Außer ein wenig heißer Luft hat es zum lange angekündigten EU-Gipfel Ende Juni 2018 nichts zur Reform der Eurozone gegeben

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 1.7.2018

Am Freitagmorgen, 29. 6. 2018, wollten sich die europäischen Staats- und Regierungschefs kurz mit der Zukunft der Wirtschafts- und Währungsunion befassen. Ratspräsident Tusk hat dafür jedoch nur etwas mehr als zwei Stunden anberaumt. Dabei haben die Staatenlenker die jüngsten Reformvorschläge von Macron und Merkel – ein gemeinsamer Kompromiss zwischen den beiden – zunächst einfach nur zur Kenntnis genommen. So hat es zum Beginn – wieder – eine kontroverse Debatte um ein eigenes Budget für die Eurozone gegeben, das zusätzliche Investitionen ermöglichen soll. (http://www.fr.de/politik/flucht-zuwanderung/eu-gipfel-reform-der-eurozone-bleibt-randthema-a-1533699 externer Link)

Merkel und Macron geht es – bei allen Kompromissen schon zwischen den Beiden – einfach darum, die Eurozone insgesamt besser gegen zukünftige Krisen zu wappnen. Daraus wird also vorerst nichts – (aus Rücksicht vor der CSU in ihrem Landtagswahlkampf bis Oktober wurde das Gipfelergebnis kläglich: Die Rechtspopulisten jubeln (http://www.fr.de/politik/eu-gipfel-die-rechtspopulisten-jubeln-a-1535334 externer Link) Pro Asyl: Ein Gipfel der Unmenschlichkeit)

Zu einer gewissen Pardoxie bringt uns noch diese so ekklatante Schizophrenie der CSU, die sich bei den Flüchtlingen so als Hüterin des Rechtsstaates aufspielt, jedoch bei den Dieselautos eine zunehmende „Vergasung“ der deutschen Bevölkerung in den verkehrsüberlasteten Innenstädten – zugunsten der deutschen Autoindustrie – in Kauf nimmt (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/csu-bei-fluechtlingen-beinhart-beim-diesel-so-schwach-1.4034009?reduced=true externer Link).

Für Deutschland sieht auch auf kurze Sicht die wirtschaftliche Entwicklung – noch! – recht positiv aus: Aufschwung intakt – Risikolage verschärft (https://www.boeckler.de/pdf/p_imk_report_140_2018.pdf externer Link pdf) Und eines der großen Risiken bleibt Trump-USA, dem mit seinem Hass auf Iran selbst eine weltweite Rezession nicht zu teuer ist. (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/streit-ums-oel-trump-ist-selbst-eine-weltweite-rezession-nicht-zu-teuer-1.4034791 externer Link)

Aber der Widerstand auch innerhalb der Europgruppe ist groß (siehe weiter unten den Abschnitt mit diesem Brief der „Hanseatischen Liga“ an den Euro-Gruppen-Chef Celenteno). Wird so Europa wegen des Rechtsdralls in der Europäischen Union nicht nur entscheidungsarm und die Krisenabsicherung vernachlässigt, sondern auch noch perspektivisch weiter geschwächt? So bleibt die Reform der Eurozone – anfangs groß für Ende Juni angekündigt – auf der Strecke. (Siehe dazu aber auch die Vorschläge aus dem IMK „Vertiefung und Konvergenz der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion durch konzeptionelle und institutionelle Koordinierung“: https://www.boeckler.de/pdf/p_imk_study_61_2018.pdf externer Link pdf)

Mit Rudold Hickel noch ein Rückblick auf den Anfang vor 40 Jahren in Bremen – auf einem EG-Gipfel

Aber danals wurden noch wagemutig die Weichen gestellt, die heute so mutlos versanden (http://rhickel.iaw.uni-bremen.de/ccm/homepages/hickel/aktuelles/vor-40-jahren-eg-gipfel-in-bremen-stellt-weichen-fuer-euro-waehrung.de externer Link).

Ein Start vor 40 Jahren mit Wechselkursmechanismen, d.h. Fixe Wechselkurse mit Schwankungsmargen zwischen den Mitgliedsländern werden vereinbart. Dieser ECU hat den Euro vorbereitet. Mit diesem Schritt wurden die wichtigen Währungen im EG-Raum von der bisherigen US-Dollar-Dominanz emanzipiert.

Bedeutend wurde es, dass auf dem Weg zum endgültigen Euro-Raum dann der ursprüngliche Delors-Plan „marktradikal“ reduziert wurde. (welchen enormen Wert gerade die Deutschen auf die neoliberal inspirierte Stabilitätskultur beim Entstehen des Euro mit der dogmatischen „Regelbasierung“ durch den Vertrag von Maastricht legten (zu dieser idealistischen Theorie, die ihren Vertretern nicht erlaubt empirische Analysen anzustellen siehe auch Stephan Schulmeister Kapitel 20 „Die Rolle von Ökonomen“ – die Seiten 358 ff. in der „Prosperität“) und dies dann noch mit dem Fiskalpakt zementierten. (Siehe bei Hans Tietmayer, einem Protagonisten, auf der Seite 2 bei https://www.labournet.de/?p=109253)

Delors mit seinem Plan passte eben nicht ins „Weltbild“ der Neoliberalen – und wurde – auch dank Thatcher – (https://en.wikipedia.org/wiki/Delors_Commission externer Link) mit diesen Vorstellung gerade durch Deutschland erfolgreich „ausgetrieben“. Das führte dann zu der von Hickel festgestellten Folge mit dem Gründungsirrtum bei Maastricht 1990/1992.

Waren dann noch Lernprozesse möglich? Bei dieser „idealistischen Theorie“ der immer noch dominierenden Neoliberalen, die allein in sichabgeschlossen auf möglichst hohem Abstraktionsgrad ruhte, um die dahiner stehenden Interessen zu verbergen? (Vgl. dazu auch noch den Abschnitt „Vom Währungschaos zum Beschluss der Währungsunion: 1971 bis 1992“ bei Schulmeister, „Prosperität“ – Seiten 254 ff.)

So wurden die ökonomischen Folgen dieser „monetären Reduktion“ (Rudolf Hickel) zwar real-empirisch recht offensichtlich: eine Spaltung des Euroraumes mit – unter der Herrschaft der Finanzmärkte – spekulativ hochgetriebenen Zinssätzen in den sog. „Krisen“-Staaten. (Schulmeister, „Properität“: Der Zusammenbruch des EWS 1992 / 93 hatte den Grund, dass wegen des ungleichen Wirtschaftsverlaufs in Großbritannien und Deutschland (= eine Rezession in Großbritannien und boomende Wirtschaft in Deutschland) Großbritannien mit seiner Währung ins Visier der Finanzspekulation geriet (Stichwort Soros) – Seite 256)

Der Wettbewerb zwischen diesen Staaten bzw. Volkswirtschaften fand dann allein über die Lohnstückkosten statt. (Vgl. dazu auch „Der Euro – das Richtige im Falschen“ – Schulmeister, „Prosperität“, Seiten 252 ff.)

Und jetzt dann ein Brief von Eurogruppen-Chef Centeno – nur zur Erinnerung an den Wunsch nach Stabilität für die Währungsunion

Zunächst eine zentrale Frage: Kann Berlin- zusammen mit Paris! – jetzt – auch in den allerletzten Minuten noch – mit Thomas Fricke (siehe unten) einen solchen politischen Kraftakt eines Marshall-Planes für Europa hervorbringen, der gut auch aus der Finanztransaktionssteuer finanziert werden könnte! (Nur inwieweit will diese ein Macron – ein alter Finanzkapitalist?)

Stattdessen tauchen Merkel und Macron vor den Anforderungen einer alle Derivate umfassenden Finanztransaktionssteuer einfach weg (siehe die Grafik beim DGB) – und so gilt es auch die gewaltige Aktualität dieser Diskussion über diese „finanzkapitalistische Spielanordnung“ gerade auch für diese Große Koalitionsregierung auch in Richtung eines gemeinsamen Europa mit Frankreich weiter noch zu verdeutlichen.

Der Eurogruppenvorsitzende Centeno versucht gegen die „Einheitsfront“ von 12 EU-Staaten wider eine geplante Reform der Wirtschafts- und Währungsunion einen kleinsten gemeinsamen Nenner zu suchen.

Die Wahl des Portugiesen Mario Centano, die von den einen als hoffnungsvoller Neuanfang in der neoliberalen Dominanz der Eurozone angesehen wurde (vgl. den Abschnitt „Aber selbst Deutschlands Anhänger einer strikten Austerität.. hatten mit Mario Centeno schon dazu gelernt. So zeichnet sich jetzt das Gegenmodell zu Schäubles Austeritätsfixierung an mit einer Kehrtwende in der Wirtschafts- und Finanzpolitik in Europa.“ auf der Seite 3 bei https://www.labournet.de/?p=133325) wird von den Gegnern in der Eurozone – jetzt unter der „Führerschaft“ des niederländischen Finanzministers Wopke Hoekstra inzwischen als „Bedrohung“ ihrer bisherigen Position angesehen, weshalb sich Hoekstra jetzt in einem Brief an den „Lieben Mario“ – mit sieben Punkten – wandte, weil er mit 12 weiteren in der Euro-Gruppe befürchtete, dass der Portugiese Mario Centeno die Meinungsverschiedenheiten unter den verschiedenen Euroländern nicht genügend berücksichtigen würde. (http://www.sueddeutsche.de/politik/euro-brief-vom-lieben-mario-1.4030589 externer Link)

Der Eurostabilitätsmechanismus (ESM) soll zu einem Europäischen Währungsfonds ausgebaut werden. Ganz gleich, ob der erweiterte Mechanismus dann auch so heißen darf, herrscht Einigkeit, dass beim ESM die letzte Absicherung für den Fonds, der für die Abwicklung maroder Banken zuständig ist,angesiedelt werden soll. Diesen Geldtopf sollen die Europäischen Banken bis 2024 mit ihren Beiträgen füllen. (Vgl. dazu Klaus Regling den Chef des Euro-Rettungsfonds „Krisen passieren nun mal“: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/eu-haushalt-regling-haelt-euro-zonen-budget-fuer-durchaus-sinnvoll-1.4028087 externer Link)

Während Klaus Regling ein Budget für die Eurozone für durchaus sinnvoll hält, stößt das von Deutschland und Frankreich vorgeschlagene Budget für die Eurozone auf Widerstand.

Diplomatisch – wie es für seine Rolle angemessen ist – formuliert diesen Widerstand in der Eurogruppe der Eurogruppenchef Mario Centeno folgendermaßen: Es gebe Meinungsverschiedenheiten – sowohl was den Nutzen als auch die Ausgestaltung eines solchen Haushalts betreffen. Diese Frage wird dann wohl erst in den Verhandlungen zum nächsten EU-Haushalt gelöst.

Paris und Berlin wollen das Euro-Budget in den EU-Haushalt integrieren, was wiederum von den Ländern dieser „Hanseatischen Liga“ als nicht nötig betrachtet wird. (http://www.sueddeutsche.de/politik/euro-brief-vom-lieben-mario-1.4030589 externer Link)

Auch noch im Streit um eine europäische Arbeitslosenversicherung.

Diese Liga-Länder lehnen auch noch den deutsch-französischen Vorschlag einer europäischen Arbeitslosenversicherung ab. (Vgl. dazu „Eine Europäische Arbeitslosenversicherung für die soziale Dimension von Europa, aber auch, um die assymetrischen Krisenschocks zu dämpfen“: https://www.labournet.de/?p=109359)

Da Centeno diese Idee aber für für ein Instrument in schweren Wirtschaftskrisen hält, hat er sie in seinem Brief vorsichtig erwähnt. (http://www.sueddeutsche.de/politik/euro-brief-vom-lieben-mario-1.4030589 externer Link)(siehe auch noch einmal die europäische Diskussion bis hierher: „Zeichnet sich mit einer Kehrtwende in der Wirtschafts- und Finanzpolitik in Europa ein Gegenmodell zu Schäubles Austeritätsfixiertheit an?“ bei https://www.labournet.de/?p=133325)

Statt mutlos mickrig über ein zu kleines Eurobudget – viel zu spät – rumzulamentieren, sollte Deutschland jetzt einen spektakulären Marshallplan für Europa vorbereiten, bevor endgültig die Nationalpopulisten die Oberhand gewinnen – (und den Karren sozial und ökonomisch noch weiter in den Mist fahren – siehe Österreich!)

Jetzt hilft – wie bei der Fußballnationalmannschaft – nur noch ein Kraftakt. Denn es ist gut möglich, dass da gerade ein historisches Drama aufzieht, das Deutschlands Wohlstand auf Dauer enorm zu gefährden droht, erklärt Thomas Fricke. (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/euro-budget-zeit-fuer-den-grossen-notfallplan-a-1214258.html externer Link)

Nichts spiegelt die hiesige Sorglosigkeit – oder auch selbstverliebte Arroganz – der Deutschen besser, als dieses atemberaubendes Gezeter darüber, ob es ab 2021 (!) ein eher mickriges Eurobudget geben soll, wie das Frankreichs Staatspräsident Macron vor Monaten vorgeschlagen hatte.

Statt dieser populistisch zwar enorm aufgeblasenen, aber im Kern bloß noch klein-karierten Aufregung der Deutschen, wäre es jetzt für Europa weit eher angemessen eine Art ganz großen Marshall-Plan aufzulegen, um die nach wie vor kriselnden Regionen des Kontinents zu stabilisieren – gerade auch im Interesse Deutschlands. Und das müsste geschehen, bevor diese Nationalträumer in noch mehr Ländern die Oberhand gewinnen – und Europa auch noch ökonomisch weiter ins Desaster führen.

Auffällig ist, meint Thomas Fricke, dass die Trumps aller Nationen vor allem dort gewählt werden, wo es wirtschaftlich in den vergangenen Jahren drastische Brüche gab… Und wo dann die Lockerung von Arbeitsmarktregeln zu entsprechend größerer Unsicherheit und Kontrollverlust über das eigene Schicksal beigetragen hat. Und wo in staatlichen Kürzungsorgien Leuten Geld abgenommen wurde – während „die anderen“ ihres in Panama haben. (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/euro-budget-zeit-fuer-den-grossen-notfallplan-a-1214258.html externer Link)

Jetzt brauchen wir ein starkes Signal gegen den politischen Kontrollverlust durch die Globalisierung.

Die Berlelsmann Stiftung hat feststellen müssen, dass sich- auch in Deutschland – eine knappe Mehrheit der Menschen angibt, nicht hinreichend vor den – regionalen und branchenmäßigen – Nebenwirkungen der Globalisierung geschützt fühlen, (https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2018/juni/industrielaender-sind-die-gewinner-der-globalisierung/ externer Link) fügt Thomas Fricke noch an. Diese „Globalisierung“ muss eben so gestaltet werde, dass der Mensch wieder im Mittelpunkt steht.

Jetzt mit bloß homöopathischen Korrekturen – oder gar Masterplänen gegen Flüchtlinge – anzufangen, wird dieses Drama nicht zu stoppen sein. (vgl. dazu die Attac-Materialien zur Finanzkrise vor 10 Jahren (http://www.attac.de/presse/detailansicht/news/ein-jahrzehnt-nach-beginn-der-grossen-krise-attac-veroeffentlicht-bildungsmaterial-ueber-globalisierte/ externer Link)

Jetzt braucht es eben eine sehr viel größere Gegenoffensive – ja ein historisches Investitionsprogramm wie einst der Marshallplan nach dem zweiten Weltkrieg. Ein Programm, das heute gerade in den neuralgischen Regionen Europas, in denen dann die Populisten überwiegend ihre Basis finden, so viel Wirtschaftswachstum schafft, dass die Menschen auch dort wieder das Gefühl bekommen, ihren Anteil am Wohlstandsgewinn zu bekommen, den in den vergangenen Jahren (fast) nur die ohnehin Privilegierten bekamen.

Und somit auch diese Menschen über ihr eigenes Schicksal wieder stärker bestimmen können. Und nicht nur immer verzichten und für die Krisen anderer (z.B. der Banken) zahlen müssen. Das könnte ein starkes Signal werden, dass Regierungen doch in der Lage sind vor diesen sozialen Kontrollverlusten zu schützen. (genau das Gegenteil machen Österreichs Populisten) (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/euro-budget-zeit-fuer-den-grossen-notfallplan-a-1214258.html externer Link)

Dazu kommt noch ein bevorstehendes Desaster:

Endgültiges „Kannä“ der Sozialdemokratie in dieser Großen Koalition mit der Union gegenüber dem Finanzkapital?

Das wird zum endgültigen Kannä (ein Kannä erleiden steht als Redewendung für eine vernichtende Niederlage oder den Untergang (https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_von_Cannae externer Link) gerade auch der SPD in der großen Koalition: Das beginnt mit der Feststellung, dass mindestens 40 Prozent der Unternehmensgewinne in den Steueroasen landen (siehe Panama-Papers & Co.: https://www.labournet.de/politik/wipo/finanzmaerkte/steuerpolitik/nach-den-panama-leaks-jetzt-die-bahama-leaks/ sowie kurz https://www.labournet.de/?p=104859)

Dazu hat jetzt aktuell noch einmal der Spezialist Gabriel Zucman eine Studie über die entgangenen Steuern durch diese Steueroasen erstellt. (https://www.derstandard.de/story/2000081453728/konzerngewinne-landen-zu-40-prozent-in-steueroasen externer Link) Und worüber der Standard nur allgemein berichtet, das kann man auch wunderbar in Gabriel Zucmans Studie selbst nachverfolgen. (http://gabriel-zucman.eu/missingprofits/ externer Link)

So grenzt es an einen Skandal, dass just der deutsche – jetzt sozialdemokratische – Finanzminister Olaf Scholz – oder auch Olaf „Schäuble“ genannt – die Finanztransaktionssteuer, die eine Möglichkeit bieten würde, dieses Spekulationsgeschäft wenigstens zu erfassen (vgl. dazu http://archiv.labournet.de/diskussion/wipo/finanz/fts_bahl.html sowie http://www.bpb.de/apuz/31913/der-boom-der-finanzderivate-und-seine-folgen?p=all externer Link), nun wieder einmal „beerdigt“. Vgl. „Die vernünftigste Steuer in diesen Zeiten“: http://stephan.schulmeister.wifo.ac.at/fileadmin/homepage_schulmeister/files/FTT_Diplo_12_14.pdf externer Link pdf)

Diese Finanztransaktionssteuer könnte also einfach mehr Licht in dieses krisenauslösende bis krisenverschärfende „Spiel“ der Spekulationen mit ihren Derivaten bringen. Genau das wird der jetzige sozialdemokratischen Finanzminister Scholz verhindern, indem er gerade die wichtigsten Spekulationsgeschäfte wieder ausklammert. (https://oxiblog.de/scholz-macht-sich-zum-totengraeber-der-finanztransaktionssteuer/ externer Link)

Es braucht jetzt nicht noch gesagt werden, dass Attac, zu deren Gründungsgeschichte diese Steuer gehört von diesem unverantwortlichen Wegtauchen – gerade von Deutschland und Frankreich auf die sich so manche Hoffnung gerichtet hatte – erschüttert ist. (http://www.attac.de/presse/detailansicht/news/scholz-vorschlag-fuer-finanztransaktionssteuer-vollkommen-unzureichend-1/ externer Link)

Der DGB jetzt als Bastion gegen diese weitere „Herrschaft“ der Spekulation über unsere Wirtschaft.

So stemmt sich der DGB gegen diesen bloßen „Fake“ einer Finanztransaktionssteuer – und verlangt eine FTS mit Biss! (http://www.dgb.de/themen/++co++1152d18c-752f-11e8-84dc-52540088cada externer Link) Aber es ist ja keineswegs das einzige Feld, indem diese „unsere“ Politiker wieder am Gängelband des Finanzkapitals sich „führen“ lassen. Auch bei der Reform der Bankenregeln bleiben die Politiker unter den allgemein gestellten Anforderungen für eine krisenfeste Regulierung (https://sven-giegold.de/reform-der-bankenregeln/ externer Link). So werden jedenfalls die Risiken im Finanzsektor nicht spürbar reduziert, erklärt noch Sven Giegold.

Aber auch bei der Steuertransparenz droht eine „Staatsversagen“ – indem sich die Bundesregierung mit auf die Seite der Steueroasen stellt (?) – und damit das unkontrollierte Finanzkrisengeschäft weiter befördert. (https://sven-giegold.de/eu-mitgliedslaender-stimmen-ueber-steuertransparenz-ab/ externer Link)

Für die Existenz und das solidarische Überleben von Gewerkschaften ist die „realkapitalistische Spielanordnung“ bedeutend – Sozialer Eigennutz und egozentrischer Eigennutz –

Es soll dabei nicht unerwähnt bleiben, dass genau der Finanzkapitalismus (vgl. dazu genauer noch den Abschnitt 9 „Lassen wir under Geld arbeiten – Finanzspekulation und ihre Folgen“ – auf den Seiten 157 ff. bei Stephan Schulmeister „Prosperität“) auch seine zerstörerische „subjektive Seite“ hat, die das Zusammenleben in einer Gesellschaft wohl nicht nur stört, sondern sogar direkt verhindert. (Papst Franziskus hat dies vor dem Wertehorizont der Kirche mit der kurzen Formel gefasst: „Kapitalismus tötet“ vgl. auch https://www.vsa-verlag.de/nc/detail/artikel/diese-wirtschaft-toetet/ externer Link)

Dazu schreibt Stephan Schulmeister unter „Finanzspekulation und egozentrischer Eigennutz“: Wenn ein Unternehmer – realkapitalistisch – nach Profit strebt, muss er gleichzeitig auch die Interessen anderer, insbesondere seiner Mitarbeiter, Lieferanten und Kunden berücksichtigen („soziale Eigennutz“). Eine völlig andere Art von Eigennutz betreibt das Profitstreben auf den Finanzmärkten. Wenn ich etwa mit Derivaten spekuliere, also mit einem anderen Wetten auf die Entwicklung von Aktienkursen, Rohstoffpreisen, Zinssätzen oder Wechselkursen abschließe, weiß ich: Je mehr mein „Wettpartner“ verliert, desto mehr gewinne ich (würde ein Unternehmer nach der gleichen Devise handeln könnte er seine Firma gleich zusperren).

Der größte Teil spekulativer Finanztransaktionen wird nicht bilateral, sondern auf Börsen abgewickelt. Der einzelne Spekulant spielt dann allein gegen den Rest der Welt, sein Ziel ist es,“den Markt zu besiegen“. Dazu muss er gerade seinen „egozentrischen Eigennutz“ perfektionieren. Diese Geschäft ist gleichzeitig „autistisch“: Es erfordert keine persönliche Kommunikation, der Trader beobachtet Kursbewegungen und gibt seine Order elektronisch.

Allerdings fehlen der neoliberalen Theorie, um diese unterschiedlichen Formen von Eigennutz bei einerseits unternehmerischen und andererseits „finanzalchemistischem“ Proftstreben zu begreifen. (Vgl. Stephan Schulmeister, „Prosperität“ seiten 117 f.)

Das wurde alles zu bzw überkleistert mit dem Abstraktum „des Marktes als unsichtbare Hand“….

Bleibt also die Politik weiter voll im Griff des Finanzkapitals statt mehr Stabilität in einer realkapitalistischen „Spielanordnung“ zu suchen?

Diese Frage noch einmal grundsätzlich zu stellen, hatte sich Stephan Schulmeister noch einmal in seinem jetzt gerade erschienen „Opus magnum“ vorgenommen, das kürzlich an der Wiener Uni vorgestellt wurde. (https://www.youtube.com/watch?v=_s2SJIKk204 externer Link)

Wem diese insgesamt recht informative Einführung aus verschiedenen Blickwinkeln einfach zu lang ist, der / die sei ganz kurz noch auf dem Hinweis beim „Freitag“ auf eine Diskussion mit Stephan Schulmeister in Berlin hingewiesen. (https://www.freitag.de/autoren/sophia-bickhardt/entzauberung-des-marktglaubens externer Link sowie auch auf eine Verlosung des Buches noch: https://awblog.at/verlosung-schulmeister/ externer Link)

Aber: Die Rechtspopulisten verstärken jetzt diesen Pfad ins soziale Abseits noch.

Und es wird besonders wichtig, dass gerade die großen rechten populistischen „Protest“parteien – siehe jetzt in Österreich – nichts anderes Tun als diesen asozialen Weg gegen die in dieser Gesellschaft Benachteiligten fortsetzen und sogar forcieren werden – ohne dass sie dem Mut hatten, dies in ihren Wahlprogrammen vorher schon anzukündigen. (https://www.youtube.com/watch?v=aWCap_mp4IY externer Link )

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=134085
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