Psychologen: „Jeder dritte Vorgesetzte ist ein kranker Quäler“. Führungskräfte haben häufiger Persönlichkeitsstörungen als der Durchschnitt der Bevölkerung
Im Interview von Peter Ilg vom 14. September 2022 bei heise online
erklärt der Psychologe und Autor Jürgen Hesse, warum ein guter Chef die Ausnahme ist und warum Chefs ihre abhängig Beschäftigen schikanieren: „Das hat immer mehrere Gründe. Einer kann schlechte Laune sein. (…) Vorgesetzte haben zum Abreagieren ihre Mitarbeitenden. Ein anderer Grund ist die weitverbreitete Sorge von Vorgesetzten, dass die Gruppe, der sie vorstehen, sich gegen sie verschwört und an ihrem Stuhl sägt. Um unmissverständlich zu zeigen, wer das Sagen hat, stauchen sie mitunter grundlos, aber präventiv ihr Team zusammen. (…) Die Personalberatung Kienbaum hat schon vor Jahren etwa 500 Führungskräfte aufgrund eines Psycho-Fragebogens analysiert und einen hohen Prozentsatz an Schwerstneurotikern unter Vorgesetzten festgestellt.(…) In der freien Wirtschaft dominieren Narzissten und Egomanen…“ Die vorgeschlagene Gegenstrategie, mal „ansprechen“, ist etwas zu dünn. Psychopaten als Chef gehören entfernt – oder gekündigt:
- Revenge Quitting: Wie Mitarbeiter ihre toxischen Chefs auf spektakuläre Art abservieren
„„Revenge Quitting“ ist mutig, laut – und ein Befreiungsschlag gegen herzlose Chefs und schlechte Jobs. Was sagt der Trend über unsere Arbeitswelt aus?
2011 arbeitete Joey La Neve DeFrancesco seit fast vier Jahren im Zimmerservice eines Luxushotels in Providence, Rhode Island. Er brachte Delikatessen auf Abruf in die Zimmer der Gäste – für einen mickrigen Lohn von 5,50 Dollar pro Stunde. Dazu kamen extrem lange Schichten, und seine Vorgesetzten strichen ihm auch noch einen Teil der Trinkgelder ein. Als DeFrancesco und seine Kollegen versuchten, eine Gewerkschaft zu gründen, wurde der Umgang noch härter. Manager beschimpften Beteiligte schon bei kleinsten Fehlern. Es wurde so kleinlich, dass Angestellte, die Anrufe von Gästen entgegennahmen, nicht einmal sitzen durften. Für DeFrancesco war das Maß voll. An seinem letzten Tag schlich er sich mit einer siebenköpfigen Marching Band in die Mitarbeiterräume und überraschte seinen Chef mit einem musikalischen Auftritt. „Ich bin hier, um Ihnen zu sagen, dass ich kündige“, erklärte er – und marschierte unter dem Triumphsound der Band und dem Sprechchor „Joey quits“ hinaus. (…) Der damals 22-Jährige ließ den Auftritt von einem Freund filmen. Nach ein paar Tagen stellte er das Video auf YouTube – es ging viral. Heute, 13 Jahre später, hat es fast zehn Millionen Aufrufe. „Wir hätten nie gedacht, dass es so viel Aufmerksamkeit bekommt“, sagt DeFrancesco. Der inzwischen 36-jährige Arbeitsorganisator und Musiker, der in New York lebt, fühlte sich nach seiner Aktion „befreit“. Er sagt: „Jetzt blamiere ich euch für die Art, wie ihr hier alle behandelt.“ (…) Doch DeFrancescos Geschichte ist nicht mehr einzigartig. Eine neue Generation von Beschäftigten kündigt mit immer spektakuläreren Aktionen – das Phänomen trägt inzwischen den Namen „Revenge Quitting“. Dabei zeigen frustrierte Angestellte offen, wie unzufrieden sie mit ihrem Arbeitsplatz sind. Sogar Geistliche machen mit: Im Juli verabschiedete sich der Priester Pat Brennan mit einem Gedicht, das zugleich sein Kündigungsschreiben war – darin attackierte er „mürrische, unsympathische“ Gemeindemitglieder, die „Klatsch“ von ihren „heiligen Lippen“ verbreiteten. Die Arbeitgeber-Bewertungsplattform Glassdoor warnte Ende vergangenen Jahres, 2025 stehe „eine Welle von Revenge Quitting“ bevor – wegen sinkender Mitarbeiterzufriedenheit. In Großbritannien zeigte eine Umfrage des Personaldienstleisters Reed im Juli: 15 Prozent der Beschäftigten haben schon einmal aus Rache gekündigt. Reed-Chef James Reed sieht soziale Medien als Katalysator, weil immer mehr Betroffene ihre Geschichten online teilen. (…) Laut Reed haben 26 Prozent der 18- bis 34-Jährigen in Großbritannien schon aus Rache gekündigt, bei den 35- bis 44-Jährigen sind es 22 Prozent. Unter den 45- bis 54-Jährigen nur acht Prozent. In den USA zeigte eine Studie, dass 57 Prozent der Unter-25-Jährigen mit ihrem Job zufrieden sind, bei den Über-55-Jährigen dagegen 72 Prozent. Auch Carly, heute 25 und aus Alabama, kündigte spektakulär…“ Artikel von Sammy Gecsoyler vom 4. September 2025 im Freitag online(Beitrag stammt aus The Guardian)