Nobelpreis für Ökonomie für Claudia Goldin, die Detektivin des Gender Pay Gaps

Tag der betrieblichen Entgeltgleichheit 2016 am 14. OktoberDas Forschungsfeld von Claudia Goldin war lange wenig beachtet: Die Geschlechter-Unterschiede bei der Bezahlung. Für ihren historischen Erklärungsansatz erhält die Harvard-Ökonomin den diesjährigen Wirtschafts-Nobelpreis. (…) In ihrer seit den 1960er-Jahren stark quantitativ-mathematisch orientierten Wissenschaft vertritt die 77-Jährige einen ungewöhnlich breiten Ansatz, der insbesondere die historische Dimension einbezieht. So erklärt sie in ihrer Forschung häufig aktuelle ökonomische Phänomene aus ihren geschichtlichen Ursprüngen heraus. (…) Eine zentrale Arbeit in diesem Zusammenhang ist das Buch „Understanding the Gender Gap: An Economic History of American Women“ (1990), in dem sie die Geschichte weiblicher Arbeit seit dem 18. Jahrhundert bis heute und deren Bedeutung für wirtschaftliches Wachstum untersucht. Dabei geht sie der Frage nach, warum Geschlechterunterschiede bei der Entlohnung und Beschäftigung entstanden und bis heute bestehen…“ Meldung vom 09.10.2023 bei tagesschau.de externer Link („Nobelpreis für Ökonomin Goldin: Warum Frauen so oft weniger verdienen“) und mehr dazu:

  • Nobelpreis für feministische Ökonomie: Die Detektivin des Gender Pay Gaps – Claudia Goldin erhält den Wirtschaftsnobelpreis – als erst dritte Frau
    „…. Für Claudia Goldin ist die „gierige Arbeit“ schuld: Die Jobs, die häufig nicht Personen annehmen können, die Kinder oder Senioren betreuen, weil sie dann oft „auf Abruf“ sein müssen. Auch in der westlichen Welt haben vor allem Männer diese „gierigen Jobs“ – die besonders gut bezahlt werden. Frauen werden bei diesen Arbeitsplätzen dafür bestraft, dass sie im Schnitt „nur“ 52 statt 62 Stunden pro Woche arbeiteten, dass sie vielfach neun Monate Elternzeit nehmen statt einen Monat wie die Männer, sagt Goldin. Für ihre Studien zu Geschlechterrollen am Arbeitsmarkt „sowie zu den Hauptursachen für die verbleibenden geschlechtsspezifischen Unterschiede“ hat das Nobelkomitee in Stockholm die 77-jährige Harvard-Professorin am Montag mit dem „Wirtschaftsnobelpreis“ prämiert. Die Ungerechtigkeit hat Struktur – weltweit, quer durch fast alle Kulturkreise und Branchen. Goldin ist nicht nur die erst dritte Frau unter bislang 90 Träger:innen der mit umgerechnet 920.000 Euro dotierten Auszeichnung. Das Komitee hob auch hervor, dass weltweit nur etwa 50 Prozent der Frauen auf dem Arbeitsmarkt vertreten sind, verglichen mit 80 Prozent der Männer. Zugleich verdienen Frauen weniger und erreichen seltener Spitzenjobs. Goldins Arbeit sei deshalb so wichtig, weil sie „die erste umfassende Darstellung des Verdienstes und der Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen über die Jahrhunderte hinweg“ geleistet habe. Goldin habe dafür „die Archive durchforstet“, erklärte die Jury weiter. „Sie hat etwas untersucht, was viele Menschen, zum Beispiel viele Historiker, vorher einfach nicht untersucht haben, weil sie nicht glaubten, dass diese Daten existieren“, sagte Randi Hjalmarsson, Mitglied des Nobelkomitees. Goldin sei „eine Detektivin“ des Gender Pay Gaps. Die riesige Datenmenge, die sie zum Teil bereits in den 80er und 90er Jahren sammelte, belegt für die USA, was heute für viele Industriestaaten als Allgemeinwissen gilt: Zum einen, dass die Löhne der Frauen trotz zunehmender Wirtschaftskraft geringer gestiegen sind als die der Männer. (…) Zum anderen, dass Frauen am Arbeitsmarkt schlechter dastehen und daher stärker von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Eine wesentliche Ursache sieht Goldin darin, dass „die Wahlmöglichkeiten von Frauen häufig durch Ehe und die Verantwortung für Haushalt und Familie eingeschränkt waren und sind“. Trotz Modernisierung hätten sich vielerorts die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen kaum verringert. Laut Goldin liege „ein Teil der Erklärung darin, dass Bildungsentscheidungen, die sich auf die Karrierechancen eines ganzen Lebens auswirken, in einem relativ jungen Alter getroffen werden“, erklärte die Jury. Und hob noch ein weiteres ihrer Werke hervor: Die 2002 erschienene Untersuchung „Die Macht der Pille“. In der Studie, die sie zusammen mit ihrem Mann Lawrence F. Katz schrieb, kam heraus, dass der Zugang zur Antibabypille eine „wichtige Rolle bei der Beschleunigung des Anstiegs des Bildungsniveaus“ im 20. Jahrhundert gespielt habe….“ Artikel von Kai Schöneberg vom 9. Oktober 2023 in der taz online externer Link
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