Sozialer Grundschutz weltweit ist finanzierbar: Globaler Fonds für Soziale Sicherheit

Global Coalition for Social Protection Floors„Wegen der Corona-Krise haben viele Länder die Sozialleistungen gekürzt. Jetzt sei der Moment, ein neues Sozialschutzsystem aufzubauen, erklärt die Internationale Arbeitsorganisation. Gewerkschaften und zivilgesellschaftlichen Organisationen bringen eine Idee dafür voran: den Globalen Fonds für Soziale Sicherheit. (…) Die ILO schätzt, dass weniger als 78 Milliarden US-Dollar jährlich für knapp 50 arme Länder benötigt würden, um soziale Basisschutzsysteme einzurichten. Das ist weniger als das, was Industrieländer an Entwicklungshilfe leisten. (…) Der Fonds könnte von internationaler Seite zum Beispiel durch die Entwicklungsbeiträge der reichen Staaten gespeist werden, aus einer globalen Finanztransaktionssteuer oder mit der Aktivierung der Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds, der Währungsreserven der Organisation. (…) Nach den Vorstellungen der Global Coalition for Social Protection Floors externer Link und ihrer Unterstützer_innen sollen Empfänger, Geber und auch Vertreter_innen der Zivilgesellschaft an den Entscheidungen über die Geldverteilung beteiligt werden – und sie kontrollieren. Der Fonds soll die Empfängerländer in die Lage versetzen, die eigenen Ausgaben für soziale Sicherheit schrittweise zu erhöhen…“ Beitrag von Anja Krüger beim DGB-Bildungswerk am 17. März 2022 externer Link und ein weiterer zum Thema:

  • Informelle Beschäftigung: Sozialsysteme, die sich auf die existenziell Armen konzentrieren, reichen nicht
    Die WIEGO-Direktorin Laura Alfers im Interview von Martina Schwikowski beim DGB-Bildungswerk am 17. März 2022
    externer Link über die Lehren aus der Pandemie-Krise für die 51 Prozent der weltweit im informellen Sektor arbeitenden Erwerbstätigen: „… Wir haben zwei Studien gemacht – in den ersten drei Monaten 2020 und in der zweiten Welle während der folgenden 12 Monate. Die Ergebnisse zeigen: Weniger als die Hälfte unserer untersuchten Gruppen hat tatsächlich irgendeine Art von Hilfe erhalten, insbesondere Bargeld oder Nahrungsmittelhilfe. (…) Vor allem in den ersten Tagen der Auszahlung haben viele Regierungen – unter anderem die in Südafrika – darauf gesetzt, dass die Hilfen über Konten und sogenannte E-Wallets (etwa google oder apple pay – die Red.) per Smart­phone beantragt und ausgezahlt werden könnten. Viele informell Beschäftigte besaßen aber keine Bankkonten und hatten auch keinen Zugang zu solchen Bezahldiensten. So hatten sie keine Möglichkeiten, persönlich nachzufragen, warum Anträge abgelehnt wurden. (…) Wir [von WIEGO] unterstützen ja in erster Linie die Organisationen von informell Beschäftigten, damit diese sich dann in deren Namen für bessere Sozialversicherungssysteme einsetzen können. Wir vermitteln aber auch zwischen Arbeitnehmer_innen und international tätigen Organisationen sowie Regierungen. In Südafrika zum Beispiel bringen wir gerade Organisationen von Hausangestellten mit Mitteln von UN Women (die Einheit der Vereinten Nationen für Gleichberechtigung – die Red.) zusammen, um die Versäumnisse der Arbeitslosenversicherung zu untersuchen. Wir unterstützen sie darin, Forderungen zu entwickeln, die sie gemeinsam den Regierungsvertreter_innen vorlegen können. Wir hoffen, dadurch ein echtes Gespräch zu initiieren, welche Reformen notwendig sind. (…) Eine der großen Herausforderungen der Zukunft besteht darin, dass die Sozialschutzsysteme alle Menschen abdecken müssen. Sozialsysteme, die sich auf die existenziell Armen konzentrieren. reichen nicht aus, denn sie lassen viele arbeitende Menschen ohne sozialen Schutz. (…) Wir brauchen eine universelle Sozialhilfe. Dazu können Instrumente wie Kindergeld und Sozialrenten gehören. Wir müssen dabei aber kreativ denken, damit die Finanzierung dann nicht wiederum zu Lasten der Ärmsten geht. Ihre wirtschaftliche Situation muss sich auf jeden Fall verbessern. Sie brauchen Zugang zu Märkten, zu städtischer Infrastruktur und gegebenenfalls auch zu Kapital, um das Einkommen zu unterstützen. Ganz wichtig ist der Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen wie Kinderbetreuung – besonders für Frauen, damit sie ihr eigenes Auskommen sichern können.“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=199382
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