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Erneuter Streik im Kampf gegen die Erhöhung des Rentenalters: Nahverkehr in den Niederlanden stand still – und wirkte sich aus…

Die große Lehrerdemonstration in Den Haag am 15.3.2019 war ein Höhepunkt der ungewohnten aktuellen streikwelle in den Niederlanden„… Der öffentliche Nahverkehr in den Niederlanden steht still. Grund hierfür ist der größte Streik, den das Land in den letzten 15 Jahren gesehen hat. Die Gewerkschaften protestieren mit dem ÖPNV-Streik gegen die Rentenpolitik der Vier-Parteien-Koalition in Den Haag. Aktuell steigt das Rentenalter von ursprünglichen 65 Jahren schrittweise auf mindestens 67 Jahren ab 2021. Ab 2022 soll zudem eine neue Rentenformel gelten, nach der sich der Renteneintritt an der Lebenserwartung ausrichtet. Heutige Studierende unter 30 dürften demnach erst mit 71 Jahren in Rente gehen. Die niederländischen Gewerkschaften finden diese Regelung ungerecht und wollen deshalb das Renteneintrittsalter vorerst einfrieren. Interessant dabei: Der heutige Streit wird von der Mehrheit der Niederländer unterstützt. Mit ihrem Streik würden die Gewerkschaften nur „das ganze Land nerven“, urteilt Klaas Dijkhoff, Fraktionsvorsitzender der bürgerlich-liberalen VVD in der Zweiten Kammer. Auch wenn es stimmt, dass der ÖPNV-Streik die Niederlande wortwörtlich lahmlegt, ist von Ärgernis verhältnismäßig wenig zu spüren. Meinungsforscher Maurice de Hond fand in einer repräsentativen Umfrage heraus, dass nur ein Viertel der Niederländer den Streik ablehnen. 10 Prozent gaben an, sich nicht dafür zu interessieren. Der Rest – also die überwiegende Mehrheit – hat Verständnis für den Ärger der Bus- und Bahnbediensteten. Vielleicht aus Solidarität, denn vom steigenden Renteneintrittsalter sind letztlich alle Niederländer betroffen. Das Rentensystem der Niederlande fußt auf drei Säulen. Zwei der Säulen sind die private und betriebliche Altersvorsorge, die individuelle Rentenansprüche garantieren. Der Sockel des Rentenmodells ist indes die gesetzliche Mindestrente, auf die jeder Ansprüche hat. Und um genau diese Mindestrente geht es beim Streik der Bus- und Bahnfahrer. Die Gewerkschaften kritisieren nämlich, dass das Renteneintrittsalter zu schnell ansteigt. Bis 2021 dürfen Niederländer erst mit 67 Jahren in Rente gehen. Jahrzehntelang galt die Grundrente aber bereits ab 65 Jahren…“ – aus dem Bericht „Landesweite Streiks im öffentlichen Nahverkehr“ am 28. Mai 2019 im Niederlande Net der Uni Münster externer Link über den erneuten großen Rentenstreik in den Niederlanden. Siehe dazu auch zwei weitere aktuelle Beiträge zu einem Gerichtsurteil samt teilweisem Streikverbot und über die Auswirkungen auf den Flugverkehr, sowie eine (unreformierte) Vorstellung des niederländischen Rentensystems und den Hinweis auf unseren Bericht zum Streik gegen die Rentenreform im März 2019:

  • „Rentensystem“ von Andreas Gebbink im Januar 2009 ebenfalls im Niederlande Net der Uni Münster externer Link stellte damals das (logischerweise noch nicht „reformierte“) Rentensystem der Niederlande vor (das, wie auch immer, in jedem Fall: Weitaus besser ist – oder bisher war – als jenes in der BRD), unter anderem so: „… Die Diskussion um die Finanzierung der AOW ist so alt wie die AOW selbst. Im Jahr 2006 hat die Sociale Verzekeringsbank 24,3 Milliarden Euro für die Rente überwiesen. Um die Beitragssätze stabil zu halten, wird seit Jahren über ein höheres Renteneintrittsalter nachgedacht. Sozial- und Arbeitsminister Piet Hein Donner schilderte im September 2007 anlässlich einer 50-Jahr-Feier der AOW die Situation: „65 Jahre als Renteneintrittalter ist ein Begriff. Aber dieses Alter wurde schon vor 150 Jahren von Bismarck eingeführt und seinerzeit entsprach das Alter 65 nach heutigen Maßstäben etwa 85 oder 90 Jahren. (…) Unsere Lebenserwartung beträgt bald 80 Jahre und die Menschen werden immer älter, bevor sie mit der Arbeit beginnen – zwischen 20 und 25 Jahren. Auch das reale Renteneintrittsalter liegt eher bei 60 Jahren als bei 65. Das heißt praktisch, dass wir 40 Jahre arbeiten müssen, um 80 Jahre leben zu können…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=149510
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