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Die erfolgreiche Mobilisierung der Indigenen Organisationen gegen das IWF-Diktat – und ihre (möglichen) Auswirkungen in Ecuador

Am 17. September 2014 in Ecuador: Gewerkschaftsverbände, soziale Organisationen, Indigene: Gemeinsam gegen neues Arbeitsgesetz„… Anders als in einigen ausländischen Medien behauptet, drücken die Proteste im Oktober 2019 keineswegs den Wunsch der Bevölkerung aus, den Expräsidenten Rafael Correa (2007-2017) an die Regierung zurückzuholen. Dessen Partei wurde vielmehr bei den Regionalwahlen im März 2019 deutlich abgestraft und gewann lediglich zwei von 23 Präfekturen. Ein harter Kern von Correa-Anhängern und der Expräsident selbst, der sich nach wie vor im belgischen Exil befindet und aufgrund mehrerer Strafverfahren nicht nach Ecuador zurückkehren kann, versuchten jedoch schnell, den Protest politisch für sich zu instrumentalisieren. Während ihre Kritik an der Vertiefung neoliberaler Politik durch die Moreno-Regierung zutreffend ist, vertuschen sie systematisch, dass sie selbst den Weg für diese Politik bereitet und ihre ersten Stadien bereits umgesetzt hatten, beispielsweise durch die Unterzeichnung des Freihandelsabkommens mit der Europäischen Union. Die CONAIE distanzierte sich denn auch deutlich von den correistischen Vereinnahmungsversuchen, während diese der Moreno-Regierung einen willkommenen Vorwand lieferten, um zu behaupten, der Oktober-Aufstand sei lediglich eine von den Correisten aus dem Ausland gesteuerte Verschwörung, und kein Ausdruck echten Unmuts in der Bevölkerung. Auffällig ist, dass keine der offiziellen Verlautbarungen der CONAIE den Rücktritt von Präsident Moreno fordert, sondern lediglich den seiner Innenministerin María Paula Romo und seines Verteidigungsministers Oswaldo Jarrín. Politischen Analysen zufolge sieht die Moreno-Regierung sich als eine Übergangsregierung, die der expliziten Rechten um den Christdemokraten Jaime Nebot den Weg ebnen soll. Dies hat eine Entsprechung in einem deutlichen Rechtsruck in offiziellen Medien und sozialen Netzen, wo die protestierenden Indigenen und Arbeiter*innen vielfach klassistisch und rassistisch diskriminiert werden. Ein Rücktritt Morenos könnte den Aufstieg der Rechten katalysieren, während der Verbleib dieses relativ schwachen Präsidenten im Amt den Organisationen die Chance gibt, sich wieder stärker in die gesellschaftliche Debatte um die Zukunft des Landes einzumischen…“ – aus dem Beitrag „ECUADORS INDIGENE MELDEN SICH ZURÜCK“ von Miriam Lang in der Ausgabe November 2019 der Lateinamerika Nachrichten externer Link (Nummer 545), worin mögliche politische Entwicklungen nach dem erfolgreichen Massenprotest ebenso bereits angedeutet sind, wie die politischen Positionierungen unterschiedlichster Kräfte. Siehe dazu auch einen weiteren Beitrag und den Hinweis auf unseren bisher letzten Bericht über die Massenproteste in Ecuador:

  • „Ecuador: Eine kurze Bilanz über den Kampf vom Oktober 2019 und dessen Perspektiven“ von „Einige angepisste Proletarier*innen aus Ecuador“ am 21. Oktober 2019 im Untergrund-Blättle externer Link (in der Übersetzung von Mariana Lautréamont) hebt unter anderem hervor: „… In 11 Tagen wurde mehr erreicht als in den letzten 11 Jahren. 11 Tage lang war ein partieller, flüchtiger, prekärer aber realer Bruch mit der kapitalistischen Normalität zu beobachten, insbesondere innerhalb der Proteste selbst: Anstelle von Lohnarbeit, Warenverkehr, Privateigentum und Geld, standen Solidarität und Kostenlosigkeit (in den Sammelzentren und den „Volksküchen“). Diskussionen und kollektive Entscheidungsfindungen in den Vollversammlungen standen ebenfalls auf der Tagesordnung, genauso wie die mutige Selbstverteidigung auf den Barrikaden gegen die brutale Unterdrückung durch die uniformierten Wachhunde der Reichen und Mächtigen. Kurz gesagt, während den 11 Tagen der Revolte, haben die Ausgebeuteten und Unterdrückten einen freien Raum des Kommunismus und der Anarchie geschaffen und gelebt; ein spontaner, chaotischer, widersprüchlicher, lokal begrenzter, kurzlebiger, aber echter Freiraum. All dies war keine Kleinigkeit, es war ein historisches Ereignis mit weltweitem Echo, wenn man bedenkt, dass die proletarischen Massen auf dem Land und in der Stadt der „Mitte der Welt“ so viele Jahre lang geschlafen haben oder inaktiv waren und es endlich nicht mehr sind. Sie explodierten wie Vulkane und sind immer noch glühend heiss. Und die autonomen Antikapitalist*innen, die als Bestandteil der proletarischen Massen an den Kämpfen teilnahmen, ebenfalls.  Auch die Toten und Verletzten durch den Staatsterrorismus sind keine Kleinigkeit. Es waren keine „Unfälle“, es waren Verbrechen des Staates. Wir werden weder vergeben noch vergessen! Über die Toten zu schweigen oder die Morde des Staates kleinzureden, wie es einige rechte und sogar linke Akteur*innen tun, ist zynisch und zeugt von Respektlosigkeit gegenüber den Angehörigen und den Genoss*innen die ihnen nahe standen. Das Mindeste, was es jetzt, nach der Zuspitzung des Klassenkampfes, braucht, ist: Solidarität mit den inhaftierten Genoss*innen und den Familien der gefallenen Genoss*innen, ein entschlossenes Anprangern des Staatsterrorismus und der Regierung, die in diesem Moment gezielt gegen Mitglieder*innen sozialer Organisationen vorgeht, die am Streik teilgenommen haben. Es gilt ebenfalls wachsam zu bleiben um neue, verschleierte und „angepasste“ Sparmassnahmen zu verhindern (ein allfälliges neues Dekret beispielsweise), oder um sich gegen den Beginn der Privatisierungen zu wehren. Auch die für Ende dieses Monats angekündigten Mobilisierungen gegen die noch immer gültigen Flexibilisierungs-/Prekarisierungs-Arbeitsreformen dürfen nicht vernachlässigt werden und, was ebenfalls wichtig sein dürfte, die spontane Organisierung, die während den sozialen Unruhen entstand, sollte aufrechterhalten werden…
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=156202
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