„Regeln am Band, bei hoher Geschwindigkeit“ – Film über Leiharbeiter im Schlachthof: Sklaven im Schatten des Wohlstandes

Regeln am Band, bei hoher Geschwindigkeit“ - Film über Leiharbeiter im SchlachthofYulia Lokshina hat eine Dokumentation über Leiharbeiter im Schlachthof gedreht. Die meisten kommen aus Osteuropa. Die Absolventin der Filmhochschule zeigt, wie die Menschen dem System ausgeliefert sind. Ihre Recherchen beginnen, als ein Mann in einer Maschine stirbt (…) Ein Film über osteuropäische Leiharbeiter, die über Subunternehmen für ein paar Monate nach Deutschland geschickt werden, und dann die Arbeit machen, die kein Deutscher machen will. Schichtdienst in Schlachthallen irgendwo in Niedersachsen. Eisige Kälte, drei Grad, Höllenlärm, wer am Band nicht mithält, wird mit Lohnkürzungen bestraft, so erzählen es die Menschen, die Yulia Lokshina, 33, für ihren Film getroffen hat. (…) Sie fuhr nach Sachsen-Anhalt zu der Schlachthalle, in der Stanislav starb, und auch zu anderen Niederlassungen des Fleischbetriebs. Auf dem Dach der Fabrik drehte sich ein lachendes Schwein, Kameras überwachten den hohen Zaun. Auf dem Firmengelände konnte sie nicht filmen. (…) Es sind Einzelschicksale, die Yulia Lokshina mit einer großen Ruhe in ihrem Film porträtiert. (…) „Man braucht eine Struktur, in der man kämpfen kann, und diese Struktur haben Leiharbeiter nicht.“ Häufig sprechen sie wenig Deutsch, haben Schwierigkeiten, ihre Verträge zu verstehen, und wie soll man auch eine Struktur aufbauen, wenn man nur ein paar Monate gebraucht wird, also gar keine Perspektive hat. Wenn die Kraft fehlt, sich zu solidarisieren oder man einfach mal ausschlafen will, statt Schilder für eine Demonstration zu basteln. „Wenn’s einem schlecht geht, denkt man nicht an das Kollektiv“, sagt Lokshina, „da denkt man an sich.“…“ Rezension von Elisa Schwarz vom 03.02.2020 bei der Süddeutschen Zeitung online externer Link, siehe Informationen zum Film:

  • [Kinostart 22. Oktober 2020] Filmpremiere: Fleischindustriearbeiter haben kein Schwein gehabt New
    “Die junge Regisseurin Yulia Lokshina schreibt zwar in Ihrer Ankündigung des Films „Regeln am Band, bei hoher Geschwindigkeit“, dass ihr mit dem Max-Ophüls-Preis für den besten Dokumentarfilm ausgezeichneter Film einen erschreckenden Einblick in den Alltag der Fleischindustrie gibt, „Tote Tiere sind nicht aber nicht zu sehen“, schreibt sie. Vielmehr lässt sie die Arbeiterinnen und Arbeiter ebenso zu Wort kommen wie Kritikerinnen Kritiker der Fleischindustrie. Die Premiere fand am Mittwoch im Casablanca statt. Der Film entsandt im Jahr 2017, also vor dem Riesendebakel in der Fleischindustrie. „Regeln am Band“ ist ein hochaktueller Film über den Zustand der Arbeit und Fragen der Moral. Parallel dazu zeigt sie Münchenerin eine Gruppe von Abiturienten, die das Stück „Die Heilige Johanna der Schlachthöfe“ (Bertold Brecht, 1929/1930) proben und über die deutschen Wirtschaftsstrukturen und ihr Verhältnis dazu sprechen. Verwoben mit den Gedankengängen der Jugendlichen und ihrer Auseinandersetzung mit dem Text in den Proben, erzählt der Film in unterschiedlichen Fragmenten über Bedingungen und Facetten von Leiharbeit und Arbeitsmigration in Deutschland. Schauplätze sind Orte im Oldenburger Land und Rheda Wiedenbrück. Das bekannte Tönnies-Logo mit den drei lachenden Tieren schwirrt durchs Bild, manchmal auch ein Viehtransporter. Kein Einblick ins Innere der Schlachtfabriken: „Ich möchte vielmehr die Menschen ansprechen, die sich für die notleidenden Menschen in den Fabriken einsetzen sollen“, so die Regisseurin in der anschließenden Diskussion. Die Beispiele, die im Film gezeigt werden, sind erdrückend. Um pünktlich bei der Arbeit zu sein, fährt ein Mitarbeiter mit einem Kollegen um ein Uhr nachts los und ist bereits um drei Uhr im Betrieb. Der Arbeitsbeginn ist aber erst um sechs Uhr. Die Zeit bis zum Arbeitsbeginn verbringt er irgendwo in der Fabrik…“ Artikel von Eilert Freese vom 16.10.2020 in der Nordwest Zeitung online externer Link, siehe auch:

    • Film über osteuropäische Schlachthelfer geht unter die Haut
      “Yulia Lokshinas Film zeigt die bewegenden Schicksale der Arbeiter und die Verzweiflung über deren ausweglose Situation.“ Video vom 16.10.2020 beim NDR externer Link Video 2 Min | verfügbar bis 16.10.2021
  • In der westdeutschen Provinz kämpfen osteuropäische LeiharbeiterInnen des größten Schweineschlachtbetriebs des Landes ums Überleben – und AktivistInnen, die sich für deren Rechte einsetzen, mit den Behörden. Zur gleichen Zeit proben Münchener GymnasiastInnen das Stück „Die Heilige Johanna der Schlachthöfe“ und reflektieren über die deutschen Wirtschaftsstrukturen und ihr Verhältnis dazu. Verwoben mit den Gedankengängen der Jugendlichen und ihrer Auseinandersetzung mit dem Text in den Proben erzählt der Film in unterschiedlichen Fragmenten über Bedingungen und Facetten von Leiharbeit und Arbeitsmigration in Deutschland.“ Siehe auf der Homepage zum Film externer Link alle Infos und Vorführtermine
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=162320
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