Europäischer Tarifbericht des WSI: Löhne in Europa steigen real, aber meist nur durch die extrem niedrige Inflation

„In den meisten EU-Ländern sind die durchschnittlichen Löhne 2015 stärker gestiegen als die Preise, auch 2016 dürften Beschäftigte in fast allen EU-Staaten im Mittel real mehr Geld in der Tasche haben. Entsprechend stiegen die realen Effektivlöhne im Durchschnitt der 28 EU-Staaten 2015 um 1,4 Prozent, in diesem Jahr wird mit 1,7 Prozent gerechnet. Das liegt allerdings vielerorts nicht an einer kräftigen Lohnentwicklung, sondern vor allem an der extrem niedrigen und 2015 in elf Ländern sogar deflationären Preisentwicklung. Um die Binnennachfrage und das Wachstum in Europa nachhaltig zu beleben, wären deutlichere Lohnsteigerungen nötig. Insbesondere in Südeuropa wird das nur funktionieren, wenn Tarifvertragsstrukturen, die während der Eurokrise unter dem Druck der europäischen Institutionen zerschlagen wurden, wieder neu entstehen. Zu diesem Ergebnis kommt der neue Europäische Tarifbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Er erscheint in der neuen Ausgabe der WSI-Mitteilungen. Europas Arbeitnehmer haben eine lange Durststrecke hinter sich, zeigt die Analyse des WSI-Tarifexperten Prof. Dr. Thorsten Schulten: Preisbereinigt sind die Löhne zwischen 2010 und 2016 in elf EU-Staaten gesunken. In neun weiteren lagen die durchschnittlichen Zuwachsraten bei unter einem Prozent pro Jahr. Deutschland rangiert mit einer kumulierten Reallohnsteigerung von 9,6 Prozent für diesen Sieben-Jahres-Zeitraum im oberen Mittelfeld der Länder mit Zuwächsen. Im vergangenen Jahr lag Deutschland mit einem durchschnittlichen realen Lohnwachstum um 2,6 Prozent hinter acht osteuropäischen EU-Ländern und Schweden auf Rang 10 in der Gemeinschaft. Allerdings war die Bundesrepublik in der Dekade zuvor auch das einzige europäische Land, in dem die Reallöhne zurückgegangen waren: um 5,7 Prozent von 2001 bis 2009…“ WSI-Pressemitteilung vom 30. November 2016 externer Link mit Download des gesamten Tarifberichtes von Thorsten Schulten aus WSI-Mitteilungen 8/2016

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