Mit Harmonisierung zum Ziel – wie der Europäische Gerichtshof zum Hüter der sozialen Rechte werden könnte

Ein besseres Europa für die ArbeitnehmerInnen: eine stärkere Säule sozialer Rechte„Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) trägt seit vielen Jahren zur Dominanz der Marktfreiheiten über soziale Rechte in der EU bei. Doch das Verhältnis des EuGH zu sozialer Regulierung ist keineswegs eindeutig. Eine Untersuchung zeigt: In jenen Bereichen, in denen es gemeinsame europäische Mindeststandards gibt, ist der Liberalisierungsdruck des EuGH weit weniger stark. Kann dies ein Weg sein, den EuGH zu zähmen? (…) Neben all seinen „Risiken und Nebenwirkungen“ stellt der EuGH auch im sozialpolitischen Bereich eine große Chance dar, die es zu verstehen und schließlich zu ergreifen gilt. Denn wenn der notwendige politische Wille seitens der Mitgliedstaaten vorhanden ist, kann der EuGH zum Hüter der sozialen Rechte in Europa werden. (…) Wie aber können wir sicherstellen, dass eine EU-weite Harmonisierung im sozialpolitischen Bereich nicht in einer Einigung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner endet? Aus Sicht der Gewerkschaften besteht die Antwort auf diese berechtigte Sorge in der Verabschiedung eines Sozialen Fortschrittsprotokolls. Sein Prinzip ist klar definiert: Soziale Rechte sollen gegenüber den wirtschaftlichen Freiheiten nicht länger zurückstehen müssen, sondern Vorrang erhalten. Für den EuGH würde dies bedeuten, dass Lohnregelungen sowie der Schutz sozialer Rechte und kollektiver Arbeitsrechte nicht mehr als Verletzung der wirtschaftlichen Grundfreiheiten ausgelegt werden dürften. Verbunden werden muss dieses Aufwärtskonvergenzgebot unbedingt mit einem Regressionsverbot in sozialen Fragen, sodass schon bestehende gute Standards künftig nicht wieder zur Disposition stehen. Die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament haben es in der Hand, diese mutige Vision eines wahrhaft europäischen Wohlfahrtsstaatsmodells Wirklichkeit werden zu lassen. Die Umsetzung ist eine Frage des politischen Willens. Macht sich die neue EU-Kommission diese Agenda zu eigen, kann sie Historisches leisten: Aus dem Wettbewerb zwischen den Sozialstaaten kann eine gemeinsame Suche nach Lösungen werden. Statt Sozialdumping zu bekämpfen, könnten wir uns dann darauf konzentrieren, eine sozial gerechtere Union zu gestalten.“ Beitrag von Susanne Wixforth und Lukas Hochscheidt vom 20. November 2019 beim A&W-Blog des ÖGB externer Link

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