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Von wegen ein „Krieg am Ende der Welt“: Der Überfall von Marokkos Armee auf die Westsahara geschieht mit Unterstützung der EU

Logo der Frente Polisario„… Marokko hat das Referendum stets hintertrieben und verändert durch eine beträchtliche marokkanische Einwanderung gezielt die Bevölkerungsstruktur im besetzten Gebiet. Möglich wurde das alles auch dadurch, dass zum Beispiel die USA und Frankreich mit Rabat schon Verträge über die Untersuchung und Verwertung der Ölvorkommen in der Westsahara geschlossen hatten. Auch über das Desertec-Projekt wollte sich Marokko Wohlwollen in EU-Ländern sichern. Die vergangenen 30 Jahre kann man als Abfolge von marokkanischen Provokationen sehen, die die Region immer wieder an den Rand des Kriegs geführt haben. (…) In der Nacht vom vergangenen Donnerstag auf Freitag kam es zu einer neuen und nun sehr massiven marokkanischen Provokation. Auf direkten Befehl von König Mohammed drangen marokkanische Truppen in die entmilitarisierte und von UN-Soldaten gesicherte Pufferzone am südlichen Zipfel der Westsahara ein, um eine Transitstrecke zu räumen. Seit gut zwei Wochen blockierten Saharauis aus Protest die Straße, die den marokkanischen Teil der Westsahara mit Mauretanien verbindet, beim Grenzübergang Guerguerat. Die Straße durchquert einen fünf Kilometer schmalen Landstrich zwischen Marokko und Mauretanien. Bei der Räumung der Straße, die wieder für den Warenverkehr geöffnet werden sollte, wurden auch Schusswaffen eingesetzt. Das war die Spitze der Eskalation und als Reaktion auf diesen Militäreinsatz erklärte der Polisario-Chef Brahim Ghali, was vor allem junge Leute in den Wüstenlagern, in die etwa 200.000 Saharauis nach dem Einmarsch geflüchtet sind, seit Jahren fordern: Der seit 1991 anhaltende Waffenstillstand sei nun beendet. Ghali kündigte an, dass sich die Polisario nicht länger an das fast 30 Jahre alte Waffenstillstandsabkommen halten werde…“ – aus dem Beitrag „Westsahara: Marokko provoziert, Polisario beendet Waffenstillstand“ von Ralf Streck am 16. November 2020 bei telepolis externer Link zur marokkanischen Kriegsprovokation. Zum marokkanischen Militär-Angriff und den Reaktionen einige weitere aktuelle Beiträge, inklusive einer Reihe von Solidaritätsaufrufen:

„Wieder Krieg in der Westsahara“von Jörg Tiedjen am 16. November 2020 in der jungen welt externer Link zur aktuellen Entwicklung unter anderem: „… Die marokkanische Seite dementierte im Anschluss an die Meldungen über den Beschuss, dass es Angriffe der Befreiungsfront gegeben habe. Am Freitag morgen hatte das Königreich eine Straßenblockade im Süden der Westsahara räumen lassen. Aktivisten, die für die Unabhängigkeit des Landes eintreten, hatten bei der Ortschaft Guerguerat bereits am 21. Oktober die einzige Straße besetzt, die ins benachbarte Mauretanien führt. Zahlreiche Lkw saßen fest. Rabat stellte die Räumung entsprechend als Polizeiaktion dar, die nötig gewesen sei, um die »Freiheit des Verkehrs« wiederherzustellen. Die Polisario hatte vor einem solchen Schritt gewarnt, den Medien des Königreichs als »schwarzen Freitag« für die Befreiungsfront feierten, denn die Blockade hatte auf ihrem Territorium stattgefunden. Entsprechend hat Marokko mit der Räumung das seit 1991 bestehende Waffenstillstandsabkommen verletzt. Die gegenwärtige Eskalation war seit langem absehbar. Am 7. Oktober hatte UN-Generalsekretär António Guterres wie jedes Jahr dem Weltsicherheitsrat über die Lage in der Westsahara Bericht erstattet. Einmal mehr wurde der Auftrag der »Blauhelmtruppe« Minurso erneuert, die Feuerpause zu überwachen und ein Referendum vorzubereiten, in dem die Einwohner der Westsahara über ihre Unabhängigkeit abstimmen können. So geschieht es seit drei Jahrzehnten, bewegt hat sich nichts. Gegenwärtig gibt es nicht einmal mehr Verhandlungen zwischen Marokko und der Polisario über die Bedingungen des Referendums. Zudem bleibt Minurso die einzige »Friedenstruppe« der UN, die nicht die Aufgabe hat, auch Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren. Das verhindert ein Veto Frankreichs, Marokkos Hauptverbündetem. Dieser Stillstand ist der Grund, warum nach der UN-Resolution in Guerguerat und an anderen Orten koordinierte Proteste gegen die marokkanische Besatzung begannen. Aufgrund seiner Lage zwischen den besetzten Gebieten und Mauretanien und als Nadelöhr für den Warenverkehr ist Guerguerat nicht zum ersten Mal Ort von Konflikten mit Marokko. Immer wieder hatten Aktivisten versucht, die Fernstraße zu blockieren. Schon vor vier Jahren war marokkanisches Militär in die von ihm so genannte Pufferzone vorgedrungen. Damals konnte die UNO eine Eskalation verhindern...“

„Neuer Krieg um Westsahara“ von Reiner Wandler am 15. November 2020 in der taz online externer Link hebt dazu hervor: „… Die neuen Kämpfe fallen auf den 45. Jahrestag des Abkommens von 1975. Zuvor hatte sich der eingefrorene Konflikt wieder zugespitzt. Seit Ende Oktober blockierten Sah­rauis eine Straße, die bei Guerguerat den marokkanischen Teil der Westsahara mit Mauretanien verbindet. Die Straße durchquert einen schmalen Landstrich, der zur UN-Pufferzone zwischen den Konfliktparteien gehört. Am Freitag schickte Marokko Gendarmerie und Militär, um die Straße zu räumen. Es kam zu einen Schusswechsel. Die Marokkaner nahmen den Straßenabschnitt ein. Der Verkehr rolle wieder, heißt es aus Rabat. Die Westsahara-Exilregierung reagierte mit dem Ende des Waffenstillstands. „Die UNO ist gescheitert. Sie hat mit ihrer Mission nichts anderes gemacht, als den Status quo aufrechtzuerhalten. Sie wurde zum Garanten der Besatzung und der Ausbeutung der Rohstoffe unseres Landes durch Marokko“, sagt der Vertreter der Polisario in Madrid…“

„Sahara occidental: un conflit colonial impliquant le Maroc et la Mauritanie, avec la complicité de l’impérialisme français !“ am 14. November 2020 bei Soyons tout externer Link steht hier als eines von vielen möglichen Beispielen, die die faktische Unterstützung der EU für die marokkanische Besatzung der Westsahara anprangern. Wenn etwa auch in der BRD von „vergessenem Krieg“ oder Ähnlichem die Rede ist, geht es in Wirklichkeit immer darum: Dieses imperialistische Engagement vergessen zu machen – was in diesem Beitrag anhand konkreter Fakten und Taten sehr deutlich gemacht wird.

El gobierno de coalición ante la historia del Sahara Occidental con heridas abiertas y algunas muy dolorosas. El fracaso y abandono del proceso de descolonización condicionan la política española que no reconoce el daño causado al pueblo saharauiam 17. November 2020 im Twitter-Kanal der Frente Polisario externer Link dokumentiert eine der (ebenfalls zahlreichen) Aussagen zur Verantwortung Spaniens für Marokkos Annexionspolitik – die auch von der aktuellen Regierung in Madrid in keiner Weise wahrgenommen wird.

„Sahara Occidental. Comunicados de repudio a la agresión marroquí al pueblo saharaui“ am 13. November 2020 bei Resumen Latinoamericano externer Link ist eine Sammlung internationaler Solidaritätserklärungen mit der Bevölkerung der Westsahara und der FPolisario – unter anderem eine gemeinsame von 12 alternativen Gewerkschaftsverbänden aus Spanien, etwa der LAB in Euzkal Herria und der SAT in Andalusien. Dokumetiert darin des Weiteren auch entsprechende Erklärungen von Freundschaftsgesellschaften etwa aus Chile und Brasilien.

„Support for International Law, Human Rights, and the Right of Self-Determination for the People of Western Sahara, Africa’s Last Colony“ war im Oktober 2020 externer Link – vor dem aktuellen marokkanischen Überfall – eine globale Solidaritätserklärung (hier bei Cidac dokumentiert) aus dem Universitätsbereich, die von Hunderten von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Dutzenden von Ländern (inklusive einiger „versprengter“ KollegInnen aus der BRD) unterzeichnet worden war – und nach wie vor, oder mehr denn je, aktuell ist.

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=181505
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