Arbeiten in der Pandemie: Die Pandemiemaßnahmen bescheren abhängig Beschäftigten Lohneinbußen und arbeitsrechtliche Nachteile

Coronavirus, die Hetze und der Ausnahmezustand: China im ShitstormLohneinbußen, Abbau von Arbeitnehmerrechten – für abhängig Beschäftigte bringt die Pandemie nicht nur das Infektionsrisiko. Wie kommt die exportorientierte deutsche Wirtschaft unbeschadet durch die Coronakrise? (…) Den angestrebten Erfolg Deutschlands in der Staatenkonkurrenz sollen vor allem die abhängig Beschäftigten ermöglichen. Das zeigt unter anderem die im Bundestag beschlossene Neuregelung zum Kurzarbeitergeld. (…) Wer in Supermärkten Regale befüllt oder Hopfen erntet, dem wird dies nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet. Für den landwirtschaftlichen Sektor wurde zudem die Leiharbeit weiter dereguliert. (…) Die Änderungen des Arbeitszeitgesetzes wurden vorläufig bis zum 30. Juni befristet und gelten damit wesentlich länger als andere Maßnahmen. Manche Bundesländer wollen auch das grundgesetzlich verankerte Verbot aushebeln, Bürger zu bestimmten Arbeiten zu verpflichten. (…) Während also das Grundgesetz umgangen wird, um die Zwangsverpflichtung von Klinikpersonal zu ermöglichen, sieht es mit dem Schutz derer, die bereits in Krankenhäusern arbeiten, und auch anderer Lohnabhängigen schlecht aus. Vielerorts ruht die Produktion keineswegs. Noch immer stehen Tausende dichtgedrängt in vollen Hallen an Fließbändern. Selbst in Betrieben, in denen Mitarbeiter bereits an Covid-19 erkrankt sind, wie beim Rüstungskonzern Rheinmetall, geht die Fertigung unbeirrt weiter. Betriebsräte berichten von absurden Situationen. (…) Die logische Konsequenz wäre es, die nicht dringend notwendige Produktion einzustellen, was bereits einige Belegschaften gefordert haben. Bei führenden Politikern werden sie dafür allerdings keine Unterstützung finden, denn wenn es um die Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft geht, spielt die Ansteckungsgefahr keine Rolle.“ Überblicks-Artikel von Stefan Dietl in der jungle World vom 16.04.2020 externer Link, siehe dazu:

  • [DGB zur NRW-Dregulierungsoffensive] Bürokratieabbau: Gute Arbeit statt Deregulierung! New
    Das Land Nordrhein-Westfalen will das Konjunkturpaket zur Corona-Krise um Maßnahmen zum „Bürokratieabbau“ ergänzen. Das klingt gut, doch tatsächlich sollen Arbeitsrechte, Sozial- und Umweltstandards auf breiter Front untergraben werden. Die Lasten der Krise würden damit wieder die Beschäftigten tragen. In der kommenden Woche diskutieren Ausschüsse des Bundesrates einen Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen. Dieser schlägt vor, die zur Bewältigung der Corona-Krise beschlossenen Konjunkturpakete um zahlreiche Maßnahmen zum „Bürokratieabbau“ zu ergänzen. Unternehmen sollen so entlastet, Investitionen erleichtert und die Effizienz durch Kostenreduktion gesteigert werden. Was auf den ersten Blick plausibel klingen mag, entspricht jedoch einem in Wirtschaftskrisen wiederkehrenden Lobgesang auf die Deregulierung als vermeintlicher Garant für Wachstum und Beschäftigung. Unter dem Deckmantel eines investitionsfreundlichen Bürokratieabbaus wird versucht, Arbeitsrechte, Sozial- und Umweltstandards auf breiter Front zu untergraben. Die negativen Auswirkungen zahlreicher Flexibilisierungs- und Deregulierungsmaßnahmen im Zuge der Wirtschaftskrise 2008/09 sind auch noch zehn Jahre danach besonders auf den Arbeitsmärkten in Südeuropa spürbar: hohe Jugendarbeitslosigkeit, prekäre Beschäftigung. Eine spürbare Erhöhung der privaten Investitionstätigkeit blieb dennoch aus. Auch der Antrag aus NRW wälzt die Lasten der Krise auf den Beschäftigten ab. Durch den Vorschlag, die Verdienstgrenze für Minijobs von 450 auf 530 Euro anzuheben, würden atypische Beschäftigungsverhältnisse ausgeweitet. Gut 300.000 regulär Beschäftigte würden durch diese Erhöhung in Minijobs rutschen. Die Pandemie hat klar gezeigt, dass die hier Beschäftigten auf dem Arbeitsmarkt ungeschützt sind: MinijoberInnen wurden massiv entlassen, Anspruch zum Beispiel auf Kurzarbeitergeld haben sie keinen. Der Versicherungsschutz würde für viele ArbeitnehmerInnen abgebaut und der ohnehin schon größte Niedriglohnsektor in der EU weiter wachsen. Zudem wird beispielsweise auch vorgeschlagen, dass sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnisse nicht mehr nur zwei, sondern drei Jahre andauern und vier statt drei Mal verlängert werden dürften. (…) Neben Angriffen auf die Rechte von ArbeitnehmerInnen ist der Vorstoß aus NRW auch ein Hieb gegen gesellschaftliche Solidarität. So wird von der Einführung einer Finanztransaktions- oder Vermögensteuer ausdrücklich abgeraten. Dabei sollten starke Schultern mehr zur Überwindung der Krise beitragen…“ DGB-klartext 35/2020 vom 15.10.2020 externer Link
  • [Bremen macht Feierabend] Corona, nicht nur ein Virus 
    „… Gerade jetzt in dieser Zeit passieren viele Sachen unter dem Deckmantel von Corona, die noch vor einem halben Jahr nicht ohne große Proteste möglich gewesen wären. Politische Entscheidungen werden ohne große Öffentlichkeit getroffen, egal wie einschneidend sie auch sind. Das alles nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Es werden Milliarden verteilt. Nutznießer sind die großen Unternehmen, die sonst ja angeblich in Schieflage geraten wären. Unternehmen wie Daimler, die noch immer schwarze Zahlen schreiben und ordentlich Kurzarbeitergeld abschöpfen. Addidas, die sich Milliarden sichern, obwohl sie gesund sind und noch im letzten Jahr ein Milliardengewinn machten. Für den normalen Bürger ist es gar nicht mehr nach vollziehbar, wie viel Geld zur Zeit rausgeschmissen wird und wie es verteilt wird. Es wird von Milliarden und sogar Billionen gesprochen, die in Deutschland und Europa verteilt werden. Nur hier unten bei uns Arbeiter*innen oder den Durchschnittsmenschen kommt nichts davon an. Eher im Gegenteil, am Monatsende gibt es weniger Geld als gewohnt. Im vielen Betrieben wurde die Arbeit verdichtet, um mit weniger Personal dasselbe Ergebnis zu erzielen, und das soziale Leben darf nicht mehr gelebt werden. (…) Es handelt sich aber nicht nur um eine offensichtliche Umverteilung von Billionen nach oben, die die paar handvoll Multi-Milliardäre innerhalb der ersten drei Monaten der „Corona-Krise“ allein in den USA um knapp 500 Milliarden Dollar reicher gemacht hat. Mit der in ein paar Monaten zu erwartende riesigen Welle von Pleiten von kleinen und mittelgroßen Firmen, wird auch eine große Umgestaltung der Wirtschaft stattfinden. Neben der Verschiebung riesiger Finanzsummen, die einen direkten „Neustart“ im Wirtschafts- und Finanzbereich bedingen werden, nutzen sie die Corona-Schockstarre, um sich die technischen und staatlichen Mittel zu schaffen, auch ohne gesellschaftlichen Konsens oben auf zu bleiben. Es geht nicht nur um die Durchsetzung einer vollen digitalen Erfassung unserer Lebens, sondern um die vollständige Macht darüber, wie wir leben können. Selbst mit einen Stück Land, von den man sich ernähren könnte, das aber die allerwenigsten haben, müssen wir immer noch alles andere zum Leben kaufen. Mit der Einführung von Sozial-Punktesystem, Digitalgeld etc. werden gerade die Mittel geschaffen, die eine repressive Kontrolle unserer Konsummöglichkeiten möglich macht. Mit anderen Worten, es geht darum, uns die Möglichkeiten zu nehmen, uns gegen Arbeits- und Lebensbedingungen zu wehren, mit den Füßen abzustimmen, zu streiken, schwarz zu arbeiten, unser Leben außerhalb der Arbeit zu organisieren. Schon jetzt nutzen sie die Corona-Schockstarre, um unsere Arbeits- und Lebensbedingungen massiv zu verschlechtern. Das erfahren gerade viele von uns. Bloß reden wir kaum darüber und auch nicht darüber, was wir dagegen machen können. (…) Hier sanieren sich viele Unternehmen auf unsere Kosten. Greifen große Teile der Milliardengeschenke ab und das alles auf Kosten der Arbeiter*innen bzw. des kleinen Steuerzahler. Dividenden und unverschämt hohe Managergehälter werden weiter verteilt und der bzw. die Arbeiter/in verlieren ihre Rechte, werden in die Wüste geschickt und dann nach der Krise zu neuen schlechteren Bedingungen wieder eingestellt, oder wenn es nicht passt in Hartz 4 gehen. Die Gewerkschaften spielen da weiter mit und verhandeln Entlassungen. Die Arbeiter*innen sind in den meisten Fällen auf sich allein gestellt, sind hin und her gerissen und haben keine Ahnung, wie man sich dagegen wehren kann. (…) Die DGB Gewerkschaften werden und können das nicht leisten, so dass es auf die Menschen in den Betrieben, Krankenhäusern, LKW´s, der Gastronomie usw. ankommt. Nur wenn es gelingt sich dort parallel zu den Gewerkschaften zu organisieren, kann es gelingen sich dem entgegen zu stellen und das krank System zu ändern.“ Beitrag vom 15. Juni 2020 von und bei Bremen macht Feierabend externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=170420
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