Bundesfinanzministerium will „illegale Beschäftigung sowie Kindergeld- und Sozialleistungsmissbrauch“ bekämpfen – oder wen?
Dossier
„Zum Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Missständen am Arbeitsmarkt, illegaler Beschäftigung sowie von Kindergeld- und Sozialleistungsmissbrauch des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) äußert sich der Deutsche Anwaltverein (DAV) jedenfalls äußert kritisch. (…) Einer solchen Machtfülle bei der FKS bedürfe es weder zum Schutze des Sozialstaates noch zum Schutze der Rechte von Betroffenen noch zum Schutz des Wettbewerbs. Die vom Entwurf als „Verbesserung“ bezeichnete Stärkung der FKS im Sinne einer zentralen Prüfungs- und Ermittlungsbehörde lenke ab von den Ursachen für Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung und diskriminiere die davon betroffenen Personen. Tatsächlich greife das Gesetz in vielfältiger Weise in Freiheitsrechte ein, missachte die betriebliche und private Sphäre, ohne dass damit der Sozialstaat verbessert werde und/oder die wirtschaftliche Situation (einschließlich soziale Sicherheit) der Betroffenen...“ Pressemitteilung des DAV vom 08.01.2019
, siehe dazu weitere Versuche wie Kommentare:
- Nicht die Cum-Ex-Milliarden, Sozialleistungs-Missbrauch soll ein eigener Straftatbestand werden – Protest gegen Kriminalisierung von marginalisierten Gruppen schon zuvor
- Missbrauch von Sozialleistungen: Bas kündigt bessere Vernetzung von Behörden und Strafrechts-Änderung an
„Um Missbrauch von Sozialleistungen wirksamer bekämpfen zu können strebt Bundesarbeitsministerin Bas eine bessere Vernetzung von Behörden an.
Ordnungsämter, Polizei, Feuerwehr und Jobcenter müssten besser miteinander kommunizieren und Daten austauschen können, sagte die SPD-Politikerin nach einem Treffen mit kommunalen Vertretern in Duisburg. Zudem wolle sie gemeinsam mit Justizministerin Hubig eine Lücke im Strafgesetzbuch schließen, wonach der Sozialleistungs-Missbrauch ein eigener Straftatbestand werden soll. (…) Beim Thema Arbeitnehmer-Freizügigkeit forderte die Ministerin die Einführung einer Mindestanzahl von Wochenarbeitsstunden, bevor EU-Ausländer in Deutschland Anspruch auf Aufstockung durch Sozialleistungen erhalten.“ Meldung am 27.10.2025 im Deutschlandfunk
- „Bei dem Phänomen, das Bas beschreibt, ging es 2024 um fucking 421 mutmaßliche Fälle bei 5,5 Millionen Leistungsbeziehenden. Und wegen dieser 0,009% soll es einen neuen Straftatbestand geben, während die Cum-Ex-Milliarden der Banken-Kriminellen nicht zurückgeholt werden. Es kotzt mich so an“ Post von Arne Semsrott vom 27.10.2025 auf bsky

- Netzwerk Europa in Bewegung: Offener Brief an Sozialministerin Bärbel Bas gegen die Kriminalisierung von Unionsbürger*innen in prekären Lebenslagen und weiteren marginalisierten Gruppen
„Sehr geehrte Frau Bundesministerin Bas, heute, am 27. Oktober 2025, informieren Sie sich in Duisburg bei einer kommunalen Fachtagung über „Herausforderungen und Lösungen im Zusammenhang mit der Zuwanderung aus EU-Mitgliedstaaten“. Der Fokus soll auf Ansätzen zur Bekämpfung von „Sozialbetrug im Kontext der EU-Freizügigkeit“ liegen, insbesondere im Zusammenhang mit den aktuellen Änderungen des Bürgergeldes. Die Konferenz bringt Vertreter:innen von Stadtverwaltungen, Jobcentern, der Bundesagentur für Arbeit und dem Staatsministerium für Migration und Integration zusammen – Interessenvertretungen von sozialleistungsbeziehenden und prekär beschäftigten Unionsbürger:innen in Deutschland sind jedoch nicht eingeladen.
Mit diesem offenen Brief fordern wir Sie auf, den Blick umzudrehen, um zu sehen, welche brutalen Effekte der Generalverdacht des Missbrauchs und der Ausschluss von Leistungen auf das Leben vieler Menschen, insbesondere Migrant:innen, in Deutschland hat. Wir fordern Sie auf, das Prinzip des Sozialstaats, der (EU-)Freizügigkeit und der Menschenwürde unabhängig von Nationalität zu verteidigen, statt Menschen in prekären Lebenslagen zu kriminalisieren, abzuwerten und auszuschließen.
Zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen warnen vor den sozialen Folgen der geplanten Sozialreformen, insbesondere vor steigender Wohnungslosigkeit, und fordern Unterstützung für armutsbetroffene Menschen statt verschärfter Sanktionen. Wir befürchten, dass die heute in Duisburg diskutierten Verschärfungen für Menschen ohne deutschen Pass, denen pauschal Missbrauch und Betrug unterstellt wird, noch krasser ausfallen werden. (…)
Mit diesem offenen Brief senden wir Ihnen Berichte und Statements aus der Zivilgesellschaft, die sich gegen die Kriminalisierung und den Ausschluss von Unionsbürger:innen in prekären Lebenslagen in Deutschland stellen und auf die gravierende Schieflagen in der öffentlichen Berichterstattung aufmerksam machen.
Der Verein Stolipinovo in Europa, eine Initiative von bulgarischen Migrant:innen, berichtet von den menschenverachtenden Folgen der massenhaften Räumung von sogenannten Problemimmobilien – sowie Abmeldung betroffener Familien von ihrem Wohnsitz und von jeglichen Bildungs- und Sozialleistungen – durch die gleichnamige Taskforce der Stadt Duisburg (siehe Anhang).
Der interkulturelle Jugendverein von Roma und Nicht-Roma Amaro Foro e.V. weist auf eine völlig unverhältnismäßige Razzia in einer Notunterkunft für wohnungslose Menschen am 14.10.2025 in Berlin hin. Unglaubwürdig als gutwillige Beratungsaktion dargestellt, sei diese tatsächlich politisch motiviert und ginge auf Kosten der größten Minderheit Europas. In den Medien sei irreführend und rassistisch berichtet worden.
Die Erwerbsloseninitiative BASTA! Berlin berichtet von übergriffigen Hausbesuchen, von einer Zunahme diskriminierender Äußerungen in den Behörden, von aufenthaltsrechtlichen Kontrollen durch die Familienkasse sowie von der erfolgreichen Klage einer rumänischen Familie, der fälschlicherweise Sozialbetrug vorgeworfen wurde, die aber bis heute nicht alle ihr zustehenden existenzsichernden Leistungen erhalten hat (siehe Anhang). (…)
Wir fordern Sie auf, diese Berichte und Erfahrungen ernst zu nehmen und sich dafür einzusetzen, dass die Politik der Diskriminierung und Kriminalisierung von prekarisierten EU-Migrant:innen, Menschen in benachteiligten Wohngegenden, Geflüchteten, Leistungsbeziehenden und weiteren marginalisierten Gruppen aufhört. Wir fordern sie auf, die jüngsten sozial-und migrationspolitischen Verschärfungen zurückzunehmen und das Recht auf eine menschenwürdige Existenzsicherung für alle Menschen in Deutschland sicherzustellen. Mit vielen Grüßen, Stolipinovo in Europa e.V. und das Netzwerk Europa in Bewegung“ Offener Brief vom 27.10.2025 beim Netzwerk Europa in Bewegung
- Missbrauch von Sozialleistungen: Bas kündigt bessere Vernetzung von Behörden und Strafrechts-Änderung an
- [„bandenmäßiger Sozialmissbrauch“] Bürgergeld unter Generalverdacht – EU-Bürger*innen werden zur Zielscheibe von Populist’*innen und Medien
„Seit einigen Wochen dominieren Berichte über angeblich „bandenmäßigen Sozialmissbrauch durch EU-Bürger*innen“ die öffentliche Debatte. Ob Tagesschau, WELT oder Talkshows – immer wieder werden Menschen gezeigt, die in prekären Verhältnissen leben. Doch statt Empathie zu wecken, werden sie als „Betrüger*innen“ und „Sozialschmarotzer“ diffamiert. Diese Berichterstattung folgt einem bekannten Muster: Armut wird skandalisiert, Betroffene werden zu Täter*innen gemacht, und komplexe soziale Zusammenhänge werden auf Schlagzeilen verkürzt.
Medien greifen damit Bilder und Worte auf, die rechtspopulistische Erzählungen bedienen. Wenn von „Banden“ und „mafiösen Strukturen“ die Rede ist, werden Angst und Abgrenzung produziert. Die zugrunde liegenden Ursachen – strukturell bedingte Armut, Ausbeutung und fehlender Schutz für Beschäftigte aus anderen EU-Staaten – geraten aus dem Blick. So entsteht eine Debatte, die auf Klicks und Empörung zielt, nicht auf Aufklärung.
Dass führende CDU-Politiker wie der Bundeskanzler und Carsten Linnemann und selbst SPD-Arbeitsministerin Bärbel Bas diese Erzählungen aufgreifen und politische Verschärfungen fordern, ist gefährlich. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit ist geltendes EU-Recht, das vom Europäischen Gerichtshof immer wieder bestätigt wurde. Wer hier arbeitet, hat Anspruch auf soziale Absicherung, wenn der Lohn zum Leben nicht reicht. Das Bürgergeld ist kein Geschenk, sondern sichert das Existenzminimum. Wer daran rüttelt, stellt nicht nur Solidarität infrage, sondern auch die rechtliche Grundlage der Europäischen Union.
Für viele EU-Bürger*innen in Deutschland ist ein Minijob in Kombination mit aufstockenden Sozialleistungen oft der einzige Weg, Zugang zum Gesundheitssystem zu erhalten. Wenn diese Regelungen geändert oder eingeschränkt werden, verlieren viele Menschen den Versicherungsschutz und damit den Zugang zu medizinischer Versorgung. Das wäre nicht nur sozialpolitisch höchst verantwortungslos, sondern auch ein Bruch mit den grundlegenden Menschenrechten. Ein Ausschluss von EU-Bürger*innen aus dem Gesundheitssystem würde die ohnehin bestehende soziale Ungleichheit nochmals massiv verschärfen und langfristig auch das öffentliche Gesundheitswesen destabilisieren. (…)
Ein zusätzlicher Blick auf die Zahlen zeigt, wie die aktuelle Diskussion ist: Die Bundesagentur für Arbeit schätzt den Schaden durch „bandenmäßigen Bürgergeld-Missbrauch“ auf ca. 110 Millionen Euro.
Demgegenüber stehen mindestens 100 Milliarden(!) Euro jährlich, die dem Staat durch Steuerhinterziehung entgehen, sowie Schäden aus Wirtschaftskriminalität, die allein jährlich fast 3 Milliarden Euro ausmachen – Tendenz steigend. Diese Zahlen zeigen: Bürgergeldbeziehende werden überwacht und unter Generalverdacht gestellt, während deutlich größere Finanzschäden kaum Aufmerksamkeit erzeugen. Bemerkenswert ist, welche Formen von Betrug Empörung auslösen – und welche nicht. Steuerhinterziehung gilt als Kavaliersdelikt, obwohl der Schaden um ein Vielfaches höher ist als bei allen bekannten Fällen von Sozialleistungsmissbrauch zusammen. Wer also von Gerechtigkeit spricht, muss diese Relation sehen. (…)
Armut, unsichere Beschäftigung und Ausgrenzung sind keine Vergehen, sondern Folgen politischer Entscheidungen.
Wir müssen Demokratie, Sozialstaat und den gesellschaftlichen Zusammenhalt schützen. Das schaffen wir nicht, indem wir Betroffene kriminalisieren, sondern indem wir hinschauen, bei den Fakten bleiben und Armut politisch angehen.“ Gemeinsame Erklärung vom 13. Oktober 2025
bei Armut und Gesundheit in Deutschland e.V. und weiterer Organisationen aus der Migrationsberatung gegen die unerträgliche Debatte um „bandenmäßigen Sozialmissbrauch durch EU-Bürger*innen“
- Nur dem Interesse des Staats. Warum die Finanzkontrolle Schwarzarbeit keine Beschützerin für migrantische Beschäftigte ist
„Das Interesse an der Arbeit der FKS ist nicht nur unter Journalist:innen, sondern auch unter Gewerkschafter:innen und linken Politiker:innen groß. Vor allem wenn es um Mindestlohnbetrug und die Ausbeutung von Migrant:innen geht, mehren sich die Rufe nach FKS-Kontrollen. »Wir brauchen dringend schärfere Kontrollen beim Mindestlohn und eine Stärkung der Beschäftigtenrechte!«, forderte der Linken-Abgeordnete Victor Perli zum Ende der diesjährigen Spargelsaison. Im Juni 2021 haben der DGB und die Beratungsstellen für migrantische Beschäftigte eine Kooperationsvereinbarung mit der FKS unterschrieben, die den Zweck hat, »Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung, Zwangsarbeit und Ausbeutung der Arbeitskraft sowie in diesem Zusammenhang rechtswidrige Arbeitsbedingungen zu bekämpfen«. Das sind große Ziele, die den Eindruck erwecken, die FKS sei eine Beschützerin der entrechteten, migrantischen Arbeiter:innen. Doch ist das wirklich so?…“ Artikel von Tobias Seitz
, erschienen in express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit Ausgabe 12/2022 - Mit Kontrolle gegen Armut – Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch (GIBS)
„Am 6. Juni 2019 hat der Bundestag ein Gesetz verabschiedet, das die Befugnisse des Zolls erweitert und das Personal der „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ aufstockt. Es verstärkt Sozialstaatsausschlüsse, die prekäre migrantische Arbeit fördern, und bekämpft Prekarität mit Kontrolle. (…) Insgesamt schafft das Gesetz damit erhebliche Personal- und Kompetenzerweiterungen für die FKS-Einheiten des Zolls. Es ist mithin ein scharfes Schwert. Dieses richtet sich vor allem gegen arme Migrant*innen aus den neuen EU-Ländern. Was auf den ersten Blick aussieht wie ein buntes Potpourri an Maßnahmen, stützt sich deutlich auf den klassistisch-rassistischen Armutsmigrationsdiskurs, den vor allem die Kommunen und die CSU mit ihrem Slogan „Wer betrügt fliegt!“ 2013 initiierten. Ob Sozialleistungsmissbrauch, Kindergelderschleichung, Unterbringung in ‚Schrottimmobilien‘, Scheinselbstständigkeit oder Tagelohn – in der Begründung zum Gesetz stellten die konservativen Parteien und das Bundesfinanzministerium (BMF) immer wieder einen Zusammenhang zur EU-Osterweiterung her. Sie schürten damit das Bild des betrügerischen Osteuropäers. Nicht zufällig jubilierte der AFD-Abgeordnete Kay Gottschalk, dessen Partei für das Gesetz stimmte, in der Bundestagsdebatte, mit dem Gesetz würde „Populismus endlich Realpolitik“. Das Gesetz will aber auch die schlechten Arbeitsbedingungen von EU-Migrant*innen z. B. im Baugewerbe bekämpfen. Diese Arbeitsausbeutung und die Tatsache, dass Arbeitsrecht im gegenwärtigen System nicht nur von den Tarifparteien, sondern auch vom Strafrechtssystem durchgesetzt wird, ist durchaus ernst zu nehmen – wenngleich eine sozialstaatliche Inklusion der migrantischen Arbeitskräfte wirksamer vor Ausbeutung schützen könnte. Allerdings setzen die Kontrollmechanismen, die das Gesetz vorsieht, relativ weit unten in der Ausbeutungskette an. So lädt etwa das EU-Recht zur öffentlichen Auftragsvergabe zum Lohndumping ein – obgleich seit 2014 neben dem Preis auch soziale Kriterien berücksichtigt werden können. Unternehmen, die solche Aufträge als Generalunternehmer annehmen, haften nur begrenzt für ihre Subunternehmen. Diese Subunternehmen und die prekären Arbeitnehmer*innen selbst stehen nun im Fokus des repressiven Gesetzes.“ Beitrag von Jenny Künkel vom 24. Januar 2020 beim Gewerkschaftsforum Dortmund
- Arbeitshilfe: Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch (Schwerpunkt: Neuregelung der Kindergeldberechtigung und der Kindergeld-Leistungsausschlüsse von Unionsbürgern)
„Das Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch ist am 18. Juli 2019 in Kraft getreten. Erklärtes Ziel des Gesetzes ist es, illegale Beschäftigung, Schwarzarbeit und Sozialleistungsbetrug im Rechtskreis des SGB II, SGB III und beim Kindergeld zu bekämpfen. Zu diesem Zweck sind durch das Gesetz die Aufgaben, Prüf-, Ermittlungsund Verfahrensrechte der Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung erweitert worden. Ein weiteres Ziel ist es, Armuts- und Arbeitslosigkeitsflucht von Unionsbürgern in das Sozialsystem, hier: dem Kindergeld zu verhindern. Dieses Ziel wird durch eine Neuordnung der Kindergeldberechtigung von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der EU-/EWR-Staaten (Unionsbürger) umgesetzt. In der Gesetzesbegründung heißt es: Den Leistungsmissbrauch von Kindergeld durch Unionsbürger zu bekämpfen. (…) Im Ersten Kapitel wird kurz über die Ziele und Inhalte der Gesetzesänderungen im Bereich der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung informiert. Im Dritten Kapitel wird die Neuregelung des Anspruchs von Unionsbürgern auf Kindergeld behandelt. Durch die Neuregelung wird der Kindergeldanspruch von Unionsbürgern an bestimmte (materielle) Freizügigkeitsrechte gebunden. Welche Freizügigkeitsrechte Unionsbürger und welche Aufenthaltsrechte drittstaatangehörige Ausländer haben, wird kurz im Zweiten Kapitel behandelt. Im Vierten Kapitel wird in Übersichtstabellen zusammengefasst, welche Statusgruppen von Unionsbürgern und drittstaatangehörigen Ausländern kindergeldberechtigt oder vom Anspruch auf Kindergeld (ausländerspezifisch) ausgeschlossen sind….“ Arbeitshilfe von Jonny Bruhn-Tripp und Gisela Tripp
vom Dezember 2019, Stand: Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch vom 11. Juli 2019 – wir danken! - Tagelöhner: Armut wird kriminalisiert
„Olaf Scholz‘ Gesetz zum Verbot von Tagelöhnern bekämpft einmal mehr die Mittellosen selbst statt die Ursachen für deren Lage. (…) Für eine wachsende Zahl an Menschen gibt es selbst in den reichen Staaten auf dem regulären Arbeitsmarkt keinen Platz mehr. Sie hangeln sich von Kleinst- zu Kleinstjob, teilen sich mit mehreren ein Zimmer oder müssen auf der Straße schlafen. Der Staat macht ihnen das Leben schwer, indem er ihre Armut kriminalisiert. Genau darauf läuft jetzt der Entwurf des Bundesfinanzministeriums für ein »Gesetz zur Bekämpfung von Missständen am Arbeitsmarkt, illegaler Beschäftigung sowie von Kindergeld- und Sozialleistungsmissbrauch« hinaus. Er sieht etwa vor, den Tagelöhnermarkt zu verbieten. Menschen dürften dann nicht mehr mit anderen an einem bestimmten Ort ihre Arbeitskraft als Tagelöhner anbieten. Ihnen drohen Platzverweise und Bußgelder von bis zu 5.000 Euro. Die Straßenecke ist für Tagelöhner oft die letzte Chance. Viele von ihnen sind von Leistungen wie Hartz IV ausgeschlossen. Die meisten sind zwar EU-Bürger, haben aber trotzdem keinen Anspruch, etwa weil sie keinen formellen Arbeitnehmerstatus haben oder ihnen die nötigen Nachweise fehlen…“ Beitrag von Sebastian Friedrich vom 11. Februar 2019 beim Blickpunkt WiSo
- Armut wird kriminalisiert. Neoliberalismus Olaf Scholz‘ Gesetz zum Verbot von Tagelöhnern bekämpft einmal mehr die Mittellosen selbst statt die Ursachen für deren Lage
„… Für eine wachsende Zahl an Menschen gibt es selbst in den reichen Staaten auf dem regulären Arbeitsmarkt keinen Platz mehr. Sie hangeln sich von Kleinst- zu Kleinstjob, teilen sich mit mehreren ein Zimmer oder müssen auf der Straße schlafen. Der Staat macht ihnen das Leben schwer, indem er ihre Armut kriminalisiert. Genau darauf läuft jetzt der Entwurf des Bundesfinanzministeriums für ein „Gesetz zur Bekämpfung von Missständen am Arbeitsmarkt, illegaler Beschäftigung sowie von Kindergeld- und Sozialleistungsmissbrauch“ hinaus. Er sieht etwa vor, den Tagelöhnermarkt zu verbieten. Menschen dürften dann nicht mehr mit anderen an einem bestimmten Ort ihre Arbeitskraft als Tagelöhner anbieten. Ihnen drohen Platzverweise und Bußgelder von bis zu 5.000 Euro. Die Straßenecke ist für Tagelöhner oft die letzte Chance. Viele von ihnen sind von Leistungen wie Hartz IV ausgeschlossen. (…) Offiziell möchte das Finanzministerium mit dem Gesetz die Organisierte Kriminalität bekämpfen. Ein Irrglaube, wie ein Blick in die Studie Arbeit! Wohnen! Urbane Auseinandersetzungen um EU-Migration zeigt, die gerade bei Edition Assemblage erschienen ist. Die Anthropologin Lisa Riedner hat jahrelang Tagelöhner in München begleitet. Ihr Ergebnis: Sie organisieren sich an den bekannten Straßenecken selbst, um Infos auszutauschen, informelle Mindestlöhne zu besprechen oder schlicht, um sich vom langen Warten abzulenken. Selbst ein leitender Beamter der Finanzkontrolle Schwarzarbeit, den Riedner zitiert, interessiert sich nicht für die Tagelöhner. (…) Die Armut scheint für Olaf Scholz’ Haus weniger das Problem zu sein; eher sind es die Armen selbst – letztlich würde das Gesetz die Tagelöhner noch größerem Druck aussetzen beim Versuch, über die Runden zu kommen…“ Artikel von Sebastian Friedrich vom 11.01.2019 beim Freitag online
- KOK-Stellungnahme zu dem Gesetzesentwurf zur Bekämpfung von Missständen am Arbeitsmarkt, illegaler Beschäftigung sowie von Kindergeld- und Sozialleistungsmissbrauch
„Der KOK hat eine Stellungnahme zu dem Entwurf eines Gesetzes des Bundesministeriums der Finanzen zur Bekämpfung von Missständen am Arbeitsmarkt, illegaler Beschäftigung sowie von Kindergeld- und Sozialleistungsmissbrauch veröffentlicht. Die Anregungen des KOK beschränken sich auf einige, für seine Zielgruppe besonders relevante Aspekte. Der KOK begrüßt das Vorhaben, Prüfungs- und Ermittlungskompetenz der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) im Hinblick auf ausbeuterische Arbeitsbedingungen zu schaffen, um insbesondere die Bekämpfung von Formen der Zwangsarbeit, Ausbeutung der Arbeitskraft und damit verbundenen Menschenhandel zu stärken. Der Entwurf enthält darüber hinaus aber auch Änderungen, deren Einführung der KOK kritisch sieht. Insbesondere hinsichtlich der geplanten Änderung im Arbeitnehmer-Entsenderecht und den damit verbundenen Betretungsbefugnissen der Zollbehörden sowie die geplante Ordnungswidrigkeit im Hinblick auf das unzulässige Anbieten der Arbeitskraft im öffentlichen Raum regt der KOK eine Überarbeitung an.“ Vorbemerkungen zur KOK-Stellungnahme vom 20.12.2018

- Referentenentwurf „Gesetz zur Bekämpfung von Missständen am Arbeitsmarkt“, zu Kindergeld für Ausländer
„Und nun liegt der Referentenentwurf „Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Missständen am Arbeitsmarkt, illegaler Beschäftigung sowie von Kindergeld- und Sozialleistungsmissbrauch“ vom 3.12. vor.
Und die nächste Schweinerei ist auf dem Weg: Kein Kindergeld mehr für Unionsbürger*innen in den ersten drei Monaten (außer es werden „Einkünfte“ erzielt,) bei einem Aufenthalt nur zur Arbeitsuche und bei einem nicht-freizügigkeitsberechtigten Aufenthalt. Wohl auch nicht bei einem Aufenthalt nach Art. 10 VO 492/2011. Außerdem Mitteilungspflicht der Familienkasse an die ABH. Das Aushungern derjenigen, die wirtschaftlich (noch) nicht verwertbar sind, wird also auf die Spitze getrieben. Wir sind immer mehr auf dem Weg in eine Sklavenhaltergesellschaft…“ Kommentar von Harald Thomé im Newsletter 45/2018 vom 09.12.2018
mit dem Verweis auf Infomail von Claudius Voigt mit angehängtem Referentenentwurf

Siehe dazu auch im LabourNet Germany:
- Institutionelle Hürden auf dem Weg zu mehr Gerechtigkeit: Warum setzen wenige prekäre migrantische Beschäftigte ihre Arbeitsrechte durch?
Artikel von Mouna Maaroufi und Maria Seidel in express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit 6/2022 - und viele branchenbezogene Berichte sowie „Einzelfälle“
- Im LabourNet-Archiv gab es die Rubrik IG BAU organisiert Blockwarte?