Sharing Economy: „Silicon Valley hat ein Arschlochproblem“.

Digitalexperte Sascha Lobo spricht im FR-Interview über rücksichtslose kalifornische Start-ups, die drohende Rückkehr des Manchester-Kapitalismus und das Versagen der Politik.
Die Umwälzung ganzer Branchen durch die sogenannte Sharing Economy hat gerade erst begonnen. Ausgestattet mit Milliarden von Dollar von Risikokapitalgebern breiten sich Firmen wie der Fahrtenvermittler Uber oder der Wohnungsvermittler Airbnb in rasanter Geschwindigkeit global aus. Vordergründig stellen sie das Teilen vor das Anhäufen von Besitztümern – das ist das Motto der neuen Ökonomie des Teilens. Doch tatsächlich drohe mit ihnen ein Rückfall in den späten Manchester-Kapitalismus, warnt der Autor Sascha Lobo, Deutschlands bekanntester Digitalexperte. Die Plattformen veränderten fundamental, wie wir arbeiten…“ Interview mit Sascha Lobo von Jonas Rest in der FR online vom 05. Januar 2015 externer Link. Aus dem Text:

  • „… Der Begriff Sharing Economy ist ein sehr cleverer PR-Begriff, weil er etwas sehr gutes und freundliches, das Teilen, mit der Wirtschaft verbindet. Man hat den Eindruck, da würde eine Art Menschenfreundlichkeit verarbeitet. Tatsächlich geht es aber um eine sehr viel größere Veränderung der ganzen Ökonomie. Ich nenne das Plattformkapitalismus, weil ich glaube, dass dieser Begriff der Entwicklung gerechter wird – mit dem Teilen hat sie nur eingeschränkt zu tun. (…) Plötzlich strömen Leute auf den Markt, die keinen wirtschaftlichen Druck haben. Menschen, die einfach zufällig von A nach B fahren und sagen, ob ich da jetzt fünf Euro nehme für jemanden, der mitfährt, oder sieben oder drei, ist eigentlich gar nicht so wichtig. Doch wenn die in Massen auf den Markt strömen, dann drücken sie die Preise auch für diejenigen, die unter Druck stehen zu fahren, da sie das Fahren für Uber als ihren Beruf begreifen. (…) Flexibilität gut und schön, aber eben nur dann, wenn sie nicht als peitschendes Effizienzinstrument in den Händen von Leuten wie Uber-Chef Travis Kalanick stattfindet. (…) Vorstellbar ist ein Mindestlohn für Selbstständige. Ich kann mir auch ein bestimmtes Basis-Set an sozialer Absicherung für Selbstständige vorstellen, das dann zum Teil durch die Auftraggeber abgedeckt werden müsste. Das sind alles Mechaniken, über die man reden muss, um eine hochflexible Arbeitswelt trotzdem noch menschenwürdig zu gestalten. So wie in Deutschland und in Europa die Politik gerade agiert, bin ich sehr zuversichtlich, dass sie exakt die richtigen und fantastischen Instrumente schaffen wird in der nächsten Zeit, so dass in kaum mehr als 25 bis 30 Jahren die ideale Lösung für 2015 gefunden sein wird…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=72893
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