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Die Elfenbeinküste wird vom Kapitalismus als Müllhalde der Plastikwelt missbraucht: Da kann die EU schon einen Präsidenten brauchen, der sich verfassungswidrig wiederwählen lassen möchte…

Polizei der Elfenbeinküste greift streikende Gesundheitsbeschäftigte an am 19.5.2020Man kannte es aus Burkina Faso (wo Frankreichs beliebtester Diktator am Volk scheiterte), man kennt es aus Guinea (wo immer wieder – 2020 ! – Menschen sterben, weil sie die Verfassung verteidigen) und man kennt auch anderswo vergleichbare Bestrebungen: In der Elfenbeinküste versucht der angebliche Präsident Outtara gerade, entgegen der Verfassung, abermals wieder gewählt zu werden. Auch hier gibt es seit Monaten Proteste, keineswegs nur konkurrierender Parteien. Und brutale Repression, neben der ein Reaktionär wie Lukaschenko wie ein Amateur aussieht. Aber Outtara ist gewählt (nicht für drei Mal, bleibt festzuhalten) und zwar nahezu „einstimmig“: Die französischen Fallschirmjäger hatten ihn so ins Amt gebracht, nach dem alten Motto „Diskutiert ihr ruhig – wir haben die Waffen“. Die demokratische Bewegung in der Elfenbeinküste hat – wie so viele andere nicht nur in der Region Westafrika – ein Problem. Welches, kann – ohne ideologische Verblendung – leicht sichtbar gemacht werden: Wenn Kakao eines der wichtigsten Produkte ist, dann ist die Organisierte Kriminalität der Nahrungskonzerne nicht weit, wenn Frankreichs Einfluss mehr als „groß“ ist, macht auch die Bolloré-Gruppe ihre dunklen Geschäfte – und wenn die Küste als Plastik-Müllhalde genutzt werden kann, will man den Präsidenten, der dies fördert, behalten. Mit anderen Worten: Das Problem der Demokratiebewegung des Landes heißt: Europäische Union, an die zu appellieren in diesem Fall nicht nur wie sonst, überflüssig und nutzlos ist, sondern direkt: Widersinnig. Stützt und fördert sie doch auch in der Elfenbeinküste alles, was Kapitalismus und Reaktion fördert. Zu den neuerlichen Morden des EU-gewählten Präsidenten der Elfenbeinküste und dem massenhaften Widerstand gegen diesen Kurs unsere aktuelle Materialsammlung „Demokratie in der Elfenbeinküste? – Der wichtigste Gegner ist die EU“ vom 23. September 2020:

„Demokratie in der Elfenbeinküste? – Der wichtigste Gegner ist die EU“

(23. September 2020)

„Riskante Kandidatur“ von Martin Ling am 15. September 2020 in nd online externer Link zum geplanten Verfassungsbruch: „… Es ist eine mehr als brisante Entscheidung. Amtsinhaber Alassane Ouattara darf am 31. Oktober bei den Präsidentschaftswahlen in der Côte d’Ivoire zum dritten Mal in Folge antreten, obwohl die Verfassung nur zwei Mal vorsieht. Eigentlich sollte Ministerpräsident Amadou Gon Coulibaly antreten, aber sein Tod durch einen Herzinfarkt im Juli brachte die Regierungspartei RDHP in Personalnot, die mithilfe des 78-jährigen Outtaras und des Verfassungsgerichts nun geschlossen wird. Mit seiner Entscheidung heizt das Verfassungsgericht die Polarisierung an, da es gleichzeitig die Kandidaturen des Ex-Präsidenten Laurent Gbagbo und des Ex-Ministerpräsidenten Guillaume Soro untersagt…“

„Mehrere Tote bei Demonstrationen“ von Katrin Gänsler am 14. August 2020 in der taz online externer Link – hier auch als ein Beispiel für seit Monaten erscheinende Berichte über Protest und Repression: „… Bis zu den Präsidentschaftswahlen am 31. Oktober sind es zwar noch elf Wochen. Doch schon jetzt kommt es zu blutigen Ausschreitungen zwischen Anhänger*innen des Lagers des früheren Präsidenten Laurent Gbagbo, Unterstützer*innen der Regierung sowie den Sicherheitskräften. Am Mittwoch und Donnerstag sind bei Protesten mindestens vier Menschen getötet und knapp 90 verletzt worden. Es ist gerade einmal eine Woche her, dass Amtsinhaber Alassane Ouattara (78) offiziell bekannt gegeben hat, nach zehn Jahren an der Macht erneut Präsidentschaftskandidat der RHDP (Sammlung der Houphouetisten für Demokratie und das Volk) zu werden. Es wäre das dritte Mal, obwohl die Verfassung nur zwei Amtszeiten erlaubt. Die Proteste fanden gleich in drei Städten des 27,4 Millionen Einwohner*innen zählenden Landes statt, das der weltweit größte Kakaoanbauer ist. Zentrum der Demonstrationen in Abidjan ist das dicht bevölkerte Viertel Yopougon gewesen. Jugendliche verbrannten dort Autoreifen. Die Polizei setzte Tränengas ein. Die Demonstrationen waren zuvor verboten worden. Bereits am Dienstag war es in Daoukro, gut 230 Kilometer nördlich der Wirtschaftsmetropole Abidjan, zu ersten Ausschreitungen gekommen, die sich am Mittwoch verschärften. Es ist die Geburtsstadt des ehemaligen Präsidenten Henri Konan Bédié (86), der als Kandidat für die ivorische Demokratiepartei (PDCI) antritt. Ein drittes Mandat für Ouattara hatte er immer wieder als „illegal“ bezeichnet…“

„Aller guten Dinge sind drei“ von Bernard Schmid am 13. August 2020 in der jungle world externer Link (Ausgabe 33/2020) zu dem Wahlgeschachere der herrschenden Eliten: „… Die große Frage wird sein, wer gegen ihn antritt – und ob dies der Auslöser für neue blutige Konflikte in dem Land sein wird, das von 2000 bis 2011 von einem Bürgerkrieg zerrissen worden war. Der mittlerweile 86jährige Henri Konan Bédié, Staatspräsident von 1993 bis 1999, beansprucht für sich, das Land künftig endlich wieder führen zu dürfen. In einem tragikomischen Interview mit dem Nachrichtensender France24 versprach er Ende Juli, mit ihm komme nunmehr die Jugend endlich an die Macht. Darum gebeten, auszuführen, wie er dies meine und ob er etwa an die Ernennung eines jungen Ministerpräsidenten denke, verweigerte er jedoch nähere Auskunft. Ouattaras gefährlichster Herausforderer und langjähriger Rivale ist jedoch der ehemalige Präsident Laurent Gbagbo von der Ivorischen Volksfront (FPI), der im Jahr 2000 sein Amt angetreten hatte und den Ouattara im April 2011 nach umstrittenen Wahlen mit Hilfe der französischen Armee stürzte. Um den Machtwechsel zu bewerk­stelligen, mussten damals insgesamt 3 000 Menschen auf beiden Seiten ihr Leben lassen. Gbagbo stand in den vergangenen Jahren vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag, wurde dort jedoch freigesprochen, da die Anklage die Rolle der Bürgerkriegsparteien zu einseitig dargestellt hatte. Nunmehr wartet er in Belgien auf die Ausstellung eines Reisepasses durch die Behörden seines Landes, die sich damit viel Zeit lassen. In anderer Angelegenheit handelte die ivorische Bürokratie schneller: Gbagbo wurde aus dem Wählerregister gestrichen. Seine Anhänger hielten am Donnerstag vo­riger Woche Proteste dagegen ab, denen weitere folgen dürften. Stellten sich Ouattara, Gbagbo und Konan Bédié zur Wahl, würde es sich um genau das Trio handeln, das auch zur Wahl vor dem Bürgerkrieg im Jahr 2000 antrat…“

„Der Kampf für Demokratie und Freiheit ist eine Kunst“ am 19. September 2020 bei den Rote Fahne News externer Link zu den Protesten und ihrer sozialen Dimension für die „Normalbevölkerung“: „… Die Obdachlosigkeit durch Zerstörungen in Slums nahm im Jahr 2020 sprunghaft zu: Am 21. Januar kletterte ein Junge über eine Mauer zum Rollfeld des Flughafens und versteckte sich im Fahrwerk einer Air–France-Maschine. Er wurde tot aufgefunden. Die Regierung nahm den Vorfall zum Anlass, nun eine Pufferzone um den Flughafen einrichten zu wollen, angeblich, damit so etwas nie mehr passiere. Die Häuser von 500.000 Menschen wurden von Planierraupen überrollt, ohne Entschädigungen. Im Juni verloren durch eine Schlammlawine in Abidjan Tausende ihr Zuhause. Sprunghaft stiegen Arbeitslosigkeit und Hunger. Die Gelder von Familienmitgliedern, die z. B. in Europa arbeiten, bleiben weitgehend aus. Das führt aber auch zu einer Welle der Solidarität, wie ein Bewohner aus Abidjan berichtet: „Alle meine Nachbarn, die im informellen Sektor arbeiten, sind in einer extremen wirtschaftlichen Notlage – aufgrund des Wegfalls ihrer Arbeit. In den wohlhabenden Vierteln fehlt es aufgrund eines gewissen Individualismus an Solidarität… Aber in den ärmeren Vierteln sind die Beziehungen intakt geblieben, oder haben sich sogar verbessert, etwa in den Häusern mit mehreren Mietern.“…“

„„Diese Krise offenbart das Versagen des Gesundheitssystems““ in der Ausgabe 378 des iz3w externer Link ist ein Gespräch von Adèle Cailleteau mit Hervé Walé, der in Abidjan lebt über die Auswirkungen der Corona-Epidemie in der Elfenbeinküste, worin er unter anderem unterstreicht: „… In der Elfenbeinküste sowie in den meisten afrikanischen Ländern stützt sich die Wirtschaft auf den informellen Sektor. Viele Menschen bekommen Tageslöhne. Eine Ausgangssperre hätte daher dramatische Folgen. Das ist ein Grund, warum eine totale Ausgangssperre noch nicht ausgerufen wurde. Ökonomische Systeme passen sich an. Der formelle Sektor geht ins Homeoffice. Manche Unternehmen können es aushalten aber andere werden die Löhne reduzieren oder Angestellte entlassen. Ich bin Fachberater für eine brasilianische Firma in der Elfenbeinküste. Der Hauptsitz des afrikanischen Zweiges befindet sich in Südafrika, wo eine totale Ausgangssperre besteht. Die Firma verlangt von mir, dass ich zuhause bleibe. Das wird auch Auswirkungen auf meinen Lohn haben. Mein Arbeitgeber schätzt derzeit ein, wie viel mir am Monatsende bezahlt wird. Aber die Mehrheit der Menschen, die zum Beispiel von Tageslöhnen leben, werden es nicht lange aushalten können. Bemerkenswert sind auch die Straßenhändler*innen. In vielen afrikanischen Städten schlängeln sie sich zwischen den Autos hindurch, um Produkte zu verkaufen. Seit dem Ausbruch von Covid-19 haben sie angefangen, Desinfektionsmittel, Handschuhe oder Masken zu verkaufen. Ich glaube, dass die Regierung früher Maßnahmen hätte ergreifen können. Die Regierungen in Afrika, insbesondere in der Elfenbeinküste, haben erst spät reagiert, was sehr problematisch ist, da wir nicht dieselbe medizinische Ausstattung wie beispielsweise Italien oder Frankreich haben. Als die WHO die Verbreitung des Coronavirus zu einer Pandemie erklärt hat, hätten die Regierungen proaktiv handeln müssen...“

„Toxic Connection en Côte d’Ivoire“ von  Ivan du Roy am 19. September 2006 im Basta-Mag externer Link dokumentiert, war einer der ersten Beiträge über die „Müllhalde Abidjan“ – woraus unter anderem das geflügelte Wort entstand: „Willkommen in Abidjan – Dein Handy ist schon hier…“. Diese Müll-Kontinuität zu wahren ist eine der Aufgaben, die vor allem eben der europäische Kapitalismus den diverse Regierungen in der Elfenbeinküste zu stellen pflegt (im benachbarten Ghana herrschen dieselben Verhältnisse, dort heißt die europäische Müllkippe Akkra).

„Trafigura, sulfureuse multinationale du secteur des déchets, derrière un projet controversé de méga-décharge“ am 13. Dezember 2013 beim Observatoire des Multinationals externer Link ist ein Beitrag über das Müll-Unternehmen Trafigura – und eines seiner Profitprojekte (hier in der Normandie), bei dem auch die verschiedenen wenig segensreichen Aktivitäten dieser Vereinigung in der Elfenbeinküste eine Rolle spielen und dargestellt werden. Es lässt sich mit solch verbrecherischen Geschäften viel Profit machen…

„Nestle and Child Slavery „ am 13. Januar 2016 bei Africas Socialist Banner externer Link war eine (weitere, von vielen, immer wiederkehrenden) Meldung über Klagen vor Ort gegen Nestlé wegen exzessiver Kinderarbeit auf Kakaoplantagen…

„Le feuilleton Bolloré en Côte d’Ivoire“ am 01. Oktober 2014 bei Survie externer Link berichtet über die Geschäfte der (in ganz „Französisch-Westafrika“ übel tätigen) Bolloré-Gruppe, die in der Elfenbeinküste nicht nur das halbe Land mit Palmöl-Plantagen überzieht, sondern auch direkt in der Müllhalde, also im sogenannten Hafen von Abidjan ihre Geschäfte betreibt…

„Ivory Coast seeks to woo agricultural investors with reform, tax breaks“ von Ange Aboa am 16. April 2015 bei Farmlandgrab externer Link berichtet von neuen Initiativen der Regierung per Gesetzesvereinfachung und Steuergeschenken den Kapitalisten im Lande noch bessere Bedingungen zu schaffen – zu diesem Katalog der Wohltaten gehörte (kurz darauf) auch ein Vorstoß gegen Umweltschutzgesetze, die Profite – vor allem eben per Kakao und (neuem) Palmöl – behindern könnten. So qualifiziert man sich für Wiederwahlen…

„Nouvel ouvrage de Survie, sur l’ingérence française en Côte d’Ivoire“ am 20. August 2018 bei Survie externer Link ist die Vorstellung einer neuen – ausgesprchen lesenswerten – Broschüre der Gruppierung über die französische Einmischung in der Elfenbeinküste, die detailliert und konkret über den Verlauf der Jahre berichtet wird…

„Alassane Ouattara reçu par Emmanuel Macron : l’Élysée, recours d’un président ivoirien qui s’effondre“ am 14. Juni 2017 bei Afrique en Luttes externer Link berichtete vom ersten afrikanischen Staatsgast, den der neu gewählte französische Präsident empfing: Den Präsidenten der Elfenbeinküste…

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=178487
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