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25 Jahre Privatisierung von British Railways: Eine keineswegs überraschende Katastrophen-Bilanz und ein Kampf, der weiter geht

Dossier

Streikplakat RMT: Britische Eisenbahner: Grösster Streik seit 20 Jahren?Am 5. November 1993 verabschiedete das britische Parlament den „British Railways Act“. Dieses Gesetz der konservativen Regierung unter Premierminister John Major bereitete die Grundlage für die 1994 eingeführte Privatisierung der britischen Staatsbahnen. Durch den „Railways Act“ konnte Infrastruktur an private Anbieter verkauft werden. (…) Private Anbieter werben rund alle zehn Jahre um den Betrieb individueller Eisenbahnlinien. Der Staat zahlt ihnen dafür einen vorher festgelegten milliardenschweren Geldbetrag aus Steuermitteln. Gegen dieses System gab es von Anfang an Widerstand. (…) Man muss sich in die Atmosphäre der damaligen Zeit zurückversetzen. Die Finanzkrise der Jahre 2007/8 und ihre Auswirkungen waren in weiter Ferne. Privatisierung war europaweit der letzte Schrei und Globalisierung das große Zauberwort. Auf allen Kanälen wurde verbreitet, dass Märkte alles besser und effizienter können als der Staat…“ – aus dem Beitrag „Vom Segen der Privatisierung“ von Christian Bunke am 12. November 2018 bei telepolis externer Link, worin die Ergebnisse dieser 25 Jahres-Katastrophe sehr deutlich gemacht werden… Siehe dazu Beiträge zu aktuellen K#mpfen gegen die Folgen, wie z.B. die Abschaffung der Zugbegleiter bei Northern Rail und anderen privaten Betreibern:

  • Nach langem Kampf: Schottland verstaatlicht Nachtzug Caledonian Sleeper, Gewerkschaft RMT fordert generelles Ende der Bahn-Privatisierungen New
    Eine der wichtigsten Bahnverbindungen des Vereinigten Königreichs wird wieder verstaatlicht. Das kündigte die schottische Regierung am Sonntag an. Die Verstaatlichung des Nachtzugs »Caledonian Sleeper« war eine zentrale Forderung der Gewerkschaften. In den aktuellen Arbeitskämpfen fordern sie ein generelles Ende der Privatisierungen im öffentlichen Verkehr. Die britische Regierung in London lehnt das ab, der Schritt der schottischen Regierung ist deshalb ein wichtiger Sieg für die Eisenbahngewerkschaft RMT. Die schottische Regierung kündigte den Vertrag mit dem privaten Anbieter Serco sieben Jahre vor Ende der Laufzeit; damit wird sie dem ab 25. Juni wieder Eigentümerin des Nachtzugs. Betrieben wird die Verbindung dann von der Scottish Rail Holdings (SRH). Der Caledonian Sleeper ist der wichtigste Nachtzug Großbritanniens und verbindet seit 1873 Aberdeen im Norden über 43 Stationen mit Edinburgh, Glasgow und der britischen Hauptstadt London. Serco hatte 2015 für 800 Millionen Pfund die Betreiberlizenz bis ins Jahr 2030 gekauft. Doch inmitten einer Streikwelle bei den britischen Bahnen, von denen auch Schottland betroffen war, kündigte die schottische Regierung im Oktober 2022 an, die Bahn wieder verstaatlichen zu wollen. Serco versuchte damals mittels einer sogenannten Rebase-Klausel, die Vertragskonditionen für die verbleibenden sieben Jahre neu auszuhandeln, berichtete das Branchenmagazin Railway Technology am Wochenende. Dies lehnte die Regierung in Edinburgh ab. Die schottische Verkehrsministerin Jennifer Gilruth verkündete dann erstmals am vergangenen Donnerstag im Parlament, dass das aktuelle Franchiseabkommen am 25. Juni 2023 enden werde und danach keine neuerliche Privatisierung vorgesehen sei. Bereits im April 2022 hatte die schottische Regierung die Eisenbahngesellschaft Scotrail nach 25 Jahren im Privatbesitz wieder verstaatlicht. Auch sie wird seither vom staatlichen Unternahmen SRH betrieben. Gilruth betonte, dass die Entscheidung der Verstaatlichung auch eine Reaktion auf die Pläne der konservativen Regierung in London sei. »Unser Ansatz wird eine stabile Basis und Sicherheit für Passagiere und Personal bieten«, sagte Gilruth im schottischen Parlament...“ Artikel von Dieter Reinisch in der jungen Welt vom 07.03.2023 externer Link („Schottland verstaatlicht Nachtzug. Gewerkschaften fordern generelles Ende der Privatisierungen“), siehe auch:

    • RMT gewinnt öffentliches Eigentum für Caledonian Sleeper
      Die Eisenbahngewerkschaft RMT hat die heutige Entscheidung der schottischen Regierung, den Caledonian Sleeper in öffentliches Eigentum zu übernehmen, sehr begrüßt. Die Ankündigung, die Jenny Gilruth MSP im schottischen Parlament machte, ist ein Sieg für die lange und hart geführte Kampagne der RMT für die Übernahme der ikonischen Verbindung durch die öffentliche Hand. Sie gibt der schottischen Regierung die Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass diese nachhaltige, kohlenstoffarme Strecke zwischen Schottland und London im Interesse der Fahrgäste und nicht im Interesse privater Gewinne betrieben wird. Bisher hat der Auftragnehmer Serco die Dienste betrieben und damit Millionen von Pfund an Gewinn für Aktionäre und Spekulanten erwirtschaftet. Diese Entscheidung bedeutet, dass sowohl die schottische als auch die walisische Regierung alle ihre Schienenpersonenverkehrsdienste in öffentlichem Eigentum betreiben. (…) „Diese Entscheidung sollte ein Weckruf für das Verkehrsministerium in Westminster sein, seine gescheiterte Besessenheit von der Privatisierung zu beenden und das gesamte Eisenbahnsystem in öffentliches Eigentum zu überführen.“ engl. RMT-Pressemitteilung vom 2.3.2023 externer Link („RMT wins public ownership for Caledonian Sleeper“, maschinenübersetzt)
    • Siehe zuvor zu Caledonian Sleeper im November 2021: Glasgow lahmlegen. Schottische Eisenbahngewerkschaft plant Blockade der Stadt und Proteste während des Weltklimagipfels
  • [Eisenbahn] In Großbritannien verstaatlichen jetzt die Tories 
    „… In Deutschland wird über die nächste Bahnreform gestritten, da kommen aus dem Mutterland der Eisenbahn verstörende Berichte. Die Wiederverstaatlichung der in den neunziger Jahren privatisierten Eisenbahnen hatte unter Jeremy Corbyn eigentlich die Labour Partei gefordert. Nun sind es ausgerechnet die regierenden Tories, die die Bahn seit 2020 in Teilen verstaatlichen. Was ist da los? (…) Vor zehn Jahren hat eine von der Regierung bestellte Expertise gezeigt, dass die britischen Privatbahnen in Sachen Effizienz weit hinter den Staatsbahnen auf dem Kontinent zurückbleiben, eine „Effizienzlücke“ von 40 Prozent wurde berechnet. Die Tory-Regierungen versuchten mit wortreichen Ankündigungen gegenzusteuern. Mit Milliarden an Steuergeldern sollten die notwendigen Hochgeschwindigkeitsstrecken gebaut werden, von denen Großbritannien – im Gegensatz zu Frankreich, Spanien oder Italien – bis heute nur eine einzige hat. Allerdings geht es kaum voran auf den Großbaustellen. Und die Fahrpreise steigen ununterbrochen weiter, doppelt so schnell wie die durchschnittlichen Löhne und Gehälter. Nirgendwo sonst in Europa ist der Nah- und Fernverkehr per Bahn heute so teuer wie in Großbritannien. Inlandsflüge sind allemal billiger als Bahnreisen. Die Corona-Krise und die Lockdowns bedeuteten dann für viele Eisenbahngesellschaften das Aus. Passagiere blieben zu Hause, Pendler forderten das Geld für ihre teuren Jahreskarten zurück, während die Kosten weiterliefen. Viele Gesellschaften rauschten in die roten Zahlen, etliche standen dicht vor dem Bankrott oder gingen pleite. Die Tory-Regierung konnte gar nicht anders: Sie musste jene Strecken, die die Eisenbahngesellschaften nicht mehr bedienen konnten, wieder zurück in Staatsregie nehmen und die entsprechenden Franchise-Verträge aufkündigen. Das betraf Anfang 2020 zwei Strecken: die Northern Rail zwischen Manchester und Leeds, die von der Arriva betrieben wurde, einer Tochter der Deutschen Bahn. Die Southern Rail, der zweitgrößte Streckenkomplex unter Franchise, steht ebenfalls unter verschärfter Beobachtung und droht beim nächsten Fehltritt unter staatliche Kontrolle gestellt zu werden. Schon im Mai 2018 tat die Tory-Regierung dies mit der East Coast Main Line zwischen London und Edinburgh. Labours Schattentransportminister Jim McMahon hat die Regierung aufgefordert, jeder privaten Bahngesellschaft, die ihren Franchisevertrag nicht erfülle, sofort zu kündigen – und die Kontrolle über die Eisenbahn zurückzuholen. Das entspricht nun auch dem jüngsten Tory-Wahlprogramm. Wie die Ironie der Geschichte so spielt, sind es nun also die Tories, die das einstige Programm ihres Angstgegners Jeremy Corbyn umsetzen, Stück für Stück. Allerdings ohne einen Plan und ohne eine durchdachte Alternative. Ganz im verwirrten Stil des heutigen Hausherrn von Downing Street No 10.“ Artikel von Michael Krätke vom 1. Dezember 2021 in der Freitag Ausgabe 47/2021 externer Link
  • Glasgow lahmlegen. Schottische Eisenbahngewerkschaft plant Blockade der Stadt und Proteste während des Weltklimagipfels
  • „Make it a legal requirement to have a second safety critical person on trains“ seit dem 01. November 2018 externer Link ist eine Petition der Eisenbahngewerkschaft RMT gegen die Absicht verschiedener privater Bahngesellschaften, das sogenannte DOO-Prinzip einzuführen (Drivers only operation – Züge mit nur einem Lokführer als Gesamtpersonal): In der ersten Woche von über 20.000 Menschen unterzeichnet, ist es das Ziel, bis zum 06. Mai 2019 100.000 Unterschriften zu bekommen, damit würde das Thema auf die Tagesordnung des Parlaments kommen (ab 10.000 Unterschriften muss die Regierung öffentlich dazu Stellung nahmen – was sie bisher nicht getan hat…).
  • „#keeptheguardonthetrain“ externer Link ist der Twitter-Kanal, mit dem die Gewerkschaft RMT und mit ihr zusammenarbeitende Gruppierungen, wie Nutzervereingungen den Kampf gegen diese „neue Etappe der Einsparpläne“ unterstützen – worin auch ein umfangreiches Medienecho zu dieser Auseinandersetzung dokumentiert wird. Und natürlich wird auch zur Unterzeichnung der Petition aufgerufen.

Siehe zum Hintergrund unseren Beitrag von August 2016: Streik angekündigt, Streik unterbrochen, Streik fortgesetzt: Eisenbahner in Großbritannien setzen sich zur Wehr – auch gegen Privatisierungsergebnisse

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=140000
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