Die deutsche Kanzlerin gibt jetzt in und für Europa das Paulinchen mit dem Feuerzeug? (von Heinrich Hoffmann 1844)

Deutschland bleibt „scheinheilig“ bei der „Zähmung“ – und reüssiert doch als Schutzherrin der Finanzmärkte – aber ein paar Placebos für den Wähler dürfen es schon noch sein

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 28.2.2013

Beginnen wir einfach mit einer kleinen aktuellen Vorbemerkung zur „FTS“, die doch der Kanzlerin eine Herzensangelegenheit zu sein schien – so oft hat sie sich schon zu ihr bekannt, oder waren das nur immer bloße Lippenbekenntnisse, um den Wähler zu beruhigen – und gleichzeitig wußte die Finanzwirtschaft – mit ihrem kurzen Draht zur Regierung -, dass sie doch nicht kommen wird.

Ach weißt du, vorneweg muss ich gemäß eines Kommentars der Süddeutschen Zeitung vom 15. Januar doch die Feststellung treffen, dass diese Politik der Bundesregierung des „So-Tun-Als-Ob“ gerade offensichtlich an ihre Grenzen stößt – bei der Finanztransaktionssteuer der EU. Denn – so schreibt die „Süddeutsche“ am 15. Januar – nachdem die EU-Kommision sich wohl vorgenommen hat, keine Schlupflöcher bei der geplanten „Finanztransaktions-Steuer“ zu lassen (auch eine andere Meldung in der SZ) – in einem Kommantar dazu:

„Seltsames Schweigen“ (aus Berlin)

Auch wenn man es in Berlin nicht so gerne zugibt: Ob die geforderte Umsatzsteuer auf Finanzgeschäfte tatsächlich in Kraft tritt, hängt seit heute vor allem von der Bundesregierung ab… Neu ist nur eine zusätzliche Klausel, die Steuerflucht erschweren soll – und ganz im Sinne der Befürworter dieser Steuer sein dürfte.
Umso erstaunlicher ist, dass die Bundesregierung plötzlich schweigt. Statt einen Endspurt hinzulegen, werden in Berlin technische Probleme erkannt, die es unmöglich machen könnten, die Steuer endlich einzuführen. Für die anderen zehn Länder klingt das, als ob die Bundesregierung die Steuer gar nicht haben, sondern nur im Wahlkampf damit werben wollte.

Dumm ist allerdings, dass es niemanden mehr gibt, dem Berlin jetzt – wieder schnell – die Schuld geben kann, wenn es mit der Steuer nicht klappt.
So bleibt es bei dem alten Spiel der Bundesregierung das Themenfeld Finanzmarktregulierung zu besetzen, um der Opposition keine „Angriffsfläche“ zu ermöglichen – (vgl. dazu www.nachdenkseiten.de/?p=16157#h05 externer Link) ohne dass je etwas aus dieser Steuer werden soll – immer im Interesse der „Märkte“. Nur jetzt könnte es doch zum Schwur kommen? (soweit die SZ) Aber das Zusammenspiel der Koalition funktioniert noch, denn die Kanzlerin bekommt dann doch recht schnell ihre Ausrede geliefert – die FDP sagt „Nein“ zur Finanztransaktionssteuer (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/steuern-auf-wertpapiergeschaefte-fdp-sagt-nein-zu-eu-finanzsteuer-1.1601921 externer Link) Nur wie weit reicht diese „lückenlose“ FTS der EU?

Nur sei noch erwähnt, dass die Euphorie über das Modell der EU-Finanztransaktionssteuer nicht allgemein geteilt wird, sondern – im Gegensatz zur Lobpreisung des lückenlosen Modells a la EU – auch erhebliche Bedenken vorgebracht werden über die tatasächliche Reichweite dieser Steuer, weil einfach immer noch zu viel außen vor bleibt. (vgl. www.nachdenkseiten.de/?p=16192#h13 externer Link)

Ach, diese ganze Regulierung der Finanzmärkte hat doch – bisher einfach für „unsere“ Politiker den Vorteil, man kann so wunderbar „tun-als-ob“ – und alle beginnen sich in Sicherheit vor den Gefahren der Finanzmärkte zu wiegen, weil es keiner merkt, ob hier überhaupt angemessen reguliert wird.

Und diese Vermutung, dass die Politik als „Gefangene“ der Finanzwirtschaft nur agiert, wurde jetzt aktuell unterstrichen durch eine Veröffentlichung der laufenden Kontakte „unserer“ Regierung zu den großen Banken. Die Süddeutsche brachte es angemessen auf den Punkt: Bundesregierung hört auf Goldman Sachs – aber auch die Deutsche Bank (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/einfluss-der-finanzbranche-bundesregierung-hoert-auf-goldman-sachs-1.1604853 externer Link sowie auch noch www.fr-online.de/wirtschaft/lobbyismus-bankenrepublik,1472780,21891634.html externer Link)

Ja, so gilt die Feststellung von vor rund 2 Jahren immer noch, dass die Politik sich in den Fängen der Finanzindustrie immer noch befindet (http://archiv.labournet.de/diskussion/wipo/finanz/krise08_bahl.html externer Link) – und sich keineswegs daraus befreien will – allenfalls zum Schein, weil es eben populär geworden ist – ja, so populär, dass die Kritik an den Banken und ihrer politisch so abgesicherten Macht in unserem Gemeinwesen unsere Dichter auch schon erreicht hat, wie Ingo Schulze dies bei der Verleihung des Bert-Brecht-Preises in Augsburg demonstrierte (www.nachdenkseiten.de/?p=16236 externer Link)
Es gilt also Geschäftigkeit vorzutäuschen, ohne dass die Finanz“industrie“ beeinträchtigt wird – um die Macht der Finanzmächtigen über unser Gemeinwesen weiter abzusichern.

Neben der FTS auch eine „Zerschlagung der Banken“ als bloßes Scheinmanöver

Das beginnt schon in Brüssel bei einer sog. „unabhängigen Gruppe zur Aufsicht der Finanzmärkte“ (8 Weise), die massiv mit Lobbyisten der Finanzindustrie durchsetzt ist. (vgl. (www.nachdenkseiten.de/?p=16167#h01 externer Link)

Es ist deshalb kein Wunder, dass mit den bisherigen Trennbankmodellen – ob Schäuble oder Steinbrück – sofort der Vorwurf verbunden ist, dass das am spekulativen Geschäft mit den Finanzinstrumenten nichts ändere – also die Finanzindustrie in ihrem bisherigen Spekulationstreiben ziemlich unberührt lasse. (http://us6.campaign-archive2.com/?u=3dc995b2a74416330219789bf&id=726b542abd&= externer Link)

Es erscheint daher nicht nur als plausibel, sondern direkt als notwendig genau diese spekulativen Finanzinstrumente einem Finanz-TÜV – d.h. einer Zulassungsprüfung – zu unterziehen. (www.worldfuturecouncil.org/fileadmin/user_upload/Future_Finance/Liikanen_final.pdf externer Link pdf)

Ob damit auch schon das System der Schattenbanken, über das diese Geschäfte in starkem Maße abgewickelt werden, erfasst werden, muss bezweifelt werden. Deshalb sind hier noch weitere Regelungen erforderlich, die der Bundestagsabgeordnete Axel Troost mit anderen schon einmal in den Blick genommen hat – um auch diese Deals im Dunkeln ans Licht zu bringen (vgl. www.rosalux.de:80/publication/39146/deals-im-dunkeln.html externer Link)
Dies selbe Anliegen hat auch Suleika Reiners die Politikberaterin für zukünftige Finanzen beim „World Future Council“ angegangen (www.worldfuturecouncil.org/fileadmin/user_upload/Future_Finance/Shadow_Banking_FSB_Suleika_Reiners_WFC_140112.pdf externer Link pdf)

Dabei hat der Libor-Skandal dieses schräge Handeln auf den Finanzmärkten wieder so offensichtlich werden lassen – immer zum Schaden der Allgemeinheit und zum Nutzen der Finanzalchemisten – wie jetzt auch der DGB festgehalten hat
(www.dgb.de/themen/++co++1f1b1b18-7ceb-11e2-b046-00188b4dc422 externer Link)

Dabei wäre es durchaus interessant, an solch einem konkreten Fall einmal durchzudiskutieren, was daran zum normalen finanzkapitalistischen Geschäftsmodell – zur Vermögensverschiebung – gehört, oder was eigentlich davon kriminell sein soll?

Jedenfalls hat die ursprünglich einmal vorhandene Hoffnung, dass sich mit der „Aufdeckung“ der ganzen Libor-Affäre endlich auch eine angemessene Regulierung der Finanzmärkte durchsetzen lasse, sich als trügerisch erwiesen. (vgl. http://archiv.labournet.de/diskussion/wipo/finanz/barclaysknall.html) Die Deutsche Bank jedenfalls konnte auf Grund dieser Manipulationen mit dem Libor ein Millionengeschäft machen (allein 2008 500 Millionen) (www.nachdenkseiten.de/?p=15808#h05 externer Link) Und die Skandalbanker heimsten dafür dann noch 80 Millionen Boni ein (www.nachdenkseiten.de/?p=16198#h08 externer Link)

All das spricht dafür – auch wenn es dem Rechtsgefühl des „Normalbürgers“ widerspricht, dass dies bisher nach unserer Rechtsordnung „normale“ Finanzgeschäfte sind, wenn man sie nicht endlich beginnt „ordentlich“ zu regeln.

Ein überflüssiger Hochfrequenzhandel über den nur „folgenlos“ geredet wird

Um das Bild des regierungsamtlichen Schein- und Nichts-Tuns abzurunden, sollten wir noch einen Blick auf eine Anhörung im Deutschen Bundestag zum Hochfrequenzhandel mit rein spekulativen Derivaten werfen. Nur der Vorstoß von „Finance Watch“, dass die Bundesrublik bei der Regulierung dieses eigentlich für die Realwirtschaft unsinnigen bzw. einfach überflüssigen (Rudolf Hickel) Segments voranschreiten solle, verhallte auch folgenlos.
Dabei hatte Dirk Müller von „Finanz-Ethos“ klar gemacht, dass durch diese Praktiken des Turbohandels die Realwirtschaft sogar geschädigt bis „vernichtet“ wird, weil ihre gesamte Existenz vor diesen „Gewinnen“ der Finanzmärkte keine reele Chance mehr erhält (vgl. die Seite 2 bei (www.labournet.de/politik/wipo/finanzmaerkte/krise08/krise08-all/doch-noch-finanzmarkte-revisited-eine-schweigepflicht-der-finanzmarktakteure-oder-eine-omerta-und-ein-theaterstuck/)

Und wie sich diese Schweigepflicht so richtig zur Verarschung des diese Bankenrettungs-Finanzkrise finanzierenden Steuerzahlers und Bürgers auswirkt, kann man so trefflich in dem Film von Harald Schumann „Staatsgeheimnis Bankenrettung“ noch ganz konkret verfolgen (http://www.arte.tv/guide/de/048116-000/staatsgeheimnis-bankenrettung externer Link oder auch www.nachdenkseiten.de/?p=16343#h04 externer Link)

Und doch etwas Licht ins Dunkel der Bankenrettung

Dennoch scheinen wir auf dem Wege zu sein, etwas Licht in dieses Dunkel der sog. Bankenrettung bringen zu können. Der Journalist Harald Schumann wird sich am 26. Februar auf Arte nämlich einmal diesem „Staatsgeheimnis“ Bankenrettung widmen (www.arte.tv/de/staatsgeheimnis-bankenrettung/7291880.html externer Link sowie www.nachdenkseiten.de/?p=16176#h14 externer Link)

Es könnte dabei ganz banal sein, meint Harald Schumann – auch als ausgewiesener „Saldenmechaniker“ (= siehe weiter unten) „des einen Schulden sind immer des anderen Vermögen“: Es handelt sich um das Geld der vermögenden Eliten in Europa, die gut organisiert sind, ihre Interessen durchzusetzen. Investoren aus Frankreich, Deutschland, Großbritannien – das sind die großen Quellenländer, von dort aus wurden die Immobilienblasen in Irland und Spanien finanziert. Auch die Staatsblase in Griechenland wurde – wohl mit Hilfe von Goldman Sachs – eindeutig aus den großen europäischen Ländern finanziert. Das waren auch die Länder, die den Kapitalüberschuss hatten und anlegen mussten.“
Es geht im Kern bei dieser Euro-Rettung nicht darum, dass wir die armen deutschen Steuerzahler nun für die Partymacher in Irland oder Spanien haften – wie es uns Merkel & Co. so gerne erzählen. In Wirklichkeit ist es eher so, dass der deutsche Staat für Kredite haftet, die er diesen Ländern gibt, und diese Länder brauchen diese Kredite, damit sie ihrerseits die Gläubiger in Deutschland und Frankreich oder anderen Euroländern auszahlen können.“

Im Klartext werden also diese europäischen Geldeliten, die sich bei der Anlage ihres Geldes z.B. bei den Immobilien in Spanien verspekuliert haben, durch den deutschen Steuerzahler ausgezahlt, dem so ihr Risiko aufgebürdet wird.

An die armen Griechen, Portugiesen, Spanier und Italiener geht davon kein Euro-Cent – sondern sie werden durch die Zwangsjacke einer Austeritätspolitik (vgl. die Busch-Studie weiter unten) richtig ins Elend gezwungen.

Dazu sei mir – angesichts des Todes von Otfried Preussler – eine kleine Anmerkung noch gestattet: Ach, was hätte sich doch der Räuber Hotzenplotz gefreut, wenn er auf solch ein „Modell“ gekommen wäre,- ganz ohne Pfefferpistole – die Bürger auszurauben, ohne dass sie es merken – nein sie müssen am Ende noch für diesen „Raubzug“ dankbar sein, weil für sie ja angeblich irgendetwas (die Banken) „gerettet“ wurde… (bei Hotzenplotz hätte die Großmutter sicher in aller „Bescheidenheit“ einen extra Pfannkuchen für Hotzenplotz gebacken – wegen so viel „besonderer“ Rettung.

Derweilen kann sich die Krise von Rändern Europas tiefer eingraben, um die letzten Reste eines „Europäischen Sozialmodells“ zu begraben

So wurde jüngst eine Studie dazu wieder vorgelegt: Klaus Busch u.a. „Euro Crisis, Austerity Policy and the European Social Model“ (http://library.fes.de/pdf-files/id/ipa/09656.pdf externer Link pdf oder auch www.nachdenkseiten.de/?p=16182#h04 externer Link). In dieser Studie ist dann nachzulesen, wie in einem gezielten „Klassenkampf von oben“ neben einem angemessenen Einkommen auch noch die Rechte der Arbeitnehmerschaft – Stück für Stück – durch und im Verlauf der Krise beseitigt werden: „The consequences of the EU`s new wage policy interventionism are Thus entirely clear. They lead, on one hand, directly to a wage policy downward spiral, foster deflationary development and thus contribute to consolidating economic stagnation in Europe. On the other hand, a radical restructuring of collective bargaining systems is taking place in Southern Europe, within the framework of which in a short time historically developed institutions have been destroyed and reshaped in accordance with a neoliberal master plan under the auspices of the Troika. As a result, centralised collectiv agreements are being extensivly undermined and wage policy is being comprehensivly decentralised („verbetrieblicht“), which may also result in a significant reduction in collective agreement coverage.“
Diese „Verbetrieblichung“ gehört nicht nur als ein Kernstück zur neoliberalen Agenda, sondern war auch schon auf anderer – direkterer – Ebene das Ziel der EU. (vgl. auf der Seite 3… „Lohndumping bleibt ein Element der EU“ bei https://www.labournet.de/?p=17959) 

Und ich kann mir nicht helfen, aber ich komme nicht an der Tatsache vorbei, dass Deutschland für dieses Lohndumping in Europa weiter in der „Pole-Position“ bleibt – ja, bleiben muss -, um im „Wettkampf“ die Spirale nach unten noch immer weiter anzutreiben. (vgl. dazu „Exportüberschuss und ein politischer Streik für Deutschland“: http://archiv.labournet.de/diskussion/gewerkschaft/erfahrung/polstreik_bahl.html und nicht zuletzt auch noch bei der Mobilisierung durch den Europäischen Gewerkschaftsbund in Europa am 14. November 2012: http://archiv.labournet.de/diskussion/gewerkschaft/erfahrung/polstreik_bahl2.html sowie www.nachdenkseiten.de/?p=15052#h06 externer Link)

So bleiben auch nach einigen Tariferhöhungen in der letzten Zeit die Reallöhne in Deutschland um 1,8 Prozent niedriger als im Jahr 2000 (http://idw-online.de:80/de/news518774 externer Link)

Und Frankreich bekam mit seiner Finanzministerin Christine Lagarde in der EU keine Chance diese spezielle Dumpingsituation über die niedrigeren Lohnstückkosten in Deutschland anzusprechen – obwohl gerade Frankreich mit einer weitgehenden Einhaltung des von der EZB vorgegebenen Lohnerhöhungs-Spielraumes mit 2 Prozent Inflation unter der gemeinsamen Währung eingehalten hatte. (vgl. „Lagard und die Lohnentwicklung in Deutschland und Frankreich“: http://archiv.labournet.de/diskussion/eu/sopo/lohn_bahl.html)

Die verlorene Gleichheit als Krisenursache

Aber statt der Spirale der „Lohndrückerei“ nach unten fortzusetzen, hat jetzt das „INET“ (Institut for New Economic Thinking – vgl zu seinem breiten Engagement mit einem Kongress in Berlin 2012 (http://archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl29.pdf pdf – dort vor allem ab der Seite 2 unten „Aufbruch mit…. der „INET“-Konferenz in Belin“) dem „IMK“ ein Projekt genehmigt, das den Ursachen der Finanzkrise über diese Einkommensungleicheit nachspüren wird („Einkommensungleichheit und Finanzkrisen“)(http://idw-online.de/de/news516927 externer Link)

Gerade dieses IMK-Institut hat mit Gustav Horn dazu schon breite Vorarbeiten geleistet (vgl. hier den vorletzten Link zu INET den Abschnitt „Die verlorene Gleichheit“ auf der Seite 13 unten ff.)

Gerade der jetzt für dieses Projekt Verantwortliche Till van Treeck hatte zuletzt noch für die ILO eine umfassende Studie zum Problem der Gleichheit ausgearbeitet – und dabei kommen für Deutschland immer wieder die sog. „Hartz“-Reformen in den Fokus (vgl. www.nachdenkseiten.de/?p=14481 externer Link – oder auch www.nachdenkseiten.de/?p=16130#h11 externer Link)

Und die gesellschaftpolitischen Auswirkungen der verlorenen Gleichheit

Aber diese verlorene Gleichheit ist nicht einfach so ein kleines Versehen, sondern hat für Deutschland gesellschaftpolitisch gewaltige Auswirkungen, die man kurz plakativ so benennen kann: „Eine zerbröselnde Mittelschicht, Spitze in der Frauendiskriminierung und Top bei der Armut
(siehe den entsprechenden Abschnitt auf der Seite 10 f. bei
www.labournet.de/politik/eu-politik/eu-krise/eukrise-allg/zur-jahreswende-20122013-was-jetzt-auf-uns-wartet-es-wird-spannend-werden/

Als besonders dramatisch – weil demokratiegefährdend – würde ich diese Erosion der Mittelschicht in Deutschland einschätzen. Ich schrieb deshalb dazu schon einmal von einer „kleinen Götterdämmerung für Merkel“ (vgl. www.labournet.de/politik/sopo/neue-armut/eine-kleine-gotterdammerung-fur-merkel/) Und diese Mittelschicht schrumpft seit 15 Jahren – und raubt der bundesrepublikanischen Demokratie immer weiter die Grundlage. Diese Republik hatte nämlich mit dem überzeugenden Integrations-Narrativ „Wohlstand für alle“ eine klare Fundierung – und dieser Boden wird immer mehr entzogen. Das bedeutet aber auch, dass dieser kapitalistischen Variante jetzt einfach die Legitimation entzogen wird.
Das findet seinen Niederschlag in der gleichzeitigen Entwicklung zu einer „verrohten und sozial-vereisten Mittelschicht – die einfach die Angst umtreibt (vgl. z.B. http://archiv.labournet.de/diskussion/wipo/allg/kapkritik_bahl.html)

Wilhelm Heitmeyer, dem das Verdienst zukommt in seinen 10 Bänden „Deutsche Zustände“ fast minutiös diese mentale Entwicklung zu protokollieren, hat das Anwachsen dieses Hasses – als Ventil für die steigende Angst – gegen Minderheiten uns über ein Jahrzehnt immer wieder vor Augen gehalten. (www.nachdenkseiten.de/?p=15990#h18 externer Link) Jetzt ist er mit dieser Arbeit in den „Ruhestand“ gegangen, um sie einem Nachfolger zu übergeben.

Der „Kampf“ für mehr Gleichheit wird also über diese ökonomische Bedeutung hinaus, auch ein Kampf um unsere Demokratie und eine Gesellschaft mit einem menschlichen Antlitz. Das könnte das „Empörungs“-Vermächtnis des gerade verstorbenen Stephane Hessel bleiben: Hessel führte vor, dass es einen Zorn gibt, der aus der Lust am Leben kommt. (www.fr-online.de/kultur/st-phane-hessel-der-engel-der-geschichte,1472786,21958954.html externer Link)
und so wird seine Empörung bleiben (www.taz.de/Zum-Tod-von-Stphane-Hessel/!111891/ externer Link)

Ein Instrument zu mehr Gleichheit könnte auch eine generelle Arbeitszeitverkürzung sein

Der von einer Wissenschaftler-Initiative ausgehende Vorschlag einer Arbeitszeitverkürzung zu einer 30-Stundenwoche (http://www2.alternative-wirtschaftspolitik.de/uploads/m0413b.pdf externer Link pdf) könnte nach der Auffasung eines der Initiatoren, Heinz-Josef Bontrup bei der schrittweisen Verkürzung der längeren Arbeitszeit auf der einen Seite gleichzeitig eine schrittweise Erhöhung der für viele zwangsweise verkürzten Arbeitszeit (Minijobs & Co.) durchgesetzt werden. (www.taz.de/Wissenschaftler-ueber-30-Stunden-Woche/!111592/ externer Link)

Das heißt, es könnten mit der Arbeitszeitverkürzung im Prozess ihrer Durchsetzung auch die Geschlechterfrage sowie die Generationenfrage mit verbunden werden (vgl. www.taz.de/Forscherin-ueber-30-Stundenwoche/!111147/ externer Link), die auf unserem Arbeitsmarkt besonders diskriminiert sind, wie Ursula Engelen-Kefer für die Frauen in der Minijob-Falle feststellen musste (www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=me&dig=2012%2F12%2F28%2Fa0194&cHash=faf10faf2b6a1985e0172759351aedb1 externer Link)

Rudolf Hickel hat deshalb diese Forderung noch einmal etwas breiter angelegt, weil es ihm darum geht, aktuell vorrangig die Verlosung der Arbeitsmärkte abzubauen und die Nutzung sehr unterschiedlicher Arbeitsformen – außer der Wochenarbeitszeit – zu propagieren.
(http://www.badische-zeitung.de/nachrichten/wirtschaft/pro-und-contra-soll-die-30-stunden-woche-eingefuehrt-werden externer Link)

Und das könnte uns im Rahmen einer allgemeinen Arbeitszeitverkürzung somit in eine große gesellschaftspolitische Debatte führen bei der das gesamte Lohndumping-Modell in Deutschland auf den Prüfstand gestellt wird, dessen Folgen mit einer zerbröselnden Mittelschicht, der Spitzenstellung in der Frauendiskriminierung sowie einer ausgeprägten Armut immer deutlicher sichtbar werden. (vgl. den diesbezüglichen Abschnitt auf der Seite 10 bei www.labournet.de/allgemein/zur-jahreswende-20122013-was-jetzt-auf-uns-wartet-es-wird-spannend-werden/)

In einer solchen gesellschaftspolitischen Offensive könnte auch allgemein das „Regime der Beschleunigung“ unter dem subversiven Motto „Die Zeit gehört uns“ wieder eingegrenzt werden, wie es Friedhelm Hengsbach vorschlägt. (vgl. www.nachdenkseiten.de/?p=16055#h08 externer Link sowie
www.nachdenkseiten.de/?p=16283#h17 externer Link)

Entdeckt jetzt sogar die FDP die soziale Gerechtigkeit: Mindestlöhne in der Diskussion

Nach dem kläglichen Bild,das die FDP bei der Diskussion des Armuts- und Reichtumsberichtes der Bundesregeirung abgegeben hatte (www.dradio.de/dlf/sendungen/wirtschaftundgesellschaft/2018404/ externer Link, www.fr-online.de/politik/armuts–und-reichtumsbericht-opposition-wirft-regierung-zensur-vor,1472596,21901988.html externer Link und www.wdr2.de/aktuell/armutsbericht144.html externer Link) hat sie jetzt im Wahlkampfjahr doch auch für sich das Thema soziale Gerechtigkeit doch noch entdeckt – und nachdem entsprechend einer Initiative aus Rheinland-Pfalz der Mindestlohn durch den Bundesrat auf die Tagesordnung gesetzt hatte (www.fr-online.de/arbeit—soziales/lohnuntergrenze-rheinland-pfalz-bringt-mindestlohngesetz-ein,1473632,21876336.html externer Link) wollten nun SPD, Grüne und Linke über den Bundesrat auf einen gesetzlich fixierten Mindestlohn von 8.50 Euro drängen (www.sueddeutsche.de/politik/initiative-von-spd-gruenen-und-linken-bundesrat-will-mindestlohn-durchsetzen-1.1605701 externer Link)

In dieser Situation wollte die FDP über die Mindestlöhne doch gesprächsbereit sein – ohne dass dies sehr glaubwürdig erscheinen konnte (www.fr-online.de/arbeit—soziales/fdp-und-mindestlohn-fdp—die-neue-partei-der-armen-,1473632,21886512.html externer Link) Die Süddeutsche konnte dazu nur feststellen, mit einem einheitlichen Mindestlohn haben die von der Koalition jetzt erwogenen Lohnuntergrenzen nichts zu tun.  (www.sueddeutsche.de/politik/einlenken-der-fdp-mindestlohn-light-1.1604505 externer Link) So blieb auch dieses wieder nur Schaumschlägerei, ohne das Problem wirklich angehen zu wollen. Weiterhin musste erst einmal Deutschland bei den Mindestlöhnen ein grauer Fleck auf der Landkarte bleiben (www.nachdenkseiten.de/?p=16308#h03 externer Link)

Und der Staat fördert zusätzlich die Ungleichheit durch die Steuerpolitik mit einer Umverteilung von unten nach oben

Es ist eben nicht nur die spezielle Arbeitsmarktpolitik mit ihrem Druck auf die Löhne in Deutschland, die so massiv zur schon bald den gesellschaftlichen Zusammenhalt zerstörenden Ungleich-Entwicklung in Deutschland beigetragen haben, sondern auch noch eine Umverteilungspolitik durch die Steuern, wozu jüngst auch wieder eine aufklärende Studie vorgelegt wurde (Vgl. die Vorstellung dieser Studie duch Wolfgang Lieb „Umverteilung von unten nach oben durch die Steuerpolitik“ (www.nachdenkseiten./?p=16102 externer Link)
Was dann nur heißt, auch das Steuersystem in Deutschland müsste massiv auch unter die Devise der sozialen Gerechtigkeit wieder gestellt werden, die die „Marktideologen“ so gründlich der Staatsfinanzierung ausgetrieben hatten.

Eine Besteuerung der Reichen möglich? Die sonderbaren Wege der Geldströme der multinationalen Konzerne zur Steuerflucht

Die Umkehrung dieser „Entstaatlichung“ (Peter Bofinger) stößt nur inzwischen auf enorme Schwierigkeiten, da nach einer neuen Studie der OECD „Base Erosion and Profit Shifting“ für diesen G20-Gipfel in Moskau das bestehende „System“ der Banken sehr „verwinkelt“ und kaum überschaubare Wege bietet, um den großen Konzernen die Steuerflucht zu ermöglichen. (http://www.nachdenkseiten.de/?p=16176#h03 externer Link)

Kurz und bündig kann man dort lesen: „The practices multinational enterprises use to reduce their tax liabilities have become more aggressive over the past decade.“ Es sind jedoch auch hier nicht nur die „Tricks“ der Konzerne zur Steuerhinterziehung, sondern auch wieder die Staaten selbst, die in sog. Steuerabkommen selbst diese Möglichkeiten wiederum eröffnet haben. (vgl. weiter www.nachdenkseiten.de/?p=16167#h10 externer Link sowie noch www.nachdenkseiten.de/?p=16167#h07 externer Link)

Ob diese „Löcher“ zur Gewinn“optimierung“ zum Schaden der jeweiligen nationalen Gesellschaften geschlossen werden, darauf konnte sich die G20 wohl auch nicht verständigen.

Ein makroökonomischer Exkurs: Die Saldenmechanik: Die Überschüsse der einen sind die Schulden der anderen

Zum Stellenwert der Saldenmechanik von Wolfgang Stützle schreibt Heiner Flassbeck, die Saldenmechanik ist nicht alles, aber ohne Saldenmechanik ist alles nichts. (http://www.flassbeck.de/pdf/2000/gesamtwi.pdf externer Link pdf)

Es ist also dringend notwendig der in Deutschland so üblichen mikroökonomischen Denkweise der „schwäbischen Hausfrau“ zu entkommen.
(vgl. dazu Jens Berger, Der Staat ist keine „schwäbische Hausfrau“ (www.taz.de/!105664/ externer Link) – oder ders. „Die „schwäbische Hausfrau“ als der Kardinalfehler deutschen (ökonomischen) Denkens (www.heise.de/tp/artikel/36/36405/1.html externer Link)

Warum dies im Verhältnis von Staaten und Nationen untereinander unmöglich ist, kann man mit den Worten Flassbecks noch verdeutlichen: Staaten können aber mit wirschaftlichen Mitteln andere Staaten nicht verdrängen. Doch selbst wenn sie sie verdrängen könnten, wäre wirtschaftlich nichts gewonnen. Ein wirtschaftlich „verdrängter“ Staat bietet seinen Bürgern keine Einkommensquellen mehr – was wir an Griechenland jetzt schon feststellen können. -, so dass diese verarmen und schließlich die Güter des überlegenen Staates nicht mehr kaufen können. Folglich muss der „siegende“ Staat die Bürger des unterlegenen Staates alimentieren – um seinen Sieg auch auskosten zu können.

Gegenüber diesen klaren Zusammenhängen wird aber gerade in Deutschland das Modell des Wettbewerbs der Unternehmen dennoch auf den Wettbewerb der Nationen übertragen.

Deshalb kommt auch der Ökonom Johannes Schmidt in seinen grundsätzlichen Ausführungen zur Saldenmechanik zu der These: Der wirtschaftspolitischen und auch der wirtschaftstheoretischen Diskussion mangelt es an einer Berücksichtigung der saldenmechanischen Zusammenhänge. (Sparen: Fluch oder Segen: http://guthabenkrise.files.wordpress.com/2012/10/sparen-fluch-oder-segen.pdf externer Link pdf oder noch
http://guthabenkrise.wordpress.com/2012/10/23/sparen-fluch-oder-segen-prof-johannes-schmidt/ externer Link)

Schmidt spezifiziert diesen Zusammenhang noch weiter: Da aber die Einnahmen des Einen zwingend die Ausgaben des Anderen sind, bedeutet der Einnahmeüberschuss des Einen zwingend einen Ausgabenüberschuss (Schulden) des Anderen. Der positive Saldo des Einen ist zwingend gleich dem negativen Saldo des Anderen – daher die Bezeichnung Saldenmechanik.

Dies lehrt aber noch ein weiteres: Geldvermögen kann gesamtwirtschaftlich nie vermehrt oder vermindert, es kann nur umgeschichtet werden.
Die bisherigen Defizite des wirtschaftlichen Denkens bei uns verdeutlicht er an der Tatsache, dass in der Denke unserer Politiker ausschließlich die Staatsschulden in den Fokus der Aufmerksamkeit – und damit auch der politischen „Beeinflussung“ geraten. Und konsequent stellt er die Frage: War der alleinige Blick auf die Staatsdefizite, wie ihn gerade z.B. der Europäische Stabilitätspakt u.a. vorsieht, überhaupt sinnvoll?

Der borniert verengte Blick allein auf die Staatsschulden verhindert Krisenüberwindung

Unübersehbar ist ja inzwischen die Literatur geworden, die die Absurdität dieses verengten Symptomkurierens an einer einer auf die Staatsschulden beschränkten Krisen-„Heil“-Verfahrens. Ein wenig kommt einem das immer wieder vor, wie bei der mitteralterlich Heilmethode des „Schröpfens“ (Blutabnahme): wenn dort der Patient weiter wegschwächelte, war die Roßkur der Ärzte, weiter Blut abzunehmen – meist bis der „Exitus“ die Folge war. (vgl. schon Wolfgang Lieb „Wie die Finanz- und Wirtschaftskrise zur Schuldenkrise umgedeutet wurde“: www.nachdenkseiten.de/?p=8249 externer Link des weiteren Jens Berger: www.nachdenkseiten.de/?p=10585 externer Link oder noch Albrecht Müller: www.nachdenkseiten.de/?p=10649 externer Link oder noch der Wirtschaftsweise Peter Bofinger, der einfach dafür „Marktversagen“ vorschlug: www.nachdenkseiten.de/?p=10735 externer Link)

Nur brauchen wir uns überhaupt nicht einbilden, dass diese propagandistische Umdeutung der Krise ein Spezifikum der deutschen Politik und ihrer Trommler ist, nein die USA musste diese Schlacht genauso durchleben, wo dann nicht nur – wie üblich – der Staat an allem schuld ist, sondern auch noch der Arme selbst zur Ursache für die Krise gemacht wird. (vgl. dazu „Die Krise einfach umgedeutet“ (http://archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl42.html – aber auch noch den Schlussabschnitt „Aus Frankreich die Analyse zur Einschränkung der Macht der Banken auf die Staatsschulden“ auf der Seite 2 unten bei www.labournet.de/politik/wipo/finanzmaerkte/krise08/krise08-all/doch-noch-finanzmarkte-revisited-eine-schweigepflicht-der-finanzmarktakteure-oder-eine-omerta-und-ein-theaterstuck/)

Von dem Ökonomen Johannes Schmidt kommt der weitere Vorschlag – um deutlicher die Ursache in den Blick noch zu nehmen – „Kreditkrise“.
Johannes Schmidt rät in diesem Zusammenhang sich einmal die Entwicklung in Spanien und Deutschland anzuschauen (S. 68 f.):
Deutschland hatte ein schlechteres Finanzierungssaldo des Staates als Spanien, das bis 2007 sehr positiv verlief. Erst ab 2008 wurde das Defizit Spaniens – wie auch in Deutschland größer, dennoch blieb die Schuldenstandsquote immer noch klar unter der deutschen.
Nur wenn man den Blick löst von dieser törichten eindimensionalen Betrachtungsweise auf die Staatsschulden, bekommt man – über die Summe der drei Salden (private Haushalte, Unternehmen und Staat) – das Finanzierungssaldo eines Landes in den Blick.

So zeigt allein schon dieses spanische Beispiel, wie falsch es ist so ausschließlich auf das staatliche Finanzierungs-saldo zu blicken. Wenn man das außer Betracht lässt, bekommt man nie die Problematik von Außenhandelsüberschüssen und Außenhandelsdefiziten ins Blickfeld (was den Deutschen anscheinend für ihre speziellen Interessen recht gut in den Kram passt) – und damit die Frage, wie diese ökonomischen „Ungleichgewichte“ als Krisenursache angegangen werden können: Die Überschüsse der einen bleiben die Schulden der anderen – aber kuriert werden soll nach der Weisheit der EU und der Troika nebst der EZB allein das Defizit – jetzt auch noch mit dem „Spardiktats-Fiskalpakt“ noch. Und so heißt stattdessen die verquere Devise: „Der Schuldner ist schuld“

Und nun noch etwas „Arbeit der Zuspitzung“ um die aktuelle Krisenpolitik doch noch auf den Punkt bringen zu können:

Kein Interesse die Herrschaft der Finanzmärkte zu brechen – Im Würgegriff der Zinsen –

Aber an dieser Stelle sollte es – einfach aus Prinzip – interessieren, ob es das geben könnte „Wege aus der Euro-Krise“ (www.nachdenkseiten.de/?p=16187 externer Link) – oder ob daran also möglichst gar kein Interesse besteht?

Jens Berger baut dieses Statement auf den beiden auch erst kürzlich gemachten Stellungnahmen zur Merkel`schen- deutschen Krisenpolitik von ihm selbst auf – zum einen „Es ist an der Zeit grundsätzlichere Fragen zu stellen“ mit der lakonischen Feststellung es wird -öffentlich – nur noch darüber diskutiert, welcher Weg – alternativlos versteht sich – zur Sozialisierung privater Schulden (Bankenrettung genannt) der beste sei – immer mit der Haftung des Steuerzahlers. Die eigentlich naheliegende Fragestellung – eben diese grundsätzlichere Frage -, ob Risiko und Haftung – für die Banken! – nicht zusammen gehören und deshalb das Finanzsystem für sein Scheitern selbst in Haftung genommen werden sollte, wird überhaupt nicht mehr gestellt. (www.nachdenkseiten.de/?p=16091 externer Link)

Und kein deutsches Interesse, dass die Krise beendet wird.

Zum anderen stellt Jens Berger in einem Kommentar der TAZ die – zunächst provokant klingende – Frage: „Warum Merkel Europa totspart?“
Er muss dann des weiteren festhalten: Es scheint vielmehr so, als habe Merkel gar kein Interesse daran, dass mit ihrer zutiefst neoliberalen und in letzter Konsequenz auch undemokratischen Agenda diese Eurokrise beendet wird. Und unter Bezug auf Naomi Kleins Beschreibung dieser Vorgehensweise als „Schockstrategie“ fährt er fort, so wird die Eurokrise zum entscheidenden Hebel mit dem die Politik den Sozialstaat erfolgreich „entkernen“ kann. (www.taz.de/!110611/ externer Link oder auch www.nachdenkseiten.de/?p=16130#h01 externer Link) Oder: Die Schwachen werden zum Schutze der Starken zerstört.

Noch deutlicher „zugespitzt“ über dieses „egomanische“ Verhalten der deutschen Politik erscheint mir diese Formulierung von James Galbraith „Die Schwachen werden zum Schutze der Starken zerstört“,das mir für den gleichen Sachverhalt noch angemessener erscheint, weil sie dieses Wechselverhältnis zwischen den Überschüssen auf der einen und den Defiziten auf der anderen Seite noch präziser trifft. (vgl. die Seite 7 oben bei https://www.labournet.de/?p=17959 – sowie dort noch weiter die Seite 5 unten f.)

Und ein ziemlich absurdes Gerede von Europa als neuer Friedensordnung

Und nicht vergessen werden soll an dieser Stelle dann dieser immer noch wegweisenden sozialwissenschaftliche Text von Claus Offe „Europa in der Falle“ mit seinen so treffenden „Kriegs“-Metaphern, die auch zeigen wie absurd dieses Gerede von Europa als Friedensordnung ist, nur weil nicht mehr hier heiß geschossen wird, – angesichts dieser sozialdarwinistisch grundierten „gegenseitigen“ Zerstörung: Um ein Land wirtschaftlich unter Kontrolle zu bringen, musste man es früher besetzen. Heute – im Merkel Europa – braucht man das nicht mehr. Man kann vollkommen friedliche Beziehungen zu einem Land unterhalten – und es trotzdem buchstäblich besitzen – indem man sich auf dem Weg dauerhafter Exportüberschüsse dessen Wirtschaft aneignet und seine Souveränität dadurch zerstört, dass man seine Haushaltshoheit und andere Elemente seine Souveränität aushebelt.“ (vgl den Abschnitt „Statt besetzen jetzt besitzen – ohne Krieg“ auf der Seite 2 unten bei: www.labournet.de/?p=21892)

Am extremsten und deutlichsten können wir dies beim aktuellen Stadium in Griechenland inzwischen beobachten. (vgl. Niels Kadritzke „Das Leben hat das Memorandum verworfen“: www.nachdenkseiten.de/?p=15873 externer Link – sowie ders. „Impressionen griechischer Depressionen: www.nachdenkseiten.de/?p=15882 externer Link)

Dafür darf dann,während Griechenland immer mehr in Chaos und Trostlosigkeit versinkt, die EZB – und damit auch Deutschland – eine halbe Milliarde mit der Griechenland-„Rettung“ verdienen (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/euro-krise-ezb-verdient-halbe-milliarde-mit-griechenland-rettung-1.1606451 externer Link)

Dabei hatte Griechenland schon längst angeregt, dass diese Zinsgewinne doch wenigstens wieder in das so notleidende Griechenland zurücküberwiesen werden – aber was soll solch eine solidarische Lösung in einem finanzkapitalistischen System, dessen Fahnen von Merkel Deutschland so hoch gehalten werden. Die müssen doch vor allem wieder nach Deutschland fließen!

Hatte die westliche Welt wenigstens nach den Erfahrungen mit dem Versailler Vertrag nach dem 2. Weltkrieg „gelernt“ und mit Marshall-Plan und den Londoner Schuldenabkommen eine für alle „gemeinsame“ Lösung gefunden, so wird in diesem jetzigen Euro-Europa die einseitige Nutzenoptimierung ins Extreme getrieben (vgl. dazu Frank Schirmmacher im Abschnitt „Kein Weg zu einem Europa für alle zusammen“ – weiter unten) – ohne dass der Andere (durch eine nationale Abwertung seiner eigenen Währung) dem mehr ausweichen könnte.

Und zur klareren Krisenbehandlung zwei Krisen-Narrative

Bemerkenswert finde ich gerade jetzt bei Jens Berger – dass er auch zwei Krisen unterscheidet: 1.) eine Finanz- (oder Refinanzierungs-)Krise und 2.) eine realwirtschaftliche Krise (zentral die unterschiedliche Entwicklung der Lohnkosten – und damit der außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte)

Ich habe auch eine solche „Trennung“ der Krisen vorgeschlagen, aber nur die Differenzen anders akzentuiert und unterschieden in eine 1.) Finanzkrise (mit den Banken im Zentrum) – diese Geschichte mit dem Diktat der „Märkte“ und Merkels „marktkonformer Demokratie“- natürlich „alternativlos“
und 2.) eine Eurokrise (= einfach weil diese unterschiedlichen Lohnkostenentwicklungen (sprich: Produktivität) unter dem gemeinsamen Dache einer einheitlichen Währung die einzige Möglichkeit bleiben, um nationale Wettbewerbsvorteile – und damit diese europa-spezifischen außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte zu erzeugen, in der Lage sind.

Letzteres zeigt aber auch schon wieder, wie die Dynamiken beider Krisen auch irgendwie wieder ineinander verschränkt werden… (Zu den von mir vorgeschlagenen zwei Krisen-Narrativen vgl. dies Bild von den beiden „Krisen-Matroschkas“: http://archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl34.html und vielleicht zusätzlich bei der Ablehnung des Fiskalpaktes durch den DGB die „vergessene“ 11. Frage noch
http://archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl37.html)

Europa zieht nicht im „Gleichschritt“ im Verlauf der Krise nach unten – Deutschland bleibt weiter oben!

Und ich möchte dabei nicht diese hervorragende Analyse des IMK „Inmitten der Krise des Euro-Raumes – Herausforderungen für die Wirtschaftspolitik“ aus jüngster Zeit (Der Report Nr. 79) übergehen, weil dort m.E. die Möglichkeit eines Perspektivenwechsels im aktuellen Krisenverlauf – bei gleichem Sachverhalt! – mit einbezogen wurde – der eine Standpunkt sozusagen „deutschland-autistisch“ – aber sehr real dominierend: Uns geht es ja im Vergleich noch relativ gut – und nicht zuletzt könnten damit bei allen begleitenden „Kassandra“-Rufen auch Bundestagswahlen durchaus noch gewinnbar bleiben. Diese Sicht kann noch durch einige aktuelle Fakten untermauert werden.

Deutschland konnte trotz Krise seine Export-Überschüsse noch einmal „verbessern“ (www.nachdenkseiten.de/?p=16106#h01 externer Link sowie www.nachdenkseiten.de/?p=16130#h05 externer Link) So kam es noch einmal – vor allem im außereuropäischen Raum – zu diesem unheimlich großen Exporterfolg für Deutschland (www.fr-online.de/wirtschaft/aussenhandel-der-unheimlich-grosse-exporterfolg,1472780,21697228.html externer Link)

Mit diesem wirtschaftlichen Erfolg konnten die deutschen Großunternehmen auch noch ihre Innovationsbudgets kräftig ausweiten – und somit den Produktivitätsvorsprung, den es seit der Euro-Gründung ohnehin hatte, auch noch zusätzlich gegenüber „Rest“-Europa weiter vergrößern (http://idw-online.de:80/de/news518652 externer Link) Nur das brachte im Wechselverhältnis bei den „Anderen“ einen enormen weiteren Anstieg der Verschuldung (vgl. „Thank you Germany – 166,9 billion more debt for us in 2012 (www.wirtschaftundgesellschaft.de:80/2013/02/08/thank-you-germany-1669-billion-more-debts-for-us-in-2012/ externer Link)

Und trotz dieser noch „relativ“ günstigen Situation für Deutschland hinterließ auch die Sparpolitik in Deutschland ihre Spuren – so meint der DGB mahnen zu müssen (www.nachdenkseiten.de/?p=16214#h05 externer Link)

Nur die große Befürchtung einer Rezession scheint jedenfalls für Deutschland erst einmal wenigstens gebannt zu sein, wie das IMK mit seinem Indikator feststellen konnte. (http://idw-online.de/de/news519393 externer Link)

So bleibt es bei dem Bild: Deutschland schwimmt wie ein Fettauge auf der – für andere – immer karger werdenden Euro-Suppe.
Und das spitzt sich für Europa noch weiter zu, wenn die Krise in Europa nach der neuesten Winterprognose der EU nun auch Frankreich und Holland auch erreicht – und es einsam wird um den Leuchtturm Deutschland in der EU. (www.nachdenkseiten.de/?p=16308#h04 externer Link und..05)
Und 17 Staaten in der EU schrumpfen danach – was die Arbeitslosigkeit selbst nach diesen offiziellen Einschätzungen europaweit auf 12 Prozent steigen lässt.

Ohne Saldenmechanik: kein Weg zu einem Europa für alle zusammen

Und der – zweite – andere Standpunkt, den man“europa-perspektivisch“ nennen könnte, wird in diesem IMK-Report von Andrew Watt dargestellt (vgl. ab dem Abschnitt „Der weitere Spielraum kann mit dem IMK verdeutlich werden“ auf der Seite 4 bei www.labournet.de/politik/gw/krise08gew/der-super-pragmatismus-des-dgb-und-wie-weiter-der-dgb-in-einer-erstaunlichen-symbiose-mit-der-herrschenden-politik/)
Aber diese größere Perspektive auf Europa und seinen „Süden“ mit Blick auf die ganzen „Kollateralschäden“ dieser deutschen Europapolitik hatte sich ja gerade Klaus Busch mit seinen Mitstreitern vorgenommen. (siehe oben)

James Galbraith hatte die möglichen Alternativen auf der IG-Metall-Konferenz „Kurswechsel“ so akzentuiert: „Alle zusammen – oder rette sich jeder, wie er kann“ (vgl. den Abschnitt auf der Seite 5 bei https://www.labournet.de/?p=17959)

Nur die erste Möglichkeit erscheint im gegenwärtigen Europa (noch) unmöglich. Vielleicht hat für eine Begründung dieser Alternativlosigkeit ja Frank Schirmmacher recht, der in seiner ganz zentralen These meint, wir lebten unter dem ökonomischen Imperialismus von neoliberalen Gedankenmodellen, die inzwischen das Denken „total“ erobert haben. Und wenn man den Modellplatonismus dieser Kapitalismus-Variante richtig zu lesen versteht, dann entpuppt er sich als eine Realtyrannei. Aber indem Schirrmacher uns den Blick dafür öffnet, erscheint doch jetzt sich die Türe der Merkel`schen Alternativlosigkeit öffnen zu können (vgl. www.labournet.de/politik/wipo/wipo-deb/wipo-all/frank-schirrmachers-neues-buch-ego/ sowie www.nachdenkseiten.de/?p=16222 externer Link)

Aber jetzt: eine Radikalisierung der Europapolitik: Mit weniger Europa zu einem noch „effektiveren“ „Jeder für sich“ – jetzt auf der Seite von Cameron

Ja, verwundert reibt man sich die Augen, aber eingebunkert in dieser radikalen Ideologie des „Egoismus“ gibt es kein Nachdenken oder Einlenken. Nein, Europa wird jetzt noch stärker an diesem Prinzip ausgrichtet – ganz anders als es noch das IMK in seiner Analyse festhalten konnte:
Die Wirtschaftspolitik befand sich im Sommer 2012 in einer dramatischen Entscheidungssituation. Es musste zwischen zwei Strategien gewählt werden
– entweder eine nationale Strategie, die letztlich zum Bruch des Euroraumes hätte führen können
– oder für eine europäische Perspektive, die auf den Erhalt des Euro-Raumes zielt.

Die Bundesregierung hat unter dem Druck der Ereignisse einen bemerkenswerten Perspektivwechsel vollzogen, anders als noch zu Beginn der Krise hat sie sich – inzwischen – eindeutig für den europäischen Weg entschieden (so das IMK noch im Januar 2013 – siehe die Seite 1 des IMK-Reports 79 (www.nachdenkseiten.de/?p=15736#h02 externer Link) – und siehe auch noch die Einschätzung auf der Seite 5 bei www.labournet.de/politik/gw/krise08gew/der-super-pragmatismus-des-dgb-und-wie-weiter-der-dgb-in-einer-erstaunlichen-symbiose-mit-der-herrschenden-politik/) – dort gehe ich davon aus, dass diese „europa-erhaltende“ Politik der Kanzlerin auch durch die Unterstützung des DGB zustande kam)

Nur inzwischen muss diese klare Pro-europäische Haltung der Kanzlerin („Wenn der Euro stirbt, stirbt Europa“) wohl klar in Zweifel gezogen werden. Sie nutzte wohl die Angriffe des englischen Premier Cameron um einen „Seitenwechsel“ zu einer noch stärker durchexerzierten Marktradikalität wieder vorzunehmen – wohl damit ihr die „Marktkonformität“ nicht verloren ginge (siehe auch oben zu den Finanzmärkten)

Auch in Davos hatte die Kanzlerin schon ihre sowohl marktradikalen als auch agressiven Vorstellung über „ihr“ Europa in der Weltwirtschaft dargestellt – wie schon Gerhard Schröder damals seine „Agenda 2010“ mit dem Ziel des größten Niedriglohnsektors in Europa: „Unterwerfung“ ist das Gebot der Stunde – für die Führung auf dem Weltmarkt! Nach dem ESM und Fiskalpakt, die den direkten Durchgriff auf die nationalen Haushalte und Wirtschaftspolitiken ermöglichen, soll jetzt die dritte Stufe des europäischen Umbaus gezündet werden, die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt – mit einem „Pakt für Wettbewerbsfähigkeit“ (vgl. im einzelnen noch (www.nachdenkseiten.de/?p=16010#h01 externer Link)

Ob man das jetzt für eine „180-Grad-Wende“ hält wie Eric Bonse in Brüssel (http://lostineu.eu/weniger-europa/ externer Link) oder nur die gewisse „Schwankungsbreite“ der Kanzlerin, um immer wieder auf ihren marktradikalen Kurs knallhart zurückzuführen – ohne dass ihr dabei das Risiko des Zerbrechens der Euro-Zone ein besonderes Anliegen zu sein scheint.

Und so setzte sie mit dem Briten Cameron, das erste Schrumpfbudget auch auf europäischer Ebene durch. (siehe auch noch Bonse „Was Cameron – und Merkel – wirklich will“: http://lostineu.eu/was-cameron-wirklich-will-und-merkel-auch/ externer Link)

Nur dieses Mal könnte sie die Rechnung ohne das Europäische Parlament gemacht haben, das zum ersten Mal mitbestimmen kann.Und das Europa-Parlament lehnte den Gipfel-Kompromiss zum EU-Haushalt ab (www.fr-online.de/politik/europaparlament-abgeordnete-rebellieren-gegen-den-haushalt,1472596,21872166.html externer Link) Wozu die Rundschau meinte, für Kanzlerin Merkel ist das im Wahljahr eine kleine Katastrophe.

Denn Ulrike Herrmann konnte eine interessante Beobachtung in der Rede der Kanzlerin bei der Rechtfertigung dieser Kürzung im Bundestag machen: die Bundeskanzlerin Merkel sprach nämlich bei ihrer disbezüglichen Regierungs-Erklärung im Bundestag davon, dass diese Kürzung auf der europäischen Ebene „im Interesse Deutschlands“ sei. (http://www.taz.de/Kommentar-Regierungserklaerung/!111540/ externer Link)

Ulrike Herrmann schlussfolgert daraus messerscharf, dass das eigentlich nur bedeuten kann, dass die Kanzlerin diese bessere „Pole-Position“ der Bundesrepublik (siehe oben) weiter stärken möchte, indem sie – die Wirtschaft ist ja auch in Deutschland im letzten Quartal geschrumpft – rechtzeitig zur Bundestagswahl ein Konjunkturprogramm auflegen möchte – mit ausschließlich deutschen Geld nur für Deutschland. Und damit hofft Merkel in Deutschland die Wahl zu gewinnen – um dann ihren radikaliserten marktradikalen Kurs erfolgreich fortführen zu können.

So wird es sicher nur eine Frage der Zeit sein, wie lange dieses radikalisierte Bild eines Europa des „Jeder für sich“ noch bestehen kann, wenn Merkel-Deutschland die Vorteile des Euro für sich verbuchen möchte – und gleichzeitig den „Rest“ von Europa immer weiter ins „Abseits“ treiben möchte.
Jedoch eines kann man dieser Kanzlerin nicht abstreiten, dass sie dogmatisch und ideologiegefestigt „alternativlos“ ihren marktradikalen Weg verfolgen wird – selbst wenn sie kurzfristig, bevor es wieder endgültig knallt, – wahlkampfbedingt – ein wenig Anleihen bei Keynes (Konjunkturprogramm) nehmen muss.

Gibt Merkel jetzt doch das Paulinchen mit dem Feuerzeug?

Ja, schlüpft die deutsche Kanzlerin jetzt in die Rolle des berühmten Paulinchens – oder genauer noch steckt einfach den Euro und die Eurzone in diese Rolle – aus der „gar traurigen Geschichte mit dem Feuerzeug“ von Heinrich Hoffmann aus dem Jahre 1844? Dort heißt es doch so einprägsam:

„Herbei! Herbei! Wer hilft geschwind?
Im Feuer steht das ganze Kind!
Miau, Mio, Miau. Mio!
Zu Hilf! Das Kind brennt lichterloh!

Verbrannt ist alles ganz und gar
Das arme Kind mit Haut und Haar.
Ein Häufchen Asche blieb allein
Und beide Schuh, so hübsch und fein.

Und Minz und Maunz, die Kleinen
Die sitzen da und weinen:
Miau, Mio, Miau, Mio!

So spielt auch die Kanzlerin gerne mit dem Feuer des Euro-Unterganges – aber nicht nur jetzt! Und man selber kommt sich vor wie die beiden Katzen Minz und Maunz, die so vergeblich warnend jammern: „Miau, Mio, Miau, Mio! Lass steh`n, sonst brennst du lichterloh!“

Die Perversion des Euro-Gedankens durch seine Unterwerfung unter die Finanzmärkte

Es war ein denkwürdiges Datum in jenem Landtagswahlkampf 2011, als die Kanzlerin die Gründungsidee des Euro ad Absurdum führte: Der Euro war nämlich gegründet worden, um den „Währungspekulanten“ innerhalb Europas das Handwerk zu legen (vgl. z.B. auch Flassbeck auf der Seite 7 bei (www.flassbeck.de/pdf/2000/gesamtwi.pdf externer Link pdf)

Diese ursprünglich gedachte Funktion des Euro löste die deutsche Kanzlerin in das genaue Gegenteil auf – und forderte die Spekulanten auf, jetzt auf die Staatsschulden der einzelnen Euro-Staaten spekulieren zu können. Sie hatte nämlich keck klargemacht, dass Mitgliedsstaaten des Euro pleite gehen könnten. Die Kanzlerin machte den internationalen Anlegern damit klar, dass es einen einheitlichen Währungsraum (wie in den USA), der eine Alternative zum Dollar sein könnte, gar nicht gibt. (vgl. dazu noch einmal „Die Fiskalpakt-Agenda am Beispiel Griechenlands“ auf der Seite 3 ff. – und hierfür erst die Ziff a.) „Das hochgetriebene Zins-Niveau“ bei http://archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl40.html)

Mit diesem Schritt der Kanzlerin war der Euro seiner „vorbestimmten“ Bedeutung – als ein Ausbremsen der Währungsspekulation – entkleidet – und die Kanzlerin hatte das Regime der Finanzmärkte jetzt auch über die Staatshaushalte der Euro-Länder durchgesetzt.
Das hatte Jens Berger schon mit der Feststellung „Es ist an der Zeit grundsätzlichere Fragen zu stellen“ klargemacht, (www.nachdenkseiten.de/?p=16091 externer Link) weil für die Kanzlerin eben die Finanzmärkte – marktradikal und marktkonform – zu „ihrem“ Herrschaftsinstrument über Europa werden, damit „auf die disziplinierende Wirkung der Zinsen nicht zu verzichtet werden“ braucht. (Jens Weidmann)

Und dabei kommt einem immer wieder der Satz von James Galbraith in Erinnerung: „Die Schwachen werden zum Schutze der Starken zerstört“ (noch einmal auf der Seite 7 oben bei https://www.labournet.de/?p=17959) Und das kann noch einmal so schön mit einer aktuellen Meldung untermalt werden: EZB verdient eine halbe Milliarde mit der Griechenland-„Rettung“ (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/euro-krise-ezb-verdient-halbe-milliarde-mit-griechenland-rettung-1.1606451 externer Link)

Inzwischen gibt es sogar ein wenig Transparenz über die Staatsschuldenpolitik der EZB (www.nachdenkseiten.de/?p=16283#h08 externer Link) – nur wenigstens von einer Rückzahlung der Gewinne an die betroffenen „ausgepressten“ Schulden-Länder vernimmt man nichts.

Mitten in der Euro-Krise die Wahlen in Italien: Auswegslos in Europa wird es eine Wahl ohne Entscheidung

Die Berichterstattung über diese Wahlen in Italien erscheint einem bei der sorgfältigen Betrachtung dieser Vorgeschichte bloß noch als absurdes Theater. So titelt die Süddeutsche am 21.Februar „Italiens wichtigste Wahl“ (www.sueddeutsche.de/politik/berlusconi-vs-monti-italiens-wichtigste-wahl-1.1605721 externer Link)

Zum einen spielen sich die „Alternativen“ schon überhaupt nicht zwischen Monti (um die 15 %) und Berlusconi (vielleicht bis zu 30 Prozent ab) So viel an Unsachlichkeit müsste diesen JournalistInnen eigentlich die Schamesröte ins Gesicht treiben. – Aber was soll`s, es gilt anscheinend allein Merkel`s Austritäspolitik zu „retten“, die gar nichts retten kann.

Aber zum anderen gibt es wohl bei keiner Partei ein „Konzept“ zur Überwindung der Eurokrise – so bleiben sie alle „Gefangene“ der Austeritätspolitik der Troika mit der EZB als wirkungsvollem Vollzugsorgan – nur immer weiter in die Austeritätspolitik mit steigender Armut und Arbeitslosigkeit hinein. Dass an der bisherigen Rettung mit diesem Spardiktat-Fiskalpakt etwas falsch sein könnte, darauf kommt schon keiner mehr (http://lostineu.eu/nichts-dazugelernt/ externer Link)

So kann in Rom – wer auch immer an die Regierung kommt -gar nicht mehr über die Grundlinien italienischer Politik befinden. Bei diesem Monti versus Berlusconi-Gedöns hört amn davon überhaupt nichts. Es müsste doch jetzt dargelegt werden, wie Italien in den „europäischen Parametern“ merkel`scher Fiskalpakt-Prägung nur noch auf den engen Pfad des Etatsausgleichs gezwungen wird – im Eiltempo Ausgabensenken und Steuern erhöhen (für wen?) muss.

Vor allem Michael Braun in der TAZ kommt noch unter der Überschrift „Wahl ohne Entscheidung“ zu einer angemessenen Einschätzung für diese demokratiewidrige, aber marktkonforme Schädigung der italienischen Gesellschaft und Wirtschaft. (http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=me&dig=2013%2F02%2F19%2Fa0100&cHash=ba36149f54490dd922d1731ffe4f3ea7 externer Link)

Und die deutsche Haltung zu Italien kann ein Italiener doch noch auf eine angemessene Sicht bringen – die aber als Bilanz für Deutsche und Italiener – dank der Einmischung Deutschlands – nur eine ziemliche Zerrütung des deutsch-italienischen Verhältnisses erreicht sieht: nicht nur dumme Politik, sondern auch noch Ignoranz gegenüber den anderen als klägliches Fazit dieses deutschen Einsatzes. (www.taz.de/Kommentar-Wahl-in-Italien/!111714/ externer Link)

Merkels Politik im Europa des „Jeder für sich“ erzwingt eine rasante Renationalisierung in Europa!

Um dem jedoch entgegenzuwirken, könnte nur eines helfen: Wir können jetzt einen Blick auf die Saldenmechanik zurück werfen, um nach Lösungen für das Verhältnis von Italien in Europa zu suchen – oder auch noch weiter zurückgreifen auf den Franzosen Alexis de Tocqueville, der schon wegweisend im 19. Jahrhundert formulierte, ich kann ein Land nur verstehen, wenn ich auch die für dieses Land wesentlichen anderen Ländern gleichzeitig auch verstehe – selbst wenn er dafür als Maßstab wohl noch nicht die (Export)-Überschüsse und Defizite hergenommen hatte. (www.labournet.de/internationales/italien/politik-italien/tocquevillesche-annaherungen-an-italien-und-deutschland-ich-deutschland-kann-mich-selbst-nicht-verstehen-wenn-ich-nicht-die-anderen-z-b-italien-auch-verstehe/ externer Link)

Soll also jetzt – das bleibt als zentrale Frage übrig – Europa an dieser sich selbst gestellten Falle des falschen Kaputtsparens einfach doch „so langsam“ kaputt gehen? (www.nachdenkseiten.de/?p=16010#h04 externer Link)

Dem hält Michael Braun aus Italien – nach der Wahl – entgegen: Wenigstens diese Lektion sollte in Berlin beherzigt werden: Demokratische Mehrheiten sind für eine in tiefe Rezession führende Sparpolitik kaum zu haben. Entweder Europa steuert um, – oder es fährt gegen die Wand.
(http://www.taz.de/NULL/!111792/ externer Link oder auch www.nachdenkseiten.de/?p=16343#h01 externer Link)

Oder wie das Jens Berger in einem Kommentar zur Italien-Wahl noch klarer ausdrückt: Keine Mehrheit für eine Koalition der Marktkonformen. – Und zu Grillo`s „Fünf-Sterne-Bewegung“ erklärt er: Sein Bündnis „Movimento5Stelle“ ist keine Partei im klassischen Sinne, sondern vielmehr eine Bürger-Bewegung… Grillo ist zweifelsohne ein Populist, doch es wäre wieder zu einfach, ihn zusammen mit Berlusconi in eine Schublade zu stecken. Grillo ist vielmehr der Anti-Berlusconi… Und ein weiterer Grund, warum das MoVimento jede vierte Stimme für sich gewinnen konnte, ist die zur Schau gestellte „Alternativlosigkeit“ der anderen Parteien. (www.nachdenkseiten.de/?p=16337 externer Link)

Insgesamt gesehen kommt Fabio Ghelli in der „Zeit“ zu der Einschätzung: Eine absolute Mehrheit für den Protest (= die Nichtwähler mitgerechnet) (www.zeit.de/politik/ausland/2013-02/Italien-Analyse-Waehler/komplettansicht externer Link)

Die „Watsch`n“ haben also demnach vor allem die Alt-Parteien bekommen – von den Menschen, die jetzt dem Protest von Beppe Grillo zugeströmt sind. Und diese Menschen sind misstrauisch gegenüber der „offiziellen“ Medienwelt und gegenüber den traditionellen Parteien – ihr Motto ist: „Wir sind nicht hier um Kompromisse zu schließen. Wir sind hier, um die alten Parteien wegzufegen. (siehe die „Zeit“)
Aber bei der politischen Stärke der „Grillini“ liegt jetzt das Schicksal Italiens – trotz des ganzen medialen Hass-geschreis aller „Traditionalisten“ – erst einmal in den Händen von Beppe Grillo (www.fr-online.de/politik/italien-wahl-und-beppe-grillo-das-schicksal-italiens-liegt-in-seinen-haenden,1472596,21942766.html externer Link)

Ausloten des politischen Spielraums unter dem Diktat der Finanzmärkte

Nur wieweit der Spielraum reicht, werden die einzelnen Bündnisse unter dem „strengen“ Auge der Finanzmärkte ausloten dürfen. So hat die Ratingagentur Moody`s schon einmal angekündigt, die Herabstufung von Italiens Kreditwürdigkeit zu erwägen. (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/nach-der-wahl-in-italien-ratingagentur-moodys-erwaegt-herabstufung-italiens-1.1610856 externer Link)

Im Vorgriff darauf sind aber die Zinsen für italienische Staats-anleihen schon wieder gestiegen – Ja,ja, – die Märkte lassen wählen.
Die ganze Hoffnung der italienischen Wirtschaft richtet sich deshalb bei weiter steigenden Zinsen auf die EZB in Frankfurt. (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/italiens-wirtschaft-wir-haben-ganz-klar-das-worst-case-szenario-1.1610669 externer Link)

Und das „worst-case-szenario“ heißt dann, dass die Menschen in Italien sich durch diese Wahl nicht zum Büttel der Banken haben machen lassen – dieser „heiligen Kuh“ der Politik.

Aber vielleicht ergibt das dann mit dem Anti-Populisten Bersani eine „erfolgreiche“ Mischung (siehe für den Anti-Populisten Bersani (www.sueddeutsche.de/politik/italiens-mitte-links-kandidat-bersani-der-anti-populist-1.1607729 externer Link und für die mögliche Zusammenarbeit mit Grillo
(www.fr-online.de/politik/nach-der-italien-wahl-bersani-steht-fuer-regierung-bereit,1472596,21959376.html externer Link)

Jedenfalls will Bersani – auch programmatisch – auf die „Grillini“ zugehen.

So könnte das ein mögliches Szenario werden, dass Bersani eine Minderheitsregierung mit dem Zentrumsbündnis von Mario Monti eingeht – und sich dann – wohl von Fall zu Fall – von der Protestbewegung des Beppe Grillo tolerieren lässt.

Und die „Märkte“ heben den Daumen – über die steigenden Zinsen – nach unten oder nach oben. Aber kann diese Wahl für eine weiterführende Perspektive von Europa noch in Italien entschieden werden? Allein dort wohl eher nicht! Aber wo dann?

Dafür ein paar Scheingefechte um angebliche Währungskriege

Dass wir nicht in normalen Zeiten leben, hat sich wohl soweit rumgesprochen, dass auch unsere Politik-Darsteller in der Krise irgendwas von Krise inszenieren müssen. Und so wurde vor dem G20-Gipfel in Moskau jetzt wieder einmal ein „internationaler Währungskrieg befürchtet“ (www.nachdenkseiten.de/?p=15990#h04 externer Link) – obwohl dies wohl schon bei G20-Gipfeln ein wenig zur Gewohnheit wird – denn damals schon 2010 wollte man der G20 zurufen mochte, „It`s the financial sector, stupid“, weil sie auch 2010 es nicht geschafft hatten, eine Reform der Finanzmärkte – lang „versprochen“ – in die Praxis umzusetzen. (http://www.zeit.de/wirtschaft/2010-11/g-20-leistungsbilanzen-wechselkurse/komplettansicht externer Link)

Und auch vor zwei Jahren hieß es schon, was in dieser Konstellation bestenfalls vom Gipfel in Seoul erwartet werden kann, dass man sich dort die Diskussion über eine kooperative Neuordnung der internationalen Währungs- und Finanzpolitik offenhält.

Nur dazu sind unser internationale politischen Eliten immer weiter unfähig, so dass Rudolf Hickel jetzt im Jahr 2013 doch wieder einmal anmahnen muss: Endlich muss wieder die Arbeit am Aufbau eines Weltwährungssystem – nach dem Ende von „Bretton Woods“ – aufgenommen werden.
(http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=wu&dig=2013%2F02%2F22%2Fa0089&cHash=a592a26162fcf1a0bd487afcd89ab17e externer Link)
Er musste resigniert feststellen, dass unser politischen Eliten – allen voran Christine Lagarde vom IWF – einfach sich angewöhnt haben, die Augen vor den Finanzmärkten zu verschließen – dann besteht ja auch gar kein Regelungsbedarf: Es geben eben – als neoklassische Fiktion – derzeit „keine größeren Abweichungen vom marktgerechten Kurs“, gab die Lagarde den Kurs auf dem Gipfel vor.

Und damit konnte die Währungsdebatte auf dem G20-Gipfel für beendet erklärt werden (www.fr-online.de/wirtschaft/g20-g20-erklaert-waehrungsdebatte-fuer-beendet,1472780,21855334.html externer Link)

Eine derart – ideologisch-verordnete – Blindheit kann jetzt unseren Rudolf Hickel nicht mehr kalt lassen – und so macht er seinem Unmut Luft: „Da reden diese „Gipfelstürmer“ von mit den Marktgesetzen konformen Wechselkursen. Die G20 hat es damit aufgegeben, die spekulativen Einflüsse – erg.: der Finanzbranche -, die am Ende jede reale Wirtschaft belasten, zu bändigen. So flüchten sie sich in Marktdogmen statt den Aufbau einer Weltwährungsordnung in Angriff zu nehmen.“

Das kommentiert Fabio di Masi lakonisch: Die Debatte um den Währungskrieg auf dem G20-Gipfel ist schizophren. Die Bundesbank schreit Hände weg vom Wechselkurs, mit realer Abwertung bzw. Preisdumping durch Kürzungspakete und Lohnverzicht hat sie kein Problem – oder im Klartext gesprochen: Wirtschaftspolitik ist für die Bundesregierung und die Bundesbank gut, wenn – kurzfristig und wieder wie ein Unternehmen betrachtet – Daimler und Siemens gewinnen (jenseits Europas dank dortigen Wachstums) und die Mehrheit der Länder in Europa verliert dabei.
(www.nachdenkseiten.de/?p=16205 externer Link)

Die Bundesregierung glaubt nämlich – und mit ihr wohl die Bevölkerungsmehrheit – Deutschland würde tatsächlich stärker aus der Krise herau kommen, als es hineingegengen ist. Und so nutzt die Bundesregierung die Krise und en Schmerz der Rezession, um die europäische Zusammenarbeit unter der deutschen Führung zu vertiefen, sofern sie hierüber „Strukturreformen“ – nach deutschem Austeritäts-Gusto – im Rest Europas durchsetzen und diese „Peripherie“ (Peripherien werden immmer erst zu Peripherien gemacht!) allenfalls noch zur verlängerten Werkbank – für Deutschland – zu machen.

Es ist nämlich eine Sache, die Löhne in Griechenland u.a. zu drücken, aber eine völlig andere, dort eine wettbewerbsfähige Industrie oder einen Automobilsektor aufzubauen. (vgl. auch Fabio di Masi „Der deutsche Währungskrieg – und ein Beifall aus Brüssel“: www.nachdenkseiten.de/?p=16145 externer Link)

So können vor allem die ArbeitnehmerInnen in den Krisenstaaten nicht auf eine – vielleicht auch nur faire – „Erlösung“ aus Brüssel hoffen – und jede ökonomische Auseinandersetzung – selbst auf europäischer Ebene – wird bloß noch zur einseitig interessenbezogenen Propagandaschlacht für Deutschland, ohne dass die EU dabei ihrer Rolle gerecht wird und auf einen Ausgleich – sozusagen „saldenmechanisch“ (= des einen „Schulden“ sind des anderen Überschüsse und Vermögen) – hin zuwirken, und somit die Krisenprobleme lösen zu wollen – eventuell sogar gemeinsam.

Die Erzählung von Merkel-Europa als Paulinchen kommt an ihr Ende

Bevor wir also die Erzählung von Paulinchen mit dem Feurzeug als „Merkel-Europa“ dramatisch zu Ende denken – Europa einfach abgebrannt – und Minz und Maunz, die Kleinen, die weinen, sollten wir noch einmal den Blick heben und weiter zum Horizont hinschauen. Und nicht einfach in dieser Rolle als die beiden Katzen nur hilflos dabei stehen und auf dieses dramatische Geschehen in seinem weiteren Ablauf blicken.

Gehen wir auch hier noch einmal zwei Jahre zurück in das Jahr 2011: Der DGB stellte damals fest, Europa braucht einen Kurswechsel, denn Europa befindet sich am Scheideweg: Ein Festhalten an den bisherigen Maßnahmen zugunsten der Marktkräfte wird die Stabilität des Eurosystems massiv gefährden. (vgl. den Abschnitt „DGB: Eurozone auf des Messers Scheide“ auf der Seite 3 bei http://archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/bahl_wr.html)

Der EGB stellte auf seinem Kongress in Athen fest – und sicher gemeinsam mit den deutschen Gewerkschaften: „Wir wollen nicht am deutschen Wesen genesen“ (ebendort S.2)

Heute – zwei Jahre später – wissen wir das genauer.Der EGB versuchte an einem gemeinsamen Aktionstag, den 14. November 2012, europweit die Arbeitnehmer im Streik zusammen zu führen. Arno Klönne konte dazu nur feststellen, dass die europäischen Gewerkschaften eben „vaterländisch gespalten“ sind. (http://archiv.labournet.de/diskussion/gewerkschaft/erfahrung/polstreik_bahl2.html oder auch www.nachdenkseiten.de/?p=15052#h06 externer Link)

Zum einen gibt es in Deutschland überhaupt kein derartiges Recht zum Streiken,und zum anderen geht es einem Großteil der deutschen Arbeitnehmer (und die sind vor allem Gewerkschaftsmitglieder) wirtschaftlich „im Verhältnis“ noch relativ gut – ja in der Exportindustrie gibt es sogar noch um rund 10 Prozent höhere Löhne.

Und so gibt es noch deutlichere „papierene“ Positions-bestimmungen der Gewerkschaften (vgl. zum Kurswechselkongress der IG Metall „The Times they are a- changin`“ (https://www.labournet.de/?p=17959  – dort vor allem etwa ab der Seite 5 ff.), aber in der „praktischen“ Symbolpolitik hat sich der DGB voll der Merkel – und damit ihrer Politik – „unterworfen“. (vgl. „Der Super-Pragmatismus des DGB – und wie weiter?… “ (www.labournet.de/politik/gw/krise08gew/der-super-pragmatismus-des-dgb-und-wie-weiter-der-dgb-in-einer-erstaunlichen-symbiose-mit-der-herrschenden-politik/) – und nicht zuletzt um den Anschluss an die „vorherrschende“ öffentliche Meinung nicht zu verlieren.

Die weitere Ausbreitung der Krise und ihre Verschärfung vor allem in Südeuropa hat also – zumindest in Deutschland -, der diese Euro-Krise noch befördernden Politik keinen „Schaden“ gebracht – bisher.

Sosehr es immer wieder betont wird, dass von Deutschland die Lösung der Euro-Krise angepackt werden „müsste“, so sehr ist inzwischen klar, dass genau dies – auch von der Opposition – in Deutschland nicht angegangen werden wird.

Diese Einschätzung hat der Bundespräsident Gauck gerade eben noch einmal durch eine Grundsatzrede für Europa mit einer Arroganz austeritätsbeflissen und mit leidenschaftlicher Marktkonformität nur bestätigt – statt für Europa aus diesem selbstproduzierten Elend eine weitere Perspektive noch entwickeln zu können. (www.nachdenkseiten.de/?p=16321 externer Link)

Deshalb sehe ich mich gezwungen in diesem Stadium der Eurokrise aus der Erzählung von Paulinchen auszusteigen – und in die Erzählung aus Tausend und einer Nacht von Sindbad dem Seefahrer umzusteigen: Der Alte vom Meer.

Und zur Ergänzung unserer Geschichte von Paulinchen mit dem Feuerzeug jetzt noch die Erzählung des(der) Alten vom Meer

Während Paulinchen alleine – ohne eine Wechselbeziehung zu anderen, außer den hilflos-jammernden Katzen – da steht, entwickelt sich die Erzählung vom „Alten am Meer“ aus einer wechselseitigen Beziehung heraus, was dann der jetzigen Situation in der Europäischen Gemeinschaft mehr entspricht.
Ich hatte sie auch damals vor zwei Jahren schon angefügt (siehe das Post-Skriptum bei http://archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/bahl_wr.html), deshalb sei sie hier nur ganz kurz angeführt: Sindbad wird also bei seiner fünften Reise auf eine Insel verschlagen – und dort von einem ihm auf den Schultern sitzenden und in drangsalierenden Alten herumgescheucht. Es gelingt Sindbad diesen schrecklichen Alten auf seinen Schultern erst loszuwerden, nachdem er ihn trunken machen konnte.

Aber damals, im Juni 2011, als ich diese Erzählung anfügte, gab es für Europa noch keine klaren Vorschläge, wie man diese ökonomische Unterwerfung in der Eurozone lösen könnte. (sprich: „die Alte“ abwerfen) Inzwischen gibt es sie von prominenter – nicht politischer – Seite:

Die Trennung der Eurozone

Wenn man nämlich bis zu diesem Punkt in der Euro-Krise und seiner recht einseitigen „Ausbeutung“ von deutscher Seite vorgedrungen ist, kann man Heiner Flassbeck nur zustimmen, wenn er ausruft, der Euro ist – als gemeinsame Währung – eine wunderbare Idee, aber zu wenige haben ihn verstanden – und richten ihn damit zu Grunde in blinder einseitiger Gier – nur bedacht auf die Sicherung allein ihres eigenen Vorteils. (hatten wir diese Situation nicht schon einmal bei „Versailles“, die Keynes – auch vergeblich – so geißelte?)

Gerade damit Europa erhalten werden kann, sieht Heiner Flassbeck – nach langer und reiflicher Überlegung – die Notwendigkeit der Trennung in der Eurozone (www.nachdenkseiten.de/?p=14227 externer Link oder noch kurzgefasst www.labournet.de/politik/eu-politik/eu-krise/flassbeck-empfiehlt-scheidung)

Die Integration Europas sollte nicht auf dem Altar der Finanzmärkte mit ihrer radikalen Sparpolitik geopfert werden (vgl. auch auf der Seite 6 den Abschnitt „Der anstehende Streit um den kleiner werdenden Kuchen…“ bei http://archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl42.html)
Ein sicher etwas anders gewirkter Mensch als Heiner Flassbeck, dem jedoch auch das Anliegen automer europäischer Staaten ein wichtiger Wert zu sein schien, war der Groß-Investor George Soros, der zunächst festhielt, dass Deutschland die Schuld an der Kriseneskalation in der Eurozone trifft (www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/schuldendebakel-investor-soros-gibt-deutschland-schuld-an-krisen-eskalation-a-779800.html externer Link)
Er machte dann auch eine breitere Ausführung darüber, dass Deutschland auch führen könne – für ein gemeinsames Europa – oder ansonsten eben austreten müsse (Sept.12)(www.spiegel.de/wirtschaft/george-soros-deutschland-muss-fuehren-oder-aus-dem-euro-austreten-a-854595.html externer Link)

Dann Deutschland keine Anzeichen erkennen ließ, dass es gewillt sei, jenseits seiner eigenen Interessen auch an ein gemeinsames Europa denken zu wollen, kam Soros später zu der Auffassung, dass Deutschland doch wohl besser austreten müsse. (vgl. den Abschnitt „Muss Deutschland am besten doch austreten… “ auf der Seite 9 bei http://archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl40.html)

Einfach den Euro auflösen ist keine Option: Aber Frankreich hat eine Möglichkeit

Während Flassbeck ursprünglich für eine einfache Trennung sich aussprach, hat er ähnlich wie Soros in Frankreich den möglichen Retter des Euro entdecken können (vgl. „Hollande in auswegsloser Not – Oder Hollande am Scheideweg?“ – dort vor allem den ersten Abschnitt bei http://archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl44.html)

Zwar rechnet Gustav Horn sauber vor, was Deutschland verlorenginge, wenn es vor die Tür des Euro gesetzt würde.
(www.zeit.de/wirtschaft/2012-11/deutschland-euro-austritt externer Link) Nur hat z.B. Frankreich u.a. dann – wenn es diese Chance ergreifen will? – die Trumpfkarten gegenüber Merkel-Deutschland in der Hand: Ihr könnt ja die Vorteile des Euro behalten, wenn ihr bereit seit von eurem „Ego-Ross“ runter zu steigen. Und dann können wir wiederum schauen, was für uns günstiger wäre – mit euch zusammen den Euro – oder doch lieber mit einem Süd-Euro für uns, um damit viel realistischer als mit eurer rigiden Spardiktatspolitik wieder wettbewerbsfähiger zu werden – und damit eine „Gasse für die Zukunft Europas“ zu bauen.

Sozusagen eine echte gegenseitige Verhandlungssituation auf gleicher Augenhöhe – statt Finanzmarkt-Diktat über die Bande zum Vorteil Deutschlands.

Denn für Frankreich spitzt sich das in der Krise auch immer mehr zu, denn in seiner Automobilindustrie gibt es wegen des Verkaufseinbruchs für Peugeot in Südeuropa einen Rekordverlust (www.fr-online.de/wirtschaft/autobauer-peugeot-citroen-rekordverlust-fuer-peugeot,1472780,21789032.html externer Link) – und die Arbeiterschaft wird wegen der deshalb drohenden Arbeitsplatzverluste ganz verständlicherweise etwas unruhig (vgl. Streik bei Peugeot (www.fr-online.de/wirtschaft/streik-bei-peugeot-der-funke-koennte-jederzeit-zuenden,1472780,21763032.html externer Link)

Frankreich hat also die Wahl entweder Impulse für Europa zu geben, oder in dem bisher vorgegeben Austeritäts-Kreislauf nach unten mitzutrotten.

Ökonomie zur Sicherung nationaler Interessen und Vorherrschaft – oder doch noch zur Aufklärung über die Herrschaft der Finanzmärkte?

Nur vielleicht in einer Vorahnung, was kommen muss, wenn der Süden Europas nicht einfach weiter wirtschaftlich zerstört werden will, finden wir eine klare Nationalisierung der Ökonomie als Propaganda für diese bisher vorherrschenden deutschen ökonomischen Interessen in der Eurozone.
Obwohl es klar ist, dass Bundeskanzler Schröder damals in Davos verkündet hatte, dass er den größten Niedriglohnsektor in Europa schaffen wolle (www.nachdenkseiten.de/?p=4480 externer Link) und damit das Lohndumping in der gemeinsamen Währungszone eröffnete (http://archiv.labournet.de/diskussion/eu/sopo/lohn_bahl.html) behaupten jetzt deutsche Ökonomen dreist, dass die Franzosen die „Merkantilisten“ seien.
(http://www.flassbeck.de/wordpress/deutsche-okonomen-warnen-vor-franzosischem-merkantilismus-oder-warum-der-witz-der-woche-gar-nicht-zum-lachen-ist/ externer Link)

Ob solcher Dreistigkeit scheint Heiner Flassbeck nun wirklich das Lachen vergangen zu sein.

Während also die deutsche Seite – jetzt bei den Ökonomen – sich des unsachlichen Nebelwerfens zur Verschleierung der Verhältnisse bedient, hat der prominente Ökonom Paul De Grauwe noch einmal schön herausgearbeitet, dass es letztlich eben doch diese Herrschaft der Finanzmärkte ist, die den Wahnsinnsweg der Austerität in Europa vorgibt (www.nachdenkseiten.de/?p=16138#h03 externer Link)

Dabei liegen auch hier schon ausgereifte Vorschläge vor, wie man die Macht der Banken auf die Staatsschulden einschränken kann. (vgl. den entsprechenden Abschnitt auf der Seite 2 unten bei (www.labournet.de/politik/wipo/finanzmaerkte/krise08/krise08-all/doch-noch-finanzmarkte-revisited-eine-schweigepflicht-der-finanzmarktakteure-oder-eine-omerta-und-ein-theaterstuck/)

Wie heißt es in einem neuen Buch doch so treffend: Diese – ach so beliebte – Kanzlerin zieht ihren Erfolg aus einem Täuschungsmanöver: Diese „Kanzlerin für alle“ macht in heit nur Politik für wenige (Reiche). (www.fr-online.de/frankfurt/buchpraesentation-stephan-hebel-praesentiert-buch-ueber-merkels-politik,1472798,21911880.html externer Link)

Und wer es noch genauer schon wissen will, dem kann ich jetzt auch noch einen Auszug aus diesem Buch über die zwei Gesichter der Angela Merkel – das „offizielle“ und das praktisch ihre Politik bestimmende – zur Begutachtung mitgeben: www.fr-online.de/politik/bundeskanzlerin-merkel-die-zwei-gesichter-der-angela-m-,1472596,21927736.html externer Link

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=28089
nach oben