IAW-Studie im GVP-Auftrag will gezeigt haben, die Zeitarbeits-Lohnlücke sei durch Tarifverträge geschlossen
„Eine aktuelle IAW-Studie im Auftrag des Gesamtverbands der Personaldienstleister e.V. (GVP) untersucht auf Basis der Verdienststrukturerhebung 2023 Lohnunterschiede zwischen Beschäftigten in und außerhalb von Zeitarbeit. Dabei zeigen sich zunächst unbereinigte Lohnlücken zulasten von Zeitarbeit – sowohl im monatlichen Verdienst als auch im Stundenlohn. Wird jedoch ein Vergleich zwischen ähnlichen Beschäftigten in und außerhalb der Zeitarbeit angestellt, fällt die Differenz beim Monatslohn deutlich geringer aus. Beim Stundenlohn ist bei Berücksichtigung unterschiedlicher Eigenschaften von Beschäftigten in und außerhalb von Zeitarbeit keine Lohnlücke mehr festzustellen, wenn das Verfahren der statistischen Zwillinge (Matching) eingesetzt wird. Bei Verwendung von Regressionsmodellen ergibt sich sogar eine umgekehrte Lohnlücke in der Bezahlung pro Stunde zugunsten von Zeitarbeit…“ IAW-Meldung vom 24.06.2025
(„IAW-Studie zeigt: Zeitarbeits-Lohnlücke ist geschlossen“) zur Studie „Analysen zum Pay Gap in der Zeitarbeit auf Grundlage der Verdiensterhebung 2023“, siehe ihre Zusammenfassung:
- Analysen zum Pay Gap in der Zeitarbeit auf Grundlage der Verdiensterhebung 2023
„… Die unbereinigte Lohnlücke im durchschnittlichen monatlichen Bruttoverdienst zwischen Zeitarbeitnehmer/innen und Nicht-Zeitarbeitnehmer/innen fällt zunächst zu Lasten von Zeitarbeit aus. Unter allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten verdienen Zeitarbeitnehmer/innen rund 24 % weniger, bei Vollzeitbeschäftigten liegt die Lücke sogar bei -33 %. Bereits bei direkter Betrachtung von Arbeitnehmer/innen mit dem gleichen Bildungs- bzw. Anforderungsniveau verringert sich die beobachtete Lücke auf -12 % bis +3 % bei sozialversicherungspflichtigen Voll- und Teilzeitbeschäftigten, bei Vollzeitbeschäftigten auf -19 % bis -15 %.Vertiefende ökonometrische Analysen, die zusätzlich Merkmale wie Alter, Geschlecht, Betriebszugehörigkeit, Nationalität und Beruf einbeziehen, reduzieren die beobachtete Lücke im Monatsverdienst weiter. (…) Auf Basis der Methode der statistischen Zwillinge zeigt sich eine um unterschiedliche Eigenschaften bereinigte Lohnlücke im Bruttomonatsverdienst von ungefähr -11 % bis -9 % bei allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, sowie von -14 % bis -12 % unter Vollzeitbeschäftigten. (…) Im Gegensatz zur Methode der statistischen Zwillinge sind Regressionsmodelle zwar weniger flexibel, ermöglichen dafür aber genauere Aussagen über die Ursachen von Lohnunterschieden. Auf Basis solche Modelle liegt die bereinigte Lohnlücke zwischen -3 % und 0 % für alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und zwischen -8 % und -5 % für Vollzeitbeschäftigte. (…) Für die Gruppe der geringfügig beschäftigten Arbeitnehmer/innen ergibt sich der interessante Befund, dass der Monatsverdienst für Zeitarbeitnehmer/innen im Durchschnitt 11 % über dem von Nicht-Zeitarbeitnehmer/innen liegt. Dieser Vorteil bleibt auch bestehen, wenn Unterschiede in persönlichen oder strukturellen Merkmalen berücksichtigt werden (7 % bis 12 %). Immerhin 6 % aller in Zeitarbeit beschäftigten Personen üben eine geringfügige Beschäftigung aus. Unter Nicht-Zeitarbeitnehmer/innen beträgt dieser Anteil ca. 11 %. (…)
Weitergehende ökonometrische Analysen zeigen eine praktisch vollständige Eliminierung der Lohnlücke im Verdienst pro Arbeitsstunde zwischen Zeitarbeit und Nicht-Zeitarbeit, wenn Unterschiede in individuellen Eigenschaften und Merkmalen des Beschäftigungsverhältnisses berücksichtigt werden. (…)
Im Gegensatz zur Methode der statistischen Zwillinge deuten unsere Regressions- und Zerlegungsanalysen darauf hin, dass Personaldienstleister bei Berücksichtigung unterschiedlicher Eigenschaften der Beschäftigten in und außerhalb von Zeitarbeit sogar umzwischen 5 % und 11 % höhere Vergütungen pro Arbeitsstunde bieten als Nicht-Personaldienstleister. Auch bei den durchschnittlichen Vergütungsstrukturen des Stundenlohns sind bestimmte Unterschiede zwischen Zeitarbeit und Nicht-Zeitarbeit zu beobachten. Die Entlohnung durch Zeitarbeitsfirmen variiert weniger mit Alter, Geschlecht und Nationalität der Beschäftigten, dafür ist der Anteil der von persönlichen Eigenschaften unabhängigen Grundvergütung in der Zeitarbeit höher. Dies ist die wahrscheinliche Folge davon, dass Zeitarbeitsfirmen in den meisten Fällen nach Tarifverträgen entlohnen, welche eine einheitliche Vergütungsstruktur (Entgelttabellen) vorsehen. (…) Ein Vergleich zwischen Daten der Verdiensterhebung (VE) und den administrativen Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB-Daten) war nicht Gegenstand dieser Studie. Der Anteil von Zeitarbeitsverhältnissen ist in den IAB-Daten tendenziell etwas höher als in der VE 2023 (2,2 % gegenüber 1,35 %). Die dort gemessenen Lohnlücken zeigen qualitativ ähnliche Muster, können jedoch im Einzelfall abweichen (vgl. Statistik der Bundesagentur für Arbeit 2024, Abschnitt 6). Dies liegt an den grundliegenden Unterschieden zwischen beiden Datenquellen. Die VE erfasst ausschließlich Daten für den Monat April eines Jahres und berücksichtigt dabei nur Personen, die während des gesamten Monats vergütet wurden. Im Gegensatz dazu beziehen sich die IAB-Daten auf das gesamte Kalenderjahr und sind daher nicht anfällig für Verzerrungen durch saisonale Effekte. Zudem erfasst die VE sowohl besonders niedrige als auch besonders hohe Monatsverdienste, während in den IAB-Daten Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze zensiert werden. Der zentrale Nachteil der IAB-Daten besteht aber darin, dasskeine genauen Informationen zur Arbeitszeit vorliegen. Daher lassen sich auf dieserGrundlage keine Stundenlöhne berechnen. Gerade bei der Analyse von Lohnunterschieden zwischen Personengruppen ist aber wie oben dargestellt der Stundenlohn die relevantere Bezugsgröße als der Monatsverdienst, da er die Vergütung pro geleisteter Arbeitseinheit darstellt.“ Aus der Zusammenfassung der 62-seitigen Studie vom 10. Juni 2025vom Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung e. V. an der Universität Tübingen von Prof. Dr. Martin Biewen, Dr. Philipp Kugler und Alexa Weikinger
Siehe zum Hintergrund die Rubrik Tarif(verhandlungen) zur Leiharbeit