Wehr-Ministerin als EU-Präsidentin: Signal zu stärkerer Militarisierung Europas

Dossier

EU-MilitärpolitikDie EU-Führungsstaaten Deutschland und Frankreich haben einmal mehr ihren Dominanzanspruch in der Union demonstriert. In einem abgekarteten Spiel schanzten sie sich gegenseitig die beiden wichtigsten Posten in der EU-Bürokratie zu: Frankreich erhielt in der Person von Lagarde als neue EZB-Präsidentin den ökonomischen Top-Job; Deutschland soll mit der bisherigen Bundeswehr-Ministerin Ursula von der Leyen den mächtigsten politischen Posten besetzen: Präsidentin der EU-Kommission. Einmal mehr wurde bei der Besetzung der Schlüsselpositionen die undemokratische Struktur des EU-Komplexes deutlich: alle Macht geht vom europäischen Rat der Regierungs- und Staatschefs aus. Das Europa-Parlament hat ganz und gar nichts zu sagen, es kann die Kandidaten durchwinken, bestenfalls ablehnen. Macht-Nukleus ist die deutsch-französische Allianz, die restlichen 26 EU-Staaten sind wie ein Satelliten-System drum herum angeordnet. Die Nominierung der deutschen Wehrministerin ist eine Ansage zu einem verstärkten Militarisierungskurs der EU. Denn eines hat die Ministerin, der angeblich „die Truppe ans Herz gewachsen ist“, geschafft – trotz aller Pleiten und Pannen, Fehlplanung und Missmanagement: Die Powerfrau konnte zig-Milliarden Euro mehr für Waffen und Militär locker machen. Das Rüstungsbudget stieg in ihrer bisherigen Amtszeit zwischen 2014 bis 2019 um 50 Prozent. Mit den üppiger fließenden Geldern stiegen auch die Begehrlichkeiten des Militär-Industrie-Komplexes…“ Artikel von Fred Schmid vom 9. Juli 2019 beim isw externer Link. Siehe nun dazu:

  • EU-Kommission: (Diese) Industriepolitik ist Rüstungspolitik New
    „… Zum 1. Dezember 2019 soll die neue EU-Kommission unter der ehemaligen deutschen Verteidigungsministerin von der Leyen ihre Arbeit aufnehmen. Erstmals wird dem Kommissariat für Industrie auch eine Generaldirektion für Verteidigung und Weltraum unterstehen. Frankreich hat für dieses Amt Thierry Breton vorgeschlagen, der bereits zuvor wichtige industrielle Weichenstellungen für die Digitalisierung der Streitkräfte begleitet hat. Könnten damit Thales und Atos zukünftig in einem europäischen Großkonzern für Künstliche Intelligenz nach dem Vorbild von Airbus aufgehen und wer wären die deutschen Partner hierbei? (…) Der deutsche „Industriekommissar“ Günther Verheugen etwa arbeitete 2004-2010 unter der offiziellen Bezeichnung des „Kommissars für Industrie- und Unternehmenspolitik“, aktuell wird dieses Portfolio von Elżbieta Bieńkowska als „Kommissarin für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU“ ausgefüllt. Ihr designierter Nachfolger, der Franzose Thierry Breton, wird in der deutschen Presse weiterhin überwiegend als (designierter) Industrieminister bezeichnet, obwohl der offizielle Titel seines Portfolios „Binnenmarkt“ lautet – mit der Bezeichnung „Industrie, Rüstung und Weltraum“ aber passender beschrieben wäre. Denn der zukünftige Industriekommissar wird auch der neu geschaffenen „Generaldirektion für Verteidigungsindustrie und Weltraum“ (DG Defence) vorstehen, die u.a. den „Europäischen Verteidigungsfonds“ (EVF) im Umfang von 13 Mrd. Euro (2021-2027 aus dem EU-Haushalt plus nationale Kofinanzierung) verwaltet, mit dem EU-Rüstungsprojekte angestoßen und die entsprechenden Unternehmensstrukturen geschaffen werden sollen. Hierfür scheint Breton bestens geeignet. (…) Es wird sich zeigen, wie weit die Wissenschaft bereit ist, sich in die rüstungspolitische Strategie einbinden zu lassen. Die industriepolitisch motivierte Förderung der KI-Forschung jedenfalls trifft beispielsweise im Forschungsverbund „Cyber Valley“ auf große Begeisterung. (…) Es stellt sich allerdings vor dem Hintergrund des neuen Portfolios des EU-Industriekommissars und der Personalie Thierry Breton die Frage, ob Industrie- und Rüstungspolitik – gerade im Bereich der Digitalisierung – überhaupt noch voneinander zu trennen sind.“ Beitrag von Christoph Marischka vom 12. November 2019 bei Telepolis externer Link
  • Die militärische Integration Europas: Ursula von der Leyen stellt designierte EU-Kommission vor und will Generaldirektion für Verteidigungsindustrie – “Die EU wird nie eine Militärunion” 
    Diverse Zweige der Rüstungsindustrie dürfen sich freuen. Als Ursula von der Leyen am Dienstag in Brüssel ihre Kandidaten für die neue EU-Kommission vorstellte, teilte sie auch eine grundsätzliche Neuerung mit. Die künftige Kommissionsvorsitzende will eine »Generaldirektion für Verteidigungsindustrie und Raumfahrt« aufbauen. »Diese soll dazu führen, dass die Europäer gemeinsam Rüstungsprojekte entwickeln und umsetzen«, sagte von der Leyen. Dies werde die gemeinsame Einsetzbarkeit der Systeme erhöhen und sei auch »seit Jahrzehnten« eine Forderung der Verbündeten in der NATO. Deutschlands frühere Verteidigungsministerin versprach sich von dieser Zusammenarbeit auch eine Stärkung der »industriellen Basis« der EU. Es geht um sehr viel Geld. Im April hatten die Abgeordneten des EU-Parlaments mehrheitlich für eine Verordnung zum sogenannten EU-Verteidigungsfonds gestimmt. Nach bisherigen Plänen soll der Fonds von 2021 bis 2027 mit 13 Milliarden Euro ausgestattet werden. Damit sollen grenzüberschreitende Rüstungsprojekte und militärische Forschung gefördert werden. (…) Die neue Generaldirektion soll in den Zuständigkeitsbereich der designierten EU-Binnenmarktkommissarin Sylvie Goulard fallen. Die liberale Politikerin bringt einige Voraussetzungen mit. Sie war von Mai bis Juni 2017 Verteidigungsministerin im Kabinett des französischen Regierungschefs Édouard Philippe…“ Artikel von Aert van Riel vom 10.09.2019 beim ND online externer Link, siehe dazu einen ersten Kommentar:
  • “Die EU wird nie eine Militärunion”
    Die EU soll aufrüsten, aber keine Militärunion werden. Dies sagte die künftige Kommissionschefin von der Leyen bei der Vorstellung ihres Teams in Brüssel. Interessant ist die Begründung. Die Nato werde die Basis der kollektiven Verteidigung in Europa bleiben, erklärte die CDU-Politikerin, die als Verteidigungsministerin immer für die USA und die Nato eingetreten war. “Die EU wird niemals eine Militärunion”, fügte sie hinzu. Das soll offenbar die Amerikaner und die Osteuropäer beruhigen, die fürchten, die Union könne der Nato Konkurrenz machen. Doch warum muß die EU dann aufrüsten – und sogar eine neue Generaldirektion „Verteidigungsindustrie und Rüstung“ gründen, die von der französischen Binnenmarkt- und Industrie-Kommissarin Sylvie Goulard gesteuert werden soll? (…) Der Computer, das Internet und auch die “Künstliche Intelligenz” wurden vom US-Militär vorangetrieben. Dabei ging es jedoch immer um Krieg, also um die militärische Anwendung. Warum sollte das in der EU anders sein? Und wo bleibt die demokratische Kontrolle? Bisher soll nicht einmal das Europaparlament ein Mitspracherecht über die neuen Rüstungsprogramme erhalten…“ Kommentar vom 10.9.2019 von und bei Eric Bonse externer Link (Lost in EU)
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=152221
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