Das neoliberale Label „Bürokratieabbau“ trifft nun auch auf den Arbeitsschutz und droht u.a. mit der Abschaffung von rund 123.000 Sicherheitsbeauftragten
„Alle Bundesministerinnen und -minister der neuen Regierung sind laut Koalitionsvertrag zum Bürokratieabbau verpflichtet. Arbeitsministerin Bärbel Bas plant, das Arbeitsschutzrecht zu reformieren. Dabei sollen sowohl rund 123.000 Sicherheitsbeauftragte als auch Sicherheitsexperten für besonders gefährdete Gefährdungsbereiche, wie etwa die Druckluftbeauftragten, in den Betrieben abgeschafft werden. (…) Dies soll aber nur eine Maßnahme von vielen sein: Das gesamte Arbeitsschutzrecht soll ihr zufolge so geändert werden, dass Unternehmen sich nur noch auf die in ihren Betrieben tatsächlich gegebene Gefährdungslage für die Beschäftigten konzentrieren müssen. Der deutsche Arbeitgeberverband spricht sich dafür aus…“ Beitrag von Dr. Joerg Hensiek vom 17.10.2025 bei haufe.de
(„Geplanter Bürokratieabbau im Arbeitsschutz“), siehe erste Proteste von DGB und der IG BAU:
- Reduzierung der Sicherheitsbeauftragten in Unternehmen ist keine gute Idee
„Zur Medienberichterstattung über Pläne des Bundesarbeitsministeriums, die Zahl der Sicherheitsbeauftragten in den Unternehmen drastisch zu reduzieren, hier ein Statement von Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied: „Das Ministerium muss sich fragen lassen, wie wichtig ihm die Gesundheit der Beschäftigten wirklich ist. Dabei ist es nicht mal so, dass Unternehmen mit Einsparungen rechnen können, ganz im Gegenteil: Die Ausbildung der Sicherheitsbeauftragten wird aktuell von den Berufsgenossenschaften als Dienstleistung für die Betriebe durchgeführt. Bisher haben vor allem kleinere Betriebe damit einen niedrigschwelligen Zugang zu Fachwissen im Arbeits- und Gesundheitsschutz. Das unterstützt dabei, Gefahren am Arbeitsplatz zu erkennen und Vorschriften einzuhalten. Wenn es diese Sicherheitsbeauftragten nicht mehr gibt, fällt die Unterstützung weg; Arbeitgeber sind dann wieder selbst verantwortlich für sicheres und gesundes Arbeiten und haftbar im Falle von Unfällen.
Was deutlich besser wäre als Schutzvorschriften zu schleifen: Eine gute Strategie für die Weiterentwicklung des Arbeitsschutzes durch Digitalisierung, kluge Nutzung von KI und bessere und mehr Kontrollen. Das würde sowohl den Betrieben, als auch der Gesundheit der Beschäftigten helfen.““ DGB-Pressemitteilung vom 16. Oktober 2025 - Reduzierung der Sicherheitsbeauftragten in Unternehmen ist keine gute Idee. IG BAU warnt vor BMAS-Plänen zur Reduzierung von Sicherheitsbeauftragten
„„Gesundheitsschutz ist nicht verhandelbar – Bürokratieabbau darf nicht auf dem Rücken der Beschäftigten stattfinden“
Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) reagiert mit scharfer Kritik auf die bekannt gewordenen Pläne des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS), die Zahl der Sicherheitsbeauftragten insbesondere in kleinen und mittleren Betrieben zu reduzieren. „Das ist ein sehr, sehr schlechter Plan“, warnt Carsten Burckhardt, Stellvertretender Bundesvorsitzender der IG BAU und im Bundesvorstand zuständig für Arbeits- und Gesundheitsschutz. „Wer Sicherheit abbaut, gefährdet Menschenleben. Bürokratieabbau auf dem Rücken der Beschäftigten ist keine Reform – das ist Leichtsinn.“ Sicherheitsbeauftragte sind in den Betrieben die ersten Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, wenn es um sichere Abläufe, Gefährdungsbeurteilungen oder den richtigen Umgang mit Maschinen, Werkzeugen und Gefahrstoffen geht. Sie sind Kolleginnen und Kollegen, die hinschauen, wenn andere weggucken. Gerade auf Baustellen, in Dachdecker-, Maurer-, Straßenbau- und Ausbau-Betrieben, im Gartenbau, in der Land- und Forstwirtschaft oder in Reinigungsobjekten sind sie unverzichtbar. Sie kennen die Abläufe, sprechen die Sprache der Kolleginnen und Kollegen und sorgen dafür, dass Sicherheit nicht nur auf dem Papier steht, sondern gelebt wird.
„Mit einer solchen Initiative bestraft man die Arbeitgeber, die sich ernsthaft um Sicherheit kümmern – und verschafft denen Wettbewerbsvorteile, denen die Gesundheit ihrer Beschäftigten am Hintern vorbeigeht“, so Burckhardt weiter. Die IG BAU verweist auf die aktuellen Zahlen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), wonach rund 670.000 Sicherheitsbeauftragte in Deutschland tätig sind – überwiegend ehrenamtlich und zusätzlich zu ihrer eigentlichen Arbeit. Sie tragen entscheidend dazu bei, dass Sicherheit und Gesundheitsschutz in den Betrieben funktionieren. In enger Zusammenarbeit mit der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) setzt sich die IG BAU seit Jahren für die konsequente Umsetzung der Vision Zero ein – der gemeinsamen Verpflichtung, eine Welt ohne Arbeitsunfälle und arbeitsbedingte Erkrankungen zu schaffen…“ Pressemitteilung vom 17.10.2025 der IG BAU
Beachte zum Hintergrund unser Dossier: Bürokratieabbau: Regulierung im gesellschaftlichen Interesse statt „Better Regulation“