Nach den (für Uber) negativen Urteilen in Großbritannien und Frankreich: Was Uber unternimmt, um in der EU „kalifornische Ausbeutungsverhältnisse“ zu sichern

Dossier

DAs Uber Streikplaka der IWGB in London am 8.5.2019Nach den Urteilen in Großbritannien und in Frankreich (in denen jeweils in letzter Instanz geurteilt wurde, Uber-Beschäftigte seien eben Beschäftigte und nicht etwa unabhängige Vertragspartner), aber auch in der Schweiz, reagieren nicht nur die Beschäftigten in anderen Ländern, wie etwa in Südafrika – sondern auch das Unternehmen: Uber startet eine Offensive, um die Arbeitsverhältnisse wie (noch?) in Kalifornien auch in der EU zu verankern. In Kalifornien hatte das Unternehmen ja mit sehr viel Geld ein Referendum gewonnen, das seinen Ausbeutungsmechanismus aufrecht erhält – und genau das möchte man nun auch in der EU zustande bringen, offensichtlich von der Bewertung ausgehend, dass es hier am leichtesten sein würde – im Vergleich zur Arbeitsgesetzgebung in einzelnen Staaten der EU. Was keineswegs herbei phantasiert sein muss, im Gegenteil. Siehe zu Ubers EU-Offensive einige Beiträge und Verweise:

  • Widerstand gegen die Geschäftspraktiken des US-Dienstleistungsunternehmen Uber – Lehrbeispiel für Profitmaximierung und Ausbeutung New
    „Das US-Dienstleistungsunternehmen für Personenbeförderung agiert im Bereich fortlaufender Deregulierung bislang gültiger Standards, einem Unterbietungswettbewerb, der Ausbeutung seiner Beschäftigten bei sozialer Absicherung und Lohn, in gesetzlichen Graubereichen, und das, von USA bis Australien, von Südafrika bis Europa. Ein weltweit agierendes, neoliberales Unternehmen reinsten Wassers. (…) Im Februar 2024 meldet der Konzern einen Nettogewinn von 1,9 Milliarden US-Dollar für das Jahr 2023. (…) Die Scheinselbstständigkeit bei Uber-Fahrern bedeutet den Ausschluss jeglicher Sozialleistungen wie Kranken-, Renten-, oder Arbeitslosenversicherung. Schon früh kam es zu Widerstand, der auch vor den Gerichten ausgefochten wurde. Das Genfer Kantonsgericht in der Schweiz beispielsweise entschied im November 2020, dass Fahrer als Angestellte und nicht als Selbstständige anzusehen sind, eine nicht unerhebliche Entscheidung. Auch die Klage vor dem Schweizer Bundesgericht brachte für Uber Switzerland GmbH keinen Erfolg, und das Genfer Taxi-Gesetz behielt Gültigkeit. Einen ähnlichen juristischen Vorstoss gab es auch in Österreich. Allerdings gewann Uber in zwei Gerichtsverfahren, und darf seit 2020 sein aktuelles Geschäftsmodell rechtmässig in Österreich betreiben. Die Wiener Taxifunkzentrale unterlag dem US-Unternehmen, da das Gericht Uber als Vermittlungsplattform einstufte. In der Vergangenheit gab es eine Reihe von Auseinandersetzungen mit den Betroffenen, die sich gegen die Ausnutzung rechtlicher Grauzonen und aggressiver Wettbewerbsverzerrung und deren sozialen Folgen zur Wehr setzen. Zahlreiche Taxifahrer in Europa protestierten gegen Uber durch Konvois und Blockarden. In Paris und Lyon wurden Uber-Fahrer sogar tätlich angegriffen. In den USA wurde Uber untersagt in Notsituationen seine Preise willkürlich anzuheben. In Indonesien, Thailand, Spanien und den Niederlanden wurde der Dienst in der zweiten Jahreshälfte 2014 landesweit verboten. Im März 2021 demonstrierten Düsseldorfer und Kölner Taxifahrer in einem Autokorso gegen die ungleichen rechtlichen Bedingungen. Unfaire Arbeitsbedingungen, Missachtung gesetzlicher Standards, Unterlaufen von Tarifen und Arbeitnehmerrechten, Ausbeutung über Scheinselbstständigkeit, Verlagerung von Steuern in Steueroasen, aggressiver Lobbyismus, alles Methoden, die mit Uber in Verbindung zu bringen sind. Will man neoliberalen Kapitalismus im Kern verstehen, stellt Uber ein hervorragendes Lehrbeispiel dar.“ Beitrag von Volker Brauch vom 12. März 2024 beim untergrundblättle externer Link
  • „Time for the EU to put an end to bogus self-employment in platform work“ am 03. März 2021 bei UNI Europa externer Link weist darauf hin, dass das „Engagement“ von Uber am selben Tag begann, da italienische Gerichte ein Grundsatzurteil zur sogenannten Plattform-Arbeit (im Fall Deliveroo, siehe unser Dossier dazu) fällten und die EU ebenfalls an diesem Tag zu entsprechenden Konsultationen aufrief, die eine gemeinsame Gesetzgebung einleiten sollen. UNI unterstreicht dabei, dass die EU in der Pflicht stehe, bei entsprechenden Bestimmungen der Arbeitsbedingungen nicht hinter die Bestimmungen nahezu aller betreffender einzelner Staaten zurück zu fallen.
  • „La maniobra de poker de Uber para imponer su modelo en Europa“ von Gael de Santis am 27. Februar 2021 bei Viento Sur externer Link werden die verschiedenen Argumentationslinien Ubers nachgezeichnet, wie eine Art Leitbeitrag auf dem Unternehmens-Blog und ein entsprechendes Weißbuch, worin unterstrichen wird, die sogenannte Selbstständigkeit sei eine bessere Grundvoraussetzung für die Fahrerinnen und Fahrer im Vergleich zum Status des Angestellt-Seins. Was auch schon die Argumentation in Kalifornien gewesen war – und als solche auch Basis der angeblichen Zusammenarbeit mit verschiedenen sozialen Initiativen, was wohl auch in der EU die Absicht sein wird.

Siehe zu Uber in Europa:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=187335
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