DGB will enger zusammenarbeiten – ohne Verdi (»IG Kooperation«)

Dossier

DGB-Satire zum 1. Mai 2015: "Die Diktatur der Bosse gestalten wir!"Zwischen den acht Gewerkschaften des DGB-Dachverbandes gibt es immer wieder Streit um Zuständigkeiten. Oft stehen sich die Industrievertreter und Dienstleistungsgewerkschaften gegenüber. Bei einem Treffen vereinbaren die vier Industrie-Gewerkschaften eine engere Kooperation – ohne die vier Vereinigungen für Beschäftigte im Dienstleistungsbereich. Warum keine Dienstleistungsgewerkschaftler dabei sind? „Das müssen Sie die fragen“, sagte Kirchner von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft…“ Artikel von Detlef Esslinger in der Süddeutschen online vom 15. April 2015 externer Link. Siehe dazu die Kooperationsvereinbarung im Wortlaut , weitere Informationen und erste Kommentare im Beitrag, der zum brisanten Dossier um das Ende des DGB werden könnte…

  • Achtung Spalter am Werk – die „Spielchen“ einiger DGB-Gewerkschaften
    Die IG Metall, die IG Chemie, die Eisenbahnergewerkschaft EVG und die IG Bau haben gemeinsam mit dem DGB-Vorsitzenden Mitte April 2015 ein Kooperationsabkommen geschlossen. Zwar informiert, aber nicht offiziell eingeladen, waren die anderen vier DGB-Gewerkschaften ver.di, GEW, GdP und NGG, die als renitent gegenüber den Arbeitgebern und der Bundesregierung gelten. Das Abkommen soll, wie offiziell verlautet, dazu dienen, Abgrenzungsprobleme zwischen den beteiligten Organisationen zu vermeiden. So weit so gut. Aber wenn sich vier Einzelgewerkschaften zusammentun und die anderen vier DGB-Gewerkschaften bewusst außen vor lassen, ist das schon eine eindeutige Aussage. Bei dieser Ausgrenzung macht scheinbar auch der DGB-Vorsitzende mit. Da geht es wohl um mehr…“ Beitrag vom 16. Mai 2015 beim Gewerkschaftsforum Dortmund externer Link
    Aus dem Text: „… Die Gewerkschaften, die die Auseinandersetzung vom Zaun brechen und eine Spaltung in Kauf nehmen, sind auch diejenigen, die seit langem dafür sorgen, dass die hiesigen Löhne hinter dem Produktivitätszuwachs zurückbleiben und damals schon den Steigbügelhalter für die Zielerreichung des damaligen Bundeskanzlers Gerd Schröder gaben, Deutschland zu einem Niedriglohnland zu machen. Sie waren und sind auch mit verantwortlich dafür, dass Deutschland in der EU der Exporteuropameister ist und die anderen Mitgliedstaaten diesen Überschuss mit ihrer Verschuldung finanzieren müssen. Man ist wieder bei dem Trugschluss angekommen „was gut ist für Industriekonzerne ist gut für die Industriebeschäftigten und für Deutschland insgesamt.“ Aber eine Gewerkschaft, bei der der Streit um die Verteilung der Gewinne, um Arbeitszeitverkürzung und Arbeitsbedingungen nicht mehr vorkommt, macht sich doch selbst überflüssig. Hier wird auch wieder der parteipolitische Einfluss auf diese Gewerkschaften deutlich, wie er bei der Positionierung zum Gesetz zur „Tarifeinheit“ wieder sichtbar wird. Man schlägt sich auf die Regierungsseite und lehnt regierungskritische und gesellschaftspolitische Kampagnen rigoros ab…“
  • Das neue Vier-Gefühl im DGB – Zur »IG Kooperation«
    … Was ist das Bemerkenswerte an der Kooperationsvereinbarung von IG BCE, IGM, EVG und IG BAU? Nur am Rande ist es eine Kooperations- und Zuständigkeitsvereinbarung für diese vier Gewerkschaften, die Klarheit über Zuständigkeiten schaffen und helfen soll, Konkurrenzen zwischen diesen Organisationen im Sinne einer vereinbarten »Tarifeinheit« auszumoderieren. Zuständigkeitskonflikte gibt es sicher auch zwischen den vier genannten Gewerkschaften, doch diese haben nicht die Schärfe und nicht das Gewicht wie etwa das Gerangel zwischen IGM und ver.di im Logistikbereich. (…)Die bloß subsidiäre Bezugnahme auf die satzungsgemäßen Verfahren des DGB ist für sich genommen noch kein unfreundlicher Akt gegenüber dem Dachverband. Schwerer wiegt, dass bei der aus meiner Sicht notwendigen Neuorientierung der Tarifpolitik entlang der Wertschöpfungsketten keine Rücksichten insbesondere auf ver.di genommen werden und eine Diskussion ohne ver.di, ohne die NGG und ohne den ganzen DGB begonnen wird. Die übrige gewerkschaftliche Szene wird mit einem fertigen Ergebnis vor den Kopf gestoßen…Artikel von Andreas Bachmann, erschienen in express, Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, Ausgabe 05/2015 – wir danken dem Autor und der Redaktion!
  • Die Kooperationsvereinbarung der Industriegewerkschaften ist in Wahrheit eine Unterwerfungserklärung
    Die IG Metall, die IG Chemie, die IG Bau und die Eisenbahnergewerkschaft  EVG haben scheinbar mit dem Segen des DGB-Vorsitzenden ein Kooperationsbündnis geschlossen, mit dem sie Verdi und andere als renitent gegenüber den Arbeitgebern und der Regierung geltende Gewerkschaften ausgrenzen. Offen sagen sie das nicht, aber es ist offensichtlich…“ Kommentar vom 22.04.2015 von und bei Norbert Häring externer Link
    Aus dem Text: „Was wollen die vier Industriegewerkschaften, die nicht einmal wirklich Industriegewerkschaften sind (IB Bau, Agrar, Umwelt; Eisenbahner) bewirken, abgesehen von der hoffentlich nur in Kauf genommenen Spaltung des Gewerkschaftslagers? (…) Welch Untewerfung: Die Gewerkschaften akzeptieren die globale Konkurrenz um Standorte, an späterer Stelle loben sie sogar die wettbewerbsfähigkeitssteigernde Verlagerung von Arbeitsplätzen nach Osteuropa. Sie akzeptieren die enorme Beweglichkeit der Kapitalströme und sogar „sehr hohe fixe Renditeerwartungen der Investoren“ als unvermeidlich. Ihnen geht es nur noch darum, gemeinsam die Arbeitsweisen den Wünschen der Kapitalseite anzupassen. (…) Erwarten Sie aber nicht, dass danach etwas kommt in Richtung, jetzt wollen wir auch etwas zurückbekommen, für unsere Beschäftigten, deren Interessen wir hintangestellt haben. Nein. Das Papier atmet den Geist: ‚was gut ist für Industriekonzerne ist gut für die Industriebeschäftigten und für Deutschland insgesamt.‘ Da ist ja einiges dran. Aber als Grundverständnis einer Gewerkschaft fehlt dem doch der Aspekt, dass es auch so etwas wie einen Streit um die Verteilung der Gewinne, um Arbeitszeitverkürzung und Arbeitsbedingungen gibt oder geben könnte…“ Siehe dazu:
  • Bsirske im Interview in der Stuttgarter Zeitung online vom 22. April 2015 externer Link:
    „… Ich sehe es als einen Beitrag zur Konfliktbewältigung zwischen den daran beteiligten Gewerkschaften. Das ist gut, das sollen sie machen. Wir haben vergleichbare Vereinbarungen jeweils mit EVG, IG Bau sowie NGG und haben nach 25 Jahren mit der Chemiegewerkschaft eine Verständigung zur Zuständigkeit in der ostdeutschen Wasserwirtschaft erreicht. Mit der IG Metall reden wir auf Spitzenebene über die Zuständigkeit in der Kontraktlogistik. Verdi bearbeitet Organisationskonflikte im DGB bilateral – die haben das jetzt multilateral gemacht. Das ist ihr gutes Recht…“
  • Kooperationsvereinbarung: Für eine leistungs- und zukunftsfähige Industrie in einer solidarischen Gesellschaft
    Wirtschaft und Arbeitswelt stehen im Zuge von Digitalisierung und Energiewende vor Veränderungen, wie sie Generationen nicht mehr erlebt haben. Die Gewerkschaften EVG, IG BAU, IG BCE und IG Metall vertreten überwiegend Mitglieder der Investitionsgüterindustrie, von Unternehmen im globalen Wettbewerb und der industrienahen Dienstleistungen. Sie kämpfen für die Interessen von Beschäftigten, deren Arbeitsplätze von Energiekosten und Versorgungssicherheit elementar abhängig sind. Die Branchen, die Unternehmen und die Wertschöpfungsketten der Organisationsbereiche der EVG, der IG BAU, der IG BCE und der IG Metall sind eng verzahnt; die gewerkschaftliche Gestaltung des ökonomischen und sozialen Fortschritt erfordert stärkere Kooperation. (…) Die vier im DGB zusammengeschlossenen Gewerkschaften EVG, IG BAU, IG BCE und IG Metall wollen gemeinsam die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Interessen der in der deutschen Industrie Beschäftigten auch unter veränderten wirtschaftlichen, technologischen und gesellschaftlichen Bedingungen wirkungsvoll vertreten werden können. (…) Die herausragende Bedeutung der industriellen Wertschöpfung muss auch zukünftig durch eine moderne, leistungs- und wettbewerbsfähige sowie auf Nachhaltigkeit ausgerichtete wissensbasierte Industrie sichergestellt werden. (…) Die Sicherung und Weiterentwicklung des Industriestandortes Deutschland entscheidet darüber, wie sich die Lebens- und Arbeitsbedingungen in unserem Lande entwickeln werden. (…) Mit dem auf Initiative der Industriegewerkschaften gegründeten „Bündnis für Industrie“, das die Voraussetzungen für eine engere Kooperation von Staat, Arbeitgebern und Gewerkschaften schaffen soll, ist hierfür auch eine flankierende politische Plattform gegeben…“ Der Kooperationsvertrag der Vorsitzenden von IG Metall, IG BCE, IG BAU und EVG im Wortlaut  – bzw. der gewerkschaftliche Standortsicherungsvertrag
    Aus dem Text: „… Im flexiblen Kapitalismus kommt es auf effizientes Handeln, erkennbare Positionen und für die Mitglieder klare Strukturen an. Wir haben uns zu einer Form der kooperativen Zusammenarbeit eigenständiger Gewerkschaften entschieden. Wir werden so – mit Arbeitgebern und Politik – den technologischen Wandel gestalten, dass am Ende mehr Beschäftigte bessere Arbeit im industriellen Netz finden. Dazu bedarf es der Einheit unter den Gewerkschaften. Diese Einheit im Deutschen Gewerkschaftsbund ist zum einen das politische Vermächtnis der Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, die erlebten, dass im Streit die Weimarer Republik nicht verteidigt werden konnte. Die Einheit hat aber auch geholfen, vielfältige Prozesse des Strukturwandels solidarisch zu gestalten. Wir schaffen nun eine neue Plattform, um diese Einheit unter uns zu festigen. (…) Wir haben als Gewerkschaften eine gemeinsame Sicht auf die Herausforderungen unserer Zeit entwickelt und einen Modus vereinbart, wie wir ohne Konflikte untereinander für Belegschaften des industriellen Netzes die besten Lösungen für ihre Anforderungen finden. Durch die unter uns gesicherte Tarifeinheit entfalten wir Stärke. (…) Dazu zählen ausdrücklich Fragen der rationalen Organisationsabgrenzung anhand der bestehenden Wertschöpfungsketten, die grundsätzlich dem Prinzip „Ein Betrieb – eine Gewerkschaft – ein Tarifvertrag“ folgen. (…) Mit diesem Dokument definieren wir klare Kriterien, mit denen Betriebe, Hilfs- und Nebenbetriebe sowie selbstständige Betriebsabteilungen der Gewerkschaft zugeordnet werden, zu der sie gehören…“
  • Industrie und Wertschöpfung im Umbruch. Gewerkschaften in der Industrie vereinbaren Kooperation
    EVG, IG BAU, IG BCE und IG Metall haben in Berlin eine Kooperationsvereinbarung geschlossen. Die Gewerkschaften wollen so die Voraussetzung dafür schaffen, die Interessen der Beschäftigten in der deutschen Industrie und den industrienahen Dienstleistungen unter veränderten wirtschaftlichen, technologischen und gesellschaftlichen Bedingungen wirkungsvoll zu vertreten…“ IG Metall-Meldung vom 15.04.2015 externer Link (ohne den Text der Kooperationsvereinbarung)
    Aus dem Text: „… Die Frage nach der Zuständigkeit einer Gewerkschaft soll demnach anhand bestehender Wertschöpfungsketten nach dem Prinzip „Ein Betrieb – eine Gewerkschaft – ein Tarifvertrag“ geklärt werden. Wetzel ist sicher, so können Arbeitnehmervertreter effizienter arbeiten und gleichzeitig Reibungsverluste vermeiden: „Durch die unter uns gesicherte Tarifeinheit entfalten wir Stärke.“ Wetzel sieht die im Beisein des DGB-Vorsitzenden Reiner Hoffmann geschlossene Kooperationsvereinbarung zwischen EVG, IG BAU, IG BCE und IG Metall als wichtigen Schritt, um die Einheit im DGB weiter zu festigen: „Wir haben eine Plattform geschaffen, die geeignet dazu ist, dass wir ohne Konflikte untereinander für die Belegschaften die besten Lösungen für ihre Anforderungen finden. Wir sind davon überzeugt, dass auf diese Weise die Gewerkschaftsarbeit und auch der DGB als Dachverband gestärkt wird.“…“
  • Spaltpilz im DGB
    Affront oder normaler Vorgang? Die vier Gewerkschaften IG Metall, IG BCE, IG BAU und EVG schließen ein Kooperationsabkommen. Andere bleiben außen vor…“ Artikel von Daniel Behruzi in junge Welt vom 17.04.2015 externer Link. Aus dem Text: „… Zwar informiert, aber nicht offiziell eingeladen, waren die anderen vier DGB-Gewerkschaften ver.di, GEW, GdP und NGG. Diese demonstrierten am Donnerstag Gelassenheit. Organisationsstreitigkeiten haben innerhalb des DGB zuletzt deutlich zugenommen. Auch politische Meinungsverschiedenheiten werden immer offener ausgetragen – aktuell vor allem über das von der Bundesregierung geplante Gesetz zur »Tarifeinheit«. (…) Vor diesem Hintergrund erscheint die Vereinbarung der vier Gewerkschaften als klare Botschaft und als Affront gegenüber ver.di und Co. Sie regelt das Vorgehen für den Fall, dass sich die beteiligten Organisationen um Zuständigkeiten für bestimmte Branchen oder Betriebe streiten. In einem vierstufigen Verfahren sollen zunächst Gewerkschaftsvertreter vor Ort nach einer Lösung suchen. Gelingt das nicht, soll ein Mediationsgremium eingeschaltet werden. Erst wenn es auch dort keine Einigung gibt, geht der Fall an die Bundesvorstände und letztlich vor das DGB-Schiedsgericht…“
  • Aus dem Artikel von Detlef Esslinger in der Süddeutschen online vom 15. April 2015 externer Link: „… Wenn ein Autohersteller, für den bisher die IG Metall zuständig war, nicht nur den Transport per Bahn, sondern auch die Montage dafür an einen Logistik-Dienstleister vergibt, stellt sich auch für Gewerkschaften wie EVG oder Verdi die Frage, ob die Beschäftigten der Dienstleister nicht im Grunde ihre Klientel sind. Weil die Gewinnung von Mitgliedern aber für tendenziell schrumpfende DGB-Gewerkschaften die wichtigste und die schwierigste Aufgabe ist, hat es immer wieder relativ hässlich ausgetragene Zuständigkeitskonflikte gegeben. Derlei wollen die vier Gewerkschaften nun beenden. Die Vereinbarung regelt, nach welchen Kriterien eine Gewerkschaft die Zuständigkeit für einen Betrieb reklamieren darf und wann es im Streitfall eine Mediation, Vorstandssitzungen oder gar die Anrufung eines Schiedsgerichts geben soll. Das Problem dabei: Die erbittertsten Konflikte haben nicht so sehr IG Metall, IG BCE, IG BAU und EVG miteinander ausgetragen. Sondern sie alle wechselweise mit Verdi. Frage also an die fünf Vorsitzenden: Wo ist Verdi, wo ist deren Chef Frank Bsirske? Antwort von Wetzel: „Nicht hier.“…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=78701
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