Wieder einmal schoss die Polizei im Notfall. Nur: Die Frage nach der Waffe, die niemand sah, wird jetzt „lästig“

Stoppt Polizeigewalt„… Der Fall sorgte im September 2016 für Schlagzeilen: Der irakische Flüchtling Hussam Hussein wurde vor einer Flüchtlingsunterkunft in Berlin-Moabit von Polizisten erschossen. Die Beamten hätten Angst um das Leben eines anderen Flüchtlings gehabt, den der 29-Jährige mit einem Messer bedroht habe, hieß es später in der Darstellung der Staatsanwaltschaft. Hussein hatte kurz zuvor erfahren, dass seine sechsjährige Tochter Opfer eines sexuellen Übergriffs geworden sei – durch einen anderen Flüchtling in der Unterkunft. Der Verdächtige war bereits von herbeigerufenen Polizeibeamten festgenommen worden. Mittlerweile ist er wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt worden. Nach der offiziellen Darstellung der Berliner Staatsanwaltschaft soll Hussam Hussein damals mit einem Messer bewaffnet auf den gefesselten Mann zugerannt sein, woraufhin drei Beamte das Feuer eröffneten. Eine Kugel traf Hussam Hussein tödlich in den Rücken. Die Staatsanwaltschaft Berlin stellte im Mai 2017 das Ermittlungsverfahren gegen die Schützen mit der Begründung ein, die Beamten hätten schießen müssen, um den Angriff gegen den anderen Flüchtling abwehren zu können. Nach neuen Recherchen ergeben sich nun erhebliche Zweifel an der Darstellung, dass der erschossene Hussam Hussein überhaupt bewaffnet war. Ein Zeuge, der den Polizeieinsatz beobachtet hat, sagt im Interview mit dem ARD-Politikmagazin Kontraste: „Hussein hatte kein Messer, das schwöre ich, ich habe kein Messer gesehen und ich stand ja neben ihm. Niemand von uns hat ein Messer gesehen. Der hatte einfach keins.“ Mit dieser Aussage steht er nicht allein. Auch ein Polizeibeamter, der an dem Geschehen selbst beteiligt war, kritisiert die Einstellung des Verfahrens: „Meine Kollegen und ich glauben, nein, wir wissen, dass wir alle kein Messer gesehen haben. Aus unserer Sicht war der Mann nicht bewaffnet.“ Der Beamte gibt an, das Geschehen gut im Blick gehabt zu haben. Ein Messer in der Hand von Hussam Hussein hätte er demnach gar nicht übersehen können…“ – aus dem Bericht „Hatte Hussam Hussein etwa kein Messer in der Hand?“ am 29. Juli 2019 beim rbb externer Link über einen Vorgang, dessen Einstellung die Polizei gefordert hatte… Siehe dazu auch einen weiteren aktuellen Beitrag:

  • „Haben Polizisten auf Unbewaffneten geschossen?“ von AktionFSA am 29. Juli 2019 im taz-Bewegungsblog externer Link unterstreicht, dass diese Nachfragen so neu nicht sind: „… Vor drei Jahren, im September 2016, wurde der irakische Flüchtling Hussam Hussein vor einer Flüchtlingsunterkunft in Berlin-Moabit von Polizisten erschossen. Die Beamten sagten aus, sie hätten Angst um das Leben eines anderen Flüchtlings gehabt, den der 29-Jährige mit einem Messer bedroht haben soll. Dieser andere Mann war bereits festgenommen worden, da er im Verdacht stand die 6-jährige Tochter von H. H. sexuell genötigt zu haben. Drei Beamte hatten das Feuer auf H. H. eröffnet als dieser zu dem Festgenommenen rannte. Eine Kugel traf Hussam Hussein tödlich in den Rücken. Schon damals gab es mehrere Zeugen, die behaupteten, dass H. H. kein Messer bei sich hatte. Diese kommen heute in der ARD-Exclusiv Sendung um 21:55 Uhr zu Wort...“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=152364
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