Newsletter am Freitag, 15. Juli 2016

Kurzer Überblick über die heutigen LabourNet Germany News:

Hier im (kostenlosen, aber spendenfähigen!) Newsletter die wichtigsten der veröffentlichten Beiträge auf unserer Homepage:

1. Internationales » Paraguay » Ein Massaker und kein Prozess. Was hat die Putschregierung Paraguays vier Jahre danach zu verbergen?

Skandalöses Urteil gegen Landlose von Curuguaty/Paraguay

In einem äusserst fragwürdigen Prozess wurden 11 Landlose in Paraguay – 8 Männer und 3 Frauen – zu langjährigen Haftstrafen zwischen 4 und 30 Jahren verurteilt. Ohne dass stichhaltige Beweise gegen sie vorlagen, wurden sie für den Tod von sechs Polizisten verantwortlich gemacht. Ausser diesen waren beim Massaker von Curuguaty im Jahr 2012 auch elf Kleinbauern erschossen worden. Über deren Ermordung gibt es bis heute keine Untersuchung. Der SOLIFONDS, der die Organisation der Familienangehörigen von Curuguaty in den letzten vier Jahren begleitet und unterstützt hat, kritisiert das Urteil und fordert dessen unverzügliche Aufhebung. (…) Das unhaltbare Urteil hat heftige Reaktionen ausgelöst. Familienangehörige haben den Gerichtssaal besetzt und auf den Strassen kam es zu grossen Demonstrationen. Zahlreiche Organisationen verlangen eine umgehende Revision und die Aufhebung des Urteils. Der SOLIFONDS schliesst sich dieser Forderung an und solidarisiert sich mit den verurteilten landlosen Frauen und Männern und ihren Angehörigen.“ Aus der Medienmitteilung des SOLIFONDS externer Link vom 14.7.2016, noch nicht online

  • Siehe dazu: Proteste in Paraguay nach Urteil gegen Kleinbauern im Fall Curuguaty
    Asunción. Mit Demonstrationen, Besetzungen und einer Mahnwache protestieren Menschenrechts- und Bauernaktivisten, Studierende und linke politische Bewegungen seit Montag in Paraguays Hauptstadt gegen die Verurteilung der elf Landarbeiterinnen- und arbeiter im Fall des Massakers von Curuguaty. Das Strafgericht hatte hohe Haftstrafen gegen die Angeklagten verhängt: Vier von ihnen wurden wegen Mordes, Landbesetzung und Bildung einer kriminellen Vereinigung verurteilt, Rubén Villalba bekam mit 30 Jahren die höchste Strafe. Wegen Mittäterschaft sollen Luis Olmedo 20, Néstor Castro und Arnaldo Quintana je 18 Jahre hinter Gittern. Gegen drei Frauen lautete das Urteil je sechs Jahre Haft wegen Komplizenschaft, sie wurden am Dienstag vom Gefängnis in den Hausarrest überstellt. Die vier übrigen Angeklagten bekamen wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung und Landbesetzung je vier Jahre ausgesprochen und sind inzwischen auf freiem Fuß, da sie ihre Strafe bereits verbüßt haben…“ Bericht von Vilma Guzmán vom 14.07.2016 bei amerika21 externer Link

Siehe Hintergründe im Beitrag

2. Internationales » Uruguay » Arbeitskämpfe

Generalstreik in Uruguay: Ein Drittel des Landes!

Über eine Millionen Menschen haben sich am gestrigen 14. Juli am Generalstreik in Uruguay beteiligt – die Einwohnerzahl von Uruguay liegt bei 3,2 Millionen. Aufgerufen hatte der Gewerkschaftsverband PIT-CNT, es geht um Lohnanpassungen an die Inflation – die für die letztehn 12 Monate immerhin bei über 10% liegt, sowie um mehr soziale Infratsruktur statt der regierungsseitig geplanten Einschnitte in diesem Bereich. 24 Stunde dauerte der Generalstreik, betroffen waren alle relaventen Bereiche des öffentlichen Lebens: Öffentlicher Verkehr, Bildung, Gesundheit, Justiz, das Bankenwesen. Siehe dazu zwei aktuelle und einen Hintergrundbeitrag

3. Internationales » Türkei » Arbeitskämpfe

Türkei: Tausende protestieren gegen geplante Minenprivatisierung

An die 5.000 Bergarbeiter haben am gestrigen Donnerstag, 14.07.2016, in Zonguldak in der türkischen Schwarzmeerregion gegen den erneuten Versuch der Regierung protestiert, die dortigen Kohleminen zu privatisieren und teilweise zu schließen. Die Region ist vom Kohlebergbau hochgradig abhängig, entsprechend entschlossen ist der Protest. Staatliche Stellen ließen sich bisher nicht beeindrucken und setzen die Vorbereitungen zur Privatisierung fort. Zonguldak ist für tödliche Grubenunglücke berüchtigt, bis zu 5.000 Kumpel haben dort bereits ihr Leben verloren. 8 Tote gab es zuletzt im Jahr 2013, 30 Tote im Jahr 2010, 263 Tote im größten Unglück in der Region im Jahr 1992. Siehe dazu zwei aktuelle Beiträge

4. Internationales » Simbabwe

Simbabwe: Anführer der Proteste verhaftet und wieder frei, neuer Generalstreik ausgerufen und nicht befolgt

Pastor Evan Mawarire gilt als der Anführer der Proteste, die letzte Woche zu einem dreitägigen Generalstreik in Simbabwe geführt hatten. Diesen Dienstag nun ist er verhaftet und bereits am Mittwoch vor Gericht gestellt worden: Aufruf zu öffentlicher Gewalt, lautete der Vorwurf zunächst, der dann noch am Mittwoch auf „Subversion“ und versuchten Sturz der Regierung abgeändert wurde. Das Gericht allerdings befand auf Verfahrensfehler – und wies die Klage deshalb ab, Mawarire ist wieder auf freiem Fuß. Er selbst zeigt sich weiter kämpferisch, das Vorgehen der Staatsorgane trägt allerdings Früchte: 300 Festnahmen hat es laut Amnesty International im Zusammenhang mit den Protesten der letzten Woche gegeben, die zunächst einbehaltenen Gehälter der Staatsbediensteten wurden inzwischen ausbezahlt, weiterer Protest wird offen „mit voller Härte des Gesetzes“ bedroht. Entsprechend war die Beteiligung am ebenfalls für Mittwoch ausgerufenen erneuten Generalstreik ausgesprochen gering. Die Nöte allerdings sind real und dürften sich ohne weiteres kaum „wegregieren“ lassen. Siehe dazu vier aktuelle Beiträge

5. Internationales » Philippinen » Arbeitskämpfe

Streik gegen Leiharbeit bei der Soro-Soro Ibaba Development Cooperative

Batangas City, Southern Tagalog: 80 Sackträger der Soro-Soro Ibaba Development Cooperative (Futtermittel) sind in Streik getreten. Sie wehrten sich erst gegen die Entlassung eines Kollegen, der die Missstände angeprangert hat; jetzt sind sie alle „entlassen“. Sie arbeiten schon lange (bis zu 31 Jahre) in der Fabrik, sind aber Leiharbeiter. Das waren sie nicht immer, erst 2009 wurden sie von der DCMM „übernommen“, die einem Dorfchef gehört. Sie schleppen 300 bis 400 Säcke mit dem Gewicht von bis zu 90 kg für einen Lohn von 340 bis 380 Peso (7,20 €) am Tag. Krankenversorgung gibt es für sie nicht; Arbeitskleidung etc. wird ihnen vom Lohn abgezogen.“ Meldung vom 11.7.16 bei Asien aktuell externer Link

Siehe dazu auch die ausführliche Meldung vom 12.7.2016 im Bulatlat-Blog externer Link: Porters lead strike for regular jobs in largest agri-based coop in PH

6. Internationales » Indien » Arbeitskämpfe

Indien: Renault-Nissan-Arbeiter wehren sich

Die Beschäftigten im Renault-Nissan-Werk in Oragadam (im südindischen Tamil Nadi) haben jüngst Kämpfe für Gewerkschaftsgründungen im Betrieb und für Festeinstellungen ausgefochten. Jetzt sind 30 junge Arbeiter in Hungerstreik getreten. Zusammen mit 500 anderen wurden sie vor drei Jahren als Praktikanten eingestellt – mit dem mündlichen Versprechen, danach fest eingestellt zu werden. Aus dem Grund hatten sie auch niedrige Löhne akzeptiert. Nun wurden sie alle kommentarlos rausgeworfen. Ihr Protest, der von der Polizei behindert wird, findet breite Solidarität. Die Menschen empört der Umgang mit der Jugend, aber auch dass für das Werksgelände einst dreizehn Dalit (Angehörige der Kaste der Unberührbaren)-Bauernfamilien enteignet wurden.“ Meldung vom 14.07.16 bei Rote-Fahne-News externer Link

7. Internationales » Ukraine » Politik

Ruslan Kotsaba frei – Verfahren gegen ukrainischen Journalisten und Kriegsdienstverweigerer eingestellt

… Bei der heutigen Verhandlung (14.7.16) hat das Berufungsgericht das Verfahren aus Mangel an Beweisen eingestellt und den 49-jährigen Ruslan Kotsaba aus der Haft entlassen. Er war am 12. Mai 2016 vom Gericht der 1. Instanz in Iwano-Frankiwsk wegen „Behinderung der rechtmäßigen Aktivitäten der Streitkräfte der Ukraine“ zu 3,5 Jahren Haft verurteilt worden. Ruslan Kotsaba hatte sich am 23. Januar 2015 in einer Videobotschaft an den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko gewandt und erklärt, er werde die Einberufung verweigern. Er hatte seine Landsleute aufgerufen, ebenfalls den Kriegsdienst zu verweigern und sich der Einberufung zur Armee zu widersetzen. Ruslan Kotsaba wurde nun nach mehr als 17 Monaten Untersuchungshaft freigelassen. Das Verfahren in der 1. Instanz hatte sich mehr als ein Jahr hingezogen, da viele der Zeugen der Staatsanwaltschaft nicht zu den Verhandlungen erschienen. So musste Ruslan Kotsaba über Monate hinweg unter menschenunwürdigen Haftbedingungen in der Untersuchungshaft verbleiben…Pressemitteilung von und bei Connection e. V. vom 14. Juli 2016 externer Link

Siehe zum Hintergrund eine Dokumentation ebenfalls bei Connection e. V. externer Link pdf

8. Politik » Arbeitsalltag und Arbeitsbedingungen » Leiharbeit und Sklavenhandel » Leiharbeit und » Kampagne: Missbrauch regulieren? Per Tarifvertrag zum equal pay? Oder Leiharbeits-Tarifverträge ersatzlos kündigen?: Die mediale Verbreitung der Kampagne

a) Der Grund ist verschwunden. Peter Nowak über einen unbeliebten Tarifvertrag

»Niedriglohntarif per Tarifvertrag – Schluss damit« hieß 2013 eine Kampagne von Gewerkschaftsmitgliedern inner- und außerhalb des DGB. Sie hatten damals die DGB-Gewerkschaften aufgefordert, die Tarifverträge mit den Leiharbeitsfirmen zu kündigen und keine neuen abzuschließen. Dann würde nach einer sechsmonatigen Frist automatisch der Grundsatz »Gleicher Lohn für gleiche Arbeit« gelten, so die Argumentation der Träger der Kampagne. Obwohl die DGB-Tarifgemeinschaft die Tarifverträge mit den Verbänden der Zeitarbeitsfirmen verlängerte, war die Kampagne nicht ganz erfolglos. Vor allem bei der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di war der Widerstand gegen den Niedriglohn per Tarifvertrag sehr groß. Nun haben die Kritiker einen neuen Anlauf genommen. In einem offenen Brief fordern 37 Gewerkschafter eine Kündigung des Tarifvertrags. (…) Deshalb kommt der Brief zur richtigen Zeit. Die verantwortlichen DGB-Gewerkschaften müssen den Beweis erbringen, dass sie nicht selber in die Fußstapfen der gelben Gewerkschaften treten und mit den Tarifverträgen die Spaltung der Belegschaften vorantreiben – und überdies die im Gesetz festgeschriebene Gleichbehandlung der Leiharbeiter verhindern…“ Artikel von und bei Peter Nowak aus Neues Deutschland vom 15.7.2016 externer Link (dort nur im Abo)

b) Zeitarbeit: besser tariflos

Der Offene Brief ist übrigens auch abgedruckt im express 6/7 2016: „Soll der DGB Tarifverträge für die Zeitarbeit abschließen? Seit Equal Pay und Equal Treatment gesetzlich verankert sind, ist diese Frage wiederkehrendes Streitthema, weil diese Grundsätze in einem tariflosen Zustand den Beschäftigten bessere Bedingungen garantieren können – eben die Gleichbehandlung mit der Kernbelegschaft. Wir dokumentieren einen offenen Brief, der sich entschieden gegen neuerliche Verhandlungen ausspricht.“

Wir erinnern an den Offenen Brief: Equal Pay für LeiharbeiterInnen, diskriminierende Tarifverträge ersatzlos kündigen! mit aktuell 129 zusätzlichen Unterschriften, darunter 14 Gruppierungen

Siehe dazu:

9. Politik » Arbeitsalltag und Arbeitsbedingungen » Leiharbeit und Sklavenhandel » Tarif(verhandlungen) zur Leiharbeit » Dossier: Tarifrunde Leiharbeit 2016/17

Wie die Slavenhändler an die Tarifrunde herangehen: Experteninterview zu den anstehenden Tarifverhandlungen in der Zeitarbeit

rheinland relations interviewte Norbert Fuhrmann – Geschäftsführer der I.Q.Z Initiative Qualitätssiegel in der Zeitarbeit – zu den anstehenden tariflichen Änderungen ab 2017: „… Kunden der Zeitarbeit – die Entleiher – können tarifliche Regelungen zur Verlängerung der Einsatzzeiten mit ihren Tarifpartnern abschließen, die dann für tarifgebundene Unternehmen gelten. Nicht tarifgebundene Unternehmen können unter bestimmten Voraussetzungen die Einsatzzeit auf 24 Monate verlängern. Ob alle Branchen die Tariföffnung nutzen, ist ungewiss. Schließlich kann nach der gesetzlich definierten Obergrenze von 18 Monaten auch ein Mitarbeiter ausgetauscht werden. In Einsätzen, die eine längere Einarbeitung erfordern, ist es vorstellbar, die Tariföffnung zu nutzen. (…) Das Gesetz gibt den Tarifpartnern die Möglichkeit einer Verschiebung der Gleichstellung bei Branchenzuschlagstarifen von 9 auf maximal 15 Monate. In den 11 Branchen mit solchen Tarifen müssen die Tarifpartner die Werte, den Zeitpunkt der Gleichstellung und die Wege zur Gleichstellung definieren. Zusätzlich wird eventuell überlegt, ob weitere Branchenzuschlagstarife abgeschlossen werden können. Bei Branchen mit hohen Zuschlägen gibt es teilweise noch eine große Differenz bis zur Gleichstellung. Da ist eine Zuschlagstufe von 60 bis 70 % am Ende zur Gleichstellung möglich. (…) Die Verhandlungen werden wahrscheinlich im Oktober beginnen. Interessant wird sein, ob die bisher unterdurchschnittliche Lohnentwicklung in der Zeitarbeit weiter fortgesetzt werden kann…“ Interview im IQZ-BLOG vom 13.7.2016 externer Link

  • Siehe ebd.: Die Gleichstellungsdefinition im Gesetzentwurf zur Änderung des AÜGs erfordert bei Zeitarbeitsfirmen Tarifexpertise.
    Immer wieder wird in der Personaldienstleistung die Forderung gestellt, dass der Gesetzgeber die Gleichstellung (Equal Pay) definieren soll. Liest man den Gesetzentwurf samt Begründung, dann, stellt man fest, dass die Gleichstellung mit den Stamm-arbeitnehmer/innen nach 9 Monaten in § 8 in Verbindung mit einschlägigen BAG Urteilen durchaus geregelt ist. (…) § 8 Satz 2 dient der Erleichterung bei der praktischen Umsetzung von Equal Pay. Die Gleichstellung nach 9 Monaten wird auch dann erreicht, wenn das Arbeitsentgelt des Zeitarbeitnehmers allen tariflichen Regelungen für einen vergleichbaren Stammbeschäftigten des Entleihbetriebs entspricht. Wird im Entleihbetrieb nicht nach tariflichen Regelungen entlohnt, wird zum Vergleich der prägende Tarifvertrag der Einsatzbranche für einen vergleichbaren Stammbeschäftigten herangezogen. Bei Branchenzuschlagstarifen können die Tarifpartner den Betrag festlegen, den sie als Gleichstellung definieren…“ Beitrag vom 24.6.2016 im IGZ-Blog externer Link

10. Branchen » Gewerkschaften als Arbeitgeber » ver.di lehnt Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft der Gewerkschaftsbeschäftigten (GdG) ab

Entgeltverhandlungen bei ver.di: Ergebnis: 0,73 %

Obwohl über 1000 der 3000 Beschäftigten von ver.di an rund 50 Standorten bundesweit am 11.07.2016 gestreikt haben, hat die Verhandlungskommission des Gesamtbetriebsrates (GBR) nach nur knapp fünf Stunden ein unter einer Erklärungsfrist bis zum 01.09.2016 stehendes Ergebnis erzielt: Lineare Erhöhung ab 01.09.2016 um 1% und ab 01.11.2017 um weitere 2%. Gefordert hatte der GBR 5 %, mindestens 150 € bei einer Laufzeit von 12 Monaten. Nun sind im Ergebnis sogar für Juni bis August 2016 drei Null-Monate vorgesehen. Laufzeit vom 01.06.2016 bis 30.09.2018, also 28 Monate. Um die Vergleichbarkeit mit einem „normalen“ 12-Monats-Ergebnis herzustellen (sog. Westrick-Formel), muss man die sich über die gesamte Laufzeit ergebende durchschnittliche Erhöhung von 1,7 % durch die 28 Monate dividieren und dann mit 12 multiplizieren. Daraus ergibt sich die Erhöhung von nur 0,73%. (…) Die GdG wiederholt ihre Forderung nach Tarifverträgen auch für alle Gewerkschaftsbeschäftigten in Deutschland. Für die Beschäftigten von ver.di geht die Phase der Unsicherheit noch weiter. Der Bundesvorstand hat die Allgemeinen Arbeitsbedingungen gekündigt, um unter anderem die Arbeitszeit zu erhöhen.“ Pressemitteilung der GdG vom 13.07.2016 externer Link pdf

  • Siehe dazu Bernhard Stracke im Interview von Johannes Supe in junger Welt vom 14.07.2016 (nur im Abo): „… Der Gesamtbetriebsrat wollte fünf Prozent mehr Lohn, dabei sollte es eine feste Summe für die unteren Gehaltsgruppen geben. Wir forderten 6,5 Prozent mehr, wollten die Altersteilzeit regeln und über die Betriebsrenten reden. Der große Unterschied zum Gesamtbetriebsrat ist aber der: Wir sind mit einer Betriebsvereinbarung nicht zufrieden, wir wollen einen Tarifvertrag. Eine Betriebsvereinbarung wirkt, nachdem sie einmal gekündigt wurde, nicht nach. Tarifverträge jedoch schon, sie sind die bessere Regelung. (…) Nein, wir waren keine Verhandlungspartner. Es ist am Montag bereits eine Einigung zwischen Bundesvorstand und Gesamtbetriebsrat zustande gekommen. (…) Herr Bsirske will keine Gewerkschaft im Haus haben. Einen so unterirdisch schlechten Abschluss hätte der Bundesvorstand gegenüber einer Gewerkschaft nicht erreichen können. Denn es macht einen Unterschied, ob mit Menschen verhandelt wird, die im Betrieb angestellt sind. Sie kann man eher unter Druck setzen…

11. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Groß- und Einzelhandel

Fielmann: Kranke am Pranger

„Im Juni letzten Jahres hatte eine repräsentative Mitarbeiterumfrage zur Arbeitszeitregelung unter den 1000 Beschäftigten des Produktions- und Logistikzentrums Rathenower Optische Werke (ROW) ergeben, dass sich 85 Prozent eine „bessere Unternehmenskultur und ein besseres Führungsverhalten“ wünschen. Diese Umfrage bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der hundertprozentigen Tochter der Fielmann AG war ein wichtiger Auslöser für die Neuverhandlungen der bis Ende letzten Jahres geltenden Betriebsvereinbarung, die u.a. eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 50 Stunden beinhaltete. (…) Der Krankenstand jedenfalls ist nicht „ausgewogen“: In der Brillenfertigung liegt er im Schnitt nach wie vor bei zehn Prozent und gegen Ende der Arbeitswoche, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erschöpft sind, ist er oft besonders hoch. Im ersten Halbjahr seien schon Höchstwerte von 16 Prozent erreicht worden. Zusätzliches Personal einzustellen scheint nicht die Priorität der ROW-Geschäftsführung zu sein. Stattdessen wurden bis Juni in jeder Abteilung Schichtpläne ausgehängt, die u.a. die krank gemeldeten Mitarbeiter namentlich aufführten. (…) Trotz der harten Arbeitsbedingungen verdient etwa die Hälfte der Beschäftigten in der Brillenfertigung nur knapp über dem Mindestlohn: 1500 Euro brutto monatlich. Und das bei einer Aktiengesellschaft wie Fielmann, die nach einem Rekordumsatz im Jahr 2014 ingesamt 134 Millionen Euro Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet hat.“ Bericht vom 12. Juli 2016 bei work-watch.de externer Link

Siehe dazu auch: Fielmann: Überstunden und Niedriglöhne

12. Politik » Gewerkschaften » Tarifpolitik » Allgemeine tarifpolitische Debatte » Tarifeinheit als Selbstzweck? » Dossier: Koalition hat ihre »Tarifeinheit« – bis zum BVG oder Generalstreik?

Zwei Verfassungsbeschwerden gegen das Tarifeinheitsgesetz unzulässig

Die Verfassungsbeschwerden von zwei Gewerkschaften gegen das Tarifeinheitsgesetz sind nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil sie die Beschwerdebefugnis der Beschwerdeführerinnen nicht erkennen lassen. Dies hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts mit zwei heute veröffentlichten Beschlüssen entschieden. Diesen Verfassungsbeschwerden kann nicht entnommen werden, dass die Beschwerdeführerinnen durch das angegriffene Gesetz in ihrem Recht auf kollektive Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG gegenwärtig betroffen sind…“ Pressemitteilung des bundesverfassungsgerichtes vom 13. Juli 2016 externer Link zu Beschlüssen vom 16. Juni 2016 – 1 BvR 1707/15 und 1 BvR 2257/15

  • Siehe dazu: Bundesverfassungsgericht: 13 Klagen gegen die Tarifeinheit in Karlsruhe
    Im Arbeitnehmerlager gilt das Gesetz zur Tarifeinheit im Betrieb als heißes Eisen. Einige Gewerkschaften klagen dagegen. Nun hat Karlsruhe zwei Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen. Doch kann das Gesetz durchaus noch kippen. (…) Dabei handelt es sich um die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft (DFeuG) und die Neue Assekuranz Gewerkschaft (NAG), die vor allem beim Versicherungskonzern Ergo aktiv ist. Beide Organisationen wurden erst vor sechs beziehungsweise fünf Jahren gegründet und sind noch in der Aufbauphase. Der DFeuG hält das Gericht vor, bisher nicht am Abschluss eines Tarifvertrags beteiligt zu sein. Und der NAG sei von Gerichten bereits die Fähigkeit zum rechtswirksamen Abschluss von Tarifverträgen abgesprochen worden – der zuständige Arbeitgeberverband habe Verhandlungen abgelehnt (1 BvR 1707/15 – 1 BvR 2257/15) (…) Bis Ende 2016 solle in der Hauptsache darüber entschieden werden. Ob der erste Senat eine mündliche Verhandlung ansetzt, ist noch offen. Dann könnte es eng werden mit einer Urteilsverkündung in diesem Jahr…“ Artikel von Matthias Schiermeyer vom 13. Juli 2016 bei der Stuttgarter Zeitung online externer Link

13. Politik » Arbeitsalltag und Arbeitsbedingungen » Entlohnung

Broschüre: „Ich will mein Geld!“ – Tipps und Tricks, um Honorare einzutreiben

Immer mehr Lohnabhängige müssen ihre Arbeitsleistung in Rechnung stellen, auch außerhalb der klassischen „freien Berufe“ – und oft genug müssen sie darum kämpfen, ihr Honorar wie vereinbart zu bekommen. Für all diese Kolleginnen und Kollegen hat die Mediensektion der FAU Berlin eine Broschüre zusammengestellt. Sie enthält nützliche Informationen über Vertragsverhandlungen, direkte Aktionen und rechtliche Möglichkeiten, um ausstehende Honorare einzutreiben…“ Info der FAU Berlin vom 10.07.2016 externer Link, dort auch der Gratis-Download der Broschüre

14. Politik » Erwerbslosigkeit » inside Arbeitsagentur

Die Gewalt geht von Staat aus

„„Knistern unterm Dach“ nannte Gundula Lasch ihren Beitrag in der ver.di Publik im Oktober 2004. Die Kollegin benannte dort den programmierten Konflikt zwischen erwerbslosen Mitgliedern und jenen, die in Behörden die repressive Gesetzgebung des SGB II umsetzen. „Kollegen werden“ ist von diesen Ausgangspositionen besonders schwer. Denn Erwerbslose sind seit Hartz IV verpflichtet, eine Abwertung ihrer Qualifikationen zu akzeptieren, extremes Lohndumping auch über Leiharbeitsfirmen zu ermöglichen, oder gar zwangsweise in sinnlose Maßnahmen und den neuen „Bundesarbeitsdienst“ der Ein-Euro-Jobs gepresst zu werden. In den Behörden werden auch ver.di KollegInnen genötigt, diese Gesetze umzusetzen und werden schnell zu Blitzableitern. (…) Gewerkschaft kann nicht der Steigbügelhalter für Kapitalinteressen sein. Gewerkschaft ist eine zivilgesellschaftliche und außerparlamentarische Kraft, die nicht mit der Verwaltung eines Staates übereinstimmt. Da vermissen die Erwerbslosen noch einen Aufruf zur Sabotage an der Behördentätigkeit zu Hartz IV.“ Artikel von Volker Ritter vom Juli 2016

Wir erinnern an die Debatte in unserer Rubrik „Arbeitsverwaltungen wehren sich – wogegen?“ im LabourNet-Archiv. Damals gab es im LabourNet auch ein Forum zur Diskussion von Beschäftigten der Arbeitsagenturen und/mit Erwerbslosen…

15. Politik » Europäische Union » Europäische Wirtschaftspolitik » Dossier: Freihandelsabkommen mit den USA – TAFTA / TTIP

TTIP-Protest: Werbetafeln in Brüssel gehackt. Mit kreativen Protestformen machen Aktivisten derzeit in Brüssel gegen die TTIP-Verhandlungen mobil.

Anlässlich der 14. TTIP-Verhandlungsrunde in Brüssel haben Aktivisten mehrere elektronische Werbetafeln in der Stadt gehackt und dort Botschaften gegen das geheim verhandelte Abkommen hinterlassen. Schon in der Nacht von Sonntag auf Montag wurde eine große Werbetafel von Coca Cola manipuliert. Am Verhandlungsort selbst bewarfen Aktivisten einige TTIP-Unterhändler mit Konfetti und Glitter. Am Verhandlungsgebäude hatte sich zudem ein Aktivist abgeseilt, er wurde unter Einsatz eines Feuerwehrfahrzeugs entfernt. Die Aktionen gehen auf die Kampagne #TTIPGameOver zurück. Weitere Proteste sind noch bis zum 16. Juli angekündigt…“ Beitrag von Markus Reuter vom 14. Juli 2016 bei Netzpolitik externer Link

16. Politik » Europäische Union » Europäische Wirtschaftspolitik » Dossier: CETA: Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada

a) CETA liegt zur Unterschrift bereit. Ratifizierung des Freihandelsabkommens mit Kanada sorgt weiter für Streit

Als Blaupause für das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA gilt CETA. Nach dem Willen der EU-Kommission soll der Vertrag mit Kanada möglichst schnell in Kraft treten. (…) Wann das Parlament über CETA entscheidet, steht noch nicht fest. In der Länderkammer kommt den Grünen eine entscheidende Rolle zu. Im Bundestag zeichnet sich – neben der Ablehnung durch die Opposition – vor allem bei den Sozialdemokraten Widerstand ab. Auf ihrem Parteikonvent im September wird es zwei Anträge geben, CETA abzulehnen. Die Opposition will zudem auf die vorläufige Anwendung verzichten…“Artikel von Haidy Damm vom 15.07.2016 beim ND online externer Link

b) Volksbegehren gegen Freihandelsabkommen

Die Regierungen von Bayern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein sollen darauf verpflichtet werden, im Bundesrat gegen CETA zu stimmen…“ Artikel von Peter Mühlbauer Peter Mühlbauer in telepolis vom 15.07.2016 externer Link

17. express, Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit: Ausgabe 6/7 2016 ist erschienen!

Siehe dazu Inhaltsverzeichnis und Bezugsquellen

Daraus heute im LabourNet Germany:

18. Politik » Gewerkschaften » Tarifpolitik » Tarifrunden » Dossier: Metall-Tarifrunde 2016

Liga gehalten – aber wie lange noch? Versuch, den aktuellen Tarifabschluss der IG Metall von links zu kritisieren

„… Ein Paradebeispiel für eine solche ritualisierte Kritik von links ist der Text von Laurenz Nurk zum diesjährigen Tarifabschluss der IG Metall. Er spricht darin von einem »erbärmlichen Ergebnis« der IGM, da der Abschluss bezogen auf zwölf Monate nur knapp über zwei Prozent liegen dürfte, und holt dann sehr weit aus, um mit Blick auf die gesamtwirtschaftliche Bedeutung einer offensiven gewerkschaftlichen Lohnpolitik seine Kritik zu fundieren. Nicht nur, weil mir diese linkskeynesianische Argumentation so oder so ähnlich immer wieder nach Tarifabschlüssen begegnet ist, möchte ich sie zum Anlass nehmen, mich einigen Fragen zu nähern, die diese Kritik bei mir provoziert. Ist es tatsächlich Aufgabe der Gewerkschaften, bei ihrer Lohnpolitik die Gesamtwirtschaft im Blick zu haben? Selbst wenn das Ergebnis der IGM bei knapp über zwei Prozent liegen sollte, ist das dann tatsächlich ein erbärmliches Ergebnis? Wer oder was bestimmt eigentlich, was ein gutes TarifErgebnis ist und was nicht? Und an welchem Maßstab könnte eine fundierte linke Kritik gewerkschaftlicher Tarifpolitik ansetzen? Ohne hierauf fertige Antworten zu haben, möchte ich zu der notwendigen Debatte darüber einige Überlegungen beisteuern…“ Artikel von Toni Richter, erschienen in express 06/07 2016 pdf

Der angesprochene Artikel „Einigung im Tarifstreit der IG Metall – ein Ergebnis, noch schlimmer als befürchtet“ von Laurenz Nurk ist am 17. Mai 2016 beim Gewerkschaftsforum Dortmund erschienen externer Link

19. Internationales » Großbritannien » Gewerkschaften

Abgründige Differenzen. Gewerkschaften, ArbeiterInnen und der Brexit

Am 23. Juni stimmten die Briten mit ca. 52 zu 48 Prozent dafür, die Europäische Union zu verlassen. Über Jahrzehnte hat Großbritannien sich unentschlossen am Rande der EU bewegt, wie ein Schwimmer, dem vor dem Sprung ins Wasser die Nerven flattern. Als Premier David Cameron das Referendum über die EU-Mitgliedschaft ansetzte, fanden viele politische KommentatorInnen diese Entscheidung bestenfalls rätselhaft. Jetzt, da die WählerInnen sich für den Brexit entschieden haben, haben viele diesen Schritt als Katastrophe verurteilt. Und das ist kein Wunder. (…) In welchem Ausmaß diese Gewerkschaftsvorsitzenden tatsächlich unter ihren Mitgliedern für den Verbleib warben, ist nicht klar, und die Gewerkschaften waren in der landesweiten Debatte nicht tonangebend. Die Diskussion in der Arbeiterbewegung war jedenfalls keine leichte. Drei Gewerkschaften, die üblicherweise der Linken zugerechnet werden, unterstützten den Brexit: zwei Eisenbahnerorganisationen und die Bäcker. (…) Bei dieser schnellen Abfolge der Ereignisse und den Spaltungen, die in Großbritannien – und eben innerhalb der Arbeiterklasse – zutage treten, ist es schwer zu erkennen, in welche Richtung die Dinge sich entwickeln. Klar scheint allerdings, dass die nahe Zukunft düster aussieht, solange die Gewerkschaften ihre Mitglieder nicht zu Aktionen gegen die Aushöhlung der Arbeiterrechte, die bereits jetzt den Kern der konservativen Regierungsagenda bildet, und zur Verteidigung der Rechte von MigrantInnen mobilisierenArtikel von Kim Moody und Sheila Cohen, erschienen in express 06/07 2016

Arbeitsfreies Wochenende wünscht die LabourNet Germany-Redaktion

 


NEU BEI LABOURNET.TV


Hafen von Koper blockiert

28. Juni 2016 Slowenien – 3.000 Menschen protestieren gegen die Privatisierung des Hafens von Koper. Der Hafen ist sehr profitabel und die Arbeiter_innen wollen nicht, dass der Gewinn in private Taschen fließt. Bereits 2011 hatten die ungelernten Hafenarbeiter_innen zusammen mit den Krafführern gestreikt. Am 1. Juli blockierten die Hafenarbeiter_innen alle Zufahrswege zum Hafen. Erst am 4. Juli nahm eine Schicht die Arbeit wieder auf. Es entstand ein Schaden von 700.000 Euro am Tag. Video bei labournet.tv externer Link (slowenisch mit dt. ut|4 min|2016)


LabourNet Germany: https://www.labournet.de/ externer Link Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged Le point de rencontre de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils aient ou non un emploi

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=101199
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