Klimacamp 2016 im Rheinland vom 19.-29. August 2016 – und die gewerkschaftliche Auseinandersetzung

Dossier

Klimacamp 2016 im Rheinland vom 19.-29. August 2016 Auch 2016 wird es ein Klimacamp im Rheinland vom 19.-29. August geben. Auf dem Klimacamp findet wie im letzten Jahr die Degrowth-Sommerschule vom 19.-23.08.2016 statt. Im Anschluss daran ist das Aktionslabor vom 24.-29.08.2016 zu Gast auf dem Klimacamp. Das Klimacamp und die Degrowth-Sommerschule stehen dieses Jahr unter dem Motto „Skills for System Change“. Siehe dazu die Aktionsseite externer Link. Dazu gibt es eine unsägliche Kampagne von IG BCE-Vertrauensleuten „Schnauze voll – Gegen Gewalt von Öko Aktivisten“ und zum Glück einen Appell dagegen, den auch das LabourNet Germany unterschrieben hat und für den noch weitere Unterschriften von GewerkschafterInnen gesammelt werden: Gewerkschafter*innen für Klimaschutz. Siehe alle Infos im Dossier: Infos zur „Schnauze-voll-Kampagne“, den zu unterschreibenden Aufruf „Gewerkschafter*innen für Klimaschutz“ (bei BaSo in einer aktualisierten Fassung vom 07.08.2016 externer Link) und ein – umstrittenes Flugblatt des ver.di FB2 (Ver- und Entsorgung) NRW vom 2. August 2016 sowie [IG BCE lernt nicht dazu] Alsdorf: IG BCE ruft zu Demonstration auf und nun ein Bericht von Helmut Born New

„Schnauze voll – Gegen Gewalt von Öko Aktivisten“- Kampagne
von IG BCE-Vertrauensleuten (und wohl teilweise auch ver.di-Vertrauensleuten)

Bei facebook gab es offenbar eine gemeinsame Kampagne von IGBCE und Ver.di-Vertrauensleuten, die sich gegen UmweltaktivistInnen wendet. Unter den Logos von ver.di und IGBCE heißt es „Vertrauensleute -Schnauze voll! – von der Gewalt durch Ökoaktivisten“. Gleichzeitig wird ein T-Shirt vertrieben, auf dem ein Schriftzug, offensichtlich „Klimacamp“, von einer Faust bluttriefend zermalmt wird. Und es wird dazu aufgerufen, sich für den 26. August, zum Klimacamp Rheinland 2016, bereit zu halten, wozu auch immer, „Informationen in den Betrieben“ folgen noch…

"There are no Jobs on a dead Planet!"Eine ähnliche Angst-Kampagne „Gewalt stoppen!“ mit dazu gehörenden Plakaten, gab es am Pfingstwochenende  in der Lausitz, als eine unselige Mischung aus Bergarbeitern, die verständlicherweise Angst um ihre Arbeitsplätze haben, aus AfDlern, Hooligans und Neonazis mit IGBCE-Fahnen, Baseballschlägern und Böllern eine Gleisblockade am Kraftwerk Schwarze Pumpe angriffen.

Es soll bei verschiedenen Gelegenheiten Einladungen von Umweltgruppen etc. an GewerkschaftsfunktionärInnen gegeben haben – mit Absagen. Es stellt sich daher die Frage, wo ist der Einsatz der Gewerkschaften (hier v.a. IG BCE) gegen Hass-Postings im Internet auf Seiten wie „Für Braukohle und Arbeit – gegen Ökoextremismus“ oder auf der facebook-Seite „RWE-Mitarbeiter für faire Berichterstattung“? Dort wird sehr oft offen zu Gewalt gegen den Braunkohlewiderstand, gegen bestimmte Bürgerinitiativen oder sogar gegen einzelne Menschen aufgerufen.

Uns liegen Bilder der aktuellen Kampagne vor, auf die wir verzichten, und statt dessen, wenn auch ungern,  auf die Fratzebuch-Seite „Schnauze voll“ externer Link von @wirelektrisierenDE verweisen. Siehe allerdings Foto des T-Shirts externer Link und ein Foto des Kampagnen-Logos externer Link bei BaSo.

Bereits 2013 gab es eine ähnliche Kampagne, „„Steuerzahler statt Aktivisten“, siehe dazu im LabourNet Germany: Wo steht die IGBCE? „… Mit Parolen wie „Steuerzahler, in Schwarz-Rot-Gold, statt Aktivisten, in Grün“ verbreiten IGBCE und ihre FreundInnen ein Klima dumpfer Braunkohleneinfalt statt bunter Vielfalt…“ Kommentar von Astrid Matthiae, Mitglied beim Fachbereich 8 von ver.di Hamburg, Dezember 2013

Mittlerweile soll v.a. seitens ver.di eine Distanzierung von den „Schnauze-Voll“-GewerkschafterInnen gegeben haben, auch das Foto vom T-Shirt wurde entfernt – an der aggressiven Haltung gegenüber UmweltaktivistInnen ändert es u.E. nichts… Siehe dazu:

  • Tagebau: IG BCE startet Aktion gegen Gewalt – Verdi geht auf Distanz
    Im Vorfeld des Klimacamps, das vom 19. bis 29. August bei Erkelenz am Tagebau Garzweiler stattfinden soll, hat sich die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie in Zusammenarbeit mit den Betriebsräten eine Gegenaktion mit dem Titel „Schnauze voll“ ausgedacht. Verdi geht auf Distanz: Es sei noch kein Konzept erkennbar.
    Umweltschützer werten die Aktion als Indiz dafür, dass Gewerkschaften und RWE-Mitarbeiter den viel beschworenen Kurs der friedlichen Auseinandersetzung verlassen. „Das klingt ziemlich krawallig“, sagt Dirk Jansen vom BUND. Und alle Versuche, mit den Initiatoren ins Gespräch zu kommen, seien bisher gescheitert. Was sich zunächst gegen die „Gewalt durch Ökoaktivisten“ wandte, wollen die Befürworter jetzt als Protest gegen alles gewertet wissen, was ihre Arbeitsplätze und ihren Wohlstand gefährdet. (…) Ein Banner im Internet war zunächst auch mit dem Verdi-Logo versehen. Es musste nach Einspruch der Gewerkschaft entfernt werden. Warum geht Verdi auf Distanz? „Wir wollen nicht alles in einen Topf werfen“, sagt Gewerkschaftssekretär Hans-Peter Lafos, „und vor allem erst einmal sehen, welche Aktionen unter diesem Titel geplant sind. Das erscheint mir noch etwas unausgegoren.“ Zudem habe Verdi kein Problem mit einem auf friedlichen Protest angelegten Klimacamp…“ Artikel von Manfred Funken vom 02.08.16 beim Kölner Stadt-Anzeiger online externer Link

Wir hoffen, dass endlich eine breite innergewerkschaftliche Diskussion zum Thema Klimaschutz in Gang kommt. Die ist überfällig. Genau wie der Dialog zwischen KlimaschützerInnen und GewerkschafterInnen. Daher um so erfreulicher ist der Aufruf:

Gewerkschafter*innen für Klimaschutz

Wir befinden uns heute in einem sich verstärkenden Klimawandel, der auch vor unserer Haustür  nicht mehr Halt macht. (…) Nun gibt es heute, genauso wie früher bei der Atomkraft, in den  Gewerkschaften nicht unerhebliche Teile, die meinen, dass sie das alles nichts angeht, beziehungsweise sie stellen den Klimawandel überhaupt in Frage. (…) Als wichtigstes Argument gegen den Kohleausstieg wird zumeist der Erhalt der Arbeitsplätze genannt. (…) Wir sind der Auffassung, dass niemand der Beschäftigten, egal ob in der Förderung oder in den Kraftwerken erwerbslos werden darf. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, den Menschen in den Revieren Perspektiven zu eröffnen. (…) Für das Klimacamp im Rheinland, Ende August, haben eine Reihe von „Vertrauensleuten“ aus IG BCE und ver.di unter dem Titel „Schnauze voll“ damit gedroht, diese Veranstaltung massiv zu behindern. Dies ist ein vorläufiger Höhepunkt von  ewerkschaftsmitgliedern, die meinen, dass ihre vermeintlichen Interessen die ihrer Arbeitgeber seien. Von ver.di ist dieser Initiative untersagt worden, das ver.di Emblem zu verwenden. Wir finden es besonders beschämend, dass diese „Vertrauensleute“ offensichtlich kein Interesse an einer demokratischen Auseinandersetzung haben, sondern das Klimacamp mit Gewaltandrohungen verhindern wollen. Wir, aktive Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, distanzieren uns ausdrücklich von diesem Vorhaben. Wir fordern die Initiatoren gegen die Klimaaktivisten auf, von ihrem Vorhaben Abstand zu nehmen, sich an den gesellschaftlichen Diskussionen zu beteiligen und die Realitäten anzuerkennen. Wir werden uns an dem Klimacamp im Rheinland beteiligen und es gemeinsam gegen Angriffe, von wem auch immer, verteidigen…“ Der Aufruf mit Hintergründen und einer Liste für Unterstützerunterschriften bei Baso externer Link – es werden noch weitere Unterschriften von GewerkschafterInnen gesammelt, die an die Kontaktadresse des Aufrufs gesendet werden können! Der Aufruf, für den immer noch Unterschriften gesammelt werden, liegt bei BaSo in einer aktualisierten Fassung vom 07.08.2016 externer Link vor, ergänzt um neue UnterzeichnerInnen – wir bitten um weitere neue!


[ver.di FB2 NRW] Politische Auseinandersetzung um eine nachhaltige und sozialverträgliche Klimaschutzpolitik im Deutschland: JA.
Gewalt gegen unsere Kolleginnen und Kollegen im Rheinischen Braunkohlerevier:
NEIN, das lehnen wir entschieden ab.

„… mit Sorge sehen wir auf die aktuelle Entwicklung im Revier. Die massiven Übergriffe auf die Mitarbeiter/-innen der RWE Power AG und der RWE Generation SE sind nicht zu tolerieren. Gewalt führt zu nichts! Jede Kritik an der Braunkohleförderung und -verstromung muss gewaltfrei bleiben. Wir erwarten von allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern am Klimacamp 2016 Respekt für unsere Kolleginnen und Kollegen und deren Familien. Die Eskalationsspirale der letzten Monate muss ein Ende haben…“  Flugblatt des ver.di FB2 (Ver- und Entsorgung) NRW vom 2. August 2016

Die in der Presse (s.o.) angesprochene Distanzierung durch ver.di von der „Schnauze-voll-Kampagne“, an der auch einige ver.di-Vertrauensleute beteiligt sein sollen, sieht u.E. anders aus… Werden nicht vielmehr erneut Gewaltvorwürfe gegen KlimaaktivistInnen – unbelegt! – erhoben?!


[IG BCE lernt nicht dazu] Alsdorf: IG BCE ruft zu Demonstration auf

Die Aktion - Wir haben die"Schnauze voll" von Gewalt! auf der Homepage der lG BCE Bezirk AlsdorfDie lG BCE Bezirk Alsdorf und die Vertrauensleute der Sparte Tagebaue rufen alle Beschäftigten bei RWE Power im rheinischen Revier zu Aktionen auf, um ein Zeichen gegen Gewalt, Arbeitsplatzabbau und eine aus Sicht der Gewerkschaft verfehlte Energiepolitik zu setzen. Bei einem Demonstrationszug nächste Woche Freitag, 26. August, um 16 Uhr soll ein Zeichen gesetzt werden unter dem Motto ,,Schnauze voll“. Treffpunkt ist an der L 277 (Kasterstraße /Jackerather Straße) auf Höhe lmmerath. Laut IG BCE sind viele RWE-Mitarbeiter frustriert, weil sie immer wieder der Gewalt aus dem Umfeld von Aktivisten ausgesetzt seien. Sie fürchten um ihre körperliche Unversehrtheit. Die IG BCE forderte die Teilnehmer des Klimacamps erneut auf, dass auf Gewalt verzichtet werden soll…“ Artikel vom 12. August 2016 bei der Aachener Zeitung online externer Link – siehe dazu:

  • „Wichtige politische Akzente gesetzt!“
    „… In jedem Fall haben wir unsere Themen nach vorne gebracht. Diese waren Gewaltfreiheit, dies war das wir die Zeche der Energiewende zahlen, und die Tatsache, dass Energiepolitik aus unserer Sicht nicht immer in die richtige Richtung geht. Es freut mich, dass es uns als IG BCE gelungen ist, hier die wichtigen politischen Akzente zu setzen…“ Bilanz von Manfred Maresch (Bezirksleiter) vom 18.08.2016 externer Link bei der IG BCE Alsdorf, dort auch Bildergalerie ihrer Aktion „Schnauze voll“
  • [„Schnauze voll“] Demonstration und Kundgebung am 26.08.2016 abgesagt! 
    Hiermit möchte wir euch mitteilen, dass wir die Demonstration und Kundgebung für Freitag den 26.08.2016 komplett abgesagt haben. Wir stellen fest, dass wir mit unseren Aktionen in der vergangenen Woche, ein hohes Maß an Aufmerksamkeit, Diskussionen und Verständnis gestoßen sind. Hier können wir ein sehr positives Fazit ziehen. (…) und werden auch in Zukunft unsere Themen Gewaltfreiheit, Personalabbau und verfehlte Energiepolitik mit geeigneten Aktionen begleiten. Die Klimacamp-Teilnehmer werden für die anstehenden Aktionstage zur absoluten Gewaltfreiheit aufgerufen.“ Meldung der IG BCE Alsdorf vom 18.08.2016 externer Link (jetzt erst entdeckt) – Einsicht sieht anders aus, wir werten es dennoch als Erfolg!
  • Um zur Demonstration gehen zu können, hat der Konzern RWE seinen Beschäftigten am 26. August frei gegeben! Die Aktion – Wir haben die“Schnauze voll“ von Gewalt! befindet sich tatsächlich auf der Homepage der lG BCE Bezirk Alsdorf externer Link mit dem Aufruf und Flugblatt zur Demo, datiert vom 11.08.2016! Es ist also keineswegs eine Aktion vereinzelter Vertrauensleute auf Fratzebuch, sondern wird von der IG BCE getragen…

Wir erinnern deswegen an den Aufruf „Gewerkschafter*innen für Klimaschutz“bei BaSo externer Link

Für die Gewerkschafteraktion FÜR Klimaschutz wird am 24.8. Helmut Born auf dem KlimaCamp bei teilnehmen. Siehe dazu:

  • »Durch den Abbau wurden Dörfer zerstört«. Gewerkschafter aus der Braunkohleindustrie werfen Klimaaktivisten oft vor, Arbeitsplätze zu gefährden. Gespräch mit Helmut Born 
    „… Ich bin eingeladen, auf dem Podium Stellung zu nehmen; die Initiative der Vertrauensleute hat ihren Besuch angekündigt. Wir hoffen, dass ein Gespräch zustande kommt: Natürlich beschäftigt die Menschen, die dort arbeiten, der drohende Arbeitsplatzverlust und die Frage, wie ihre Zukunft bei einem Ausstieg aus der Kohleförderung aussieht. Wir fordern RWE, Gewerkschaften und Mitarbeiter auf, sich an der Debatte für den Umstieg zu beteiligen. (…) Es gilt zu unterscheiden: In den Kohleminen ist die IG BCE zuständig, in den Kraftwerken nur teilweise, dort sind viele bei ver.di organisiert. Ver.di hat der Initiative »Schnauze voll« verboten, ihr Emblem zu nutzen. Die IG BCE dagegen ruft unter dem Titel zur Demonstration auf. (…) Ver.di-Linke finden bedauerlich, dass oft Betriebsräte und Gewerkschaftsmitglieder in den Betrieben und die Vertreter in unseren Gremien den Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit nicht mehr sehen. Wir fordern eine offene Debatte über zukünftige Perspektiven für die Beschäftigung im Braunkohlerevier…“ Interview von Gitta Düperthal in junge Welt vom 22.08.2016 externer Link

IG BCE attackiert Klimaschützer: Ein Schlag ins Wasser

„Das Klimacamp im Rheinland, das in diesem Jahr vom 19. bis 29.August stattfand, hatte sich nur kleinere Aktionen vorgenommen. Doch deren Ankündigung reichte schon aus, den Hauptvorstand der IG BCE auf die Palme zu bringen. (…) Es ist nicht neu, dass sich Gewerkschaften schwertun, den Umweltschutz angemessen in ihre Arbeit zu integrieren. Mit dem Arbeitsplatzargument wird praktisch jede menschenfeindliche Produktion gerechtfertigt. Das ist in der Rüstung so, bei der Atomenergie oder jetzt eben bei der Braunkohle. Dabei profiliert die IG BCE sich als die Gewerkschaft, die am heftigsten die Umweltschutzaspekte negiert. In der Vergangenheit hat sie mehrmals Arm in Arm mit den jeweiligen Unternehmensvorständen zu Demonstrationen gegen diesbezügliche Gesetzesvorhaben aufgerufen, zuletzt Anfang dieses Jahres in Berlin (…) Es wäre sicherlich besser, es würden jetzt schon und rechtzeitig Konzepte entwickelt, wie die Beschäftigten umsatteln können. Auf die Unternehmensführungen braucht man da keine Hoffnungen zu setzen. (…)Die Beschäftigten bei RWE, die Gewerkschaften und die ortsansässige Bevölkerung müssen sich also schon jetzt Gedanken über ihre Zukunft machen. Die «Gewerkschafter*innen für Klimaschutz» fordern, dass niemand erwerbslos werden darf. Dafür gibt es genug Möglichkeiten…“ Bericht von Helmut Born in der SoZ 09/2016 externer Link

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=102376
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