Wochen ohne Ende: Einer von 5 Beschäftigten 2018 mussten 20% in Deutschland auch an Sonn- oder Feiertagen arbeiten – 2025 schon 25%
Dossier
„In Deutschland arbeiteten im Jahr 2018 14,7 Millionen Menschen an mindestens einem Samstag im Monat, 8,5 Millionen an mindestens einem Sonn- oder Feiertag. Viele von den Betroffenen sind Selbständige sowie Verkäufer, Pfleger, Kellner, Hotelangestellte oder Paketboten. (…) Und dann sind da noch die 16,6 Millionen abhängig Beschäftigten, die größte Gruppe der Erwerbstätigen. Bei denen „konzentriert sich der Schwerpunkt der Wochenendarbeit auf die Bereiche, bei denen Dienstleistungen von uns als Konsumenten oder Betroffene im Gesundheitswesen auch oder besonders stark am Wochenende nachgefragt werden“, darunter Verkäufer, Pfleger, Kellner, Hotelangestellte oder Paketboten. (…) Laut Statistik trifft er befristet Beschäftigte weit häufiger als Unbefristete und ausländische Erwerbstätige weit überdurchschnittlich…“ Artikel von Michael Kläsgen vom 22. Dezember 2019 in der Süddeutschen Zeitung online
und zum Thema:
- Wer arbeitet an den Festtagen 2025/2026? Vor allem GeringverdienerInnen!
- Neue WSI-Studie: Im Job zu Weihnachten und Silvester: Wer muss wann und wo arbeiten?
„Sie liefern den Weihnachtsbraten, sie organisieren die Silvesterparty in Hotel oder Restaurant oder sie kümmern sich um Menschen in Not: Ein Teil der Erwerbstätigen in Deutschland muss arbeiten, während und damit die Mehrheit der Bevölkerung Weihnachten und Silvester feiern kann. Wer an den kommenden Festtagen zur (Erwerbs-)Arbeit muss, hat das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung untersucht. Zentrale Befunde der neuen Studie: In diesem Jahr müssen 9 Prozent der Erwerbstätigen an Heiligabend nach 14.00 Uhr arbeiten. Besonders hoch sind die Anteile derjenigen, die zu Weihnachten und zur Jahreswende „im Dienst“ sind, in Verkehr und Logistik, im Handel, dem Gastgewerbe sowie im Gesundheits- und Sozialbereich. Auch regional bestehen einige Unterschiede: Beispielsweise müssen am Morgen des Heiligen Abends in Ostdeutschland mehr Menschen zur Arbeit gehen als in Westdeutschland, ergibt die Auswertung der WSI-Forscher Dr. Eric Seils und Dr. Helge Emmler. Die Zahlen zeigen darüber hinaus, dass es häufig die gleichen Personen sind, die alle Jahre wieder Heiligabend arbeiten müssen. So sind von denen, die dieses Jahr am 24.12. im Erwerbsjob ran müssen, über 80 Prozent auch in den vergangenen drei Jahren mindestens einmal Heiligabend auf der Arbeit gewesen. (…) An den beiden Weihnachtstagen bleiben die allgemeinen Werte der Beschäftigung in etwa auf dem Niveau von Heiligabend nach 14 Uhr. Eine wichtige Ausnahme ist das Gastgewerbe, wo stets weit mehr als ein Viertel der Erwerbstätigen im Job gefragt ist. Auch im Gesundheits- und Sozialbereich und in Verkehr und Logistik sind dann jeweils rund ein Fünftel im Einsatz. Am Silvestervormittag muss ein knappes Viertel der Erwerbstätigen zur Arbeit. Nach 14 Uhr sinkt der Anteil auf 10 Prozent. Neujahr ist es 8 Prozent der Erwerbstätigen nicht vergönnt, auszuschlafen. „Die Zahlen illustrieren, dass die Erwerbstätigen und die Arbeitszeiten in Deutschland sehr flexibel sind: Was erledigt werden muss, kann erledigt werden. Das gilt auch an Tagen, die die allermeisten Menschen lieber mit Familie oder Freunden verbringen als im Job, die wichtig sind, um Gemeinschaft zu erleben und Kraft zu tanken“, sagt Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des WSI. „Und gleichzeitig ist es wichtig, dass Arbeitszeiten nicht immer weiter ausufern, dass beispielsweise die tägliche Höchstarbeitszeit erhalten bleibt.“ Pressemitteilung der Hans-Böckler-Stiftung vom 19. Dezember 2025
zu - Wer arbeitet an den Festtagen 2025/2026?
„Weihnachten im Dienst? 24 Prozent der Erwerbstätigen müssen am 24. mindestens vormittags arbeiten, an Heiligabend sind neun Prozent im Einsatz. Besonders häufig sind es Menschen mit geringeren Einkommen…“ 7-seitige WSI-Studie von Eric Seils und Helge Emmler
als Analysen zur Tarifpolitik Nr. 112 - Fröhliche Schichtarbeit: Weihnachten ist, wenn die Gans nur für die anderen brät
„… »Die Zahlen illustrieren, dass die Erwerbstätigen und die Arbeitszeiten in Deutschland sehr flexibel sind: Was erledigt werden muss, kann erledigt werden«, ordnet Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des WSI, die Ergebnisse ein. »Das gilt auch an Tagen, die die allermeisten Menschen lieber mit Familie oder Freunden verbringen als im Job.«
Reichtum schützt vor Feiertagsschichten
Zuschläge – sofern sie gezahlt werden – oder die Flucht vor dem Familienfest können auch durchaus Gründe sein, den Dienst freiwillig anzutreten. Doch das gilt längst nicht für alle. Die Studie legt eine tiefe soziale Kluft offen. Feiertagsarbeit ist in Deutschland keine solidarisch verteilte Last, sondern trifft vor allem Geringverdiener. In der untersten Gehaltsstufe (Haushaltseinkommen unter 1500 Euro) müssen 14 Prozent am Nachmittag des »Heiligen Abends« arbeiten, während es in der höchsten Gehaltsstufe nur sieben Prozent sind. (…)
In Branchen, die den festlichen Konsum erst ermöglichen, erreichen die Zahlen Höchstwerte. Im Bereich Verkehr und Logistik muss am Vormittag des 24. Dezembers fast die Hälfte der Beschäftigten (49 Prozent) arbeiten. Im Gastgewerbe ist es an den Weihnachtsfeiertagen und Silvester oft weit über ein Viertel der Belegschaft, die dafür sorgen, dass der Braten auf dem Tisch steht oder die Sektkorken knallen. WSI-Direktorin Kohlrausch warnt mit Blick auf die laufende Debatte um die Wochenhöchstarbeitszeit davor, diese bestehende »Flexibilität« auszuweiten: Arbeitszeiten dürfen nicht weiter ausufern, und die tägliche Höchstarbeitszeit muss als Schutzwall erhalten bleiben, fordert sie…“ Artikel von Felix Sassmannshausen vom 19.12.2025 in ND online
- Neue WSI-Studie: Im Job zu Weihnachten und Silvester: Wer muss wann und wo arbeiten?
- Ohne Schicht im Schacht: Über ein Viertel der Beschäftigten arbeitete 2023 besonders belastend am Wochenende und/oder abends, nachts oder in Schichtarbeit
- Atypische Arbeitszeiten: Mehr als ein Viertel der Beschäftigten arbeitete im Jahr 2023 am Wochenende. Männer arbeiten häufiger abends, nachts oder in Schichten
„Mehr als ein Viertel (27 %) der abhängig Beschäftigten hat im Jahr 2023 zumindest gelegentlich Wochenendarbeit geleistet. Das teilt das Statistische Bundesamt (Destatis) nach Ergebnissen des Mikrozensus zum Tag der Arbeit am 1. Mai mit, an dem die Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern traditionell im Fokus stehen.
Besonders hoch war der Anteil in den Branchen Gastgewerbe (70 %), Kunst, Unterhaltung und Erholung (55 %) sowie im Handel, inklusive der Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen (47 %).
An Samstagen arbeitete zumindest gelegentlich ein Viertel (25 %) aller Beschäftigten, sonntags 15 % und an Feiertagen 6 %. (…) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer arbeiteten 2023 mit einem Anteil von 27 % beziehungsweise 26 % etwa gleich häufig an Wochenenden. Im Gastgewerbe leisteten zwei Drittel (67 %) der Arbeitnehmerinnen Wochenendarbeit. Im Handel (52 %) sowie im Bereich Kunst, Unterhaltung und Erholung (51 %) waren es jeweils etwas mehr als die Hälfte aller weiblichen Beschäftigten. Bei den Männern waren es knapp drei Viertel (74 %) der Arbeitnehmer im Gastgewerbe, 60 % in Kunst, Unterhaltung und Erholung sowie 46 % im Gesundheits- und Sozialwesen, die zumindest gelegentlich am Wochenende arbeiteten. (…)
Neben arbeitsreichen Wochenenden sind Abend- und Nachtarbeit sowie die Arbeit im Schichtsystem mit besonderen Belastungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbunden. Ein Viertel (25 %) der abhängig Beschäftigten arbeitete im Jahr 2023 zumindest gelegentlich abends, also zwischen 18 und 23 Uhr. 15 % arbeiteten zumindest gelegentlich im Schichtsystem, 9 % nachts zwischen 23 und 6 Uhr. Bei Männern sind diese Arbeitsformen häufiger vertreten: Sie verrichteten zu 28 % Abendarbeit, zu 16 % Schichtarbeit und zu 12 % Nachtarbeit. Bei Frauen waren es 23 % der Arbeitnehmerinnen, die zumindest gelegentlich abends arbeiteten, 13 % arbeiteten in Schichten und 6 % nachts. (…)
In der Europäischen Union (EU) arbeiteten im Jahr 2023 mit 18 % anteilig etwas mehr abhängig Beschäftigte in einem Schichtsystem als in Deutschland (15 %). EU-weit war der Anteil an Schichtarbeiterinnen und Schichtarbeitern in Griechenland (36 %), Rumänien (34 %) und Kroatien (33 %) am höchsten. In Dänemark hingegen war Schichtarbeit im europäischen Vergleich deutlich weniger häufig verbreitet (8 %)….“ DeStatis-Pressemitteilung Nr. N022 vom 28. April 2025
, siehe dazu: - Ohne Schicht im Schacht. Flexibel beschäftigt um jeden Preis: Aktuelle Zahlen offenbaren Ausmaß von Spätdiensten und Wochenendarbeit
„Arbeit an Wochenenden, im Spät- oder Nachtdienst ist anstrengend und belastet die Gesundheit. Doch viele abhängig Beschäftigte in Deutschland müssen regelmäßig oder gelegentlich arbeiten, wenn die Mehrheit frei hat. Das zeigen Ergebnisse aus dem vergangenen Mikrozensus. Jährlich befragt das Statistische Bundesamt (Destatis) für diese repräsentative Statistik ein Prozent der Bundesbürger zu unterschiedlichen Themen. 2023 ging es unter anderem um atypische Arbeitszeiten wie Wochenend- und Schichtarbeit. Zum Tag der Arbeit am 1. Mai hat das Amt am Montag die Ergebnisse veröffentlicht. (…) Noch aufschlussreicher als diese Daten aus dem Mikrozensus sind die Ergebnisse einer Arbeitszeitbefragung unter Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, die vor einem Jahr im Auftrag der Gewerkschaft Verdi stattgefunden hat, da sie auch qualitative Aspekte zum Thema enthält. In die Auswertung einbezogen wurden die Angaben von gut 257.600 Beschäftigten, knapp 60 Prozent davon weiblich, was dem Frauenanteil im öffentlichen Dienst entspreche, so Verdi. In der Mehrheit gaben die Befragten an, dass sie besonders durch Schichtdienste, atypische Arbeitszeitlagen wie Nacht-, Abend-, Wochenend- und Feiertagsdienst sowie Bereitschaftsdienste, Rufbereitschaft oder geteilte Dienste belastet sind. Zudem müssen nach dieser im vergangenen Mai veröffentlichten Befragung viele Beschäftigte wegen der hohen Belastung und des Personalmangels Mehrarbeit leisten. Dabei gelinge es nicht immer, diese später durch Freizeit auszugleichen, gaben 47 Prozent der Umfrageteilnehmer an. Durch den Verzicht auf Pausen versuchen 42 Prozent sehr häufig oder oft ihr Arbeitspensum zu schaffen. Die Daten insgesamt gäben Hinweise »auf bereits bestehende gesundheitliche Risiken und Gefährdungen und zeigen einen hohen Bedarf nach Kompensation und Entlastung«, folgerte Verdi. So hätten 56 Prozent der Befragten angegeben, sie könnten vermutlich unter den gegebenen Bedingungen nicht schädigungsfrei bis zum Rentenalter arbeiten. »Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Prävention sind dringende Herausforderungen, um eine (weitere) Reduzierung des Arbeitskräftereservoirs durch Krankheit und Erwerbsunfähigkeit zu vermeiden«, forderte die Gewerkschaft. Doch schon bei der bisherigen Bundesregierung verhallten solche alarmierenden Hinweise. Und die zu erwartende künftige Koalition aus CDU/CSU und SPD hat ohnehin klare Signale in eine andere Richtung ausgesendet…“ Artikel von Gudrun Giese in der jungen Welt vom 29. April 2025
- Atypische Arbeitszeiten: Mehr als ein Viertel der Beschäftigten arbeitete im Jahr 2023 am Wochenende. Männer arbeiten häufiger abends, nachts oder in Schichten
Siehe auch:
- Dossier: Den Sonntag zum Alltag zu machen, ist nicht die Lösung für attraktive Innenstädte – ver.di warnt vor gesellschaftlichen Folgen
- Dossier: SPD, Grüne und FDP (Kapital sowieso) wollen höhere Höchstarbeitszeit: Wir sollen uns flexibel an die Bedürfnisse des Kapitals anpassen
- Dossier: Im Homeoffice oder mit völlig selbstbestimmten Arbeitszeiten fällt Abschalten (Frauen) besonders schwer
- Dossier: COVID-19-Arbeitszeitverordnung erfüllt die Kapital-Wünsche nach längeren Arbeits- und kürzeren Ruhezeiten