[Ken Loachs Film „Sorry We Missed You“] Was tun wir einander bloß an?

[Buch] Entgrenzte Arbeit, (un-)begrenzte Solidarität? Bedingungen und Strategien gewerkschaftlichen Handelns im flexiblen Kapitalismus„Aktuell läuft Ken Loachs neuer Film „Sorry We Missed You“ in den Kinos. In gewohnter Manier wird eine Geschichte aus dem Alltag von unten erzählt. Es dreht sich um eine typische, moderne Arbeiterfamilie in Newcastle, mit typisch modernen Problemen. Ricky nimmt als Familienoberhaupt eine neue Stelle an, wobei Stelle fast schon das falsche Wort ist: Er beginnt eine Schein-Selbstständigkeit und liefert für ein Logistikunternehmen Pakete aus. Das finanzielle Risiko trägt er komplett, während die Vorgaben alle von oben kommen und keine Spielräume zulassen. Schafft er seine Route nicht rechtzeitig oder kommt irgendwas dazwischen, droht bereits der Jobverlust und damit eine finanzielle Katastrophe für Ricky und seine Familie, da sie sich für den Kauf des Transporters weiter verschulden mussten. (…) Rickys Frau Abbie arbeitet dagegen in einem typisch weiblichen Beruf. Sie ist Pflegerin und geht dabei von Haus zu Haus. Auch sie hat zeitliche Vorgaben zu erfüllen, die das Gegenteil von realistisch und human sind. (…) Die beiden Kinder versuchen irgendwie in dieser Realität zurecht zu kommen. Sie sind aufgrund der Arbeitszeiten ihrer Eltern viel auf sich allein gestellt. (…) Ken Loach zeigt stechend eindrucksvoll, wie gefangen wir in Zwängen sind, die uns immer weniger Freiheiten lassen. Je weiter unten unsere gesellschaftliche Position, desto höher der Druck. Ein Druck, der nicht an der Haustür halt macht. Jeden Abend bringen alle Familienmitglieder ihre Probleme mit nach Hause. Probleme die entstehen, weil sie alle einen Alltag erleben, der komplett gegen ihre Bedürfnisse gerichtet ist. (…) Der Film schlägt einem die Realität um die Ohren. Eine Realität von so vielen, die jeden Tag durch die Hölle müssen und sich fragen: Was tun wir einander bloß an? Das allein macht ihn revolutionär: Er zeigt die Welt, wie sie ist und nicht, wie sie sich das Bürgertum herbei phantasiert.“ Rezension vom und beim Autonomie Magazin vom 13. Februar 2020 externer Link. Siehe zum Film auch:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=162989
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