The Right Thing“ im Mai 2016 bei der ACLU externer Link ist ein (Video) Bericht über einen Polizisten: Der nicht geschossen hat, als er in einer Wohnung auf einen bewaffneten Mann traf – sondern überlegt. Und am Ende dessen Pistole bekam. Wofür er vom Police Department der Stadt Weirton (West Virginia) entlassen wurde…

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=173720
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