Außerordentliche, fristlose Kündigung von Detlev Boers, BR-Vorsitzender bei Amazon Winsen, wegen angeblichem Arbeitszeitbetrug

Soli für Detlev Boers, BR-Vorsitzender bei Amazon Winsen, vor dem Arbeitsgericht Lüneburg am 5.4.2023 (Foto: ver.di Amazon Niedersachsen-Bremen)„… Und dass der Betrieb auch vor rustikalen Maßnahmen nicht zurückscheut, bekommt jetzt der Betriebsratsvorsitzende des Winsener Logistikzentrums zu spüren: Amazon will ihn fristlos entlassen und zieht deshalb vor das Arbeitsgericht Lüneburg. Gerichtssprecher Ralf Ermel bestätigt auf Nachfrage, dass sich die Parteien am Mittwoch, 5. April, um 13 Uhr im Behördenzentrum an der Adolph-Kolping-Straße in Lüneburg einfinden sollen. Dem Betriebsratsvorsitzenden werde vorgeworfen, einen Betriebsräte-Kongress teilweise geschwänzt zu haben. Er sei laut Amazon am zweiten Kongresstag privaten Aktivitäten nachgegangen, statt an dem Seminar teilzunehmen. Für das Unternehmen ist die Entscheidung, daraus eine fristlose Kündigung abzuleiten, schlicht eine Frage der Gleichbehandlung aller Mitarbeiter…“ Artikel von Hans-Herbert Jenckel vom 27. März 2023 im Winsener Anzeiger online externer Link („Amazon versus Betriebsrats-Chef vorm Arbeitsgericht“), siehe Infos zum Zustimmungsersetzungsverfahren am 5.4.2023:

  • LAG bestätigt außerordentliche Kündigung von Detlev, Betriebsratsvorsitzender bei Amazon Winsen/Luhe New
    „Wer auf Firmenkosten für eine Fortbildung angemeldet ist und diese für eine private Verabredung schwänzt, riskiert seinen Job. Das kann auch Betriebsratsvorsitzende treffen – auch wenn die Hürden für eine Kündigung hier höher sind. Der Betriebsratsvorsitzende bei Amazon am Standort Winsen/Luhe im Landkreis Harburg für einen Fortbildungskongress in Bonn angemeldet – auf Firmenkosten, die Amazon auf mehr als 2.000 Euro bezifferte. Doch in Bonn kam Detlev Börs nie an. Stattdessen fuhr er nach Düsseldorf, saß dort stundenlang in einem Café und übernachtete schließlich bei seiner Ex-Frau. Amazon kündigte Börs daraufhin außerordentlich – zu Recht, entschied nun das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen in Hannover (Beschl. v. 28.02.2024, Az. 13 TaBV 40/23). Damit bestätigte das LAG die Entscheidung des Arbeitsgerichts Lüneburg. Zum Rechtsstreit war es gekommen, da der Betriebsrat der Kündigung nicht die erforderliche Zustimmung erteilt hatte. Betriebsratsmitglieder genießen gemäß § 15 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) besonderen Kündigungsschutz, gemäß § 103 KSchG muss der Betriebsrat der Kündigung zustimmen. Da er dies nicht tat, erstritt der Logistikkonzern die Zustimmung vor Gericht. (…) Amazon hat in Winsen mehr als 1.900 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Rund 100.000 Pakete verlassen das Werk täglich. Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi gibt es an verschiedenen Standorten immer wieder Auseinandersetzungen des Unternehmens mit Betriebsräten.“ Meldung vom 25. März 2024 von und bei LTO.de externer Link („Café-Besuch statt Fortbildung: LAG bestätigt außerordentliche Kündigung von Amazon-Betriebsrat“),darin wichtig: „Nach der Verhandlung in Hannover habe der Mitarbeiter einen Aufhebungsvertrag unterschrieben und man habe sich somit einvernehmlich getrennt. Seit diesem Monat sei er nicht mehr für den Konzern tätig.“ (Hervorhebung von uns)

  • Arbeitsgericht Lüneburg stimmt in einer suspekten Verhandlung der fristlosen Entlassung des Amazon-BRV in Winsen/Luhe zu – Empörung und Berufung als Folge
    • Schulter an Schulter für unseren Kollegen Detlev Börs bei seiner Gerichtsverhandlung  #Amazon hat durch den teuren #Unionbusting Anwalt Thomas Barth von Eversheds Sutherland ein skandalöses Urteil zum Rausschmiss des HAM2 #Betriebsrat Vorsitzenden in erster Instanz erwirkt
      Der Richter Ralf Ermel schaute nahezu die ganze Verhandlung nur den #Amazon Anwalt freundlich lächelnd an, machte für zahlreiche Unterstützer*innen im Publikum kaum den Eindruck, die Perspektive des Betriebsrats ernsthaft zu prüfen. „Klassenjustiz“ wurde empört am Ausgang gerufen
      Detlev Börs selbst äußerte sich nach der Verhandlung kurz und klar: „Aufgeben ist keine Option“. Das Verfahren geht in die nächste Instanz, solange bleibt er mindestens im Betrieb
      An 2 weiteren Standorten in NDS, Wunstorf und Achim werden ganz ähnliche Fälle bald verhandelt.“ Thread von ver.di Amazon Niedersachsen-Bremen vom 6. Apr. 2023 externer Link mit Fotos
    • Siehe weitere Berichte auch von der Solidarität vor und bei der Verhandlung auf dem Twitter-ACC von ver.di Amazon Niedersachsen-Bremen externer Link
    • Gericht stimmt Entlassung von Amazon-Betriebsratschef zu
      Das Arbeitsgericht Lüneburg hat der fristlosen Entlassung des Betriebsratsvorsitzenden bei Amazon in Winsen/Luhe im Landkreis Harburg zugestimmt. „Das war eine schwerwiegende Pflichtverletzung“, sagte der Vorsitzende Richter Ralf Ermel am Mittwoch zum Fernbleiben des Mannes während eines Fortbildungskongresses im November 2022 in Bonn. Es ging um den Verdacht des Arbeitszeitbetrugs, weil der Betriebsratsvorsitzende Detlev Börs am zweiten Tag nicht erschienen war. Nach eigenen Angaben verrichtete er stundenlang Betriebsratsarbeit in einem Café in Düsseldorf und übernachtete bei seiner Ex-Frau. Als freigestellter Vorsitzender des Betriebsrates könne er auch mobil arbeiten. „Das war keine notwendige Betriebsratsarbeit, sie war nicht unaufschiebbar“, ergänzte Ermel. Die Begründung, seine geschiedene Ehefrau zu treffen und in ihrer Wohnung auch gearbeitet zu haben, sei zudem nicht überzeugend und plausibel gewesen. Amazon bezahlte für die Anreise, Übernachtung und Veranstaltungskosten mehr als 2000 Euro. Weil für Betriebsräte ein besonderer Kündigungsschutz gilt, muss der Rat der Kündigung des Leiters zustimmen. Weil er dies nicht tat, musste der Logistikkonzern die Zustimmung vor Gericht erstreiten. Börs kann noch den Weg zum Landesarbeitsgericht gehen. „Ja das werde ich tun“, kündigte er an. (…) Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi gibt es an verschiedenen Standorten immer wieder Auseinandersetzungen des Unternehmens mit Betriebsräten. Weil ein Mitglied in Achim bei Bremen sich jeweils mehrere Stunden auf Einladung mit Ministerpräsident Stephan Weil und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil vom Arbeitsplatz entfernt hat, wurde ihm nach eigenen Angaben gekündigt. Der Betriebsrat stimmte zu. Ein Gerichtstermin im Mai steht dazu an. Amazon schrieb in einer Stellungnahme, man würde niemals den Missbrauch von Unternehmensressourcen oder falschen Reisekostenabrechnungen dulden…“ dpa-Meldung vom 04.04.2023 im Weser Kurier online externer Link
    • Gericht: Amazon darf Betriebsratschef fristlos kündigen
      Das Arbeitsgericht Lüneburg hat der fristlosen Entlassung des Amazon-Betriebsratschefs aus Winsen/Luhe zugestimmt. Der Mann habe eine „schwerwiegende Pflichtverletzung“ begangen, so die Begründung. (…) Detlev Börs verrichtete nach eigenen Angaben stundenlang Betriebsratsarbeit in einem Café in Düsseldorf und übernachtete bei seiner Ex-Frau. Als freigestellter Vorsitzender des Betriebsrates könne er auch mobil arbeiten. Dieser Argumentation folgten weder sein Arbeitgeber noch das Arbeitsgericht. Börs kann noch den Weg zum Landesarbeitsgericht gehen. Die Gewerkschaft ver.di vermutet hinter der Kündigung ein System. Neben dem Amazon-Standort Winsen/Luhe kämpfen aktuell Betriebsratsmitglieder auch in Achim und Wunstorf um ihren Arbeitsplatz. Laut einem ver.di-Sprecher sind in allen Fällen gewerkschaftsnahe Betriebsratsmitglieder betroffen. Die Gewerkschafter vermuten, dass Amazon gezielt kritische Mitarbeiter in seinen Betriebsräten durch loyale Mitarbeiter ersetzen möchte…“ Beitrag von Johannes Koch vom 05.04.2023 in NDR1 externer Link
    • Klassenkämpfer mit DJ-Vergangenheit
      Der Versandriese Amazon will den Winsener Betriebsratsvorsitzenden Detlev Börs loswerden – doch der wehrt sich
      Detlev Börs kennt den Amazon-Standort in Winsen ziemlich genau und die Kollegen kennen ihn: als einen, der sich schon lange für sie einsetzt. 2017 wurde das Logistikzentrum (HAM2) des Konzerns in dem niedersächsischen Ort, südöstlich von Hamburg, eröffnet. Im selben Jahr begann Börs, der aus der Gegend stammt, dort sein Geld zu verdienen. Zuvor war er unter anderem als Schulbusfahrer und DJ in einer Lüneburger Diskothek tätig gewesen.
      Bei Amazon in Winsen arbeiten etwa 1900 Menschen, seit Mai 2018 gibt es einen Betriebsrat. Börs war zunächst Nachrücker, seit den Wahlen im Mai 2022 ist er festes Mitglied und zudem Betriebsratsvorsitzender. (…)
      Verdi vermutet hinter der Kündigung Union Busting, also die systematische Bekämpfung von Gewerkschaften und gewerkschaftsnahen Betriebsräten. Das ist naheliegend – allein in Niedersachsen gibt es zwei weitere aktuelle Fälle von unliebsamen Betriebsräten, derer sich das Unternehmen entledigt hat: in Achim und in Wunstorf.
      Dass der Betriebsrat seine Zustimmung zu einer solchen Kündigung verweigert, ist bei Amazon nicht selbstverständlich. In Achim etwa ist die Mehrheit des Gremiums konzernnah – und trug entsprechend die Entlassung des dortigen Kollegen mit. Anders in Winsen im Fall von Detlev Börs: Seit den Wahlen 2022 hat Verdi hier eine stabile Mehrheit. Der Betriebsrat weigerte sich, dem Rauswurf zuzustimmen. Damit landete der Fall vor Gericht. Am Mittwoch wurde er vor dem Arbeitsgericht Lüneburg verhandelt, das die Kündigung bestätigte. Börs und Kollegen werden das nicht hinnehmen – es geht in die nächste Instanz.“ Artikel von Nelli Tügel vom 05.04.2023 in ND online externer Link
  • Die öffentliche Verhandlung vor dem Lüneburger Arbeitsgericht findet am Mittwoch, 5. April 2023, ab 13 Uhr statt: Adolph-Kolping-Str. 2 (10 Minuten vom Bahnhof Lüneburg).Solidarische Begleitung erwünscht!
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=210538
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