Sozialpolitik als Instrument der Verarmung? Die Zerstörung des Europäischen Wohlfahrtsstaates in der Euro-Krise

Studie von Professor (Gast) Albrecht Goeschel, Staatliche Universität Rostov. Accademia ed Istituto per la Ricerca Sociale Verona, Verona/Berlin, vom November 2012 

  • Aus dem Text: „… Die Mainstream-Kritik an der Europolitik des deutschen Machtkartells aus Bundesregierung, Großbanken und Exportwirtschaft begnügt sich dabei mir einer banalen Erkenntnis: Bei einer Strategie des Niedersparens der europäischen Konkurrenzökonomien und zugleich der realen Abwertung ihrer Produktionen, d.h. Verbilligung und Wettbewerbsstärkung als Zulieferer des deutschen und nunmehr deutsch-europäischen Exportkapitalismus wird es über die benutzten Instrumente des Fiskalpaktes und der ESM-EZB-Mechanismen auch zu massiven Sozialkürzungen für die deutsche Bevölkerung kommen. Für diese Vermutung bedarf es keiner allzugroßen intellektuellen Anstrengung. Nicht nur dass die ansonsten beim Armutsthema sich besonders lautstark in den einschlägigen Talk-Runden vordrängenden Repräsentantinnen und Repräsentanten einiger Verbände des Sozialen und der Wohlfahrt hartnäckig zur regelrecht erpressten Verarmung der Bevölkerungen vor allem im Süden Europas schweigen: Die sozial- und armutspolitische Diskussion in Deutschland verschließt sich der Erkenntnis, dass es im Zuge der Euro-Krise zu einer regelrechten „Schubumkehr“ in der Sozialsicherung gekommen ist: Die Systeme der Sozialsicherung der EU- und insbesondere der Euroländer sind durch die Vorgaben und Auswirkungen des Fiskalpaktes von Faktoren des Einkommensausgleiches und- erhaltes, d.h. positiver Einkommens- und Wachstumspolitik zu Instrumenten der Einkommenssenkung, d.h. negativer Einkommens- und Verarmungspolitik gemacht werden. Dies stellt letztlich auch die Grundlagen der Verbändedemokratie in Frage und erklärt damit die Verdrängungs- und Verleugnungshaltung der Verbände des Sozialen und der Wohlfahrt beim Thema Euro-Krise und EU-Krise. Nachfolgend werden daher nicht in mainstreamkritischer Manier die absehbaren und angestrebten sozialen Folge der Euro-Krise und ihrer Nutzung für die Generierung noch höherer Extraprofite beklagt. Analysiert wird statt dessen, dass es das für die Wohlfahrtsstaaten Europas typische funktionell ausgesonderte „Soziale“ selbst, die kodifizierten Sozialrechte, die institutionell aufgegliederten Sozialsicherungszweige und die von der Wirtschaftspolitik abgetrennte Sozialpolitik als Wesensmerkmal des Wohlfahrtsstaates sind, die unter Nutzung der Euro-Krise dafür instrumentalisiert wurden und werden, die Arbeit noch billiger zu machen und nicht mehr nur um billige Arbeit möglich zu machen…“
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