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Das algerische Militär-Regime will die Entscheidung mit regelrechter Festnahme-Welle. Die demokratische Opposition eine verfassungsgebende Versammlung statt der diktierten Wahlfarce im Dezember 2019

Seit August 2019 ein gewohntes Bild: Festnahmen vor einer Demonstration in Algier - das Regime versucht, in die Offensive zu kommenDer monatelange „Abnutzungskampf“ zwischen demokratischer Bewegung und Militär in Algerien hatte zuletzt unter auch für einen Rückgang der Teilnahmezahlen bei den allwöchentlichen Demonstrationen der Studierenden (Dienstags) und aller (Freitags) geführt – das hat sich in der letzten Woche wieder geändert. Als Reaktion auf die Ankündigung des sogenannten Interims-Präsidenten Bensalah und der begleitenden Drohungen des Oberkommandierenden Salah waren in den Tagen danach wieder deutlich mehr Menschen auf den Straßen, die den Abtritt des Regimes forderten. Die in verschiedenen Plattformen organisierte Opposition jedenfalls unterstrich als Antwort auf diese Provokationen ihr Ziel, statt einer Wahlfarce eine verfassungsgebende Versammlung ohne Regime-Vertreter einzuberufen – und die breiten Teile der Bevölkerung reagierten eben mit der erwähnten massiv angewachsenen Beteiligung an den Protesten, trotz der Drohungen und einer regelrechten Festnahme-Welle, die sie begleiteten. Zur aktuellen Entwicklung in Algerien fünf Beiträge und der Hinweis auf unseren bisher letzten Betrag zu den demokratischen Massenprotesten in Algerien – gleichzeitig der erste Beitrag nach der Wahlprovokation des Regimes:

  • „Algérie: Arrestations en nombre“ am 18. September 2019 bei Secours Rouge externer Link ist eine etwas ausführlichere Meldung über die Festnahme-Welle, die sowohl bei den Demonstrationen stattfindet – meist zu Beginn – als auch jeden Tag, dann in der Regel gegen Personen gerichtet, die sich bei den monatelangen Protesten auf die eine oder andere Weise in den Vordergrund geschoben haben – bisher jedoch zeitigt diese Repression keine Erfolge…
  • „Machtkampf in Algerien“ von Sofian Philip Naceur am 20. September 2019 in der jungen welt externer Link fasst die Entwicklung und die Rolle des Oberbefehlshabers so zusammen: „… Während die aus linken, liberalen und konservativen Fraktionen bestehende heterogene Protestbewegung weiter hartnäckig tiefgreifende Reformen einfordert, will Gaïd Salah um jeden Preis die Kontrolle über den Übergangsprozess behalten. Auslöser der andauernden Krise in Algerien war die Präsidentschaftskandidatur von Expräsident Abdelaziz Bouteflika für die eigentlich für April geplante Wahl. Im Februar brachen friedliche Massenproteste aus, die Bouteflika zum Rücktritt zwangen und eine Neuordnung in der herrschenden Klasse auslösten. Während zahlreiche hochrangige Regimevertreter inzwischen hinter Gittern sitzen, schwang sich Gaïd Salah zum neuen Machthaber auf und versucht seitdem, politische und wirtschaftliche Privilegien eines Teils der Eliten zu verteidigen. Seine jüngsten Vorstöße zeigen nun abermals, dass er einen echten politischen Neuanfang weiter kategorisch ablehnt – koste es, was es wolle. Mit der Überarbeitung der Wahlgesetzgebung und der Einrichtung einer Wahlkommission ist ihm zudem ein geschicktes Manöver gelungen, vereinnahmt er damit doch zentrale Forderungen der Protestbewegung. Dieser geht die Reform aber nicht weit genug, sind die Neuerungen doch nicht, wie gefordert, im Rahmen eines echten Dialogs mit der Opposition zustande gekommen, sondern unilateral von oben auferlegt worden. Während die weiter allwöchentlich stattfindenden Proteste durch Gaïd Salahs kompromissloses Vorpreschen seit Monatsbeginn wieder massiv an Fahrt aufnehmen, zieht die Regierung sukzessive die Daumenschrauben an. Die Polizeipräsenz bei Demonstrationen wurde massiv erhöht, Beamte gehen zunehmend ruppiger gegen Protestierende vor, und auch die Justiz übt verstärkt Druck auf Oppositionelle aus…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=154650
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