Unruhe bei Bosch in Feuerbach: Betriebsrat fristlos gefeuert

Dossier

Harte Zeiten erfordern starke BetriebsräteBosch will einen Querdenker am Standort Feuerbach loswerden. Unter anderem soll er eine Personalleiterin bedroht haben. Der freigestellte Betriebsrat bestreitet die Vorwürfe. Dennoch hat ihn das Arbeitnehmergremium fallen lassen. (…) Dem gelernten Maschinenbau-Ingenieur werde eine „schwerwiegende Pflichtverletzung“ zur Last gelegt, die sich nicht mit den Prinzipien und Werten des Unternehmens vertrage, wie ein Bosch-Sprecher unserer Zeitung sagt. Tatsächlich geht es um eine Eskalation mehrerer Vorgänge (…) Vier Tage später erhielt der vierfache Familienvater, der seit gut 20 Jahren bei Bosch beschäftigt ist, seine Kündigung. (…) Besonders interessant ist, dass der Betriebsrat von Bosch Feuerbach der fristlosen Kündigung zugestimmt hat – ein absolut ungewöhnlicher Vorgang. Nun ist der Mann IG-Metall-Mitglied und hat im Prinzip Anrecht auf Rechtsschutz. Möglicherweise um dem Feuerbacher Arbeitnehmergremium nicht demonstrativ in den Rücken zu fallen, versagte ihm die Gewerkschaft den Rechtsschutz mit einem eigenen Anwalt. Stattdessen bezahlt die Gewerkschaft das Honorar des Hannoveraner Juristen Rolf Schaefer. Es lässt sich mutmaßen, warum dem Gekündigten der sonst übliche Rückhalt versagt wird: Der Mann ist ein Querdenker und hat zum Beispiel im Bosch-Intranet eine Community gegründet, die kritisch und frei auch über Vorgänge wie den Dieselskandal nachdenkt, der Bosch schwer erschüttert hat. Vor allem aber führt er seit Langem eine Auseinandersetzung mit der Betriebsratsleitung über eine Standortvereinbarung zur Arbeitszeit in der Werkverpflegung...“ Artikel von Matthias Schiermeyer vom 23. März 2018 bei der Stuttgarter Zeitung online zur gescheiterten Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht externer Link, siehe zum Fortgang des Konfliktes:

  • [Doku] #Dieselgate​ – Die Machenschaften der deutschen Autoindustrie New
    Es ist der größte Skandal der deutschen Industriegeschichte: Über zehn Jahre lang haben deutsche Automobilkonzerne und Zulieferer Verbraucher und Behörden weltweit belogen, indem sie gezielt die Abgaswerte ihrer Diesel- und Benzinfahrzeuge manipulierten. Allein bei VW sind 11 Millionen Autos betroffen. Ab 20. 04. 2021 müssen sich nun endlich VW-Manager vor Gericht verantworten. Der Dokumentarfilm „#Dieselgate“ begleitet die Aufarbeitung des Skandals. 2015 kam alles ans Licht, aber die Aufklärung steht immer noch am Anfang. Der Ingenieur Karsten vom Bruch kämpft um seinen Job und seinen Ruf. Er hatte bei Bosch schon Jahre vor dem Skandal auf andere Unstimmigkeiten hingewiesen – und wurde entlassen. Norbert Flother ist überzeugter VW-Fan. Er klagt auf Entschädigung für seinen manipulierten Golf. Und für den Rechtsanwalt Andreas Tilp geht es um sechs Milliarden Euro. Er vertritt Anleger, die in VW investiert haben und nun Schadenersatz wollen. Aufgrund des Betrugs war ihr Investment 40% weniger wert. Doch VW bestreitet jegliche Verantwortung. In „#Dieselgate“ äußern sich anonym auch ehemalige VW-Manager und schildern die Firmenkultur. Sie weisen auf Versäumnisse der Bundesregierung hin, die den Betrug über Jahre durch unklare Gesetze und konsequentes Wegschauen beförderte. „#Dieselaget“ ist nur eine vorläufige Bestandsaufnahme. Auch sechs Jahre nach Bekanntwerden des Skandals laufen noch viele Verfahren weiter. Abschließende Gerichtsurteile stehen noch aus. Der Film zeigt die Strukturen auf, die den Skandal möglich machten – und die heute immer noch nachwirken.“ Video der ARTE-Doku auf youtube externer Link – Dokumentarfilm von Johan von Mirbach. Siehe zum Hintergrund unser Dossier: Wer wird für den Dieselgate bezahlen? Na? Wer wohl?
  • Bosch-Betriebsrat teilweise zu Unrecht gefeuert 
    Der Kampf eines früheren Feuerbacher Bosch-Betriebsrats gegen seine Entlassung nimmt eine überraschende Wende: Das Landesarbeitsgericht korrigiert das Urteil aus der ersten Instanz. Trotzdem muss der Mann nicht weiterbeschäftigt werden – noch nicht. Angesichts der Zukunftssorgen bei Bosch, des Personalabbaus und der Lohneinbußen bei Tausenden Betroffenen erscheint es fast wie eine Randnotiz, was sich da vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Stuttgart abspielt: Erneut geht dort der frühere Bosch-Betriebsrat Karsten vom Bruch gegen seine fristlose Kündigung vom 13. Februar 2018 vor. Im Lichtschein des Dieselskandals erhält der schillernde Fall eine andere Wertigkeit…“ Artikel von Matthias Schiermeyer vom 21. Januar 2020 bei der Stuttgarter Zeitung online externer Link
  • Arbeitsgericht Stuttgart: Ex-Betriebsrat bei Bosch vor Gericht erfolglos
    Das Stuttgarter Arbeitsgericht bestätigt die Kündigung eines früheren Arbeitnehmervertreters bei Bosch Feuerbach – dessen fristlose Kündigung wegen persönlichen Fehlverhaltens ist damit wirksam. Zuvor hat die Personalleiterin einen für sie bedrohlichen Auftritt geschildert. Der Fall vor dem Stuttgarter Arbeitsgericht ist ungewöhnlich, nicht zuletzt, weil er sich bei der renommierten Firma Bosch abspielt. Entsprechend groß ist das Interesse der Feuerbacher Mitarbeiter, denen der Protagonist als geschätzter Querdenker gilt, der für eine andere Firmenkultur gekämpft hat – weshalb sie ihn auch für die laufende Amtsperiode bis 2022 als Betriebsratsmitglied wiedergewählt haben. Weil der Vorsitzende Richter Ulrich Lips den Andrang in Erinnerung an frühere Verhandlungstage erwartet hat, lässt er vier Polizisten als Ordner auftreten – eine ungewohnte Maßnahme am Arbeitsgericht. (…)Er bestreitet nicht, an jenem Nachmittag die Personalleiterin überraschend und in emotionaler Weise aufgesucht zu haben, um sie um einen geeigneten Gesprächstermin zu ersuchen. Die behaupteten Drohungen will er keineswegs ausgestoßen haben – er haben niemals Gewalt ausgeübt oder angedroht. Auch sieht er die komplexe Vorgeschichte zu Unrecht ausgeblendet, wie der Mann am Rande sagt. (…) Nach etwa eineinhalbstündiger Verhandlung verkündet der Vorsitzende Richter das nach früheren Bemerkungen zu erwartende Urteil: Die Kündigungsschutzklage wird abgewiesen, womit die Kündigung wirksam ist. Ulrich Lips argumentiert mit einer „schweren arbeitsrechtlichen Pflichtverletzung“, die den Rahmen der zulässigen Auseinandersetzung sprenge. (…) Der Anwalt des 50-Jährigen, Rolf Schaefer, stellt jedoch fest, Betriebsräte seien dazu da, firmeninterne Konflikte auszutragen. Auch Personalleiter müssten so etwas aushalten. „Sie machen eine kleine verbale Auseinandersetzung zum Gegenstand einer fristlosen Kündigung“, hält er dem Richter vor – zudem die Absicht, eine gütliche Einigung von vorneherein zu verbauen. Sein Mandant, ein vierfacher Familienvater, muss sich auf den Bezug von Hartz IV von Februar an einstellen, weil dann das Arbeitslosengeld auslaufe…“ Artikel von Matthias Schiermeyer vom 14. Dezember 2018 bei der Stuttgarter Zeitung online externer Link
  • Prozess am Arbeitsgericht: Schlechte Aussicht für Mitglied des Bosch-Betriebsrats
    Die Stimmung bei Bosch in Feuerbach ist infolge des Dieselskandals und seiner möglichen Folgen ohnehin angespannt. Jetzt sorgt die Kündigung eines Betriebsratsangehörigen für Verwerfungen. Das Arbeitsgericht deutet an, dass diese rechtens sein könnte. (…) Aus Sicht dieser Boschler geht es um mehr als die verhaltensbedingte Kündigung eines Kollegen – es geht für sie darum, dass hier ein Betriebsrat, der etwa auf seiner Intranetseite Management und Arbeitnehmervertretung unangenehme Fragen gestellt habe, ausgebootet werden soll. Er sei ein streitbarer Mensch, sagt ein anderer – aber das müsse er auch sein. Das Verfahren habe ein „G’schmäckle“, lautet ein weiterer Kommentar. Ein ausfälliges Verhalten trauen die hier Anwesenden dem Gefeuerten nicht zu. (…)Der 49-jährige Betriebsrat soll – infolge diverser Vorfälle – die Personalleiterin am Standort Feuerbach am 8. Februar 2018 vor Zeugen mit den Worten bedroht haben: „Sie sind sehr mutig, wenn Sie sich mit mir anlegen. Ich mache Sie fertig, Sie werden schon noch sehen.“ Dabei soll er sich „aggressiv im Türrahmen aufgebaut“ haben. Am 13. Februar wurde dem vierfachen Familienvater fristlos gekündigt. Die Personalchefin begab sich tags drauf aufgrund von Panikattacken in ärztliche Betreuung. (…) „Aus meiner Sicht ist das schlecht gelaufen, weil alle Zeugen im Lager des Arbeitgebers sind“, sagte der Anwalt des Gefeuerten, Rolf Schaefer. Sein Mandant habe keine Zeugen, obwohl er mit der Personalchefin nicht allein, sondern in Begleitung eines Betriebsratsmitglieds reden wollte. (…)Seit 2014 ist der Ingenieur freigestellter Betriebsrat, seit zwölf Jahren IG-Metall-Mitglied – von beiden Seiten sieht er sich nicht unterstützt. Vielmehr habe das Betriebsratsgremium der Kündigung eilig die Zustimmung erteilt, und die Rechtsstelle der IG Metall Stuttgart hätte dies noch beschleunigt. Dabei sei der Rechtsweg nicht eingehalten worden. Möglicher Grund: Wegen Kritik an der Aufarbeitung des Diesel-Skandals und weiterer konträrer Auffassungen war er zu unbequem geworden. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die IG Metall statt des Rechtsschutzes durch eigene Anwälte das Honorar von Schaefer bezahlt…“ Artikel von Matthias Schiermeyer vom 04. Juli 2018 bei der Stuttgarter Zeitung online externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=161608
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