Faschismus im Arbeitsrecht

Nix gelernt? Rechten Terror und Rassimus bekämpfen!Dr. Rolf Geffken begibt sich auf die Suche nach Spuren des Faschismus im (west- ) deutschen Arbeitsrecht und trifft auf das Erbe der Herren Nipperdey & Co. Ob Treuepflicht, Verbot politischer Betätigung, Betriebsgemeinschaft, vertrauensvolle „Zusammenarbeit“ , Friedenspflicht, oder das in den Arbeitnehmer gesetzte „Vertrauen“ bei sog. Verdachtskündigungen: Die Spuren faschistischer Ideologie sind allgegenwärtig.Video vom 05.04.2021 bei youtube externer Link – siehe die ausführliche Beschreibung und nun einen Artikel dazu: Der Professor und die Viererbande: Wie Nazi-Juristen um Hans Carl Nipperdey das deutsche Arbeitsrecht bis heute prägen

Im jüngsten Video Nr. 40 seines Youtube-Kanals kommt Dr. Geffken auf die tief braune bis in die Gegenwart reichende Vergangenheit des (west-) deutschen Arbeitsrechts zu sprechen. Die Hauptprotagonisten der im Arbeitsrecht „herrschenden Meinung“ waren in den letzten 40 Jahren die Professoren Hans Carl Nipperdey, Alfred Hueck und Rolf Dietz. Daneben noch Arthur Nikisch. Sie waren sämtlich bekennende Nationalsozialisten und überwiegend in der „Deutschen Akademie für Recht“ engagiert. Nipperdey und Hueck waren nicht nur die Hauptkommentatoren des „Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit“ im C.H. Beck – Verlag sondern auch die VERFASSER dieses schon 1934 verabschiedeten Gesetzes, das sämtliche Reste des Weimarer Arbeitsrechts beseitigte und das „Führerprinzip“ in den Betrieben verankerte und alle Arbeitnehmer als „Gefolgsleute“ des Betriebsführers verpflichtete. Nipperdey gab verschiedene Veröffentlichungen gemeinsam mit dem NS-Juristen Roland Freisler heraus, dessen Blutjustiz durch die Verfahren gegen die „Verschwörer“ vom 20. Juli 1944 weltberühmt wurde. Noch 1943 gaben die beiden Autoren gemeinsam mit Rolf Dietz die 4. Auflage ihres Kommentars heraus. Während die anderen Autoren nach 1945 als Hochschulprofessoren nahtlos dort weitermachten, wo sie nur scheinbar 1945 aufgehört hatten, gelang es Nipperdey sogar 1954 zum ersten Präsidenten des Bundesarbeitsgerichts ernannt zu werden.

In dieser Eigenschaft konnte Nipperdey seine gesamte Ideologie des Arbeitsverhältnisses als eines „personenrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses“ erneut umsetzen und als „herrschende Meinung in Literatur und Rechtsprechung“ durchsetzen. „Rechtsprechung“ nannten sich die einschlägigen Urteile des Bundesarbeitsgerichts unter der Ägide des Professors Nipperdey. „Literatur“ nannten sich die in den Lehrbüchern von Alfred Hueck und H. C. Nipperdey sowie von Rolf Dietz und Arthur Nickisch vertretenen Auffassungen. Nach ihrem Ableben übernahmen deren „Auffassung“ eine Vielzahl von Schülern, die die „Meinungen“ dieser Herrschaften gewissermaßen multiplizierten. So zB. Klaus Adomeit an der Universität Köln und viele andere.

Zu den gänzlich unabhängig von Gesetzen im Wege der „Rechtsfortbildung“ und „Rechtsschöpfung“ durchgesetzten „Auffassungen“ gehörten

  • Der Umbau des Arbeitsverhältnisses von einem Austauschverhältnis zu einem „Gemeinschaftsverhältnis“, in dem die Interessen des Arbeitnehmers brutal den Interessen des Arbeitgebers untergeordnet wurden.
  • Die besondere Betonung der angeblich den Arbeitnehmer treffenden „Treuepflicht“ gegenüber dem Arbeitgeber und das ihm geschuldete „Vertrauen“.
  • Die massiv eingeschränkte Meinungsäusserungsfreiheit im Betrieb (Verbot jeglichen „Whistleblowings“) sowie die noch heute übliche angeblich auf dem „enttäuschten Vertrauen“ des Arbeitgebers beruhende Verdachtskündigung (Fall Emmely).
  • Das generelle Verbot politischer Betätigung im Betrieb

Innerhalb von Gesetzen gelang den Autoren die teilweise Verankerung ihrer „Ideen“ im Betriebsverfassungsgesetz von 1952 und in den Personalvertretungsgesetzen des Bundes und der Länder von 1955 an. Diese übernahmen mit ihrer „Friedenspflicht“ und dem Arbeitskampfverbot, dem Verbot der politischen Betätigung und dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit weitgehend die Idee der Betriebsgemeinschaft, die zuvor n u r im Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit von 1934 verankert gewesen war. Das BetrVG wurde von der Regierung Adenauer auf dem Höhepunkt der Kommunistenjagd der 50er Jahre gegen den Willen der Gewerkschaften durchgepeitscht. Nipperdey erwies sich wie andere ehemalige Nazis als treuer Vasall dieses Kanzlers durch seine gutachtlichen Stellungnahmen gegen den ersten und einzigen politischen Streik (der IG Druck und Papier) der Gewerkschaften. Dieser war gegen dieses Gesetz gerichtet. Er „gilt“ seit dieser Zeit als angeblich verboten, obwohl n u r die von Nipperdey angeführte „herrschende Meinung“ ihn so bezeichnet hatte. Alle späteren Autoren plapperten es nur nach….

Zum Arbeitskampf äusserte sich Nipperdey als Präsident des BAG durch die erste Entscheidung des “Großen Senats“ zum Arbeitskampf gänzlich losgelöst vom Grundgesetz, das er ohnehin nie ernst nahm. Er vertrat entgegen dem Art. 9 Absatz 3 GG die Auffassung, daß „Arbeitskämpfe im allgemeinen unerwünscht sind, weil sie volkswirtschaftliche Schäden verursachen“. Das stand zwar weder in der Verfassung noch in einem anderen Gesetz aber das BAG schuf sich durch Nipperdey seine Gesetze selbst. Und fortan galten alle Streiks grundsätzlich als unerlaubte Handlungen, die stets eines Rechtfertigungsgrundes bedurften und die Gewerkschaften ggf. schadensersatzpflichtig machten.

Wenn auch heute viele Auswüchse dieser antidemokratischen Rechtsprechung beschnitten wurden, so haben sich bis heute weder das Bundesarbeitsgericht noch die „herrschende Meinung“ von diesen Auswüchsen distanziert. Im Gegenteil: Nipperdey & Co werden immer noch als große Juristen gefeiert, denen man (wenn auch nur ganz leise) allenfalls die Mitgliedschaft in der NSDAP anlastet, n i c h t aber daß sie 20 Jahre lang mit ihrer faschistischen Ideologie das Arbeitsrecht dieser Republik vergiften konnten !“ Aus dem RAT & TAT externer Link Info 313

  • Der Professor und die Viererbande: Wie Nazi-Juristen um Hans Carl Nipperdey das deutsche Arbeitsrecht bis heute prägen New
    „… Die Frage nach dem faschistischen Arbeitsrecht und seiner Fortwirkung in der Bundesrepublik führt zu einer Gruppe von vier Juristen. Neben Nipperdey waren das die Professoren Alfred Hueck und Rolf Dietz sowie auch Arthur Nikisch. Alle vier waren von 1933 bis 1945 bekennende Nationalsozialisten und überwiegend in der Deutschen Akademie für Recht engagiert. Nipperdey und Hueck waren nicht nur die Hauptkommentatoren des „Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit“, 1934 in Kraft gesetzt, sondern hatten es auch verfasst. Nach 1945 konnten alle vier ihre Karrieren fortsetzen, Nipperdey gelang 1954 sogar der Sprung an die Spitze des neu eingerichteten BAG – obwohl er verschiedentlich mit dem weltweit berüchtigten „Blutrichter“ Roland Freisler publiziert hatte. Besonders in seiner Eigenschaft als Präsident des BAG konnte Nipperdey, der diese Position bis 1963 innehatte, seine Ideologie des Arbeitsverhältnisses als eines „personenrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses“ als „herrschende Meinung in Literatur und Rechtsprechung“ in die Nachkriegszeit übertragen. (…) Zu diesen unabhängig von demokratischen Gesetzen im Wege der „Rechtsfortbildung“ und „Rechtsschöpfung“ durchgesetzten Auffassungen gehörte zuvörderst der Umbau des Arbeitsverhältnisses von einem Austausch- zu einem „Gemeinschaftsverhältnis“, das die Interessen des Arbeitnehmers brutal unterordnet. Verbunden damit war eine starke Betonung der angeblichen Treuepflicht von Beschäftigten gegenüber Arbeitgebern und das diesen geschuldete „Vertrauen“. (…) Aber nicht nur in der Auslegung, sondern auch als Berater bereits bei der Formulierung von Gesetzen konnte die Gruppe um Nipperdey ihre Vorstellungen zumindest in Teilen erfolgreich einbringen – etwa im höchst bedeutsamen Betriebsverfassungsgesetz von 1952 und in den Personalvertretungsgesetzen des Bundes und der Länder. Diese orientierten sich mit ihrer „Friedenspflicht“ und dem Arbeitskampfverbot, dem Verbot der politischen Betätigung und dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit weitgehend an Ideen einer Betriebsgemeinschaft von Arbeitgeber und Belegschaft, die zuvor ausschließlich im faschistischen Gesetz von 1934 verankert gewesen waren – und zwar unter dem Rubrum „Gemeinschaft von Betriebsführer und Gefolgschaft“. (…) Zwar sind heute viele Auswüchse dieser antidemokratischen Rechtsprechung beschnitten. Doch haben sich bisher weder das Bundesarbeitsgericht noch die „herrschende Meinung“ von diesen Auswüchsen distanziert. Im Gegenteil werden Nipperdey & Co noch immer als große Juristen gefeiert. Allenfalls – und dann ganz leise – lastet man ihnen die Mitgliedschaft in der NSDAP an, nicht aber den Umstand, dass sie zwanzig Jahre lang mit ihrer faschistischen Ideologie das Arbeitsrecht dieser Republik vergiften konnten.“ Beitrag von Rolf Geffken vom 29. April 2021 bei ‚derFreitag‘ Ausgabe 16/2021 externer Link
  • DIE FASCHISTISCHEN WURZELN DES ARBEITSRECHTS
    Das deutsche Arbeitsrecht hat eine wechselhafte Geschichte. So gilt das Arbeitsrecht der Weimarer Republik bis heute vielen als fortschrittlich und zukunftsweisend. Einige Kontinuitätslinien führen aber von der Weimarer Republik in den Nationalsozialismus bis in die Bundesrepublik…“ Beitrag von Joost Beerwerth im Forum Arbeitsrecht 03/19 externer Link
  • Siehe auch unser Dossier Bundesarbeitsgericht: Richter mit NS-Vergangenheit
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=188896
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