Primark sind Zahlen wichtiger als die Gesundheit der Kolleg*innen – Druck und Mobbing v.a. in Hannover

Dossier

Protestiert am 3. Juli bei der Eröffnung der neuen Primark-Filiale in BerlinViele Kolleg*innen bei Primark klagen über Gesundheitsbelastungen. Die Ursachen liegen in den Arbeitsbedingungen. Andauernde Gelenkschmerzen, pochender Kopfschmerz, Verspannungen, Konzentrationsprobleme und Probleme beim Einschlafen: Dies  sind nur wenige Beispiele für Gesundheitsprobleme, die unsere Kolleg:innen auf Betriebsversammlungen schildern. (…) Ursachen sind zum Beispiel die vielen gleichzeitig anfallenden Aufgaben an der Umkleide, die ständigen Unterbrechungen auf der Fläche, weshalb Arbeiten  immer wieder von vorne gemacht werden müssen, die ständig wechselnden Anforderungen durch ISE oder nur schwer zu bewegende Trollys. Diese verschärfen den ständigen Zeitdruck und die körperlichen Belastungen. (…) Zur gleichen Zeit steht im Raum, dass mehrere hundert Millionen bei Primark eingespart werden sollen. Schon jetzt erleben wir ständig, dass die Zahl der  Mitarbeiter:innen schrumpft und die Belastungen steigen…“ Meldung vom 10. Februar 2023 bei ver.di-Handel externer Link zu Ergebnissen einer Mapping-Aktion. Siehe dazu mehr v.a. aus Hannover:

  • Beschäftigte sollen Lohn zurückzahlen – ver.di protestiert gegen neue Eskalation bei Primark Hannover New
    „Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) protestiert gegen erneute massive Einschüchterungsversuche von Teilen der Belegschaft bei Primark Hannover durch die Geschäftsführung. Im Januar hatten rund 50 Beschäftigte schriftliche Aufforderungen erhalten, Teile ihres Gehalts zurückzuzahlen. Nach Auffassung der Geschäftsführung sollten Summen zwischen 500 und 1500 Euro zurück überwiesen werden. Für die mehrheitlich teilzeitbeschäftigten Frauen ist dies teilweise ein volles Monatsgehalt. Einen Grund dafür hatte die Leitung der Primark-Filiale nicht. Auffallend ist allerdings eines: Alle Betroffenen haben sich in der Vergangenheit regelmäßig an Streiks bei Primark beteiligt. (…) Derzeit prüft die ver.di-Rechtsabteilung alle Fälle. Es ist nicht das erste Mal, dass die Geschäftsführung von Primark in Hannover mit dubiosen Mitteln gegen die eigene Belegschaft vorgeht. Bereits vor Weihnachten hatte ver.di Versuche der Filial-Leitung öffentlich gemacht, die gewerkschaftlich gut organisierte Belegschaft aus dem Unternehmen zu drängen und gegen billigere Mini-Jobber auszutauschen, zum Beispiel über kurzfristige Änderungen im Dienstplan oder durch mündliche Einschüchterungsversuche..“ Pressemitteilung vom 12. Januar 2024 von ver.di Bezirk Hannover-Heide-Weser externer Link, siehe dazu:

    • Und wieder eine Schweinerei von #Primark! Streikende haben dieser Tage einen netten Neujahrsgruß von ihrem Arbeitgeber erhalten. Knapp 50 Primark-Mitarbeiter sollen zwischen 500 und 1.500 € Lohn zurückzahlen. Für die vielen teilzeitbeschäftigten Frauen ist das viel Geld. Ein erkennbarer Grund wird in den Schreiben nicht deutlich. Es geht vielmehr darum, mit gezielten Nadelstichen die gewerkschaftlich gut organisierte Belegschaft aus dem Betrieb zu mobben und gegen billigere Minijobber auszutauschen. Aber damit werden sie nicht durchkommen!Tweet von Mizgin Ciftci vom 12. Jan. 2024 externer Link mit Foto
    • „Gewerkschaft deckt auf! Heute in allen Bussen und Bahnen der Region Hannover. #verdi #primark #streik #einzelhandel“ Tweet von Mizgin Ciftci vom 12. Jan. 2024 externer Link
  • Psychischer Druck, Mobbing, Verstöße gegen Arbeitsgesetze – schwere Vorwürfe über die Primark-Filiale in der Osterstraße in Hannover vor Gericht
    Psychischer Druck, Mobbing, Verstöße gegen Arbeitsgesetze: Es sind heftige Anschuldigungen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bekleidungsgeschäfts Primark gegen ihren Arbeitgeber erheben. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi schlägt daher Alarm: „Primark ist ein Unternehmen, das mit Angst und Einschüchterung arbeitet. Wir fordern: Achten Sie die Rechte der Arbeitnehmer und nehmen Sie Ihre Fürsorgepflicht wahr“, sagt Gewerkschaftssekretär Mizgin Ciftci in Richtung des Einzelhändlers, der seinen Sitz in Irland hat. (…) Mehr als 40 Betroffene aus der Belegschaft berichteten bei einem Pressetermin am Freitag, dass sich ihre Arbeitssituation seit rund zwei Jahren deutlich verschlechtert habe. Damals habe eine neue Store-Leiterin die hannoversche Filiale übernommen. Im April dieses Jahres dann hatte Primark seine Verkaufsfläche in Hannover von vier auf zwei Etagen verkleinert. Das gelte, erklärt Ciftci, als Betriebsänderung: Würden also betriebsbedingte Kündigungen nötig, müsse ein Sozialplan erstellt werden. Die Leitung habe damals zur Freude des Personals behauptet, Kündigungen seien nicht geplant. (…) Inzwischen aber spreche die Filialleitung gezielt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an und dränge sie, Aufhebungsverträge zu unterschreiben. Dabei werde der Kündigungsschutz ausgehebelt, kritisiert Verdi. Um mehr Druck aufzubauen, sei im Oktober der Dienstplan, der sonst verlässlich für ein Jahr gelte, zum Nachteil der Beschäftigten geändert worden. Auf Mütter mit kleinen Kindern und festen Betreuungszeiten sei keine Rücksicht genommen worden, auch auf Menschen, die Angehörige pflegen, nicht. Wer sich bei Vorgesetzten über die Planung beschwere, bekomme zu hören: „Das ist nicht das Problem des Arbeitgebers.“
    Eine Angestellte berichtet, viele Kollegen seien auf einen Zweitjob angewiesen, damit sie ihre Miete zahlen können. Mit dem neuen Plan sei aber eine Abstimmung zwischen beiden Jobs kaum mehr möglich – man müsse also einen Job kündigen. Eine Kollegin ergänzt, dass sie seit Monaten schlecht schlafe, weil die Situation so unangenehm sei. Ihr Wunsch: „Wir wollen doch alle nur glücklich zur Arbeit kommen“. (…) Was ihnen besonders sauer aufstößt, ist, dass sich die Angriffe und Einschüchterungsversuche vor allem gegen diejenigen richtet, die an den Streiks im Einzelhandel teilnehmen. (…) Marc Sauer, langjähriger Verkäufer und ehemaliger Betriebsrat bei Primark berichtet, er sei im Sommer von seinem Arbeitgeber „als Anführer der Streiks identifiziert“ und beschuldigt worden, dass er vor jedem neuen Streik die Kollegen mobilisiere. „Deswegen wurde mir mit der Kündigung gedroht.“ Supervisor Jens, der seinen Nachnamen nicht nennen möchte, berichtet, dass er angewiesen worden sei, unangenehme Aufgaben vor allem denen zu geben, die mitstreiken. „Das habe ich natürlich nicht gemacht“, sagt Jens. „Ich habe mich gefühlt, als würde man mich zum Mobbing anstiften.“
    Auf ihren Betriebsrat könne die Belegschaft nicht zählen, sagt Gewerkschaftssekretär Ciftci. Verdi bewerte die Arbeitnehmervertretung inzwischen als arbeitgebergesteuert. Neun Mitglieder müsse das Gremium haben, 37 Menschen hätten bei der letzten Wahl 2021 für die Liste kandidiert. Seither haben so viele Mitglieder den Betriebsrat verlassen, weil sie die Lage nicht mehr aushielten, dass selbst die Nachrücker fast aufgebraucht seien. Aktuell bestehe der Betriebsrat aus drei Supervisoren und zwei Führungskräften, die das Unternehmen auf seine Seite gebracht habe. Es seien zudem Menschen, die mit nur wenigen Stimmen gewählt worden und damit kaum demokratisch legitimiert seien.“ Artikel von Katharina Kutsche vom 16.12.2023 in Hannoversche Allgemeine online externer Link  („Psychischer Druck und Mobbing? Primark-Mitarbeiter aus Hannover erheben schwere Vorwürfe“, Paywall) – bei ver.di nur das gefunden:

  • Primark versucht aktuell die Personalkosten zu drücken. Und die Rechte von Kolleginnen und Kollegen sollen  bei diesem Vorhaben offenbar gleich mit eingespart werden
    So ist bei einigen Beschäftigten das Recht auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall missachtet worden. Die Zahlung wurde  eingestellt – eine existenzbedrohende Maßnahme! Der Arbeitgeber sieht sich im Recht, spricht von einer neuen Rechtslage. Er  behauptet, dass mehrere Krankschreibungen zusammenzufassen sind. Und da es sich dann faktisch um eine Erkrankung handele, seien die sechs Wochen Lohnfortzahlung ausgeschöpft. Das aber ist falsch, denn es liegen bei der  Krankenkasse Meldungen über unterschiedliche Erkrankungen vor.
    Hintergrund: Normalerweise wird bei mehreren Erkrankungen, die 6 Wochen Arbeitsunfähigkeit und mehr ergeben könnten, bei  der Krankenkasse nachgefragt. Dabei wird geklärt, ob es sich um sogenannte Folgeerkrankungen handelt. Falls ja, zahlt die  Kasse Krankengeld, wenn die 6 Wochen überschritten sind. Primark aber verhält sich anders. Hier sollen Beschäftigte Nachweise erbringen und Diagnosen zur Verfügung stellen. Das ist  rechtswidrig: Es reicht aus darzulegen, dass keine Folgeerkrankung vorliegt. Diese Information erhält der Arbeitgeber von der  Krankenkasse. Solltet ihr ebenfalls solche Aufforderungen erhalten, kontaktiert sofort euren Betriebsrat und die ver.di-Rechtsberatung für Mitglieder!
    Bekannt geworden sind bei Primark auch Fälle, in denen angedroht wurde, bei selbstverschuldeten Arbeitsunfällen keine  Lohnfortzahlung zu gewähren. Geäußert wurde auch die Erwartung an die Betroffenen, den Unfall nachzustellen. (…)
    Sparpotenzial sieht Primark offenbar auch darin, Personal möglichst billig loszuwerden. In letzter Zeit hat man etlichen  Beschäftigten Aufhebungsverträge vorgelegt. Unser Tipp: Auf keinen Fall gleich unterschreiben. Hände weg vom  Kugelschreiber! Ein Aufhebungsvertrag kann übrigens immer auch zur Sperre beim Arbeitslosengeld führen...“ Meldung vom 31. März 2023 bei ver.di Handel externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=209047
nach oben