Berufsständische Versorgungswerke – eine ganz eigene Säule der Alterssicherung. Bei einigen wackelt das kapitalgedeckte Fundament
„Im Kontext der allgemeinen Diskussion über „die“ Rente und dabei den angeblichen oder tatsächlichen Problemen der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung wird immer wieder auf das ganz eigene Alterssicherungssystem der Beamten hingewiesen – mit garantiert Blutdruck steigernden Effekten. (…) Und tatsächlich gibt es eine weitere durchaus gewichtige Gruppe, die sich aus der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) ausklinken kann. (…) Es geht um die sogenannten – vom Namen verstaubt daherkommenden – „berufsständischen Versorgungswerke“. (…) Berufsständische Versorgungswerke leisten Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenrenten u. a. für folgende Berufsgruppen: Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Architekten, Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, psychologische Psychotherapeuten und Ingenieure…“ Beitrag von und bei Stefan Sell vom 10. August 2025
und mehr daraus:
- Weiter aus dem Beitrag von und bei Stefan Sell vom 10. August 2025
: „… Die Finanzierung beruht auf dem Kapitaldeckungsverfahren (Anwartschaftsdeckungsverfahren bzw. Deckungsplanverfahren): Die Beitragseinnahmen werden kapitalbildend angelegt, die Leistungen werden zum Teil aus dem Kapitalstock finanziert. Öffentliche (steuerfinanzierte) Zuschüsse gibt es bei der berufsständischen Altersversorgung nicht.« (…) Wir haben es also bei den berufsständischen Versorgungswerken mit einer kapitalgedeckten Absicherung zu tun – und die wird uns in der Renten- und Pflegediskussion permanent als leuchtende Alternative zu dem angeblich vor dem Zusammenbruch stehenden umlagefinanzierten allgemeinen Renten- und Pflegeversicherungssystem präsentiert und in den Kopf gedrückt. (…)
Zugleich werden wir bei den berufsständischen Versorgungswerken mit grundsätzlichen Problemen kapitalgedeckter Systeme konfrontiert – und speziell mit Schwierigkeiten, die sich aus der spezifischen Struktur dieses Teilsystems der Alterssicherung ergeben (können). Auffällig ist ja nicht nur die Vielzahl an Versorgungswerken für eine zwar nicht kleine, aber dennoch überschaubare Anzahl an Berufsgruppen, derzeit 91. Aufgrund der landesrechtlichen Verortung dieser Institutionen kommt hinzu: »Im Unterschied zur gesetzlichen Rentenversicherung unterliegen die Versorgungswerke keiner zentralstaatlichen Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), sondern operieren weitgehend autonom unter der Aufsicht der jeweils zuständigen Landesbehörden oder Berufskammern.« (…)
Und Anfang April 2025 ist dann sicherlich einigen Zahnärzten der Bohrer aus der Hand gefallen bei solchen Schlagzeilen: Zahnärzteversicherung verzockt sich mit den Renten ihrer Mitglieder: »Weil einige Versorgungswerke für Zahnärzte sich mit risikoreichen Geldanlagen verspekuliert haben, ist jetzt die Altersversorgung von mehr als 10.000 Medizinern in Gefahr. (…)
Die Insolvenz der Element-Versicherung und die Pleite des Baulöwen René Benko bedroht die Altersvorsorge von Tausenden Ärzten in Berlin, Brandenburg, Bremen und Niedersachsen. Der Vorgang wirft ein Schlaglicht auf das riskante Anlageverhalten kleiner Versorgungswerke, die mit den eingezahlten Prämien ihrer vergleichsweise wenigen Mitglieder zocken, als wären sie im Casino. (…) Signa-Chef Rene Benko konnte damals angesichts steigender Zinsen seine Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen. Benko sitzt seit diesem Jahr in Untersuchungshaft. In beide Unternehmen Signa und Element haben ausgerechnet die biederen Versorgungswerke der Zahnärzte das Geld ihrer Versicherten gesteckt.« (…) Man muss sich klar machen: Während klassische Lebensversicherungen durch den Sicherungsfonds Protektor abgesichert sind, gibt es eine solche Instanz bei den Versorgungswerken nicht. Die Mitglieder tragen also am Ende das Risiko. (…)
Und man sollte immer berücksichtigen, dass es gerade bei den berufsständischen Versorgungswerken nicht nur immer rauf geht mit den Beiträgen, sondern es kann auch – je nach Satzung bzw. landesrechtlicher Regelung – auch runter gehen mit den Leistungen. Wir sprechen hier also nicht von einer oder mehrerer Nullrunden (was ja auch eine faktische Kürzung bedeutet), sondern es geht hier um eine mögliche Absenkung der Altersruhegelder. Und gerade in diesen Zeiten sollte keiner das dergestalt wegdenken, dass das bisher doch immer noch funktioniert hat.“