Sozialstaat: Gefangen in der tristen Gegenwart

Dem heutigen Sozialstaat fehlt es an einer progressiven Gesellschaftsvision. Er agiert nicht nur widersprüchlich und autoritär, in ihm drückt sich auch die Gewöhnung an wirtschaftliche Stagnation aus. Der Staat untergräbt so seine Legitimationsgrundlage…“ Artikel von Kai Rogusch vom 5. März 2015 bei den Ruhrbaronen externer Link

  • Aus dem Text: „… Heute verteilt der Sozialstaat einerseits unzählige Placebos und „Wohltaten“ (Mütterrente, Krippenplätze etc.), um ein wohliges Gefühl zu verbreiten und einem durch Erosionsängste geprägten Unbehagen der Bürger abzuhelfen. Doch das vorrangige Motiv liegt nun darin, die individuellen Erwartungen der Bürger erzieherisch auf die Erfordernisse der Sparsamkeit, Bescheidenheit und flexiblen Anpassungsbereitschaft am Arbeitsmarkt einzustimmen, um sie besser in ein stagnierendes Gesamtsystem „eingliedern“ zu können. Nun geht es nicht mehr darum, die vorgefundenen Lebensbedingungen zugunsten der Bestrebungen und Bedürfnisse der Bevölkerung zu verändern.
    Die Bürger sollen sich vielmehr mit der pessimistischen Aussicht stagnierender oder gar erodierender Wohlstandsgrundlagen abfinden. Sie sollen sich mit der sattsam bekannten Tatsache abnehmender Wachstumsraten zufrieden geben. Unter dem wohlklingenden Banner der „Flexibilisierung“ und „Eigenverantwortung“ wurde dabei unterschwellig eine zukunftspessimistische Botschaft unters Volk gestreut. So akzeptieren es heute viele Bürger, dass über einen langen Zeitraum eine konzertierte Politik der Lohnzurückhaltung geübt wurde. Zudem wurde die Anpassung von Lohnerwartungen mit Maßnahmen kombiniert, die abnehmendes Wirtschaftswachstum (und sinkende Geburtenraten) als gegeben hinnehmen. Davon zeugen auch Reformen zur Individualisierung der Altersvorsorge sowie ihrer Orientierung an einem sich verschlechternden “demografischen Faktor” – die obendrein das bisherige Band zwischen den Generationen lockern, indem sie mit der Postulierung einer angeblich zu fördernden „Generationengerechtigkeit“ implizit die Generationen gegeneinander ausspielen
    …“
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