Ein Betrieb – eine Gewerkschaft! Wie wird dieses Ziel von den Arbeiterorganisationen erreicht? Jedenfalls nicht durch das Tarifeinheitsgesetz der Bundesregierung oder durch die »Kooperationsvereinbarung« einiger DGB-Gewerkschaften mit ihrem Dachverband

Gewerkschafter: Nicht Arschkriecher, sondern Arschtreter!Wozu noch Gewerkschaften?« fragte sich der Sozialphilosoph Oskar Negt vor zehn Jahren in seinem gleichnamigen Büchlein. Dieses Problem gewinnt in den letzten Monaten zusätzliches Gewicht: Die beiden Beschäftigtenorganisationen bei der Bahn AG, die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), führen harte Auseinandersetzungen. Gewerkschaften streiten sich um Zustimmung oder Ablehnung des »Tarifeinheitsgesetzes«. Und nicht zuletzt gibt es einen deutlichen Riss im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) wegen der »Kooperationsvereinbarung« zwischen IG Metall, EVG, IG Bergbau, Chemie, Energie (BCE) und IG Bauen, Agrar und Umwelt (BAU), das die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) außen vor lässt. Zwar haben ver.di und GEW gemeinsam für die Angestellten der Länder verhandelt, der Abschluss erfolgte jedoch ohne Einbeziehung der angestellten Lehrerinnen und Lehrer und gegen das Votum der GEW. So sieht es gerade aus: Mehr Streit zwischen den Gewerkschaften untereinander als zwischen ihnen und den Unternehmen. Andererseits sind so viele Streiks zu verzeichnen wie selten zuvor…“ Artikel von Stephan Krull in junge Welt vom 22.05.2015 externer Link

  • Aus dem Text: „… Wenngleich Sparten- und Berufsgewerkschaften weder mehr geworden sind noch besonders intensiv streiken, werden sie doch als Einschränkung von Streikrecht und Tarifautonomie missbraucht. Natürlich bieten einheitliche gewerkschaftliche Organisationen, wie oben beschrieben, die besseren Möglichkeiten der Durchsetzung sozialer und politischer Rechte. Wenn aber die Differenziertheit der Belegschaften, die Dialektik von besonderen und allgemeinen Interessen, nicht ausreichend berücksichtigt werden, wenn, wie bei der Bahn, die zuständige DGB-Gewerkschaft den Privatisierungs- und Aufspaltungsplänen nicht widerspricht, sollte man sich über die Gründung bzw. die zunehmende Aktivität solcher Gewerkschaften nicht wundern. Die gewünschte Ruhe bei Kooperationen von Gewerkschaften, Unternehmerverbänden und Regierung wie dem »Bündnis für Industrie«, der »Nationalen Plattform Elektromobilität« oder eben auch der »Bahnreform« stören Spartengewerkschaften. Sie sind in diese Zusammenarbeit nicht einbezogen und lehnen diese aus unterschiedlichen Gründen ab. (…) Fusionen und Kooperationen können also Schritte auf dem Weg zu einer, besagte Konkurrenz minimierenden, tatsächlichen Einheitsgewerkschaft sein. Aber bei mangelndem Widerstand kann der neoliberale Umbau auch zu einer stärkeren Abgrenzung voneinander führen. Die Suche nach wirksamen, effektiven und stärkenden Formen von gewerkschaftlicher Organisation und Praxis ist nicht beendet, sondern bekommt gerade eine neue Dynamik…“
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