[Studie des Mit-Verursachers mit revolutionärer Erkenntnis] Niedriglohnsektor: Sackgasse statt Sprungbrett
„In der Corona-Krise offenbaren sich gesellschaftliche Missstände, so auch im Niedriglohnsektor. Half seine Ausweitung Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte in Arbeit zu bringen, entpuppt er sich heute für viele Beschäftigte als Sackgasse. (…) Rund 7,7 Millionen und damit mehr als ein Fünftel aller abhängig Beschäftigten in Deutschland verdienten 2018 weniger als 11,40 Euro brutto pro Stunde und arbeiteten damit im Niedriglohnsektor. Ein großer Teil von ihnen erhielt sogar weniger als den gesetzlichen Mindestlohn. (…) Inzwischen haben einige Branchen ihr Geschäftsmodell auf niedrigen Löhnen aufgebaut. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie des DIW Econ, einer Tochter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin, in unserem Auftrag. Mit der Ausweitung des Niedriglohnsektors ist es weitgehend gelungen, Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Allerdings mit Nebenwirkungen: Immer mehr Beschäftigte erhalten auch für mittel- bis hochqualifizierte Tätigkeiten nur einen Niedriglohn. Ihre Zahl ist seit Mitte der 1990er Jahre um knapp eine Million auf über drei Millionen angewachsen. Dies entspricht rund 40 Prozent aller Niedriglohnbeschäftigten. (…) Die Studie zeigt zudem, dass sich die Hoffnung eines Aufstiegs in besser bezahlte Tätigkeiten für die Hälfte der Niedriglohnbeschäftigten nicht erfüllt hat (…) Dabei beeinflussen Geschlecht, Qualifikation und Alter der Erwerbstätigen nicht nur, wie häufig sie zu Niedriglöhnen arbeiten, sondern auch wie groß ihre Aufstiegschancen sind. (…) Beschäftigte in Branchen, die sich in der Corona-Krise als systemrelevant erwiesen haben, machen einen Großteil der Niedriglöhner aus: 2018 waren mehr als die Hälfte der Niedriglohnbeschäftigten im Groß- und Einzelhandel, in der Transport- und Nahrungsmittelindustrie sowie in den Bereichen Bildung, Gesundheits- und Sozialwesen tätig. „Die Corona-Krise verstärkt die Probleme des Niedriglohnsektors – vor allem für Minijobberinnen und Minijobber…“ Beitrag von Valentina Sara Consiglio und Manuela Barišić vom 2. Juli 2020 bei der Bertelsmann Stiftung