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Britische Gewerkschaften gegen die „Krise in der Krise“: Keine Ausstattung für die Beschäftigten im Gesundheitswesen – 180.000 der NHS-Angestellten sind bereits Verdachtsfälle

Ein Tag ohne uns am Krankenhaus im Londoner East End 20.2.2017„… 180.000 der insgesamt rund eine Million NHS-Angestellten in Großbritannien befinden sich derweil als Verdachtsfälle in Selbstisolation. Laut einem NHS-Direktor könnten bei ausreichenden Tests 85 Prozent davon wieder im Einsatz sein. So arbeitet das Gesundheitswesen weit unterhalb seiner Kapazität – gerade jetzt, wo sich die Situation zuspitzt. Am Donnerstag meldeten die Gesundheitsbehörden knapp 34.000 Infizierte und insgesamt 2.921 Tote – am Dienstag waren es noch 1.789 gewesen. Die Zahlen geben jeweils den Stand von 17 Uhr zwei Tage zuvor wieder. Täglich starben Anfang dieser Woche demnach über 500 Menschen in Großbritannien an Covid-19. (…) Nicht nur deswegen steckt die Regierung in Erklärungsnöten. Am Wochenende verzeichneten manche Krankenhäuser einen Mangel an Sauerstoffreserven. Schon vorige Woche wurden die Behörden damit konfrontiert, dass es zu wenig Schutzkleidung für Krankenhauspersonal gibt, sowie mit der Frage, wo Großbritannien die benötigten 30.000 Beatmungsgeräte herholen soll. Letztere werden nun durch ein Unternehmenskonsortium hergestellt, unter anderem aus der Autoindustrie…“ – aus dem Beitrag „Im Corona-Teufelskreis“ von Daniel Zylbersztajn am 02. April 2020 in der taz online externer Link, aus dem bereits sehr deutlich wird, wie kaputt gespart durch die Neoliberalen diverser Parteien das einst „beste Gesundheitssystem der Welt“ inzwischen ist. Siehe dazu zwei weitere aktuelle Beiträge, darunter die Stellungnahme des Gewerkschaftsbundes TUC zur „Krise in der Krise“:

  • „Wenn deine gerechte Empörung deine Freund*innen krank macht“ von Robert Rotifer am 02. April 2020 beim ORF externer Link ist die persönliche England-Kolumne des Autors, der darin zur Entwicklung beim NHS unter anderem anmerkt: „… Nach heutigem Stand halten wir bei 2.921 Todesopfern. Das sind fast viermal so viel wie vor fünf Tagen und bedeutet, dass die britische Kurve ähnlich der US-amerikanischen auch nach zwei Wochen Lockdown immer noch steil nach oben geht. Aber auch diese Zahl repräsentiert nur Todesfälle in Spitälern. Wer zu Hause stirbt, weil sie/er dem Ratschlag gefolgt ist, das Gesundheitssystem nicht zu überlasten, kommt in dieser Statistik nicht vor. In der Zwischenzeit wurden in Ballungsgebieten wie London, Birmingham, Cardiff und Manchester Feldspitäler organisiert. Das größte darunter ist das im ExCel-Conference Centre im Osten von London in einem Zeitraum von knapp zwei Wochen auf die Beine gestellte Nightingale Hospital mit 4.000 Betten für „critical care“ (nicht dasselbe wie „intensive care“). Als freiwilliges Krankenpflegepersonal wurden dafür unter anderem hunderte zwangspausierende Flugbegleiter*innen vom Flughafen Gatwick engagiert. Das National Health Service hatte – dank der Abschaffung geförderter Ausbildungsplätze für Krankenpfleger*innen, schlechter Löhne, dem Herannahen des europäische Arbeitskräfte abschreckenden Brexit und grundsätzlich rigider werdender Einwanderungsgesetze – schon vor einem Jahr 100.000 unbesetzte Posten zu beklagen. Dieser Arbeitskräftemangel hat sich nun verschärft, nachdem jede*r vierte NHS-Bedienstete sich wegen möglicher Corona-Virus-Symptome (bei sich selbst oder unter Angehörigen) isolieren musste. Als bis gestern endlich die ersten Ergebnisse an einer Gruppe von 900 nach Hause geschickten Mediziner*innen vollzogener Tests ausgewertet wurden, stellten sich nur 15 Prozent davon als positiv heraus. Der Mangel an Tests für die Mitarbeiter*innen des Gesundheitssystems verursacht also potenziell 85 Prozent unnötige Ausfälle. Mittlerweile wird die Regierung auch von den Titelseiten ihrer sonstigen Jubelblätter wie der Daily Mail oder dem Telegraph aus scharf kritisiert, und Boris Johnsons aus der Isolation ins Handy gesprochene Versicherungen und die Pressekonferenzen seiner Adlati treffen auf offene Skepsis. Berichte über Ärzt*innen, die von ihren Vorgesetzten mit beruflichen Konsequenzen bedroht wurden, weil sie sich öffentlich kritisch über den skandalösen Mangel an Schutzausrüstung äußern, fördern den Eindruck einer konzertierten Vertuschung. All das wird man sich genau merken müssen, wenn dereinst die Geschichte dieses Desasters untersucht werden soll…
  • Siehe zuletzt am 25. März 2020: Das Notstands-Programm der britischen Regierung – gewerkschaftliche Aktivgruppen organisieren den Widerstand
  • und am 20. März 2020: Der Bankrott der britischen Neoliberalen: 17.000 Betten weniger im Nationalen Gesundheitsdienst – jetzt müssen sie bei privaten Krankenhäusern Betten mieten. Und die Autokonzerne „bitten“ die Produktion umzustellen – auf Beatmungsgeräte…
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=169104
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