- Bündnis Umfairteilen und Aktionen
- Die Occupy-Bewegung und Aktionstage
- Gewerkschaftliche Mobilisierung in der Krise
- Initiativen der Linken gegen den Kapitalismus und dessen Krisen
- Interventionen gegen die neoliberale EU
- Klimastreiks und -kämpfe
- Mobilisierungsdebatte: Wie kämpfen (gegen Kapitalismus)?
- Proteste gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21
[Obdachlos oder wohnungslos? Würdelos!] „Dein Obdach ist nicht hier“
Dossier
„Mindestens 678.000 Menschen gelten in Deutschland als wohnungslos, komplett auf der Straße leben mehr als 40.000. Über die Verlierer im Irgendwo der Wohlstandsgesellschaft (…) Obdachlos oder wohnungslos? Offizielle Zahlen gibt es nicht. Wieso eigentlich nicht? Die Angaben für Deutschland schwanken zwischen 350.000 und einer Million. Das hängt auch damit zusammen, wie man Obdachlosigkeit definiert (…) Als „wohnungslos“ gelten die, die zwar keine eigene Wohnung haben, aber dennoch einen Schlafplatz in einer Notunterkunft, im Frauenhaus oder einer ähnlichen Einrichtung finden. (…) Knapp gewordener Wohnraum und steigende Mieten sind ein krasser Teil der Zumutungen, die diese Gruppe besonders empfindlich trifft. Nicht kleinzubekommen ist offenbar darüber die Geringschätzung, unter der Obdachlose leiden. (…) Immer mehr Plätze werden derweil gezielt so umgestaltet, dass sich Obdachlose nicht mehr wohlfühlen…“ Artikel von Arno Kleinebeckel vom 23. Dezember 2021 bei Telepolis
mit vielen Beispielen aus verschiedenen Städten… Siehe dazu:
- Wenn Arbeit nicht zum Wohnen reicht: Ein Kind, ein Job und trotzdem in Wohnungsnot – das betrifft immer mehr Menschen in Deutschland, insbesondere migrantische
- BAG Wohnungslosenhilfe veröffentlicht Statistikbericht: Erwerbstätige Personen und Familien immer häufiger von Wohnungsnot betroffen
„Die BAG Wohnungslosenhilfe (BAG W) veröffentlicht heute ihre jährlichen Zahlen und Analysen zur Lage wohnungsloser und von Wohnungslosigkeit bedrohter Menschen. Der Bericht gibt Aufschluss über die Situation der Klient*innen der freiverbandlichen Wohnungsnotfallhilfe und offenbart einen besorgniserregenden Trend: 13 % aller Klient*innen sind erwerbstätig. Beunruhigend ist auch der anhaltend hohe Anteil von Familien in der Wohnungsnotfallhilfe: 11 % aller erfassten Personen leben 2023 mit mindestens einem Kind im Haushalt. Diese Zahlen zeigen, dass Wohnungsnot weitreichende Folgen für Bildung und gesellschaftliche Teilhabe hat.
Risikofaktor Migration
Aus dem Bericht geht außerdem hervor, dass insbesondere Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit stark von Wohnungsnot betroffen sind. Im Berichtsjahr verfügen gut 38 % aller Klient*innen der Wohnungsnotfallhilfe über keine deutsche Staatsangehörigkeit – ein neuer Höchststand…“ Pressemitteilung vom 21.08.2025 der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe(BAG W) zum Statistikbericht
- Wenn Arbeit nicht zum Wohnen reicht: Ein Kind, ein Job und trotzdem in Wohnungsnot: Das betrifft immer mehr Menschen in Deutschland
„Man kennt es bereits aus Bürgergeld-Statistiken: Von 5,56 Millionen Menschen, die Sozialhilfe bezogen, waren 2024 rund 830 000 Personen Aufstocker. Das heißt, sie haben einen Beruf, ihr Gehalt reicht aber nicht aus. Diesen Trend zeigte nun auch der Jahresbericht der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) auf. 13 Prozent der Klient*innen der Wohnungsnotfallhilfe sind demnach erwerbstätig, ihre Anzahl stieg in den letzten zehn Jahren stetig. Trotz Berufstätigkeit können sie sich also das Wohnen nicht leisten. Auch die Gruppe der über 60-Jährigen in Wohnungsnot nimmt langsam, aber konstant zu, was darauf schließen lässt, dass die Renten ebenfalls nicht ausreichen. »Der Anstieg der Erwerbstätigen in Wohnungsnot erklärt sich nicht ausschließlich, aber primär über den Anstieg der Personen in Wohnungsnot ohne deutsche Staatsangehörigkeit«, erklärt Joachim Krauß, Fachreferent für Migration bei der BAG W, im Gespräch mit »nd«. (…)
Generell sei es ein Problem, dass sich Menschen mit Arbeit keine Wohnung leisten könnten. »Die Situation auf dem Wohn- und Arbeitsmarkt ist für Nichtdeutsche aber noch prekärer«, so Krauß. (…)
Der Hauptgrund für Wohnungslosigkeit sind weiterhin Miet- und Energieschulden. Wie der Bericht der BAG W aufzeigt, verstärken sich Wohnungs- und Arbeitslosigkeit der nicht-deutschen Klient*innen gegenseitig. Krauß und seine Kollegin Sarah Lotties beschreiben in ihrem Bericht eine Art Teufelskreis. Zusätzliche Barrieren wie ausländische Qualifikationen, die nicht anerkannt werden, führen zu prekären oder irregulären Beschäftigungsverhältnissen, mitunter auch zu Arbeitslosigkeit. Ein fehlendes gesichertes Einkommen erschwert die Wohnungssuche merklich. Umgekehrt beeinflusst die Wohnsituation die Aussichten auf einen Arbeitsplatz. (…) Ebenfalls erschreckend ist die Zahl der Personen in Wohnungsnot, die in Haushalten mit Kindern leben. (…)
Dass sich Menschen in Wohnungsnot nicht nur durch Erwerbstätigkeit, sondern auch so lange wie möglich durch andere Mittel vor Wohnungslosigkeit zu bewahren versuchen, zeigt sich am Beispiel der Unterkunftssituation: Knapp die Hälfte aller wohnungslosen Klient*innen leben bei Familie, Partner*in oder Bekannten. (…) Das Wort Wohnungslosigkeit kommt im Koalitionsvertrag im Übrigen nur einmal vor – mit Verweis auf den Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit, der umgesetzt werden solle. Den Plan hatte die Ampel-Regierung 2024 beschlossen, er sah eine Überwindung der Obdach- und Wohnungslosigkeit bis 2030 vor. Schon damals kritisierten Sozialverbände das Vorhaben als in vielen Aspekten zu unkonkret…“ Artikel von Sarah Yolanda Koss vom 22. August 2025 in Neues Deutschland online - Studie: Migranten in Wohnungsnot: neuer Höchststand
„Wohnungsnot trifft in Deutschland überdurchschnittlich oft Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit. In einem am Donnerstag in Berlin von der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) veröffentlichten Bericht heißt es, gut 38 Prozent aller Klienten der Wohnungsnotfallhilfe verfügten über keine deutsche Staatsangehörigkeit. Dies sei ein neuer Höchststand. Der Verband spricht von einem besorgniserregenden Trend. Die Überrepräsentation von Personen ohne deutschen Pass ist dem Bericht zufolge nicht zufällig, sondern das „Resultat struktureller Benachteiligungen und Mechanismen gesellschaftlicher Ausgrenzung“, heißt es in dem Bericht. Beispiele für diese Benachteiligungen seien vielfältig: „Auf dem Wohnungsmarkt sehen sich Menschen mit (zugeschriebenem) Migrationshintergrund systematischen Diskriminierungen ausgesetzt. So berichtet jede*r dritte Wohnungssuchende mit Migrationshintergrund von rassistischer Diskriminierung“, schreiben die Studienautoren. Testing-Studien belegten benachteiligende Praktiken durch Vermieter. (…) Die BAGW stützt sich auf die Auswertung von mehr als 43.000 Beratungsgesprächen in 237 Einrichtungen aus dem Jahr 2023. Laut Statistik waren drei Viertel der Klienten „von Wohnungslosigkeit betroffen“ (74,6 Prozent), verfügten also über keinen „abgesicherten Wohnraum“. Fast jeder Zehnte (9,3 Prozent) war „unmittelbar von Wohnungslosigkeit bedroht“. 3,3 Prozent der Beratungen betrafen „unzumutbare Wohnverhältnisse“. Hinzu kamen Beratungen, bei denen kein aktueller Wohnungsnotfall vorlag. Wie aus dem Bericht außerdem hervorgeht, sind zunehmend auch erwerbstätige Menschen von Wohnungsnot betroffen. (…) Beunruhigend ist laut BAGW der anhaltend hohe Anteil von Familien in der Wohnungsnotfallhilfe. So lebten elf Prozent aller erfassten Personen mit mindestens einem Kind im Haushalt. (…) Die Vorsitzende der BAGW, Susanne Hahmann, forderte einen deutlichen Ausbau des sozialen Wohnraums, um Wohnungslosigkeit wirksam bekämpfen zu können. „Zentrale Stellschraube ist der bezahlbare Wohnraum“, sagte Hahmann dem Evangelischen Pressedienst: „Die Anzahl der Wohnungen mit Sozialbindung muss wieder steigen. Wir befinden uns heute in einer Krise, die absehbar war, und vor der wir schon vor 20 Jahren gewarnt haben.“ Hahmann forderte zugleich mehr Prävention. Dazu gehöre es, Zwangsräumungen zu vermeiden und höhere Mietobergrenzen in den Jobcentern. Zudem müsse der uneingeschränkte Zugang zu Hilfen gewährleistet werden, unabhängig vom Aufenthaltsstatus der betroffenen Personen. Hahmann ist Geschäftsführerin der Diakonie Michaelshoven Soziale Hilfen GmbH in Köln. (…) Das vom Europäischen Parlament und vom Bundestag ausgegebene Ziel, bis 2030 die Obdach- und Wohnungslosigkeit abzuschaffen, nannte sie unrealistisch. (…) Das Statistische Bundesamt hatte im Juli einen erneuten Anstieg der Wohnungslosenzahlen in Deutschland gemeldet. Demnach waren zum Stichtag 31. Januar 2025 rund 474.700 Menschen in überlassenem Wohnraum, bei Freunden, in Sammelunterkünften oder Einrichtungen für Wohnungslose untergebracht, acht Prozent mehr als im Vorjahr.“ Meldung vom 21. August 2025 im MiGAZIN
- BAG Wohnungslosenhilfe veröffentlicht Statistikbericht: Erwerbstätige Personen und Familien immer häufiger von Wohnungsnot betroffen
- Bei großer Hitze sind Menschen ohne Wohnung besonders gefährdet: Wie jede:r von uns Obdachlose unterstützen kann (und was die Kommunen nicht tun)
- Wie Obdachlosen bei Hitze geholfen werden kann
„Ab Mittwoch wird es wieder heiß in Hamburg. Wie Hilfseinrichtungen reagieren und wie jede:r von uns Obdachlose unterstützen kann…“ Artikel von Luca Wiggers vom 12. August 2025 bei Hinz&Kunzt– siehe dort weitere unter Hitze
, insbesondere viel Kritik an der Stadt Hamburg (als Beispiel)
- Fünf Tipps, um Obdachlosen bei Hitze zu helfen
„Über 30 Grad – Gefahr für Obdachlose: Bei großer Hitze sind Menschen ohne Wohnung besonders gefährdet. Die Diakonie erklärt, wie wir alle im Alltag helfen können – und warum manchmal kleine Gesten einen großen Unterschied machen…“ Artikel von Michael Grau vom 12.08.2025 bei epd - So hart trifft die Sommerhitze Deutschlands Obdachlose
„Über 30 Grad und kein Zuhause: So kämpfen Obdachlose in Deutschlands Innenstädten ums Überleben. Das sollten Sie tun, um Menschen bei Hitze zu helfen…“ Artikel von Johannes Peter Senk vom 13.08.2025 in hna.de - Siehe auch unser Dossier: Zahl seit 2008 in 2019 verdoppelt: Mehr Krankheitstage durch Hitze und Sonne – und Tote, weltweit
- Wie Obdachlosen bei Hitze geholfen werden kann
- Amtliche Zahlen: 475.000 Wohnungslose in Unterkünften – 86 Prozent sind Ausländer. Abhilfe könne nur der schnelle Bau bezahlbarer Wohnungen schaffen – und der Zugang dazu.
„Zum Stichtag 31. Januar waren in Deutschland nach den Meldungen von Kommunen und Einrichtungen rund 474.700 Menschen in Unterkünften untergebracht, weil sie keine Wohnung hatten. Wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte, erhöhte sich die gemeldete Zahl gegenüber dem Jahr zuvor um acht Prozent. Das sei vermutlich auf Verbesserungen der Datenmeldungen im vierten Jahr seit der Einführung der Statistik zurückzuführen. Die Erhebung erfasst wohnungslose Menschen, die in der Nacht vom 31. Januar zum 1. Februar 2025 beispielsweise in überlassenem Wohnraum, Sammelunterkünften oder Einrichtungen für Wohnungslose untergebracht waren. Obdachlose, die ohne jede Unterkunft auf der Straße leben, sowie Formen von verdeckter Wohnungslosigkeit – zum Beispiel das Übernachten bei Bekannten oder Angehörigen – werden nicht in der Statistik berücksichtigt. 86 Prozent der untergebrachten wohnungslosen Menschen hatten eine ausländische Staatsangehörigkeit. Schutzsuchende aus der Ukraine waren die größte Gruppe (29 Prozent). 41 Prozent der untergebrachten Wohnungslosen waren jünger als 25 Jahre. Etwas mehr als die Hälfte (56 Prozent) waren Männer. (…) Der Deutsche Caritasverband verwies darauf, dass das Problem der Wohnungslosigkeit längst die Mitte der Gesellschaft erreicht habe. (…) Elke Ronneberger, Bundesvorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, sagte, die Gesellschaft dürfe nicht hinnehmen, dass so viele Menschen über keine eigene Wohnung verfügen, darunter viele Familien mit Kindern. „Die eigene Wohnung ist zentral für ein sicheres und selbstbestimmtes Leben. Bund und Länder müssen dafür sorgen, dass wohnungslose Menschen wieder in eigenen Wohnraum kommen und nicht nur in Notunterkünfte“, unterstrich Ronneberger. (…) „Viele Betroffene scheitern auf dem angespannten Wohnungsmarkt an strukturellen Barrieren wie Schufa-Einträgen oder an Diskriminierung. Eine soziale Wohnungspolitik muss diesen Ausschlussmechanismen aktiv entgegenwirken.“ Meldung vom 8. Juli 2025 im MiGAZIN - Hitze vor der Tür: Obdachlose leiden besonders unter der Klimakrise
„»Wer 365 Tage im Jahr draußen ist, merkt ganz genau, dass der Klimawandel stattfindet«, sagt Hartmut Nölling. Er ist selbst »aktuell draußen«, derzeit in der Nähe von Rastatt in Baden-Württemberg. Nölling engagiert sich im Netzwerk Wohnungsloser Menschen Wohnungslosen_Stiftung. Manja Starke und Swen Huchatz, ebenfalls dort aktiv, stimmen ihm zu. Wohnungslosigkeit zur warmen Jahreszeit bedeute inzwischen nicht mehr »Sommer in Freiheit unter freiem Himmel«, sondern einen »täglichen Überlebenskampf«, so Starke. (…) In Deutschlands Nachbarländern gibt es bereits seit Jahren nationale Hitzekonzepte. So zum Beispiel seit 2017 in Österreich. Dort beschreibt das zuständige Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz darin Maßnahmen, die auf Bundesebene in Kooperation mit den Bundesländern und der GeoSphere Austria – einem geologischen und meteorologischen Dienst – im Fall von Hitze unternommen werden. Der Plan soll regelmäßig »unter Berücksichtigung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse evaluiert und erforderlichenfalls adaptiert« werden. Obdachlose werden darin als vulnerable Gruppe explizit angeführt. (..) »Hitze ist teilweise sogar schlimmer als Kälte«, meint Tanja Schmidt im Gespräch mit »nd«. Sie ist Leiterin der Notübernachtung des »Straßenfeger e. V.« in Berlin und beobachtet, dass die Gesundheitsversorgung an warmen Tagen inzwischen aufwendiger wird als im Winter. »Im Sommer kommen die Menschen dehydriert zu uns, mit Kreislaufproblemen, Augenschmerzen, Entzündungen und diversen Hauterkrankungen, die sich in der Hitze verschlechtern.« Auch Überhitzung und Hitzeschläge würden sie immer häufiger betreuen…“ Artikel von Sarah Yolanda Koss vom 03.06.2025 in ND onlineund dazu:
- „Hitzefalle Straße: Kein Schatten, kein Wasser, kein Schutz“. BAG W warnt zum Hitzeaktionstag 2025 vor lebensbedrohlicher Lage für obdachlose Menschen.
„Zum diesjährigen Hitzeaktionstag weist die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) auf die akute Gefährdung obdachloser Menschen durch extreme Hitze hin.
Hitze gilt als das größte klimabedingte Gesundheitsrisiko in Deutschland, mit teils verheerenden Auswirkungen. Besonders gefährdet sind Menschen ohne festen Wohnsitz: Ohne Zugang zu Schatten, Trinkwasser oder geschützten Aufenthaltsorten sind sie den steigenden Temperaturen schutzlos ausgeliefert. Vor diesem Hintergrund macht die BAG W deutlich, dass Hitzeschutzmaßnahmen dringend als fester Bestandteil der sozialen Daseinsvorsorge etabliert werden müssen – sowohl in der kommunalen Praxis als auch in der bundesweiten Strategie zur Anpassung an den Klimawandel.
„Das Leben auf der Straße ist per se schon physisch und psychisch eine enorme Belastung. Bei extremen Temperaturen droht Lebensgefahr – und das gilt nicht nur im Winter, sondern auch im Sommer“, warnt Sabine Bösing, Geschäftsführerin der BAG W. „Fehlender Zugang zu ausreichender Wasserversorgung, ungeeignete Kleidung, unversorgte Wunden – um nur einige Risiken zu nennen – verschärfen die Situation der Menschen bei extremer Hitze.“ Arnd Liesendahl, Experte in eigener Sache und Mitglied des Sprecherrates der FAG Partizipation der BAG W: „In der Hitze der Stadt fühlt es sich an, als würde einem die Luft zum Atmen fehlen. Man läuft von einem schattigen Fleck zum nächsten, aber es gibt nie genug Schutz.“…“ Pressemitteilung vom 4.6.2025 der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.Vmit den Forderungen
- „Hitzefalle Straße: Kein Schatten, kein Wasser, kein Schutz“. BAG W warnt zum Hitzeaktionstag 2025 vor lebensbedrohlicher Lage für obdachlose Menschen.
- „Zwang, Ausgrenzung, Sozialrassismus: AfD will “zur Reintegration” Obdachlose und Geflüchtete in Düsseldorf zwangsweise in ehemaliger Kaserne internieren
„Mit einem verstörenden Vorschlag sorgt die rechtsextreme AfD in Düsseldorf für Empörung: In ihrem Entwurf für das Kommunalwahlprogramm fordert die Partei, drogensüchtige Obdachlose und Asylbewerber künftig zwangsweise auf dem Gelände der ehemaligen Bergischen Kaserne unterzubringen. Unter dem irreführenden Namen „Gemeinnütziges Zentrum für Gesundheit und Chance“ (ZGC) soll das Projekt nach Angaben der AfD zur “Reintegration” beitragen – Kritiker:innen sprechen von Zwangsmaßnahmen, Stigmatisierung und einem Angriff auf die Würde der Schwächsten der Gesellschaft. Laut Wahlprogramm sollen „in Düsseldorf aufgegriffene obdachlose Personen verpflichtend in die ZGC verbracht“ werden. Nach einer Phase der Entgiftung sei ein „kompaktes Ausbildungsprogramm“ vorgesehen. Doch was als Hilfe verkauft wird, erinnert viele an düstere Kapitel der deutschen Geschichte. „Das erinnert in fataler Weise an die Rhetorik und Praxis von Arbeitslagern“, warnt Michael Harbaum, Geschäftsführer des Düsseldorfer Drogenhilfezentrums. Auch Sabine Reimann, Rechtsextremismusforscherin an der Hochschule Düsseldorf, übt scharfe Kritik: „Es ist typischer billiger Rechtspopulismus – eine Scheinlösung, die auf Kosten der Wehrlosesten geht. Das ist entweder geschichtsvergessen oder zynisch kalkuliert.“ Das Straßenmagazin fiftyfifty, das seit Jahrzehnten an der Seite von wohnungslosen Menschen steht, verurteilt den Vorstoß als Ausdruck eines wachsenden Sozialrassismus. (…) Für fiftyfifty ist klar: Widerstand ist nötig. (…) „Wir dürfen nicht zulassen, dass soziale Probleme mit autoritären Fantasien beantwortet werden“, so ein Sprecher des Bündnisses. „Wir rufen alle Demokrat:innen auf, gemeinsam ein Zeichen zu setzen – gegen Ausgrenzung und für eine solidarische Stadt.“ Meldung vom 13. April 2025 beim Lokalbüro des Düsseldorfer Nachrichten Dienstes(„„Zwang, Ausgrenzung, Sozialrassismus – Obdachloseninitiative fiftyfifty kritisiert: AfD will Obdachlose und Geflüchtete in Düsseldorf in ‚Zentrum‘ internieren““)
- Toolkit gegen Obdachlosigkeit: Wohnungslosigkeit auf Rekordniveau. OECD vergleicht Strategien gegen Obdachlosigkeit und verspricht Lösungen per Werkzeugkasten
„Immer mehr Mieter in Deutschland müssen über ein Drittel ihres Einkommens für die Miete ausgeben. Selbst Besserverdiener haben inzwischen erhebliche Probleme, eine Wohnung zu bekommen. Entsprechend gebeutelt sind diejenigen, die eh nichts haben. Vor kurzem veröffentlichte Zahlen lassen aufhorchen: Immer mehr Menschen werden obdachlos. Allein in der BRD lag die Zahl der registrierten Wohnungslosen im vergangenen Jahr bei rund 532.000 Menschen, so der von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Wohnungslosenbericht 2024. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Berlin hat sich Gedanken darüber gemacht, wie hier Linderung geschaffen werden kann: Am Montag stellte sie der deutschsprachigen Öffentlichkeit ein Werkzeugset, ein »Toolkit«, vor, das verspricht, Wohnungslosigkeit effektiv zu bekämpfen. (…) Das vom OECD-Politikanalysten Ali Bargu vorgestellte Toolkit gegen Wohnungslosigkeit enthält insgesamt neun Bausteine. Die Schwerpunkte liegen dabei auf den Aspekten »Prävention priorisieren«, »langfristige Sicherung von Wohnraumlösungen (inkl. Housing First)« und »niedrigschwellige, angepasste Serviceangebote«. Was ist damit gemeint? »Prävention priorisieren« heißt, so Bargu, dass Wohnungslosigkeit erst gar nicht entstehen soll. So sollen zum Beispiel in Schulen Umfragebögen verteilt werden, um auf Kinder aufmerksam zu werden, die von Wohnungslosigkeit bedroht sein könnten. Der »Elefant im Raum«, so Bargu, sei Housing First: Statt einer Notunterkunft soll dem Obdachlosen eine dauerhafte Wohnung ohne bindende Konditionen bereitgestellt werden. Das heißt, Obdachlose müssen vorab keine verpflichtenden Beratungsprogramme in Anspruch genommen oder ihren Drogenkonsum beendet haben. Mit »niedrigschwelligen, angepassten Serviceangeboten« seien »kleine Lösungen« gemeint, die Wohnungslose direkt erreichen. So soll die Stadt Den Haag vor dem Rathaus Briefkästen für die Obdachlosen eingerichtet haben, um sie bei Leistungsansprüchen kontaktieren zu können. Im anschließenden Expertengespräch wurde deutlich, dass auch Housing First von den Rahmenbedingungen vor Ort abhängt. (…) Die Diskussion machte deutlich, dass das Kernproblem bleibt: Wie soll Obdachlosen Wohnraum zur Verfügung stehen, wenn dieser knapp und teuer ist – und an diesem Mangel ein gewisses Interesse besteht? So äußerte sich der Stadtplaner Frank Eckhardt am Dienstag im Tagesspiegel: »Für einen Investor macht es keinen Sinn, ein Haus mit fünf Zweizimmerwohnungen zu bauen. Das rentiert sich nicht. Da baut man lieber große Apartmentwohnungen, die man einfacher und schneller vermieten oder verkaufen kann.«“ Artikel von Max Ongsiek in der Jungen Welt vom 15. Januar 2025 - Housing First: Zuerst ein Dach über dem Kopf.
„Wohnungslosigkeit in Deutschland steigt. Wien und Zürich zeigen, wie sich das durch Prävention und langfristige Planung ändern kann
1992, Manhattan, New York, USA: Die Organisation Pathways Housing nimmt in einer Tageseinrichtung, in der Obdachlose essen, sich wärmen und waschen können, ihre Arbeit auf. Von dort aus entwickelt sie das Konzept Housing First, zu Deutsch »Unterbringung zuerst«. Die Idee: Betroffene Menschen erhalten ein unbefristetes Mietverhältnis, mit allen zugehörigen Rechten und Pflichten. In weiterer Folge können sie, selbstbestimmt, durch Sozialhilfe unterstützt werden, um sich um andere Problemlagen im Leben zu kümmern. Wohnen als Menschenrecht – dafür setzen internationale Leuchtturmprojekte vor allem auf Prävention und langfristige Planung. Das Konzept ist mittlerweile auch ein integraler Teil des Kampfes gegen Obdach- und Wohnungslosigkeit in Europa und des Ziels der Lissabonner Erklärung von 2021, Obdachlosigkeit in der EU bis 2030 zu überwinden. Wohnungslos sind jene, die in staatlichen Unterkünften oder bei Bekannten unterkommen. Obdachlos, also auf der Straße, leben in EU- und OECD-Staaten derzeit um die zwei Millionen Menschen, so Ali Bargu, sozialpolitischer Referent der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). »Dabei handelt es sich um die extremste Form von Armut, die ein hohes gesundheitliches und psychisches Risiko mit sich bringt«, stellt er fest. Das zeigt sich auch im neuen Wohnungslosenbericht der deutschen Regierung. Laut ihm verdoppelte sich die Zahl Wohnungsloser von 2022 bis 2024 auf über 500 000 Menschen. Etwas mehr als die Hälfte der verdeckt Wohnungslosen, die bei Bekannten unterkommen, und gute zwei Drittel der Wohnungslosen ohne Unterkunft hatten demnach eine langfristige und dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigung. 56 Prozent der Wohnungslosen ohne Unterkunft litten nach eigener Einschätzung an einer dauerhaften psychischen Beeinträchtigung, unter den verdeckt Wohnungslosen waren es 44 Prozent. (…) Damit Housing First funktioniert, muss es als allumfassendes Konzept angelegt werden und so auch gesundheitspolitische Maßnahmen umfassen, so Bargu. Er nennt als Beispiel ein Projekt in Den Haag in den Niederlanden. Dort hatten Obdachlose zwar Anspruch auf medizinische Versorgung, konnten diese ohne Melde-Adresse aber nicht wahrnehmen. Vor dem Rathaus wurden deswegen Postkästen aufgestellt, an die Menschen ohne Wohnadresse ihre Gesundheitskarten senden lassen konnten. Wien in Österreich hat wiederum mit seinem breit aufgestellten sozialen Wohnbau gute Grundvoraussetzungen für Housing First geschaffen. Etwa die Hälfte der Bewohner*innen lebt in geförderten Wohnungen, die zu vergünstigten Preisen direkt von der Stadt vermietet oder über gemeinnützige Wohnbauträger von der Stadt gefördert werden und deswegen Mietpreisdeckel haben. (…) Im Schweizer Zürich mit seinen rund 420 000 Einwohner*innen dagegen, so erzählt es Kilian Koch von Housing First Zürich, leben derzeit etwa zwei Dutzend Obdachlose. (…) Zurück nach New York: Hier zeigt sich, was passieren kann, wenn die Maßnahme nicht als umfassendes Konzept integriert wird. 2023 lebten dort 90 000 Menschen auf der Straße. Im selben Jahr erreichte die Obdachlosigkeit landesweit ihren traurigen Höhepunkt. Heute erinnert kaum jemand daran, dass Housing First seinen Ursprung im US-Epizentrum der Krise hatte. Die Leuchtturmprojekte befinden sich anderenorts.“ Artikel von Sarah Yolanda Koss vom 13. Januar 2025 in Neues Deutschland online - Zweiter Wohnungslosenbericht der Bundesregierung liegt vor: Ausmaß von Wohnungslosigkeit hat zugenommen: 2024 gibt es rund 531.000 wohnungslose Menschen in Deutschland
„Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen Wohnungslosenbericht 2024 vorgelegt. Mit diesem wird nach 2022 zum zweiten Mal ein gesamtdeutscher Überblick über die Situation wohnungsloser Menschen vorgelegt. Der Bericht enthält Informationen und Analysen über Umfang und Struktur von Wohnungslosigkeit im Bundesgebiet. Laut der Statistik und der empirischen Erhebung waren Ende Januar/Anfang Februar 2024 rund 439.500 Personen im System der Wohnungsnotfallhilfe untergebracht, weitere rund 60.400 Personen bei Angehörigen, Freunden oder Bekannten untergekommen (verdeckt wohnungslose Personen). Rund 47.300 Personen lebten auf der Straße oder in Behelfsunterkünften.
Hier geht es zu dem Bericht: https://t1p.de/p989k
Dazu eine Einschätzung vom Pari: https://t1p.de/4xs7l
und eine PM der BAG-W: https://t1p.de/9kt3t“ Aus dem Thomé Newsletter 01/2025 vom 12.01.2025
- Deutlich mehr Straftaten: Viel Gewalt gegen Obdachlose – Zunahme auch bei Menschen mit Behinderung
„Die Zahl der Gewalttaten gegen Obdachlose ist in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen. Dies geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linke-Bundestagsabgeordneten Susanne Hennig-Wellsow hervor, die der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch vorlag. Demnach verzeichnete die Polizei im vergangenen Jahr 2122 Straftaten gegen Menschen mit dem »Opfermerkmal Obdachlosigkeit« in Deutschland – 2018 waren es noch 1560 Fälle gewesen. Leicht zugenommen hat zudem die Zahl der Straftaten gegen Menschen mit geistiger oder körperlicher Behinderung. 2018 waren es laut Innenministerium 5120 Fälle, 2023 lag die Zahl bei 5402. Im April 2021 gab es in einem Potsdamer Wohnheim für Menschen mit geistiger Behinderung einen besonders erschütternden Vorfall. Eine Pflegerin tötete vier Bewohner, während eine weitere Bewohnerin nur durch eine Notoperation gerettet werden konnte. Die Täterin wurde später wegen vierfachen Mordes verurteilt. Insgesamt wurden in den vergangenen fünf Jahren rund 11 000 Straftaten an Obdachlosen und etwa 30 000 an Menschen mit Behinderung verübt. Zuerst hatte über die Daten das Magazin »Stern« berichtet. (…) Im »Stern« forderte die Abgeordnete [Susanne Hennig-Wellsow] »eine nationale Gewaltschutz-Strategie für diejenigen, die unseren Schutz brauchen«.“ Meldung vom 3. Oktober 2024 in Neues Deutschland online- Siehe bei BAG W das Dossier Gewalt gegen wohnungslose Menschen
- Siehe bei BAG W das Dossier Gewalt gegen wohnungslose Menschen
- Wohnungslosigkeit: »Das Leben auf der Straße ist teuer«
„Ilse Kramer von der Selbstvertretung Wohnungsloser Menschen setzt den Wohnkampf auf die Tagesordnung (…)
Eine Unterkunft macht viel mit dem Selbstwert, mit dem Sicherheitsgefühl und ändert auch für bürokratische Vorgänge einiges. Ich habe mich zum Beispiel an unserem Papier für den »Mehrbedarf« beteiligt. Dabei ging es darum, dass das Leben teuer ist, wenn man auf der Straße lebt. Bis Hartz IV eingeführt wurde, gab es in Deutschland in den großen Städten eine besondere Sozialhilfe, an die sich kranke Menschen, jene mit wenig Geld oder Rentner wenden konnten. Sie haben dann 20 Prozent Mehrbedarf bekommen. (Schwangere, Alleinerziehende, Menschen mit Behinderung oder jene, die aus medizinischen Gründen eine besondere Ernährung brauchen, haben auch bei Hartz IV und Bürgergeld Anrecht auf Mehrbedarf. Der Mehrbedarf liegt zwischen 12 und 60 Prozent des Regelsatzes, Anm. d. Red.) Eine meiner Ideen wäre gewesen, das wieder aufleben zu lassen. Aber ich denke, da werde ich bei den Politikern in diesem Land gegen verschlossene Türen rennen.
[Das hat sich Ihrer Wahrnehmung nach auch mit der Einführung des Bürgergeldes nicht geändert?]
Nein. Die Sozialhilfe unterscheidet zwischen Lebensunterhalt und Kosten der Unterkunft. Wenn Menschen keinen festen Wohnsitz haben, bekommen sie auch keine Unterkunftskosten bezahlt. Sie haben aber andere Mehrkosten als Menschen mit Unterkunft. Ein Mensch muss ungefähr sechs- oder siebenmal am Tag auf die Toilette. Dafür musst du als wohnungslose Person bezahlen. Im Kaufhaus 50 Cent, bei der öffentlichen Toilette einen Euro. Das Gleiche gilt fürs Duschen oder Wäschewaschen. Eine wohnungslose Person muss zweimal die Woche in den Waschsalon, das kostet auch wieder 16 Euro. Wenn wir in den Wohnungen merken, dass das Leben teurer wird, wird es auf der Straße bedeutend teurer. Deswegen fordern wir einen pauschalen Zuschlag von 70 Prozent als Unterkunftsbeitrag für Menschen ohne festen Wohnsitz…“ Interview von Sarah Yolanda Koss vom 28.08.2024 in ND online - Nordrhein-Westfalen: So viele Wohnungslose wie noch nie – Landessozialministerium schiebt es auf ukrainische Kriegsgeflüchtete, nicht auf Eigenbedarfskündigungen
„Die Zahl der Wohnungslosen in Nordrhein-Westfalen ist so hoch wie noch nie. Das teilte das zuständige Sozialministerium des Landes mit. Demnach hatten bis Ende Juni dieses Jahres insgesamt 108.590 Menschen und damit knapp 39 Prozent mehr Menschen an Rhein und Ruhr keine reguläre Wohnung mit eigenem Mietvertrag als zum gleichen Zeitpunkt vor einem Jahr. Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte, dass „Wohnungslosigkeit nach Hunger die schlimmste Form von Armut“ ist. Wie das CDU-geführte Sozialministerium in Düsseldorf auf Anfrage weiter berichtet, ist der deutliche Anstieg der Zahl der wohnungslosen Menschen seit 2022 mit den „anhaltenden Fluchtbewegungen, insbesondere aufgrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine“ zu erklären. (…) Sozialpädagoge Johannes Dörrenbächer von der Wohnungslosen- und Obdachlosenhilfe fiftyfifty mit Sitz in Düsseldorf merkt allerdings an, dass zumindest in Düsseldorf vermehrt Menschen auch unter dem freien Himmel schlafen. Darunter seien wenige bis keine ukrainischen Geflüchteten. „Alleine auf die Fluchtbewegungen kann man den großen Anstieg der Wohnungslosenzahlen also nicht beziehen.“ Die Gründe für Wohnungslosigkeit sind laut Dörrenbächer „sehr unterschiedlich“. Er kritisiert die Wohnungspolitik der schwarz-grünen Landesregierung, die den ohnehin angespannten Wohnungsmarkt weiterhin dem freien Markt überlasse. „Mit immer aggressiveren Methoden verdrängen Investoren Mieter:innen aus ihren Wohnungen. Häufig werden Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt und dann kann es zu Eigenbedarfskündigungen kommen. Das ist ein lukratives Geschäft für Investoren.“ (…) Eigenbedarfskündigungen häufen sich besonders im Raum Düsseldorf, berichtet Dörrenbächer. „Hier könnte das Bauministerium etwas unternehmen und einen sogenannten Genehmigungsvorbehalt beim Umwandeln von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen erlassen.“ Hinzu komme, dass Menschen, die Sozialleistungen erhalten, kaum Chance hätten, eine bezahlbare Wohnung in den Ballungsräumen an Rhein und Ruhr zu finden. Und: Da die Zahl der Menschen mit psychischen Erkrankungen laut Berichten von unterschiedlichen Krankenkassen immer weiter steigt, sei diese Gruppe besonders von Wohnungs- und Obdachlosigkeit gefährdet, so Dörrenbächer…“ Artikel von David Bieber vom 30. Juli 2024 in der taz online(„Nordrhein-Westfalen: So viele Wohnungslose wie noch nie“)
- Ende Januar 2024 lebten fast 440.000 Menschen in Deutschland in Unterkünften (die anderen Wohnungslosen nicht erfaßt) – und es stehen 2.000 000 Wohnungen leer
- Ende Januar 2024 rund 439 500 untergebrachte wohnungslose Personen in Deutschland
„Zum Stichtag 31. Januar 2024 waren in Deutschland nach den Meldungen von Kommunen und Einrichtungen rund 439 500 Personen wegen Wohnungslosigkeit untergebracht. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, hat sich damit die Zahl gegenüber den Vorjahren weiter erhöht (2023: 372 000, 2022: 178 100). Der Anstieg der Zahl der untergebrachten wohnungslosen Menschen ist jedoch vor allem auf Verbesserungen der Datenmeldungen im dritten Jahr seit der Einführung der Statistik zurückzuführen. (…) Die Statistik erfasst wohnungslose Personen, die in der Nacht vom 31. Januar zum 1. Februar 2024 beispielsweise in überlassenem Wohnraum, Sammelunterkünften oder Einrichtungen für Wohnungslose untergebracht waren. Obdachlose Personen, die ohne jede Unterkunft auf der Straße leben, sowie Formen von verdeckter Wohnungslosigkeit (zum Beispiel bei Bekannten oder Angehörigen untergekommene Personen) werden nicht in der Statistik berücksichtigt (…) Zum Stichtag 31. Januar 2024 wurden 136 900 geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer in der Statistik erfasst (2023: 130 000). Mit knapp einem Drittel (31 %) aller untergebrachten Wohnungslosen bildeten sie – unterschieden nach der Staatangehörigkeit – wie bereits im Vorjahr die größte Gruppe in der Statistik (2023: 35 %). (…) 40 % der gemeldeten Personen waren jünger als 25 Jahre (2023: 38 %). Der Anteil der Personen im Alter ab 65 Jahren blieb mit 5 % unverändert gegenüber dem Vorjahr. Im Durchschnitt waren die am Stichtag 31. Januar 2024 untergebrachten Personen 31 Jahre alt. 55 % der untergebrachten wohnungslosen Personen waren Männer und 43 % Frauen (2023: 50 % Männer und 42 % Frauen). Für 2 % der Fälle wurde das Geschlecht mit „unbekannt“ angegeben. (…) Personen in Paarhaushalten mit Kindern bildeten mit 34 % (150 100 Personen) die größte Gruppe. 32 % (139 000) der gemeldeten Personen waren alleinstehend, 17 % (73 300) waren Alleinerziehenden-Haushalte, 8 % (33 500) sonstige Mehrpersonenhaushalte und 4 % (16 500) Paarhaushalte ohne Kinder. Bei 24 300 Personen (6 %) war der Haushaltstyp unbekannt…“ Destatis-Pressemitteilung Nr. 282 vom 15. Juli 2024– siehe auch:
- „Nach den jüngsten Zahlen des Bundesamts für Statistik stehen bundesweit fast 2 Millionen Wohnungen leer! In Berlin sind es offiziell 40.000! (…) Viele Wohnungen werden dabei nicht mitgezählt: etliche Zweit-, Dritt- oder Ferienwohnungen stehen nicht zur Verfügung, obwohl Wohnraum so dringend benötigt wird! Wir fordern, dass dagegen jetzt radikal vorgegangen wird! Die Wohnungen denen, die sie brauchen!“ Tweet von Pankow gegen Verdrängung vom 16. Juli 2024
– siehe Wohnungen (Gebietsstand 15.05.2022) bei Zensus
- Wohnungslose in Unterkünften: Vom Wohnungsmarkt übersehen
„Fast 440.000 Menschen leben in Deutschland in Unterkünften. Sie landen dort, weil es kaum Sozialwohnungen gibt – und sie stigmatisiert werden…“ Kommentar von Jasmin Kalarickal vom 16.7.2024 in der taz online
- Ende Januar 2024 rund 439 500 untergebrachte wohnungslose Personen in Deutschland
- Tag der wohnungslosen Menschen am 11.9.2023: Die große Gefahr besteht in der Verstetigung der Wohnungslosigkeit, steigender Anteil von Familien
„Zum heutigen Tag der wohnungslosen Menschen stellt die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. (BAG W) ihren aktuellen Jahresbericht zur Lebenslage wohnungsloser und von Wohnungslosigkeit bedrohter Menschen vor.
Der in den letzten Jahren beobachtete Trend einer steigenden Anzahl von Klienten mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit in den Einrichtungen und Diensten der freien Träger hat sich nun bei etwa 30% stabilisiert. Dieser Wert liegt deutlich unter den Zahlen nicht-deutscher Klient:innen in der Statistik des Statistischen Bundesamtes zur Zahl der untergebrachten wohnungslosen Menschen: Im Jahr 2023 hatten etwa 80% der untergebrachten wohnungslosen Menschen eine nicht-deutsche Staatsangehörigkeit. Die Daten der Dienste und Einrichtungen der Wohnungsnotfallhilfe zeigen, dass knapp 70% der akut wohnungslosen Menschen vorübergehend bei Freunden, Bekannten oder ihrer Herkunftsfamilie Unterkunft suchen, prekäre Mitwohnverhältnisse eingehen oder ganz ohne Unterkunft auf der Straße leben. Diese Menschen sind in der Bundesstatistik der institutionell untergebrachten Personen nicht inkludiert. Rund 97% der akut wohnungslosen Menschen geben an, dass sie sich eine eigene Wohnung für sich oder ihre Familie, ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft oder alternative Wohnformen bzw. Unterbringung wünschen. „Ein sehr beunruhigender Höchstwert zeigt sich in diesem Jahr im Anteil der Familien, die im DzW erfasst wurden. Rund 11%, der Hilfesuchenden leben in Haushalten mit Kind(ern), darunter Alleinerziehende sowie Paare mit Kind(ern).“, so Werena Rosenke, Geschäftsführerin der BAG W…“ Meldung vom 11.9.2023der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. zum Jahresbericht und weiteren Informationen
- Schlafen statt Strafen: Protestcamp für Obdachlose ab 28. Januar an der Kampstraße in Dortmund
„Das wird mit Sicherheit für viel Aufsehen sorgen: Die Initiative „Schlafen statt Strafen“ will ein Protestcamp in der Dortmunder Innenstadt aufbauen. Dafür werden Zelte direkt vor der Katharinentreppe auf der Kampstraße aufgestellt. Das bestätigte die Initiative, auf Nachfrage von Radio 91.2. Starten soll das Protestcamp am Samstag, den 28. Januar. Geplant ist, dass die Zelte dann neun Tage aufgebaut bleiben. (…) Ziel der Aktion sei es, das Thema Obdachlosigkeit mehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu bringen. Die Initiative fordert unter anderem akzeptable und kostenlose Notunterkünfte für die geschätzt 900 wohnsitzlosen Menschen in Dortmund. Zudem brauche es kostenlose, öffentliche Toiletten und die Vertreibung obdachloser Menschen aus der Innenstadt müsse aufhören. Fünf bis Zehn Leute seien rund um die Uhr im Camp, heißt es. Je nach Wochentag werden es aber auch mal deutlich mehr. Außerdem ist jeder aufgerufen, sich dem Camp anzuschließen. Anlass für die Gründung von „Schlafen statt Strafen“ war die Ankündigung der Innenstadt-Händler einen privaten Sicherheitsdienst zu engagieren. Obdachlose Menschen sollten die Nächte nicht mehr in Haus- und Geschäftseingängen verbringen, um potenzielle Kunden nicht zu verschrecken.“ Meldung vom 18. Januar 2023 von und bei Radio 91.2 online(„900 Menschen in Dortmund ohne Wohnsitz“), siehe den Aufruf:
- Aufruf zum Protestcamp in der Dortmunder Innenstadt vom 28.1.-5.2.23
„Obdachlose Menschen werden in Dortmund massiv diskriminiert und ihrer Menschenwürde beraubt. Die Stadt Dortmund kommt ihren gesetzlichen Pflichten diesen Menschen gegenüber nicht nach, indem ihre Notunterkünfte nicht für alle Menschen kostenlos zugänglich sind, es dort keine Privatsphäre gibt, die hygienischen Bedingungen katastrophal sind und es insgesamt zu wenige Plätze für die geschätzt 900 obdachlosen Menschen in Dortmund gibt. Abseits der Notunterkünfte gibt es nur unzureichende Möglichkeiten und Programme, die Menschen langfristige Perspektiven auf eine eigene Wohnung und ein Leben in Würde geben würden. Darüber hinaus unternimmt die Stadt Dortmund alles, was sie kann, um obdachlose Menschen aus dem öffentlichen Raum, speziell aus der Innenstadt, zu verdrängen…“ Aufruf bei der Initiative „Schlafen statt Strafen“
- Aufruf zum Protestcamp in der Dortmunder Innenstadt vom 28.1.-5.2.23
- 263.000 Menschen ohne festen Wohnsitz: Bundesregierung legt ersten Wohnungslosenbericht vor
„Wenn ein Problem in Ausmaß und Struktur nicht erfasst wird, ist der Kampf dagegen zwecklos. Das soll sich in Bezug auf die Not von Menschen ohne eigene Wohnung nun ändern. Über eine Viertelmillion, rund 263 000 Menschen, sind hierzulande wohnungslos. Das geht aus dem am Donnerstag vom Bundessozialministerium veröffentlichten ersten Wohnungslosenbericht hervor. (…) Laut dem Bericht teilt sich die Wohnungslosigkeit in verschiedene Kategorien auf. Demnach leben 37 400 Menschen ohne jede Unterkunft auf der Straße. Neben dem Leben auf der Straße zählt auch das langfristige oder dauerhafte Wohnen in Zelten oder Pkw, Abbruchhäusern oder Garagen dazu. (…) 49 300 Menschen sind laut dem Bericht verdeckt wohnungslos, kommen also vorübergehend bei Bekannten oder Familienangehörigen unter. Sie schlafen zwar in festen Wohngebäuden mit Zugang zu sanitären Einrichtungen, jedoch ohne eigenen Mietvertrag und daher in Abhängigkeitsverhältnissen. Auch sie sind häufig von Ausbeutung und Missbruch betroffen. Darüber hinaus sind sie, wie Obdachlose, durch das Fehlen eines eigenen festen Wohnraums bei der Teilhabe an Bildung, politischer Partizipation, Erwerbsarbeit und Sozialleben beeinträchtigt. 178 100 Menschen waren zum Stichtag Ende Januar 2022 institutionell untergebracht. Zusätzlich sind rund 6600 Kinder und Jugendliche in Deutschland wohnungslos. Von diesen leben rund 1100 gemeinsam mit ihren Eltern oder einem Elternteil auf der Straße und 5500 in verdeckter Wohnungslosigkeit. Werden mögliche Doppelerfassungen berücksichtigt, ergibt sich die Zahl von insgesamt knapp 263 000 Betroffenen. Der Bericht erhebt jedoch auf Grund der schwierigen Erfassung keinen Anspruch auf eine Gesamtschau. (…) Über die Hälfte der wohnungslosen Menschen hat sich erfolglos um Hilfe bemüht, um den Wohnungsverlust abzuwenden. Jeweils ein gutes Drittel hat das Jobcenter, die Stadt oder eine Beratungsstelle um Hilfe gebeten. Fast ein Viertel hat erfolglos versucht, mit den Vermietern zu verhandeln, und 16 Prozent wollten sich Geld leihen. (…) »Wenn die Ampelkoalition jetzt nicht schnell handelt, wird sie an ihren eigenen Ansprüchen, Wohnungslosigkeit bis 2030 zu beenden, garantiert scheitern«, stellte Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland am Donnerstag fest. Der Wohnungslosenbericht liefere wichtige Erkenntnisse. Allerdings sei die Dunkelziffer noch um einiges höher: »Es werden nicht alle Wohnungslose aus den genannten Gruppen erfasst und andere werden nicht als wohnungslos gezählt, die es aber sind: Frauen in Frauenhäusern, Menschen in Haftanstalten oder geflüchtete Menschen mit anerkanntem Bleiberecht, die in Asylbewerberunterkünften wohnen müssen, weil sie keine eigene Wohnung finden«, so Loheide.“ Artikel von Lisa Ecke vom 11. Dezember 2022 in Neues Deutschland online, siehe dazu:
- den Bericht beim Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen
- Wohnungsnot kein Thema mehr? – Neben den rund 700.000 wohnungslosen Menschen leben 8,6 Millionen in überbelegten Wohnungen und 178.000 Personen sind wegen Wohnungslosigkeit in vorübergehenden Übernachtungsmöglichkeiten oder in Not- und Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Beitrag vom 13. Dezember 2022 beim Gewerkschaftsforum
- den Bericht beim Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen
Siehe auch zum Thema im LabourNet:
- Dossier: Beispiel Hamburg: Obdachlosigkeit und Profitwirtschaft
- Obdachlosigkeit wird gemacht: Das Schweigen darüber auch?
- und viel zu viele weitere Beiträge in der Rubrik Commons und Recht auf Stadt