[Uber-Files] Daten-Leak mit über 120.00 Dokumenten lässt die Methoden des US-Fahrdienstvermittlers auffliegen

Dossier

say no to uber„… Uber wollte nach Europa. Dazu waren dem US-Fahrdienstvermittler alle Mittel recht. Das Unternehmen spannte liberale Spitzenpolitiker:innen aus ganz Europa für seine Lobbyarbeit ein, gab wissenschaftliche Studien in Auftrag und machte Regulierungsbehörden sowie Taxi-Fahrer:innen mit fragwürdigen Methoden das Leben schwer. Das geht aus einem Datensatz von über 120.000 internen Dokumenten hervor, die dem Guardian zugespielt wurden. In Deutschland biss sich der Plattform-Konzern letztlich die Zähne aus, versuchte es aber trotzdem: Zeitweise warben vier Agenturen gleichzeitig für das Geschäftsmodell des Konzerns, koordiniert vom heutigen haushaltspolitischen Sprecher der FDP im Bundestag, Otto Fricke. (…) Ziel war es, das Personenbeförderungsgesetz zu Gunsten von Uber zu ändern…“ Beitrag von Tomas Rudl vom 11. Juli 2022 bei Netzpolitik externer Link – siehe mehr daraus und dazu:

  • Mit der App in die Armut: Das Uber-System New
    Fast immer billiger als ein Taxi: Minutenschnell lassen sich via Mobiltelefon bei Plattformanbietern wie Uber Fahrten buchen. In deutschen Großstädten wie Berlin, Düsseldorf oder Frankfurt / Main sind immer mehr dieser Fahrzeuge zu sehen. Doch der Konkurrenzkampf wird auf dem Rücken der Fahrer ausgetragen. Diese arbeiten für Mietwagenfirmen, die die Fahrdienstleistungen erbringen. Ein Gutachter kommt in einem Konzeptpapier für eine deutsche Kommune zu dem Ergebnis, dass das App-Modell für Mietwagenunternehmen legal kaum wirtschaftlich tragfähig sein kann. Auch Berechnungen von Kontraste und rbb24 Recherche aufgrund der Einnahmen eines Fahrers wecken Zweifel hieran. Überzogene Vermittlungsgebühren der Plattformbetreiber fressen die ohnehin schmalen Gewinne der Mietwagenunternehmen auf. Gespart wird dann am Ende an Löhnen und Sozialversicherungen. So stellt die Berliner Finanzkontrolle Schwarzarbeit bei ihren Kontrollen regelmäßig Mindestlohnvergehen und Arbeitszeitverstöße gegenüber den Fahrern fest…“ Text und Video des Beitrags in der Sendung Kontraste am 17.08.2023 beim rbb externer Link , siehe dazu auch:

    • »Organisierte Schwarzarbeit«. Medienbericht nimmt mit US-Konzern Uber verbundene Mietwagenfirmen ins Visier
      „… Die Vermittlung der Fahrdienstleistung von Anbietern wie Uber, Bolt oder Free Now funktioniert nicht nur in Berlin über ein Netzwerk aus Mietwagenfirmen. Diese erhalten ihre Verträge zur Vermittlung der Uber-Fahrten von einem »Generalunternehmer«: Die Safe Driver Group mit Sitz in Berlin vergebe diese dabei für Hunderte Mietwagenfirmen. Diese zahlten dann an Uber eine Provision von bis zu 25 Prozent für die von Kunden über die Uber-App gebuchten Fahrten. Unklar sei, so der Bericht, »was der Generalunternehmer für seine Tätigkeit erhält«. Eine Anfrage von jW blieb unbeantwortet. (…) Nicht namentlich genannte Personen oder Unternehmen würden »in großem Umfang« versuchen, Fahrer einzustellen, ohne diese zur Sozialversicherung anzumelden, wird der Zollbeamte im Bericht zitiert. Sie würden »teilweise organisiert« vorgehen, indem »bestimmte Firmen (…) nur zu dem Zweck« gegründet würden. Würden die Finanzkontrolleure des Zolls bei Kontrollen »Indizien für Gesetzesverstöße sehen, schalten sie auch die Staatsanwaltschaft ein«. Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft erklärte auf jW-Anfrage, zur Safe Driver Group seien »weder offene noch bereits abgeschlossene Ermittlungsverfahren verzeichnet«.
      Zwei Fahrer erklären im Bericht, nicht von dem Salär der Fahrten leben zu können: Trotz einer Wochenarbeitszeit von bis zu 60 Stunden erhalte er unter dem Strich nicht einmal den Mindestlohn, so der Vorwurf eines anonymen Betroffenen. Sollte er krank werden oder Urlaub nehmen wollen, werde er gekündigt: »Dann bin ich raus«, zitiert RBB 24. Erziele er nicht genügend Einnahmen durch die Fahrten, müsse er zudem einen Teil seines Lohns zurückzahlen. Angeblich für Sozialabgaben lasse sich der Chef zudem monatlich 300 Euro in bar von ihm auszahlen. Für welches Unternehmen er tätig ist, bleibt unklar.
      Die Basisgruppe »AG Taxi« der Gewerkschaft Verdi zweifelte 2019 in einem Rechenbeispiel angeblich im zu Safe Driver gehörenden Dienstleister Rocvin gezahlte Löhne an. In einem Artikel von Februar zog die Gruppe eine Bilanz: »Ein taxiähnlicher Verkehr mit Autos der unteren Mittelklasse«, wie durch Fahrdienstleister und Uber angeboten, sei »ohne ein massives Lohndumping nicht möglich«…“ Artikel von David Maiwald in der jungen Welt vom 19.08.2023 externer Link
  • Die Uber-Files enthüllen Ubers globalen Krieg gegen Arbeiter*innen 
    Der Leak der «Uber Files» legt die Reichweite der viele Millionen Pfund schweren Lobbykampagnen der Firma offen – und wie sie mit Regierungen auf der ganzen Welt zusammenarbeitet, um Arbeiter*innenrechte zu auszuhöhlen.
    «Manchmal haben wir Probleme, weil wir eben verdammt nochmal illegal sind.» Das waren die Worte von Nairi Hourdajian, Leiterin der Abteilung für internationale Öffentlichkeitsarbeit bei Uber, in einer Nachricht an einen Kollegen. Die Nachricht stammt aus dem Jahr 2004, als der Firma in Thailand und Indien die Schließung drohte. Dieses Eingeständnis, Teil einer Fundgrube von über 124.000 geleakten Dokumenten und Schriftwechseln aus den Jahren 2013 bis 2017, genannt die «Uber Files», zeigt, wie Uber zu einem weltweiten Fahrdienstunternehmen wurde: indem es gegen Gesetze verstieß, sich Kontrollen entzog, Beziehungen zu Mächtigen pflegte und seine Fahrer*innen mit den Konsequenzen allein ließ. Die Dokumente liefern neue Informationen zu Themen, die bereits im Laufe der letzten Jahre ans Licht gekommen waren. Wie die Uber Files zeigen, war man sich im Unternehmen bewusst, dass man die Nähe zu Politiker*innen suchen musste, um nicht wegreguliert zu werden. (…)
    Eine Reihe von Studien ergab, Uber habe den Verkehr in den großen Städten verschlimmert, kaum Auswirkungen auf den Autobesitz gehabt, dem öffentlichen Verkehrssystem Passagiere weggenommen und die Emissionen pro Fahrt gesteigert. Gleichzeitig hat das Unternehmen die Arbeitsbedingungen für Taxifahrer*innen ruiniert und seine eigenen Fahrer*innen (die hauptsächlich in marginalisierten Gruppen angeworben wurden) zugunsten der wohlhabenden jungen Leute in den Städten regelrecht ausgepresst. Die großen Versprechungen sowie die unkritische Berichterstattung dienten als Tarnung für das eigentliche Projekt des Unternehmens: die Taxibranche zu deregulieren, die Rechte der Arbeiter*innen zu beschneiden und dem Unternehmen mehr Kontrolle darüber zu verschaffen, wie sich Menschen fortbewegen. (…) In den Uber Files geht es weniger um die interne Firmenkultur bei Uber, sondern vielmehr darum, wie sich das Unternehmen in Städten auf der ganzen Welt festsetzte, indem es praktisch um jeden Preis politische Beziehungen und vorteilhafte Gesetze skrupellos ausnutzte. Zwar behauptet Ubers PR-Abteilung, die Firma habe sich seit der Zeit, aus der die geleakten Dokumente stammen, verändert. Die anhaltende Kampagne, die falsche Einstufung der Uber-Arbeiter*innen im Gesetz festschreiben zu lassen, beweist allerdings das genaue Gegenteil. (…) Das Unternehmen hat sich nicht verändert. Noch immer verfolgt es aggressiv das Ziel, die Kontrolle über die menschliche Mobilität zu erlangen, und im Zuge dessen die Rechte von Arbeiter*innen zu beschneiden – zugunsten sowohl der Aktionär*innen als auch jeder anderen Firma, die mit der Idee durchkommen will, man könne sämtliche traditionell bestehenden Regulierungen einer Branche umgehen, indem man einfach eine App verwendet. Siege in diesen Schlachten sind für Ubers Zukunft entscheidend…“ Artikel von Paris Marx am 18.07.2022 bei der RLS externer Link in der Übersetzung von Cornelia Röser und Max Henninger

  • Weiter im Beitrag von Tomas Rudl vom 11. Juli 2022 bei Netzpolitik externer Link („Daten-Leak lässt Uber auffliegen“): „… Die öffentliche Debatte sollten zudem angeblich wissenschaftliche Studien und günstige Zeitungsartikel beeinflussen. So legte der ehemalige Verteidigungsminister und heutige Verfassungsrechtler Rupert Scholz ein Gutachten vor, während der Wirtschaftswissenschaftler Justus Haucap die Auftragsstudie „Vorteile für Verbraucher aus einer Liberalisierung des Taxi-Marktes in Deutschland“ für Uber verfasste. Die Kernpunkte brachte Haucap später in einem Kommentar bei der FAZ unter. Offenbar hatte sich Uber das Recht vorbehalten, sowohl die Studie als auch das Meinungsstück vor Veröffentlichung zu verändern. (…) Uber ist für seine aggressive Gangart berühmt-berüchtigt. Weltweit konnte der Fahrdienstvermittler zahlreiche Taxi-Märkte kaputt machen, indem er zunächst mit Milliardenbeträgen billige Fahrten auf seinem Dienst subventionierte. (…) Um Untersuchungen im Keim zu ersticken, setzte Uber einen sogenannten „Kill Switch“ mit dem Code-Namen Ripley ein. Damit klemmte das Unternehmen seine Zweigstellen auf Knopfdruck vom Firmennetzwerk ab, etwa bei einer Razzia in Amsterdam. Ermittlungsbehörden und Regulierer standen daraufhin im Dunklen. Mit dem Programm „Greyball“ wiederum versuchte Uber, Behörden von der Nutzung seines Dienstes auszusperren: In der Umgebung von Regierungseinrichtungen wie Polizeistationen zeigte die Uber-App keine freien Fahrten an…“ Siehe auch:
  • The Uber Files externer Link bei ICIJ
  • Was man über die Uber Files wissen muss
    Wer hat in Deutschland für Uber lobbyiert? Wie ging das Unternehmen in anderen europäischen Ländern vor? Und wie erfolgreich war es dabei? Die wichtigsten Fakten zu den Uber Files…“ Artikel von Mauritius Much und Ralf Wiegand vom 10. Juli 2022 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link
  • #UberFiles no surprise, say Fairwork researchers and call for governments to do more to protect gig workers
    engl. Meldung vom 11.07.2022 bei Fairwork externer Link
  • Leak: Uber-Fall auf die Demokratie. Ein Lehrstück über die Macht des Lobbyismus und eine erneute Warnung: Wir brauchen endlich strengere Regeln
    „Die „Uber Files“ zeigen eindrucksvoll, wie ein Konzern mit Aggressivität und dem nötigen Kleingeld Einfluss auf die europäische Politik und Gesetzgebung genommen hat. (…) Aus den etwa 124.000 vertraulichen Dokumenten aus den Jahren 2013-2017 geht hervor, dass vor allem Politiker:innen liberaler Parteien in ganz Europa massiv für den Markteintritt des umstrittenen Konzerns Uber lobbyiert haben. Prominentestes Beispiel ist der französische Präsident Emmanuel Macron, der den Lobbyisten des Konzerns damals eine „Korrektur der Gesetze“ versprach und diese als Wirtschaftsminister auch umsetzte. (…) Auch Neelie Kroes, Politikerin der niederländischen Liberalen und EU-Digitalkommissarin bis 2014, bandelte schon mit Uber an, als sie ihren EU-Posten noch innehatte, berichtet die BBC. Von Uber wurde sie laut dem Bericht genutzt, um die niederländische Regierung zu lobbyieren und einen direkten Draht zu Ministerpräsident Mark Rutte herzustellen. Laut EU-Regeln müssen scheidende Offizielle 18 Monate warten, bis sie in die Wirtschaft wechseln können. Obwohl ihr der Wechsel verboten wurde, hat Kroes offenbar in der Grauzone für Uber gearbeitet (was sie selbst bestreitet), saß dann später von 2016 bis 2018 im Beirat des Unternehmens. Wenn die EU-Kommission ihre eigenen Regeln ernstnehmen und durchsetzen will, muss sie den Fall Kroes nun ordentlich untersuchen und im Zweifelsfall Konsequenzen ziehen. Denn diese Drehtür-Politik schadet ihrem Ansehen und dem Ansehen Europas insgesamt. (…) Natürlich reichte der Lobbyismus auch nach Deutschland, dem Uber eine Schlüsselrolle für den europäischen Markteintritt zusprach. Das Unternehmen beschäftigte zwischenzeitlich vier Agenturen für PR- und Lobbying allein in Deutschland. Kostenpunkt: Mehr als 150.000 Euro im Monat. Und auch hier war es ein liberaler Politiker, der die Kontakte in die hohe Politik herstellte. (…) Otto Fricke war bis 2013 Mitglied des Bundestages für die FDP, wurde dann Lobbyist für Uber, und kehrte 2017 mit der doppelten Drehtür in den Bundestag zurück, wo er heute haushaltspolitischer Sprecher seiner Fraktion ist. (…) Wir brauchen in der EU und in Deutschland deshalb endlich Gesetze und Regeln, die solche Einflüsse verhindern oder den Lobbyismus wenigstens transparent machen. (…) Denn die Uber Files sind nur die Spitze des Eisberges eines gefährlichen Lobbyismus, der an demokratischen Mechanismen und Parlamenten vorbei Unternehmensinteresssen in die Gesetzgebung hineindoktort. Auf diesem politischen Spielfeld haben zivilgesellschaftliche Organisationen das Nachsehen: Sie haben weder das Geld noch die personellen Möglichkeiten, die der Industrie zur Verfügung stehen. So kommen letztlich gemeinwohlorientierte Positionen zu kurz, während sich im Geheimen Partikularinteressen durchsetzen.“ Kommentar von Markus Reuter vom 11. Juli 2022 bei Netzpolitik externer Link

Siehe zu Uber (unter vielen) im LabourNet:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=202694
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