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Frankreich: Renten„reform“ durch die Corona-Krise faktisch gekippt – Kampf gegen Gesundheitsgefährdung im Vordergrund

Droit de retraitRenten„reform“ wird durch die Corona-Krise faktisch gekippt und erscheint mausetot – Auseinandersetzungen um Öffnung oder Dichtmachen von Firmen und Dienststellen im Kontext der sanitären Krise – Ein Streikaufruf der CGT, doch kein Arbeitskampf, sondern rechtliche Rückendeckung für Fälle von Arbeitsverweigerung infolge von Gesundheitsgefährdung – Todes- und Erkrankungsfälle u.a. beider Supermarktkette Carrefour (eine Vertrauensfrau der CGT!), bei der RATP und bei Amazon – „Arbeitsinspektion“ unter heftigem Regierungsdruck  – Höchstes Verwaltungsgericht weist Verwaltungsklage auf Schließung der Abschiebezentren ab…“ Artikel von Bernard Schmid vom 2.4.2020 – wir danken!

Frankreich: Renten„reform“ durch die Corona-Krise faktisch gekippt –
Kampf gegen Gesundheitsgefährdung im Vordergrund

Renten„reform“ wird durch die Corona-Krise faktisch gekippt und erscheint mutmaßlich mausetot – Auseinandersetzungen um Öffnung oder Dichtmachen von Firmen und Dienststellen im Kontext der sanitären Krise – Ein Streikaufruf der CGT, doch kein Arbeitskampf, sondern rechtliche Rückendeckung für Fälle von Arbeitsverweigerung infolge von Gesundheitsgefährdung – Todes- und Erkrankungsfälle u.a. beider Supermarktkette Carrefour (eine Vertrauensfrau der CGT!), bei der RATP und bei Amazon – „Arbeitsinspektion“ unter heftigem Regierungsdruck – Höchstes Verwaltungsgericht weist Verwaltungsklage auf Schließung der Abschiebezentren ab

Anderslautenden Gerüchten entgegen findet derzeit keinerlei kollektiv organisierter Arbeitskampf in Frankreich statt. Unfundierte Informationen behaupten dies zwar, bspw. in diesem Artikel (vgl.: https://www.jungewelt.de/artikel/375734.cgt-fordert-macron-heraus-tr%C3%A4nengas-statt-schutzmasken.html externer Link): „Beschäftigte des öffentlichen Dienstes haben am Mittwoch in Frankreich die Arbeit niedergelegt. Sie folgten einem Streikaufruf der Gewerkschaft CGT ….“ Allein, es stimmt nicht.

Richtig ist hingegen, dass die CGT – und bei dieser handelt es nicht um eine Gewerkschaft, sondern um einen Gewerkschaftsdachverband (einen von fünf in Frankreich, und zwar den mitgliederstärksten und ältesten) – für die öffentliche Dienste einen Streikaufruf veröffentlicht hat. Nicht im privaten Wirtschaftssektor, jedoch in den öffentlichen Diensten muss ein Streik in Frankreich vorher angemeldet werden; und zwar bis fünf Tage vor Beginn und durch ein syndicat représentatif, d.h. durch eine der als (um es in deutschen Begrifflichkeiten auszudrücken) tariffähig anerkannten Gewerkschaften im Unternehmen oder in der Branche. Und hier ist er im Original, der Aufruf: https://www.cgtservicespublics.fr/les-luttes/actualites-des-luttes-2020/preavis-de-greve-2020/article/preavis-de-greve-du-1er-au-30-avril-2020 externer Link

Dieser Streikaufruf deckt die Periode vom 1. bis zum 30. April dieses Jahres ab. Dazu erscheinen auch bereits kurz nach seiner Veröffentlichung erste Artikel in der bürgerlichen Presse. (Vgl. http://www.leparisien.fr/economie/coronavirus-un-preavis-de-greve-dans-les-services-publics-en-pleine-crise-du-covid-19-26-03-2020-8288388.php externer Link) Deswegen bläst der CGT in Teilen der öffentlichen Meinung auch ein ziemlich kalter Wind ins Gesicht, unter dem Motto: „Ausgerechnet jetzt, mitten in der Krise! Unverantwortlich usw. usf.“ Stellvertretend für eine ganze Strömung in der Medienmeinung empörte sich etwa der Chefredakteur des bürgerlichen Wochenmagazins L’Express, Christophe Barbier, wirtschaftsliberaler Dauergast im Studio des Privatfernsehsenders BFM TV, dort am vorigen Freitag Vormittag (27.03.20, gegen 09.45 Uhr) lautstark über diesen „Aufruf zum Streik, den die CGT in den öffentlichen Diensten auf skandalöse Weise auf ihre Fahnen geschrieben hat“. Auch in Debatten in Whatsapp-Gruppen konnte man in diesen Tagen an dem Punkt mitunter schroffe Reaktionen und eine klare Diskussionsverweigerung erleben.

In Wirklichkeit – auch wenn es in Teilen der veröffentlichten Meinung anders präsentiert wird – geht es allerdings nicht um einen tatsächlich stattfindenden Streik, „in dieser Stunde der Not“. Vielmehr handelt es sich um nichts Anderes als um eine juristische Rückendeckung für alle auftauchenden Fälle von Arbeitsverweigerung infolge von Gesundheitsgefährdung (im Kontext der sanitären Krise), in denen die Arbeitgeber sich weigern, die Ausübung des Rechts auf individuelle Arbeitsverweigerung – französisch: droit de retrait, also „Rückzugsrechts“, dies entspricht dem deutschen Rückbehaltungsrecht – anzuerkennen. Ähnlich wie in Deutschland weisen Lohnabhängige auch im französischen Recht die Möglichkeit auf, im Falle einer vorliegenden unmittelbaren Gefährdung für ihr Leben oder ihre Gesundheit ihre Arbeitsleistung zurückzuhalten. Dabei behalten sie ihren vollständigen Lohnanspruch, sofern der Arbeitgeber entweder für diese Gefährdung verantwortlich war oder ihr nicht unter Ausschöpfung aller vorhandenen Möglichkeiten Abhilfe verschafft. In diesem Falle kann der Arbeitgeber überdies keinerlei disziplinarrechtliche Sanktionen wegen Arbeitsverweigerung aussprechen. Nur muss entweder der Arbeitgeber das Vorliegen dieser Voraussetzungen anerkennen (in diesem Falle findet die Situation problemlos ihre Lösung, und der Lohn wird zum üblichen Stichdatum in normaler Höhe ausbezahlt), oder aber der o. die Lohnabhängige muss dieses ihm oder ihr zustehende Recht nachträglich gerichtlich erstreiten – bleibt jedoch in diesem Falle vorläufig ohne Bezahlung für die fraglichen Zeitperiode.

Zum französischen Recht auf Arbeitszurückhaltung vgl. dazu folgende Merkblätter vom Zusammenschluss von Basisgewerkschaften Union syndicale Solidaires (für die öffentliche Dienste und für die Privatwirtschaft): https://solidaires.org/Fiche-no-6-Droit-de-retrait-et-droit-d-alerte externer Link

Um Lohnabhängigen zu vermeiden, im Zusammenhang mit der Covid19-Pandemie eventuell – wenn nämlich ein (in diesem Falle öffentlicher) Arbeitgeber behauptet, es liege keine Gesundheitsgefährdung vor oder er habe diese abgestellt, obwohl deren Existenz real zu befürchten ist – disziplinarrechtlichen Sanktionen ausgesetzt zu werden, dient dieser Streikaufruf. Er ist nicht unbedingt dazu da, dass diese angekündigte Ausübung des Streikrechts auch wahrgenommen werden; zumal in diesem Falle der Lohn- oder Gehaltsanspruch ersatzlos entfiele (in Frankreich erhalten Streikende grundsätzlich keinen Lohnersatz).

Wiederanfahren von Produktion, Dienstleistung respektive Baustellen?

Zum Hintergrund: In zahlreichen Sektoren finden derzeit, zum Teil harte Auseinandersetzungen um das Wiederanfahren oder den Weiterbrieb von Produktionsstätte, Abteilungen (im Dienstleistungsbereich) oder auch Baustellen statt; wir berichteten bereits an dieser Stelle am 26. März d.J. darüber: https://www.labournet.de/internationales/frankreich/gewerkschaften-frankreich/frankreich-im-sanitaeren-ausnahmezustand-keine-burgfriedenspolitik-union-sacree-doch-das-kapital-nutzt-den-notstand-fuer-eine-offensive-gegen-urlaubs-und-arbeitszeitregelungen/ externer Link

Unstrittig, auch bei den Gewerkschaften und unter Angehörigen von sozialen Bewegungen, ist dabei das Weiterfunktionieren etwa der Lebensmittelversorgung, und selbstverständlich des (derzeit besonders wichtigen) Gesundheitssektors. Doch es mangelt nicht an Konfliktstoff im Hinblick auf wesentlich weniger akute und auch in der Corona-Krise unabdingbare Dienstleistungen oder Herstellungen. Beim Lieferanten Amazon etwa bemängeln (u.a.) Gewerkschaftsvertreter, dass Lohnabhängige nicht nur zum Liefern von Bestellungen etwa medizinischen Materials aufgefordert würden, sondern zur Auslieferung etwa von DVDs, aber auch von Sex-toys. Dazu erlitten abhängige Beschäftigte Druck von ihrer Hierarchie. (Vgl. https://www.lindependant.fr/2020/03/19/covid-19-amazon-refuse-de-payer-des-salaries-qui-veulent-se-retirer-le-gouvernement-denonce-des-pressions-inacceptables,8809590.php externer Link) Tatsächlich hat etwa das Marktvolumen beim Handel mit Sex-toys seit dem Beginn der Ausgangsbeschränkungen in Frankreich allem Anschein nach erheblich zugenommen (vgl. http://www.leparisien.fr/societe/coronavirus-l-epidemie-booste-la-vente-de-sex-toys-17-03-2020-8281710.php externer Link) Nun mag man dies mit der Langeweile, die sich bei einer bestimmten Kundschaft breitmacht, erklären; man kann es jedoch kaum als lebensnotwendigen Bedarf einstufen, für den nun Lohnabhängige in der akuten sanitären Krise ihre Gesundheit aufs Spiel setzen müssten…

Und der Zorn stieg noch an, seitdem mindestens ein Covid19-Ausbruchsfall bei Amazon, in einer Lagerhalle in Saran in der Nähe von Orléans, bestätigt wurde. (Vgl. https://www.20minutes.fr/societe/2749487-20200327-coronavirus-colere-syndicale-apres-morts-cas-confirmes-chez-carrefour-fedex-amazon externer Link) Ursprünglich hatte Amazon infolge der Ausrufung der Mobilitätsbeschränkungen durch die Regierung am 17. März d.H. das Personal an den Standorten noch aufstocken wollen, um den erwarteten oder eintreffenden Kundenbestellungen nachzukommen – also mehr Leute auf den vorhandenen Raum zu packen versucht, statt Sicherheitsabstände einzuführen. Auch Wirtschaftsminister Bruno Le Maire sprach daraufhin einige kritische Worte in Richtung Amazon aus. Zwei leitende Manager/innen nahmen daraufhin ihren Hut, der bisherige Europa-Chef Roy Perticucci und die Leiterin des betroffenen Standorts in Saran, Ana Fernandes; offiziell völlig-ohne-Zusammenhang-mit-den-bedauerlichen-Vorfällen-und-aus-familiären-Gründen. (Vgl. https://www.europe1.fr/societe/info-europe-1-deux-cadres-damazon-demissionnent-en-pleine-epidemie-de-coronavirus-3957344 externer Link und https://www.larep.fr/saran-45770/actualites/la-directrice-du-site-d-amazon-de-saran-et-le-directeur-europe-ont-demissionne_13769551/ externer Link) Und wie wir bereits am 26. März 20 in unserem Beitrag berichteten, erklärte Amazon sich bereit, sich in Frankreich und Italien auf die dringlichsten Lieferungen zu beschränken (wie immer man dies nun in naher Zukunft auslegen möge?).

Auch beim Lieferdienst Fedex am Pariser Flughafen von Roissy-Charles de Gaulle wurde ein Erkrankungsfall gemeldet, mit Todesfolge (vgl. http://www.leparisien.fr/val-d-oise-95/un-interimaire-de-fedex-roissy-meurt-du-covid-19-les-syndicats-pointent-un-manque-de-mesures-sanitaires-29-03-2020-8290320.php externer Link); dort ist jedoch inzwischen Schicht im Schacht gemacht worden. Jedenfalls für die zahlreichen Leiharbeiter/innen: Alle Agenturen zogen ihr Leiharbeitspersonal von dort für die Dauer der sanitären Krise ab. (Vgl. http://www.leparisien.fr/val-d-oise-95/toutes-les-agences-d-interim-retirent-leurs-agents-du-hub-fedex-de-roissy-30-03-2020-8290971.php externer Link und https://www.ouest-france.fr/sante/virus/coronavirus/coronavirus-apres-le-deces-d-un-employe-chez-fedex-roissy-les-agences-d-interim-retirent-leurs-6796386 externer Link; vgl. auch eine Erklärung von Fedex dazu: https://www.fedex.com/fr-fr/coronavirus.html externer Link)

Bei der Supermarktkette Carrefour in der nördlichen Pariser Banlieue erkrankte und verstarb eine 52jährige Kassiererin, Aïcha Issadounène, die zugleich déléguée syndicale (ungefähr: teilweise freigestellte Vertrauensfau) der CGT war. (Vgl. dazu u.a. https://www.lemonde.fr/economie/article/2020/03/28/aicha-issadounene-52-ans-caissiere-chez-carrefour-morte-du-covid-19_6034780_3234.html externer Link und http://www.leparisien.fr/seine-saint-denis-93/a-saint-denis-le-covid-19-a-emporte-aicha-52-ans-caissiere-chez-carrefour-27-03-2020-8289642.php externer Link)

Die Leitung hat den Todesfall inzwischen von ihrer Seite her bestätigt, währen die CGT „das Inkaufnehmen unkalkulierter Risiken für die Lohnabhängigen“ kritisierte. (vgl. https://www.francetvinfo.fr/sante/maladie/coronavirus/coronavirus-carrefour-confirme-le-deces-d-une-salariee-du-au-covid-19-la-cgt-denonce-des-risques-inconsideres-pour-ses-travailleurs-pris-par-le-groupe_3887703.html externer Link)

Inzwischen arbeiten die Filialen der Supermerktketten in aller Regel weiter – aufgrund der Tatsache, dass die Straßenmärkte / Wochenmärkte frankreichweit dichtmachen mussten, kommt ihnen tatsächlich auch eine wichtige Rolle bei der Lebensmittelversorgung zu; im Gegenzug verpflichteten sich mehrere französische Ketten dazu, Produkte bei regionalen landwirtschaftlichen Erzeugern aufzukaufen, denen nun jedoch ihrerseits das Personal fehlt, weshalb etwa die Präfektur von Melun (südöstlich von Paris) Menschen mit frisch abgeschlossenem Asylverfahren zur Arbeitsaufnahme in der Landwirtschaft während der Krise zu mobilisieren versucht… In aller Regel bekommen die Lohnabhängigen in den Supermärkten nun Gesichtsmasken und Handwaschgel gestellt, auf Sicherheitsabstände wird geachtet, und die Ladenschlusszeiten wurden oft erheblich vorverlegt. Auf örtlicher Ebene mag es jedoch noch Konfliktpotenzial geben.

Bei der französischen Post übten unterdessen mindestens 10.000 Lohnabhängigen ihr Rückbehaltungsrecht aus(vgl. https://actu.orange.fr/france/covid-19-au-moins-10-000-droits-de-retrait-exerces-a-la-poste-magic-CNT000001oYN1i.html externer Link). Nunmehr kündigte der Postkonzern an, sich auf seine „wesentlichen“ Dienstleistungen zu beschränken; dazu zählt zu diesem Monatsanfang April das Auszahlen der Sozialleistungen für rund zwei Millionen Menschen, die überwiegend über Konten bei der Postbank abgewickelt werden. Dafür soll kurzfristig in den kommenden Tagen die Anzahl der geöffneten Postbüros von derzeit 1.600 auf gut 1.800 (ein Viertel des Gesamtbestands) erhöht werden, doch sollen Wachleute und mancherorts auch vor den Eingängen stationierte Polizeiautos für die Einhaltung von Sicherheitsabständen sorgen.

Ende März d.J. hat unterdessen die Basisgewerkschaft SUD PTT angekündigt, eine Eilklage gegen den Postkonzern einzureichen, um ihn zur Abschätzung der Gesundheitsrisiken zu zwingen. (Vgl. https://www.lefigaro.fr/flash-eco/coronavirus-sud-ptt-assigne-la-poste-en-refere-20200325 externer Link und https://www.humanite.fr/securite-sud-ptt-assigne-la-poste-en-refere-686979 externer Link)Anders als die Bahngesellschaft SNCF und der Transportbetrieb der Region Paris, die RATP, veröffentlichte La Poste bislang keine Zahlen zu kontaminierten Mitarbeiter/inne/n. (Bei der RATP starb ein Busbediensteter an Covid-19 (vgl. https://www.bfmtv.com/societe/coronavirus-un-salarie-de-la-ratp-est-mort-du-covid-19-1884740.html externer Link und http://www.leparisien.fr/seine-saint-denis-93/cadre-a-la-ratp-et-patron-du-handball-en-seine-saint-denis-georges-merlot-est-mort-du-covid-19-31-03-2020-8291577.php externer Link); unterdessen wurde ein Desinfizierungsprogramm für die Busse eingeleitet und inzwischen verstärkt (vgl. https://www.ratp.fr/decouvrir/coulisses/au-quotidien/covid-19-des-mesures-sanitaires-renforcees-dans-les-bus externer Link oder http://www.leparisien.fr/info-paris-ile-de-france-oise/transports/coronavirus-comment-les-bus-de-la-ratp-sont-desinfectes-27-03-2020-8289276.php externer Link).

Druck auf die Arbeitsinspektion

Hinter den Kulissen heftigsten Druck erfährt unterdessen die Arbeitsaufsicht (inspection du travail), die dem Arbeits- und Sozialministerium untersteht und über die Einhaltung bestehender Lohnabhängigenrechte und Arbeitsvorschriften, derzeit natürlich zuvörderst auch über Maßnahmen gegen sanitäre Risiken zu wachen hat. Dort tobt ein Ausrichtungskampf um die Tragweite von Kontrollen, während die oberste Vorgesetzte – Arbeitsministerin Murielle Pénicaud – eifrig gegen den „Defätismus“ (selbst auf Arbeitgeberseite…) und die Arbeitsunwilligkeit in der Coronakrise zu Felde zieht. (Vgl. http://cgt-tefp.fr/covid-19-salarie-es-en-danger-inspection-du-travail-sacrifiee-tribune-de-presse-cgt-fsu-sud-cnt/ externer Link und https://www.humanite.fr/salarie-es-en-danger-inspection-du-travail-sacrifiee-686940 externer Link)

Und infolge von Briefwechseln zwischen der CGT und einem Direktor im Arbeitsministerium, Yves Struillou, vom 18. und 19. März 20 drohte Letzterer nun gar der CGT mit einer Strafanzeige. Grund dafür: Amtsanmaßung, welche ihm zufolge vorliege, weil die CGT fälschlich den Eindruck erwecke, das Ministerium erlaube es Lohnabhängigen in der aktuellen Situation grundsätzlich, von ihrem Recht auf Rückzug aus einer Gefahrensituation, d.h. ihrem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch zu machen. (Vgl. dazu https://www.mediapart.fr/journal/france/300320/l-inspection-du-travail-gere-avec-peine-les-revirements-du-pouvoir?onglet=full externer Link)

Rentenreform tot & beerdigt?

Ansonsten gilt: In einem einzigen, der Autor betont: einem einzigen Falle ist eine Ablebensnachricht im Kontext der aktuellen Krise unschwer zu begrüßen. Es handelt sich um die Meldung um das mutmaßliche frühzeitige Dahinscheiden der noch bis vor kurzem geplanten Renten„reform“ als, in gewissem Sinne, Kollateralopfer. Diese war zunächst für die Dauer der Corona-Krise und bis zum Herbst 2020 (also nach der parlamentarischen Sommerpause) ausgesetzt werden. Laut Echos der Satire- und Enthüllungs-Wochenzeitung Le Canard enchaîné vom 31. März 20 dürfte die Beratung dazu jedoch vor dem Ende der laufenden Legislaturperiode (im Frühjahr 2022) nicht wieder aufgenommen werden…

Kurzarbeit

Ansonsten noch aktuell: Am Donnerstag, den 02. April 20 fiel mittlerweile ein Fünftel der Lohnabhängigen im privaten Wirtschaftssektor, d.h. fielen vier Millionen Lohnabhängige unter die Kurzarbeitsregelung (Kurzarbeit auf Französisch: chômage partiel) (vgl. https://www.lefigaro.fr/flash-eco/quatre-millions-de-salaries-sont-au-chomage-partiel-en-france-20200402 externer Link).

Zur Abschiebehaft

Das höchste Verwaltungsgericht Frankreichs, der Conseil d’Etat, lehnte es inzwischen ab, einer Verwaltungsklage auf Schließung der Abschiebezentren oder Abschiebehaftanstalten während der sanitären Krise stattzugeben.

Anfänglich habe dort aufgrund der räumlich beengten Verhältnisse und der Unterbringung zu mehreren in Zimmern (Zellen) ein Ansteckungsrisiko bestanden. Dieses Risiko sei jedoch aufgrund der teilweisen Leerung der Zentren in der Woche des 16./17. März durch die Entlassung vieler Insassen – durch richterliche Anordnung oder auch durch die Behörden selbst – erheblich reduziert worden; zum Entscheidungszeitpunkt seien nur noch 350 von insgesamt 1.500 verfügbaren Plätzen belegt (vgl. Punkt 13 der Entscheidung). Dadurch sei das Anliegen der Verwaltungsklage gegenstandslos geworden, da im Übrigen bei den verbleibenden Insassen für sanitären Schutz gesorgt werde. (Vgl. zur Eilklage: https://www.dalloz-actualite.fr/flash/coronavirus-un-refere-liberte-demande-fermeture-des-centres-de-retention-administrative#.XoYW1pMzbRZ externer Link; und zur Entscheidung selbst: https://www.conseil-etat.fr/ressources/decisions-contentieuses/dernieres-decisions-importantes/conseil-d-etat-27-mars-2020-demande-de-fermeture-temporaire-des-centres-de-retention-administrative-cra externer Link – und Artikel darüber: https://www.liberation.fr/france/2020/03/27/coronavirus-le-conseil-d-etat-refuse-la-fermeture-des-centres-de-retention_1783367 externer Link und https://www.infomigrants.net/fr/post/23740/coronavirus-le-conseil-d-etat-refuse-de-fermer-les-centres-de-retention externer Link)

In der Praxis verhält es sich im Augenblick zu, dass tatsächlich keine Sans papiers (Einwanderer ohne gesetzlichen Aufenthaltsstatus, Undokumentierte) mehr aufgrund von Aufgriffen bei einfachen Personalienkontrollen oder Identitätsfeststellungen mehr in die Abschiebezentren eingeliefert werden. Tatsächlich hat die Polizei momentan auch Anderes zu tun; bis zum Abend des 02. April wurden seit Einführung der Ausgangsbeschränkungen (17. März 20) bislang insgesamt 6,7 Millionen Kontrollen betreffend Ausgangsgründe durchgeführt (vgl. http://www.leparisien.fr/politique/castaner-une-attestation-de-deplacement-sur-smartphone-sera-disponible-des-le-6-avril-02-04-2020-8292954.php externer Link) – Allerdings werden nach wie vor Ausländer am Ausgang einer Haftanstalt, also am Ende der Verbüßung einer Strafhaft, zwecks Abschiebung in selbige Zentren eingeliefert werden.

Artikel von Bernard Schmid vom 2.4.2020 – wir danken!

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=169064
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