Umstrittene Vorschrift: Religionskritiker wollen Söders Kreuzerlass in Karlsruhe kippen

Kreuz mit Söder - Karikatur von Jacques Tilly (Quelle: Bund für Geistesfreiheit Bayern)Die Klagen des Bundes für Geistesfreiheit gegen die Kreuze in Behörden sind bislang gescheitert. Nun ruft die Gruppe das Bundesverfassungsgericht an. Die Kritiker des umstrittenen Kreuzerlasses in Bayern wollen nach der juristischen Niederlage vor dem Bundesverwaltungsgericht nach Karlsruhe ziehen. Wie der Bund für Geistesfreiheit (BfG) München am Sonntag ankündigte, will die Gruppe vor dem Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde gegen die 2018 von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erlassene Vorschrift einlegen. Diese sieht vor, dass in Eingangsbereichen staatlicher Behörden ein gut sichtbares Kreuz anzubringen sei. Der Bund für Geistesfreiheit, eine religionskritische Körperschaft des öffentlichen Rechts, hält den Kreuzerlass für einen Verstoß gegen die Grundsätze der staatlichen Neutralität, Gleichbehandlung und Religionsfreiheit…“ Meldung vom 24. März 2024 in der Südeutschen Zeitung online externer Link und der BfG:

  • Bayerischer Verwaltungsgerichtshof fällt Urteil gegen Söders „Kreuzerlass“: Kruzifix an Gymnasium in Bayern verletzt Glaubensfreiheit New
    Bayern gilt noch heute als besonders katholisch, Ministerpräsident Söder betont stets: „Das Kreuz gehört zu Bayern“. Sein Kreuzerlass aus 2018 war höchst umstritten – nicht nur politisch. Jetzt setzt ein Gericht dem nun Grenzen. Ein Kruzifix in der Schule verletzt die Religionsfreiheit.
    Ein Kruzifix im Eingangsbereich eines staatlichen Gymnasiums in Bayern verletzt die Religionsfreiheit von Schülern. Das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschieden (BayVGH, Urteil vom 8. Juli 2025, Az. 7 BV 21.336). (…) Ob das Kruzifix im Eingangsbereich hängen dürfte, wenn es dafür einen entsprechenden Landtagsbeschluss gäbe – dies ließ das Gericht offen. Unter den umstrittenen, 2018 in Kraft getretenen „Kreuzerlass“, wonach in jedem staatlichen Gebäude in Bayern ein Kreuz hängen muss, fällt ein Kruzifix in einem Gymnasium nach Auffassung der Verwaltungsrichter nämlich nicht
    …“ Beitrag von Britta Schultejans vom 09.07.2025 im Migazin externer Link – siehe juristisch:

    • Bayerischer Verwaltungsgerichtshof: Gymnasium hätte Kruzifix abhängen müssen. Ein Kreuz verletze die negative Glaubensfreiheit der Schüler
      „Ein Kruzifix im Eingangsbereich eines staatlichen Gymnasiums verletzt die durch Art. 4 Abs. 1, 2 Grundgesetz (GG) geschützte negative Glaubensfreiheit von zwei Schülerinnen. Die Weigerung der Schule, das Kruzifix zu entfernen, war daher rechtswidrig. Das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) entschieden (Urt. v. 08.07.2025, Az. 7 BV 21.336). Die beiden klagenden Frauen haben die Schule – nach dpa-Informationen handelt es sich um das Hallertau-Gymnasium in Wolnzach im oberbayerischen Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm – mittlerweile mit Abitur verlassen. Noch während ihrer Schulzeit hatten sie die Entfernung des Kruzifixes begehrt. (…) Maßgeblich für die Entscheidung war hier der sogenannte Kruzifix-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus dem Jahr 1995 (Az. 1 BvR 1087/91). „Die Anbringung eines Kreuzes oder Kruzifixes in den Unterrichtsräumen einer staatlichen Pflichtschule, die keine Bekenntnisschule ist, verstößt gegen Art. 4 Abs. 1 GG“, hieß es damals im ersten Leitsatz des viel diskutierten Beschlusses, der zu den kontroverseren Entscheidungen in der Geschichte des BVerfG gehört. (…) Insbesondere in Bayern wurde die Entscheidung seit jeher kritisch gesehen. 2018 kam mit dem „Kreuzerlass“ des evangelischen Ministerpräsidenten Markus Söder, der das Aufhängen von Kreuzen in staatlichen Gebäuden anordnete, erneut Bewegung in die Sache – auch in der Justiz. Das Bundesverwaltungsgericht entschied 2023 wie zuvor schon der BayVGH: Juristisch sei der Kreuzerlass rechtmäßig, auch wenn es gesellschaftlich eine heftig kritisierte Maßnahme handelt (Az. 10 C 3.22 und 10 C 5.22). LTO berichtete. Die Sache liegt nunmehr beim BVerfG. Hier kommt es zum Knackpunkt im aktuellen Fall: Für weiterführende Schulen wie das Gymnasium gilt der „Kreuzerlass“ nämlich gerade nicht. Ob die Anbringung eines Kruzifixes durch ein Landesgesetz hätte legitimiert werden können, ließ der BayVGH dabei am Mittwoch ausdrücklich offen. „Denn für Gymnasien gab (und gibt) es weder eine gesetzliche Regelung für das Anbringen von Kreuzen noch für das Anbringen von Kruzifixen“, so der BayVGH. Nur für Dienstgebäude sowie für Grundschulen gibt es entsprechende gesetzliche Vorgaben. (…) In einem Aspekt bekam die Schule indes Recht: Die Anordnung des Schulleiters, bei Nichtteilnahme an Schulgottesdiensten einen Alternativunterricht besuchen zu müssen, der sich unter anderem mit allgemeinen Themen aus dem Fach Ethik befasste, segnete der Senat als rechtmäßig ab. Auch dagegen waren die zwei Frauen vorgegangen.“ Meldung vom 9. Juli 2025 bei LTO externer Link und absurd:
    • „Wir wollen diese Kreuze aufhängen“: Dobrindt will Kruzifix-Urteil für Schulen in Bayern nicht akzeptieren
      Der Verwaltungsgerichtshof im Freistaat hat mit seiner Entscheidung eine heftige Debatte ausgelöst. Auch der Bundesinnenminister aus Bayern äußert sich – ohne das Urteil gelesen zu haben. (…) Der Minister aus Bayern erklärte zwar, dass er das Urteil (Az. 7 BV 21.336) noch nicht gelesen habe, riet aber zu einem pragmatischen Umgang damit, dass das Gericht das Kreuz über dem Eingang der betreffenden Schule verboten hatte: „Dann hängt das halt über einen anderen Eingang.“…“ Artikel von Sven Lemkemeyer vom 11.07.2025 im Tagesspiegel online externer Link
  • Siehe den Bund für Geistesfreiheit Bayern externer Link (BfG) und dort:
  • Klage gegen Söders Kreuzerlass: Bund für Geistesfreiheit München geht vor das Bundesverfassungsgericht
    Am 22. März 2024 hat der Bund für Geistesfreiheit München (bfg München) die schriftliche Urteilsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig zur Klage gegen den Kreuzerlass erhalten (Urteilsverkündung 19. Dezember 2023). Für den bfg München ist klar, dass er Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einlegen wird. „Da der Bund für Geistesfreiheit München als ‚Konkurrent‘ der christlichen Glaubensgemeinschaften durch die staatliche Anweisung, das zentrale christliche Symbol schon im Eingangsbereich der durch die Verfassung zur Neutralität verpflichteten Behörden gut sichtbar anzubringen, in seinen Grundrechten auf Gleichbehandlung (Art.3 Abs.3 GG) und auf Religionsfreiheit (Art.4 Abs.1 GG) verletzt ist, werden wir mit unserer Klage vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, sagt die Vorsitzende des bfg München, Assunta Tammelleo.
    Der bfg München fordert die Aufhebung des Kreuzerlasses bzw. des § 28 der Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats Bayern (AGO) und die Abnahme der Kreuze. Die Körperschaft des öffentlichen Rechts sieht in § 28 AGO und im Anbringen der Kreuze in staatlichen Dienststellen nicht nur das staatliche Neutralitätsgebot verletzt, sondern kritisiert auch die Bevorzugung der christlichen Religion gegenüber anderen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften…“ Meldung vom 22.3.24 externer Link als letzte von mehreren zum Thema
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=219384
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