Streit von IWF und EU über desaströse Krisenpolitik: Der politische und methodische Hintergrund

„Gemeinsam haben EU-Kommission und Internationaler Währungsfonds (IWF) den Krisenländern des Euro-Raums detaillierte Spar- und Reformprogramme vorgeschrieben, die diese als Bedingung für Finanzhilfen umsetzen mussten. Aufsehen erregt hat deshalb jüngst ein Aufsatz von IWF-Ökonomen mit dem Titel “Neoliberalism: Oversold?” Er kritisiert genau diese Politik. Dahinter steht politisches Kalkül und die opportunistische Wahl der ökonomischen Argumentationsmethode. (…) Politisch ist die Meinungsverschiedenheit leicht zu erklären. Sie ist eingebettet in einen Streit zwischen Washington, das sich insbesondere eine weniger strikte Sparpolitik in Europa wünscht, insbesondere, ja eigentlich fast nur von Deutschland, und Berlin sowie Brüssel, die sich diesem Ansinnen widersetzen. Doch wie kommen ähnlich ausgebildete Ökonomen zu so unterschiedlichen Einschätzungen? (…) Die IWF-Ökonomen argumentieren wie schon Blanchard mit realen Wirtschaftsdaten. Diese werden mit statistischen Methoden daraufhin untersucht, welche Wirkungen Maßnahmen auf die Entwicklung von Wirtschaftswachstum, Staatshaushalt, Arbeitslosigkeit und andere interessierende Ergebnisgrößen haben. Die Ökonomen der EU-Kommission dagegen argumentieren und rechnen in Modellen, in ihrem Fall vor allem mit dem makroökonomischen Modell “Quest” der EU-Kommission. In solchen Modellen sind die Wirkungsrichtungen von wirtschaftspolitischen Maßnahmen in den Annahmen enthalten. Wie realistisch die ermittelten Wirkungen der Reformen sind, hängt also daran, wie gut die Modellbauer die Einflüsse abgebildet haben, die in der Realität bedeutsam werden…“ Artikel von Norbert Häring vom 3. August 2016 bei annotazioni.de externer Link, erschien zuerst im Blog von Norbert Häring „Geld und mehr“ am 1. August 2016 externer Link

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