Und erneut grüßt die Debatte über eine allgemeine Dienstpflicht für junge Menschen. Von einer theoretischen Sinn-Suche und dem Wahnsinn der ebenfalls theoretischen Praxis

Bürgerarbeit„Da ist sie wieder, die Debatte über die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht für junge Menschen. »Sollen junge Menschen nach dem Ende ihrer Schulzeit einen verpflichtenden Dienst für die Gesellschaft leisten müssen? Darüber diskutieren Experten der CDU in einem sogenannten Werkstattgespräch. Die Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hatte einen solchen Dienst schon zu ihrer Zeit als Generalsekretärin ins Gespräch gebracht. (…) Nun ist das wahrlich kein neues Thema, auch wenn man derzeit durch die geballte Medienberichterstattung einen solchen Eindruck bekommen könnte. (…) Die Arbeit der Bundeswehr-Strukturreformkommission ist deshalb auch heute noch so bedeutsam, weil sie zum einen für eine Aussetzung der Wehrpflicht plädiert hat (und damit parallel natürlich auch des Zivildienstes), zum anderen hat die Kommission vorgeschlagen, einen bis zu 23-monatigen Freiwilligendienst einzuführen, der allen Erwachsenen für den Dienst der Allgemeinheit offensteht. Diese Vorschläge wurden dann auch umgesetzt. Der „Bundesfreiwilligendienst“ ersetzt seit Juli 2011 den Zivildienst, der mit Abschaffung der Wehrpflicht gegenstandslos wurde. Die „Bufdis“ sollten die rund 90.000 bis dahin vorhandenen Zivi-Stellen kompensieren. Aber es gibt zwei Besonderheiten: Während der Zivildienst ein den Wehrdienst entsprechender Zwangs-Dienst für junge Männer war, richtet sich der Bundesfreiwiiligendienst (BFD) als Angebot an alle: Frauen und Männer, Alte und Junge, Deutsche und Ausländer. (…) Selbst wenn man ein grundsätzlicher Befürworter einer allgemeinen Dienstpflicht wäre (und es gibt durchaus nachvollziehbare Argumente für die Einführung einer solchen ganz eigenen Erfahrungswelt in diesem Fall für die jungen Menschen) – das wird nicht funktionieren können. Keiner der Theoretiker hat eine Vorstellung davon, was es bedeuten würde, Hunderttausende Pflichtdienst-Plätze anzubieten und zu befüllen. Wohlgemerkt zu besetzen nicht nur mit halbwegs begeisterten Freiwilligen, sondern im Kontext eines Zwangsdienstes. Der Aufbau einer entsprechend dimensionierten behördlichen Maschinerie wäre zwingend erforderlich. (…) Bekanntlich sollte man absteigen, wenn man merkt, dass man ein totes Pferd zu reiten versucht. Wesentlich praxisorientierter wäre nun endlich ein ambitionierter Anlauf, die bestehenden Freiwilligendienste zu verbessern und diese aufzuwerten. Also die positiven Anreize für ein freiwilliges Engagement in wichtigen gesellschaftlichen Handlungsfeldern zu verstärken…“ Beitrag von Stefan Sell vom 29. November 2019 auf seiner Homepage externer Link

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