Rochade Bochum – Dortmund: Mr. und Mrs. SGB II

35 Jahre Hartz IV für seine Erfinder!Er ist ein Freund klarer Worte, scheut keine Auseinandersetzung und hat sich – sowohl bei KollegInnen als auch auch bei KritikerInnen der Hartz-Gesetze – Respekt und Anerkennung erarbeitet. Nach 15 Jahren an der Spitze des Dortmunder Jobcenters möchte Frank Neukirchen-Füsers beruflich noch mal neue Wege einschlagen. Der 60-Jährige wird (wie bereits berichtet) im September Chef der Arbeitsagentur in Bochum – die Chefin dort – Dr. Regine Schmalhorst (47) – wird seine Nachfolgerin beim Jobcenter in Dortmund. Doch wie sehr ihn das Thema SGB II umtreibt, wird im Interview mit Nordstadtblogger deutlich: Er redet Klartext und übt deutliche Kritik an handwerklich schlecht gemachten Hartz-Gesetzen, der fatalen Ausweitung von Mini-Jobs und dem noch immer zu niedrigen Mindestlohn in Deutschland. (…) Bei allen Problemen – eine komplette Abschaffung der Hartz-Gesetze befürwortet Neu-Kirchen-Füsers nicht, trotz Bürokratie, Sanktionen und zu wenig Geld. „Darüber kann man trefflich streiten. Und es ist berechtigt, dass zu diskutieren. Das war es 2005 schon. Aber die Politik hat sich sofort rausgezogen.“ (…) „Vieles wird im Nachhinein verklärt. Es war früher nicht alles besser – und mehr Geld gab es auch nicht. Daher sollten wir nicht das Kind mit dem Bade ausschütten“, erteilt er der Forderung nach Abschaffung der Hartz-Gesetze eine Absage. (…) Veränderten Rahmenbedingungen und neuen Diskussionsansätzen würden sich die Jobcenter  nicht verschließen. Selbst über die Sinnhaftigkeit eines Bedingungslosen Grundeinkommens sei vor einem Jahr zwischen den Jobcentern diskutiert worden. (…) Allerdings nicht für alle, sondern nur für Menschen, die auf eine Existenzsicherung angewiesen seien und nicht für Vermögende oder Berufstätige. (…) Allerdings glaubte der 60-Jährige nicht, dass es zu einer grundlegenden Reform oder sogar zu einer Abschaffung der Hartz-Gesetze kommen werde: „Das SGB II ist sehr kompliziert, niemand will das Fass aufmachen…“ Artikel von Alexander Völkel vom 24. August 2019 bei nordstadtblogger.de externer Link: „Klare Kante zum Abschied: Jobcenter-Chef kritisiert „Hartz IV“, fordert höheren Mindestlohn und das Ende der Mini-Jobs“. Siehe dazu den Kommentar von Norbert Hermann, Bochum Prekär:

  • Rochade Bochum – Dortmund: Mr. und Mrs. SGB II
    Im Ruhrgebiet steht mal wieder eine „Rochade“ an, alterprobter Agenturstil zur Qualifizierung der Leitungspersönlichkeiten. Diesmal wechselt nach 15 Jahren „Mr. SGB II“ Frank Neukirchen-Füsers vom Jobcenter Dortmund an die Spitze der Arbeitsagentur Bochum, während von dort Regine Schmalhorst nach Dortmund geht und seinen Platz als „Mrs. SGB II“ übernehmen wird.
    Im unten wiedergegeben Interview Neukirchen-Füsers mit dem „Nordstadtblogger“ bezieht er Positionen, wie sie schon lange in der Erwerbslosenbewegung propagiert werden: Es gäbe „nicht genügend Jobs für die, die arbeiten könnten“ und spricht von „handwerklich schlecht gemachten Hartz-Gesetzen, der fatalen Ausweitung von Mini-Jobs und dem noch immer zu niedrigen Mindestlohn in Deutschland“. Die Jobcenter müssten „… raus aus der Burg mit Öffnungszeiten, Fallklappen und Burgwächtern. Das ist ja nicht wirklich niederschwellig und baut mehr Ängste auf, als es nimmt.“
    Hier ist nicht bekannt ob Neukirchen-Füsers, selbst ehedem erwerbslos, sich dann Bochum-Prekär anschließen wird. Eher könnte er wohl beim “ Bochumer Bündnis für Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ landen, weil hier wesentlich Gewerkschaften als „gesellschaftlicher Ordnungsfaktor“ und Verfechter des „Prinzips Lohnarbeit“ (so kritische Gewerkschafter*innen) zu finden sind.
    In Dortmund sind die Erwerbslosenberatungen personell mit bald einem Dutzend Berater*innen besser aufgestellt als in allen anderen Ruhrgebietsstädten. Allein im  http://www.alz-dortmund.de/ beraten sieben Fachleute etwa 200 Menschen im Monat, mit steigender Tendenz. Zu den offenen Terminen bilden sich lange Warteschlangen, wird berichtet. Es ist schwierig einen Termin zu bekommen.
    Lieber Mr. SGB II, wie verträgt sich das mit Ihren wohlgesetzten Worten? Wir dürfen gespannt sein. Die Situation in Bochum ist deutlich schlechter als in Dortmund.“ Kommentar von Norbert Hermann, Bochum Prekär, vom 27.08.2019 – wir danken!
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=153628
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