Die Zeitdiebe

Unternehmen nutzen auch die Digitalisierung, um jederzeit über Arbeitskräfte verfügen zu können. Der Achtstundentag wird dabei ­ausgehebelt. Zulassen wollen die Gewerkschaften das nicht, doch eine klare Gegenstrategie fehlt ihnen bislang…“ Artikel von Marcus Schwarzbach in junge Welt vom 30.01.2016 externer Link

  • Aus dem Text: „… Ein wichtiges Element der Unternehmen ist regelrechte Bestehlen der Beschäftigten durch fehlende Erfassung. Das nennt sich dann »Vertrauensarbeitszeit«. Während bei Gleitzeitregelungen ein Rahmen, beispielsweise von 7 bis 19 Uhr vorgegeben ist, wird hier auf die Festschreibung von Beginn und Ende der Arbeitszeit verzichtet. Nach Auffassung der Unternehmensverbände »vertraut« der Betrieb seinem Beschäftigten und überlässt ihm eigenständig die Erbringung der Leistung ohne Nachweis der benötigten Arbeitsstunden. Auf den ersten Blick ergeben sich dadurch für manche Vorteile. Meist gibt es keine Kernarbeitszeit mehr, in der die Belegschaftsangehörigen anwesend sein müssen. Außerdem entfallen lästige Rechtfertigungen gegenüber Vorgesetzten, die geleistete Arbeitsstunden und Mehrarbeit überprüfen. (…) »Vertrauensarbeitszeit« führt bei den betroffenen Beschäftigten oft zu völliger Überarbeitung, zu Misstrauen des Vorgesetzten, was das Leistungspotential der Beschäftigten betrifft, und zu gegenseitiger Kontrolle der Kollegen untereinander. Die Tendenz zur Vereinzelung der Beschäftigten nimmt zu. Statt einer Reduzierung ist in den Betrieben eine Ausweitung der Arbeitszeit festzustellen. Einerseits planen Unternehmensleitungen die zu erreichenden Ziele unabhängig vom tatsächlich benötigten Zeitbedarf. (…) Der Vergleich eines Betriebsrates spitzt das Problem zu: »Vertrauen darf nicht einseitig sein, wenn schon ›Vertrauensgleitzeit‹ ohne Belege, dann auch ›Vertrauensgehalt‹. Also kann man sich den Rummel mit den Gehaltszetteln sparen, jeder hebt vom Arbeitgeber-Konto so viel ab, wieviel er verdient«…“
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